Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2011, Az. AnwZ (Brfg) 12/10

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2011, 6437

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 12/10
vom

19. Mai 2011

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

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2
-
Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter Prof. Dr. König, die Richterin [X.] und die Rechtsanwälte Prof. Dr.
Stüer und Dr.
Martini

am 19. Mai 2011 beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des 1. Senats des [X.]s des Landes [X.] vom 23. April 2010 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Geschäftswert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000

festgesetzt.

Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die [X.]eklagte hat mit [X.]escheid vom 14. Dezember
2009
die Zulassung des [X.] wegen [X.] (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]) widerrufen. Dessen hierauf erhobene Klage hat der [X.]. Dagegen richtet sich der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]eru-fung.

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II.
Der nach §
112e Satz
2, §
124a Abs.
4 VwGO statthafte Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zu-lassungsgründe liegen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO),
bestehen nicht. Dieser [X.] setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ([X.] 110, 77, 83; [X.], [X.], 1163, 1164; NVwZ-RR 2008,
1; NJW 2009, 3642; [X.], [X.]eschluss vom 23. März 2011 -
AnwZ
([X.]) 9/10;
vgl. ferner [X.], NVwZ-RR 2004, 542 f.; Schmidt-Räntsch in Gaier/
Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, §
112e [X.] Rn.
77; Deckenbrock in Henssler/Prütting, [X.], 3.
Aufl., §
112e Rn.
10). Daran fehlt es hier.
a) Der [X.] hat zutreffend ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs eine gesetzliche Vermutung für den Vermögensverfall des [X.] bestand, weil gegen ihn am 19. Oktober 2010 ein Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erwirkt und im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts [X.]eingetragen worden ist (§
14 Abs.
2 Nr.
7 Halbsatz
2 [X.], §
915 ZPO). Der Kläger ist der [X.], diese gesetzliche Vermutung durch sein Vorbringen im Klageverfahren widerlegt zu haben. Dies trifft nicht zu.
Der Kläger hat am 17. Dezember 2009, also
drei Tage nach Erlass des Widerrufsbescheids, auf [X.]etreiben des Finanzamts [X.]die eidesstattli-che Versicherung abgegeben. Die dort von ihm
gemachten Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen, die sich drei Tage früher nicht wesentlich anders dar-gestellt haben dürften, belegen seine angespannte und beengte wirtschaftliche 2
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Situation. Sein Vorbringen im vorliegenden Verfahren führt zu keiner anderen [X.]eurteilung. Der Kläger hat zwar zu sämtlichen Klage-
und [X.], auf die der Widerrufsbescheid der [X.]eklagten vom 14. Dezember 2009 gestützt worden ist, Stellung genommen. Dabei hat er jedoch eingeräumt,
dass er zum Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs nicht alle titulierten Forderungen ausgeglichen oder sich wenigstens mit den Gläubigern
auf eine Ratenzahlung verständigt hatte. Zwar ist es ihm nach eigener Darstellung gelungen, die
Z.

Lebensversicherungs-AG, die wegen einer dinglich [X.] Wi-derrufsverfügung beigefügten Aufstellung) die Zwangsversteigerung in die [X.] des [X.] und seiner Ehefrau betrieben hat, vor Erlass des [X.] zum Abschluss einer -
nicht belegten
-
Ratenzahlungsvereinba-rung und zur Einstellung des
Versteigerungsverfahrens zu bewegen. Eine ent-sprechende Vereinbarung will er auch mit der [X.] (Forderungspo-sition Nr. 31 der Aufstellung) getroffen haben. Mit dem Finanzamt [X.] ,
das gegen den Kläger Steuerforderungen in Höhe von 483.583macht (Position Nr. 20 der Aufstellung), hat sich der Kläger dagegen nicht über eine ratenweise Tilgung verständigt.
Er beruft sich lediglich darauf, die Forde-rungen des Finanzamts würden sich nach Abschluss des von ihm angestreng-ten gerichtlichen Verfahrens nach Schätzung seines Steuerberaters auf 20.000

eren.
Der Kläger hat aber weder [X.]elege vorgelegt, die diese Einschätzung stützen, noch hat er den nach seiner Sichtweise geschuldeten

Auch Forderungen anderer Gläubiger standen nach dem Vorbringen des [X.] zum Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs -
und auch noch später
-
ganz oder teilweise offen. Dies gilt vor allem für die in der dem Widerrufsbescheid beigefügten Aufstellung der [X.]eklagten mit Nr.
30 und mit Nr.
34 bezeichneten Positionen.

