Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2005, Az. VI ZR 268/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 836

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] ZR 268/04 Verkündet am: 15. November 2005 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 30. September 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin, eine Autovermietung, macht gegen den beklagten [X.] aus abgetretenem Recht eines Unfallgeschädig-ten Ansprüche auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten geltend. Die Haftung ist dem Grunde nach außer Streit. Der Geschädigte mietete nach einem Verkehrs-unfall im Oktober 2001 bei der Klägerin ein Ersatzfahrzeug zu einem Unfaller-satztarif an, der nach Behauptung der Beklagten erheblich über dem [X.] lag. Die Klägerin stellte der Beklagten insgesamt 2.536,27 [X.] netto in [X.] - 3 - nung. Diese bezahlte 1.048,00 [X.]; weitere Zahlungen lehnte sie wegen des ihrer Ansicht nach überhöhten Unfallersatztarifs ab. 2 Die Klägerin, die sich ersparte Betriebskosten von 216,45 [X.] (10 % des [X.]) anrechnen lässt, verlangt von der Beklagten die Zahlung des Restbetrages von 1.271,82 [X.] (650,27 •). Sie hat behauptet, der Geschädigte habe ihr seinen Schadensersatzanspruch in Höhe der angefallenen Mietwa-genkosten abgetreten. Eine entsprechende Abtretungsurkunde hat sie der [X.] im [X.] ausgehändigt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen, mit wel-cher die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiterverfolgt. 3 Entscheidungsgründe: Über die Revision war, da die Klägerin im Revisionstermin trotz rechtzei-tiger Ladung nicht vertreten war, auf Antrag der Beklagten durch [X.] zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern be-ruht auf einer Sachprüfung (vgl. [X.]Z 37, 79, 81). 4 I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin sei aktivlegitimiert. Die Abtretung sei nicht gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 [X.] nichtig. Ob sie nach den vom [X.] entwickelten Kriterien unter diese Vorschrift falle, könne dahinstehen. Dieser Rechtsprechung könne nämlich schon im Ansatz nicht gefolgt werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Abtretung der bloßen Mietwagenkostenersatzforderung - im [X.] - 4 - schied zur Abtretung aller Ersatzansprüche des Unfallgeschädigten - generell wirksam sei und nicht unter Art. 1 § 1 [X.] falle. Dies sei unabhängig davon, was [X.] und Unfallkunde vereinbart hätten und ob sie ge-wollt hätten, dass die Forderungsrealisierung in erster Linie Sache des Mietwa-genunternehmers und nicht des Kunden sein sollte. Werde nur die Forderung auf Ersatz der Mietwagenkosten abgetreten, stelle sich deren Geltendmachung durch den [X.] sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes nicht als Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit dar. Die vom [X.] verlangte Prüfung des eigentlichen Zwecks der Abtretung führe zudem in der Praxis zu kaum über-windbaren Schwierigkeiten. Die Klageforderung sei auch der Höhe nach [X.]. Die Einwendung der Beklagten, die Klägerin habe sich dem [X.] gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht, weil sie ihn nicht auf die Möglichkeit der Anmietung zu einem Normaltarif hingewiesen habe, sei un-begründet. Für den [X.] bestehe keine allgemeine Aufklä-rungspflicht über das Nebeneinander von Normaltarifen und Unfallersatztarifen. [X.] Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 6 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen die Aktivlegitimation der Klägerin nicht bejaht werden. Es ist nicht auszuschließen, dass die Abtretung der Forderung gegen den Schädiger gegen Art. 1 § 1 [X.] verstößt. 7 - 5 - a) Nach ständiger Rechtsprechung bedarf der Inhaber eines Mietwagen-unternehmens, das es geschäftsmäßig übernimmt, für [X.] die Schadensregulierung durchzuführen, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 [X.], und zwar auch dann, wenn er sich die Schadensersatzforderun-gen erfüllungshalber abtreten lässt und die eingezogenen Beträge auf seine Forderungen an die Kunden verrechnet (vgl. Senatsurteile [X.]Z 47, 364, 366; 61, 317, 319; vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - [X.], 656; vom 26. April 1994 - [X.] ZR 305/93 - [X.], 950, 951 f.; vom 22. Juni 2004 - [X.] ZR 272/03 - [X.], 1062, 1063 und vom 26. Oktober 2004 - [X.] ZR 300/03 - [X.], 241). Die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 Nr. 1 [X.] kommt ihm nicht zugute (vgl. Senatsurteile [X.]Z 47, 364, 368; vom 26. April 1994 - [X.] ZR 305/93 - aaO; vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - aaO und vom 22. Juni 2004 - [X.] ZR 272/03 - [X.], 1062, 1064). Bei der Beur-teilung, ob die Abtretung den Weg zu einer erlaubnispflichtigen Besorgung von Rechtsangelegenheiten eröffnen sollte, ist nicht allein auf den Wortlaut der ge-troffenen vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten diesen zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang ab-zustellen, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die es vermeidet, dass Art. 1 § 1 [X.] durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Rechtsbe-sorgung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten [X.] umgangen wird (vgl. Senatsurteile [X.], 317, 320 f.; vom 26. April 1994 - [X.] ZR 305/93 - aaO; vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - aaO; vom 22. Juni 2004 - [X.] ZR 272/03 - aaO, S. 1063). An dieser gefestigten Rechtsprechung wird, wie der erkennende Senat noch kürzlich in mehreren - nach Verkündung des Berufungsurteils - getroffenen Entscheidungen bekräftigt hat, festgehalten (Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - [X.] ZR 300/03 - aaO; vom 5. Juli 2005 - [X.] ZR 173/04 - [X.], 1256 und vom 20. September 2005 - [X.] ZR 251/04 - zur [X.] bestimmt). 