Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2005, Az. IV ZR 286/02

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5431

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL IV ZR 286/02

Verkündet am:

19. Januar 2005

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2005

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 22. Juli 2002 wird
auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der [X.] eine höhere Zusatzversor-gungsrente.

Die am 19. März 1924 geborene Klägerin war vom 1. September 1956 bis zum 31. März 1984 (331 Monate) beim [X.]als [X.] sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Vor dieser Zeit hatte die Klägerin 121 Monate außerhalb des öffentlichen Dienstes ebenfalls sozialversicherungspflichtig gearbeitet. Seit 1. April 1984 [X.] sie von der [X.] und von der [X.] Zusatzversorgungsrente. - 3 -

Mit ihrer am 24. Januar 1994 beim Amtsgericht eingereichten, auf Gewährung einer höheren Zusatzversorgungsrente gerichteten Klage rügte die Klägerin die Unwirksamkeit mehrerer Bestimmungen der [X.] maßgeblichen Satzung der [X.] (im folgenden: [X.]). Unter anderem machte sie geltend, daß die Regelung über die Berech-nung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts auf der Grundlage eines auf eine Vollzeitbeschäftigung hochgerechneten gesamtversorgungsfähigen [X.] infolge der Steuerprogression bei [X.] zu einer übermäßigen Belastung führe und sie deshalb Teilzeitbeschäftigte ge-genüber Vollzeitbeschäftigten gleichheitssatzwidrig und unangemessen benachteiligte. Ferner beanstandete die Klägerin, daß ihre Sozialversi-cherungsrente, die durch einen Zuschlag von 2,3579 Entgeltpunkten un-ter dem Gesichtspunkt der Anhebung der Rente nach Mindesteinkommen erhöht worden ist (vgl. Art. 1 § 262 und Art. 82 des [X.] 1992 vom 18. Dezember 1989, [X.]), von der [X.] in vollem Umfang bei der Berechnung der Höhe ihrer Zusatzversorgung angerechnet wird. Vielmehr dürften nur diejenigen Teile der gesetzlichen Rente abgezogen werden, die auf Arbeitsleistungen beruhten, nicht aber diejenigen Rententeile, die die öffentliche Hand aus [X.] Gründen einer bestimmten Gruppe von Rentnern, nämlich den Kleinstrentnern, gewähre.

Durch Urteil vom 22. August 1994 wies das Amtsgericht die Klage ab. Die Berufung der Klägerin wurde durch Urteil des [X.] vom 28. April 1995 zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene [X.] der Klägerin hatte teilweise Erfolg. Durch Beschluß vom 25. August 1999 (1 BvR 1246/95 - [X.], 1518 ff. = Streit 2000, 14 ff.) hob das [X.] die vorgenannten Urteile we-- 4 -

gen Verletzung der Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG auf, soweit sie auf einer Anwendung des früheren § 43a i.V. mit § 41 Abs. 2 b und 2 c der Satzung der [X.] über die Berechnung der Versorgungsrente von [X.] beruhten. Soweit sich die Klägerin darüber hinaus durch die Urteile des Amts- und des Landge-richts in ihren Grundrechten verletzt sah, wurde die [X.] nicht zur Entscheidung angenommen mit der Begründung, daß sie insoweit weder Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung aufwerfe, noch Aussicht auf Erfolg habe.

Nachdem die Sache vom [X.] an das Amts-gericht und von dort an das [X.] verwiesen worden und zwi-schenzeitlich in anderer Sache der Beschluß des Bundesverfassungsge-richts vom 22. März 2000 (1 BvR 1136/96 - [X.], 835 ff.) [X.] war, machte die Klägerin zusätzlich geltend, ab 1. Januar 2001 ei-nen Anspruch auf volle Berücksichtigung ihrer außerhalb des öffentlichen Dienstes zurückgelegten Rentenversicherungszeiten (Vordienstzeiten) bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente zu haben. Das Bundes-verfassungsgericht habe in der von der [X.] vorgenommenen ledig-lich hälftigen Berücksichtigung der Vordienstzeiten (sog. Halbanrech-nung) bei voller Berücksichtigung der Sozialversicherungsrente einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen, der nur noch bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden könne.

