Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZB 2/19

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 3671

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2019:120919B[X.]2.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 2/19
vom

12. September
2019

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 568 Satz 2
Um die gerichtliche Zuständigkeit der Kammer zu begründen, genügt es, wenn der Einzelrichter einen aktenkundigen Beschluss zur Übertragung des Verfahrens auf die Kammer vor Erlass des Beschlusses der Kammer getroffen hat.

[X.] Art. 12 Abs. 1; [X.] § 63 Abs. 1; [X.] § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1
Ob die Ausgestaltung der Vergütung nach der [X.] dem Anspruch des Insolvenzverwalters auf eine seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessene Vergütung genügt, richtet sich im Ausgangspunkt nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, für das der Insolvenzverwalter eine Vergütung beansprucht.
-

2

-

[X.] Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1 Satz 1; [X.] § 63 Abs. 1; [X.] §§ 2, 3
Die Entscheidung des Verordnungsgebers, für die Vergütung des [X.] Regelsätze vorzusehen, von denen mittels Zu-
und Abschlägen abgewichen werden kann, verstößt weder gegen das Bestimmtheitsgebot noch gegen einen [X.] oder das Willkürverbot.

[X.] § 3 Abs. 1, § 6
Ist bei der Festsetzung der Vergütung für das Insolvenzverfahren eine [X.] voraussehbar, kann sich das Insolvenzgericht die Entscheidung über die [X.] vorbehalten und die Vergütung für das Insolvenz-verfahren festsetzen, ohne die voraussehbare Nachtragsverteilung zu [X.].

[X.], Beschluss vom 12. September 2019 -
IX ZB 2/19 -
[X.]

[X.]

-

3

-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Röhl

am 12. September
2019
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 26. Zivilkammer des [X.] vom 7. Januar 2019 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 12.693,94

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 3.
April 2002 eröffnete das Insolvenzgericht das In-solvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den weite-ren Beteiligten (fortan: Beteiligter) zum Insolvenzverwalter. Am 12.

Juli 2016 beantragte der Beteiligte, seine Vergütung als Insolvenzverwalter festzusetzen. Er legte eine Berechnungsgrundlage von 116.947,18

Zuschläge für die Bearbeitung von Aus-
und [X.] (10,81 v.H.), für die Bearbeitung von Arbeitsverhältnissen (15 v.H.), für die vorbehaltene Nachtragsverteilung (10 v.H.), für die Prüfung und Durchsetzung von [X.]
-

4

-

tungsansprüchen (5 v.H.), für die Beschäftigung mit steuerlichen Fragen
(5 v.H.) und für die Verhältnisse bei der Schuldnerin (15 v.H.) geltend. Der [X.] meint, die Regelvergütung nach §
2 [X.] sei unzureichend und [X.] verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Normalverfahren sei eine Fiktion. Dem müsse mit einem weiteren Zuschlag von mindestens 25
vom Hundert
Rechnung getragen werden. Im Hinblick auf Überschneidungen zwischen den von ihm geltend gemachten Zuschlägen legte der Beteiligte seinem [X.] statt der Summe der Zuschläge von 85,81 vom Hundert
nur einen Gesamtzuschlag von 70
vom Hundert
zugrunde.

Das Insolvenzgericht hat die vom Beteiligten angegebene [X.] um die zu erwartende Umsatzsteuererstattung
aus der Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung
erhöht. Es hat sodann die Vergütung auf der Grundlage eines Gesamtzuschlags von 20
vom Hundert
festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Die vom Beteiligten eingelegte [X.] Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte seinen [X.] weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Das Beschwerdegericht ([X.], Z[X.] 2019, 637) hat ausge-führt, das Insolvenzgericht habe die Berechnungsgrundlage zutreffend nach §
1 Abs.
2 [X.] ermittelt. Diese Vorschrift sei wirksam und konkretisiere in zuläs-siger Form den Anspruch des Insolvenzverwalters aus §
63 [X.]. Ebensowenig 2
3
4
-

5

-

sei §
2 Abs. 1 [X.] verfassungswidrig. Die Vergütung des Insolvenzverwalters sei anhand von Art.
12 [X.] zu messen. Die Rechtsprechung des Bundesverfas-sungsgerichts zur Alimentation von Richtern und Staatsanwälten könne nicht vollständig auf die Frage einer angemessenen Vergütung für Insolvenzverwalter übertragen werden. Da der Insolvenzverwalter eine unternehmerische Tätigkeit ausübe, hänge der erzielte Gewinn von den bei ihm angefallenen Kosten ab. Insoweit könne nicht allein auf die Entwicklung des [X.] abgestellt werden. Der Beteiligte trage keine hinreichend konkreten Anhalts-punkte vor, warum die Vergütung der Insolvenzverwalter abweichend von der bisherigen Einschätzung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht mehr angemessen sei.