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b) Nach den zutreffenden Ausführungen des [X.]s ist der Vermögensverfall des [X.] nicht nachträglich entfallen. Es kann offen blei-ben, ob nach dem
ab 1. September 2009 geltenden
neuen
Recht überhaupt noch Raum für die [X.]erücksichtigung eines nachträglichen Wegfalls des [X.] ist. Denn selbst
unter der bisherigen Geltung des
Verfahrensrechts
der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (§
42 Abs.
6 Satz 2 [X.] a.F.) hat der Senat eine Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des betroffenen Rechtsanwalts nur dann berücksichtigt, wenn dieser seine Einkommens-
und Vermögensver-hältnisse umfassend offen gelegt und den nachträglichen Fortfall seines [X.] zweifelsfrei nachgewiesen hat
(st. Rspr.;
vgl. etwa [X.], [X.] vom 12. Juli 2010 -
AnwZ
([X.]) 74/09, juris Rn.
10, 11
m.w.[X.]). Diesen Anforderungen ist der in beengten finanziellen Verhältnissen lebende Kläger nicht gerecht geworden.

Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass die Eintragungen im Schuldner-verzeichnis des Amtsgerichts [X.]
(Haftbefehl und Abgabe der eides-stattlichen Versicherung) zwischenzeitlich gelöscht worden sind. Auch ist es ihm nach eigenem
Vorbringen nicht gelungen, die zum Zeitpunkt des [X.] offen stehenden Verbindlichkeiten im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens vollständig zu tilgen oder wenigstens mit
allen Gläubigern Raten-zahlungsvereinbarungen zu treffen. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass er zwischenzeitlich über ausreichend liquide Mittel verfügt, um die aufgelaufe-nen Schulden zu decken. Daher hat der [X.] eine nachträgliche Konsolidierung der
wirtschaftlichen
Verhältnisse des [X.] zu Recht verneint. In der [X.]egründung seines
Zulassungsantrags
hat der Kläger keine Gesichts-punkte vorgebracht, die eine andere [X.]eurteilung rechtfertigten.
c) Nach der in §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers ist mit einem Vermögensverfall eines Rechtsan-6
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walts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden [X.]. Diese Annahme ist regelmäßig schon im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubi-gern gerechtfertigt (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], [X.]eschluss vom 25. Juni 2007 -
AnwZ
([X.]) 101/05, NJW 2007, 2924 Rn. 8 m.w.[X.]). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Gefährdung zum Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs [X.] nicht bestand oder später entfallen ist, sind weder vorgetragen noch ersicht-lich. Im Gegenteil ist gegen den Kläger in mehreren Fällen der Vorwurf erhoben worden, unberechtigt [X.] einbehalten zu haben. Ob diese Vor-würfe zu Recht erhoben worden sind, ist in diesem Zusammenhang unerheb-lich. Entscheidend ist
vielmehr, dass das berufliche Verhalten des [X.] eini-gen
seiner Mandanten Anlass zu [X.]eanstandungen gegeben hat. Ein Verstoß gegen die für den Kläger sprechende Unschuldsvermutung ist hiermit nicht [X.], da allein darüber zu befinden ist, ob im Hinblick auf das bisherige [X.] Verhalten des [X.] eine regelmäßig mit einem Vermögensverfall verbundene Gefährdung von Mandanteninteressen ausnahmsweise ausge-schlossen werden kann. Dies ist nicht der Fall. Hierbei ist von besonderer [X.]e-deutung, dass der Kläger in einem Räumungsstreit ein angeblich vom [X.]. erlassenes Urteil selbst hergestellt
hat, um seiner Mandantin nicht offenbaren zu müssen, dass er die in Auftrag gegebene Klage nie erhoben hatte. Wegen dieser Tat ist der Kläger mit rechtskräftigem Urteil des Amtsge-richts [X.]

vom 3. Mai 2006 -
4
Ls

zu einer Freiheitsstrafe auf [X.]ewährung verurteilt worden.

2. Die Zulassung der [X.]erufung ist auch nicht wegen eines [X.] (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO) geboten.
Entgegen der Auffassung des [X.] ist dem [X.] nicht deswegen
ein Verfahrensfehler unterlaufen, weil er den [X.]eweisanträgen des [X.] nicht nachgegangen ist. Denn das unter [X.]eweis gestellte Vorbringen des [X.] ist 9
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7
-
nicht entscheidungserheblich.
Selbst wenn das entsprechende Vorbringen des [X.] als wahr unterstellt würde, änderte sich am Vorliegen eines Vermö-gensverfalls zum Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs und an einer fehlenden nachträglichen Konsolidierung der wirtschaftlichen Verhältnisse des [X.] nichts.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.], §
154 Abs.
2 VwGO, die Festsetzung des [X.] auf §
194 Abs.
2 Satz
1 [X.].
[X.]
König
Fetzer

Stüer
Martini
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 23.04.2010 -
1
AGH 6/10 -

10

Meta

AnwZ (Brfg) 12/10

19.05.2011

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2011, Az. AnwZ (Brfg) 12/10 (REWIS RS 2011, 6437)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6437

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