Dem Beschluß des [X.]s vom 25. August 1999 (aaO) hat die Beklagte durch eine Satzungsänderung und eine Neuberechnung der Zusatzversorgungsrente der Klägerin Rechnung ge-tragen. Bezüglich der Halbanrechnung stellte das [X.] im Urteil - 5 -

vom 18. Mai 2001 fest, daß die Beklagte verpflichtet sei, die Vordienst-zeiten für eine Übergangszeit voll anzurechnen und der Klägerin ab dem 1. Januar 2001 eine Versorgungsrente für Versicherte auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 452 Monaten zu gewähren, längstens bis zu dem Zeitpunkt, an dem im Rahmen einer Satzungsre-form zu den Vordienstzeiten eine neue, geänderte Regelung wirksam werde. In bezug auf die begehrte Nichtanrechnung der Erhöhung der So-zialversicherungsrente nach Mindesteinkommen bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente durch die Beklagte wies es die Klage ab. Das [X.] wies durch Urteil vom 22. Juli 2002 die Berufung der Klägerin zurück und auf die Berufung der [X.] die Klage ab. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre im [X.] gestellten [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß der Klägerin kein [X.] auf eine Zusatzversorgungsrente zustehe, bei der der Zuschlag aus einer Sozialversicherungsrente nach Mindesteinkommen von der [X.] ausgenommen werde. Die in der Satzung der [X.] vorge-sehene Anrechnung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, insbe-sondere nicht gegen Grundrechte der Klägerin.
- 6 -

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, der Klägerin ab dem 1. Januar 2001 für eine Übergangszeit eine Zusatzversorgungsrente unter voller Berücksichtigung ihrer außer-halb des öffentlichen Dienstes zurückgelegten Vordienstzeiten zu gewäh-ren. Berechtigte, die, wie die Klägerin, am 31. Dezember 2000 schon Renten von der [X.] bezogen hätten, gehörten nicht zu dem [X.], für den das [X.] im Beschluß vom 22. März 2000 die streitige Regelung beanstandet habe. Selbst wenn man aber annehme, daß auch für diese Gruppe von [X.] die Halbanrechnung unzulässig und die Satzung insoweit unwirksam sei, könne die Klage keinen Erfolg haben. Denn es stehe eine Grundent-scheidung der beteiligten Sozialpartner in Frage, die jedenfalls hier nicht vom Gericht im Wege ergänzender Auslegung eines lückenhaft gewor-denen Vertrages geschlossen werden könne. Die Beklagte könne ihr Grundleistungsangebot nicht selbst gestalten, sondern müsse ein von den [X.] ausgehandeltes Ergebnis umsetzen, das notwendig kompromißhafte Züge trage und deshalb einer Auslegung unter dem Ge-sichtspunkt der Systemgerechtigkeit kaum zugänglich sei. Die von der Klägerin geforderte zusätzliche Leistung sei, wenn man ihre finanziellen Auswirkungen auf die Beklagte abschätze, nicht etwa nur als Abrundung ihres Angebots zu werten, sondern erschüttere die Beklagte in ihrer wirt-schaftlichen Substanz. Deshalb müsse als mögliche Neuregelung auch in Betracht gezogen werden, daß Vordienstzeiten bei der Berechnung der von der [X.] gezahlten Zusatzversorgungsrente überhaupt nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Außerdem habe im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht der Tarifver-trag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffent-lichen Dienstes vom 1. März 2002 vorgelegen, der das bisherige [X.] 7 -

samtversorgungssystem der [X.] durch ein an den Grundsatz der Betriebstreue anknüpfendes Punktemodell ersetze; Vordienstzeiten wür-den - abgesehen vom Bestandsschutz - nicht mehr berücksichtigt. Über diese Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien könnten sich die or-dentlichen Gerichte nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht hinweg-setzen.