8 - 6 - Geht es dem Mietwagenunternehmen im Wesentlichen darum, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, so besorgt es keine Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angele-genheit. Ein solcher Fall liegt allerdings dann nicht vor, wenn nach der [X.] des Mietwagenunternehmens die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen werden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Denn damit werden den Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst zu kümmern hätten (vgl. Senatsurteile [X.]Z 47, 364, 366 f. und vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - aaO, S. 656 f.). 9 b) Diesen Grundsätzen wird die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin sei es bei der Einziehung der abgetretenen Forderung vorliegend um die Besorgung einer eigenen Rechtsangelegenheit und nicht einer solchen des Geschädigten gegangen, nicht gerecht. Dass der Unfallgeschädigte vorliegend lediglich seine Forderung auf Ersatz der Mietwagenkosten und keine weiteren Schadensersatzansprüche an die Klägerin abgetreten hat, spricht zwar gegen eine umfassende Besorgung fremder Angelegenheiten im Sinne des Art. 1 § 1 [X.] (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - [X.] ZR 300/03 - aaO und vom 20. September 2005 - [X.] ZR 251/04 - aaO). Auch in einem solchen Fall kann sich die Geltendmachung der abgetretenen Forderung für den Mietwagenunter-nehmer jedoch je nach Lage der Dinge als Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit darstellen. 10 Die in erster Linie dem Tatrichter obliegende Würdigung der den vertrag-lichen Vereinbarungen zugrunde liegenden Umstände ist einer revisionsrechtli-chen Nachprüfung allerdings nur beschränkt zugänglich (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - aaO, S. 657). Das Revisionsgericht kann nur 11 - 7 - prüfen, ob der Tatrichter die gesetzlichen Auslegungsregeln beachtet hat, seine Auslegung nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt und Verfah-rensvorschriften nicht verletzt worden sind (st. Rspr., vgl. [X.], Urteile vom 8. Dezember 1989 - [X.] NJW-RR 1990, 455; vom 13. Dezember 1990 - [X.] - [X.], 495, 496 und vom 25. Februar 1992 - [X.] - VersR 1993, 593). Ein im Revisionsverfahren beachtlicher Rechtsfehler liegt vor, wenn die Auslegung des Tatrichters von den festgestellten Tatsachen nicht getragen wird (vgl. [X.]Z 24, 15, 19; 24, 39, 41). Dies ist vorliegend der Fall. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, welche Vorstellungen der Abtretung zugrunde lagen. Die Revision rügt zu Recht, dass jegliche Feststellungen dazu fehlen, ob und auf welche Weise die Klägerin den Unfallgeschädigten selbst auf Zahlung in Anspruch genommen hat (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - [X.] ZR 300/03 - aaO; vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - aaO; vom 5. Juli 2005 - [X.] ZR 173/04 - aaO und vom 20. September 2005 - [X.] ZR 251/04 - aaO). Dies wird nachzuholen sein. 2. Da das angefochtene Urteil auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen keinen Bestand haben kann, ist es aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen. Dieses wird im weiteren Verfahren gegebenenfalls auch zu prüfen haben, inwieweit der geltend gemachte Mietzins bei einem Unfallersatztarif als "erforderlich" im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen ist (vgl. Se-natsurteile [X.]Z 160, 377, 382 ff.; vom 26. Oktober 2004 - [X.] ZR 300/03 - aaO; vom 15. Februar 2005 - [X.] ZR 160/04 - [X.], 569 und - [X.] ZR 74/04 - [X.], 568; vom 19. April 2005 - [X.] ZR 37/04 - [X.], 850 sowie vom 5. Juli 2005 - [X.] ZR 173/04 - [X.], 1256). Inwie-weit dies der Fall ist, hat der bei der Schadensabrechnung nach § 287 ZPO [X.] freigestellte Tatrichter - gegebenenfalls nach Beratung mit einem 12 - 8 - Sachverständigen - zu schätzen (vgl. Senatsurteile vom 19. April 2005 - [X.] ZR 37/04 - aaO und vom 23. November 2004 - [X.] ZR 357/03 - [X.], 284), wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den "Normaltarif" nicht von [X.] ausgeschlossen erscheint (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2005 - [X.] ZR 9/05 - zur [X.] bestimmt). [X.]
[X.] [X.]

Pauge Zoll Vorinstanzen: [X.] - Zweigstelle [X.] - , Entscheidung vom [X.]/02 - [X.], Entscheidung vom 30.09.2004 - 5 S 37/03 -

Meta

VI ZR 268/04

15.11.2005

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2005, Az. VI ZR 268/04 (REWIS RS 2005, 836)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 836

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