I[X.] Dem ist jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen.

1. Durch die Anrechnung der vollen Sozialversicherungsrente ein-schließlich ihrer Erhöhung unter dem Gesichtspunkt der Rente nach [X.] wird die Klägerin nicht in ihren Grundrechten verletzt. Hierin hat schon das [X.] in dem Verfahren der von der Klägerin erhobenen Verfassungsbeschwerde keine Grundrechts-verletzung gesehen. Es hat festgestellt, daß die Klägerin "die [X.] der Erhöhung der Sozialversicherungsrente wegen Mindestein-kommen" beanstande ([X.], Streit 2000, 14 unter [X.]; in [X.], 1518 insoweit nicht abgedruckt), die Verfassungsbeschwerde jedoch in-soweit mangels Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen ([X.], Streit 2000, 14 unter I[X.] = [X.], 1518 unter 3). Dem tritt der Senat bei.

2. a) Soweit sich die Revision unter Bezugnahme auf den Be-schluß des [X.]s vom 22. März 2000 (aaO) gegen die Anrechnung von Vordienstzeiten nur zur Hälfte wendet, hat der Senat bereits klargestellt, daß die Bedenken des [X.]s im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht diejenigen Rentnergenerationen - 8 -

betreffen, die vor dem 1. Januar 2001 Rentenempfänger geworden sind. Für die Generation der Klägerin des vorliegenden Verfahrens, die schon seit 1984 Rente bezieht, ist nach dem Beschluß des [X.] davon auszugehen, daß verfassungsrechtlich etwa be-denkliche Folgen einer Halbanrechnung noch im Rahmen einer bei der Regelung einer komplizierten Materie zulässigen Generalisierung bleiben und deshalb hinzunehmen sind. Insoweit verstößt die Anwendung des in § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa [X.] vorgesehenen Halbanrechnungsgrundsatzes bei der Berechnung der Zusatzversor-gungsrente der Klägerin auch nicht gegen die §§ 9 [X.], 307 BGB (vgl. Senatsurteile vom 26. November 2003 - [X.] - VersR 2004, 183 unter 2 c und d; vom 11. Februar 2004 - [X.] - VersR 2004, 499 unter 2 c).

b) Im übrigen hat die Beklagte ihre Satzung mit Wirkung ab 1. Januar 2001 grundlegend geändert (vgl. BAnz. 2003 Nr. 1). Dadurch wurde der bei den jüngeren Versichertengenerationen in der [X.] von Vordienstzeiten vom [X.] gesehene Verstoß gegen den Gleichheitssatz für die Zukunft ausgeräumt. Nach der Neuregelung kommt es nämlich auf Vordienstzeiten überhaupt nicht mehr an; vielmehr wird eine Betriebsrente auf der Grundlage von [X.] gezahlt, für die das zusatzversorgungspflichtige Ent-gelt, eine [X.] Komponente und Bonuspunkte maßgebend sind (§§ 35 ff. [X.]). Aufgrund der Übergangsregelung des § 75 Abs. 1 und 2 [X.] werden Versorgungsrenten nach dem bis zum 31. [X.] geltenden Satzungsrecht für die am 31. Dezember 2001 Versorgungsrentenberechtigten als Besitzstandsrenten weitergezahlt und entsprechend § 39 [X.] vom Jahr 2002 an jährlich zum 1. Juli um - 9 -

1% erhöht. Die Klägerin macht nicht geltend und es ist auch nicht er-sichtlich, daß sie danach im wirtschaftlichen Ergebnis schlechter stünde als [X.], für die das neue Satzungsrecht gilt.

Terno [X.] [X.]

Dr. [X.]

[X.]

Meta

IV ZR 286/02

19.01.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2005, Az. IV ZR 286/02 (REWIS RS 2005, 5431)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5431

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.