Die Regelvergütung nach §
2 Abs.
1 [X.] sei nicht willkürlich. Die De-gressionsstufen eröffneten einen [X.] zwischen Verfahren mit
eher geringen und eher hohen Massen. Die Bestimmung sei auch nicht deshalb als willkürlich einzustufen, weil sie ein Normalverfahren zugrunde lege. Der Verordnungsgeber habe keine festen Gebührentatbestände vorgesehen, son-dern über die Regelung für Zu-
und Abschläge eine Berücksichtigung der [X.] Umstände des Einzelfalls eröffnet. Die Konkretisierung der Gründe für Zu-
und Abschläge führe dazu, dass der Begriff "Normalverfahren"
nicht inhalts-leer sei.

Ein Gesamtzuschlag von 20
vom Hundert
werde den Besonderheiten des Falles gerecht. Hierbei sei die Bearbeitung von Aus-
und Absonderungs-rechten mit 10,81
vom Hundert, die Bearbeitung von [X.] mit 5
vom Hundert
und die schwierigen Verhältnisse bei der Schuldnerin mit 10
vom Hundert
als erhöhende Umstände zu berücksichtigen. Weitere [X.] seien nicht zu gewähren. Weder die Zahl von nur 17 Arbeitnehmern 5
6
-

6

-

noch die Berücksichtigung von [X.] rechtfertigten einen Zuschlag. Eine Erhöhung für die vorbehaltene Nachtragsverteilung komme nicht in Betracht, weil diese Tätigkeit erst nach Anordnung einer Nachtragsverteilung zu vergüten sei. An mindernden Umständen seien die vorausgegangene Tätigkeit des [X.] als vorläufiger Verwalter (10 v.H.) und die Inanspruchnahme eines exter-nen Dienstleisters (10 v.H.) zu berücksichtigen. Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände sei eine Vergütung von 120
vom Hundert
des Regelsatzes ins-gesamt angemessen und ausreichend.

2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.

a) Zu Unrecht beanstandet der Beteiligte, dass das Beschwerdegericht durch die Kammer entschieden hat. Die Einzelrichterin hat das Verfahren ent-gegen der Rüge der Rechtsbeschwerde wirksam auf die Kammer übertragen.

Gemäß §
568 Satz 1 ZPO entscheidet das Beschwerdegericht durch ei-nes seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Hier hat über den Antrag auf Vergütung in erster Instanz der Rechtspfleger entschieden. In einem solchen Fall ist die Kammer nur dann zur Entscheidung über die Be-schwerde berufen, wenn der Einzelrichter durch eine gesonderte Entscheidung das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im [X.] vorgeschriebenen Besetzung überträgt (§
568 Satz 2 ZPO). Dies setzt einen entsprechenden Beschluss des Einzelrichters voraus ([X.], Beschluss vom 21.
September 2017

IX
ZB 84/16, [X.], 2035 Rn. 10).

7
8
9
10
-

7

-

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Wie der [X.] bereits entschieden hat, hat im Beschwerdeverfahren die Übertragung durch einen ak-tenkundigen Beschluss des Einzelrichters zu erfolgen ([X.], Beschluss vom 22.
November 2018

IX
ZB 14/18, [X.], 39 Rn. 11). Die Einzelrichterin hat das Verfahren durch einen in
den Akten befindlichen Beschluss vom 3.
Januar 2019 auf die Kammer übertragen. Damit lag beim Beschluss der Kammer vom 7.
Januar 2019 ein Übertragungsbeschluss des Einzelrichters vor, der die [X.] der Kammer begründete. Hingegen setzt die Entscheidungskompe-tenz der Kammer nicht voraus, dass der Übertragungsbeschluss des Einzelrich-ters den Parteien vor der Entscheidung durch die Kammer zugegangen ist. Die allgemeinen Grundsätze zu Existenz und Wirksamwerden eines gerichtlichen Beschlusses, auf welche sich die Rechtsbeschwerde beruft, berühren nicht die Frage, ob die Kammer bereits entscheidungsbefugt ist. Um die gerichtliche [X.] der Kammer zu begründen, genügt es, wenn der Einzelrichter einen aktenkundigen Beschluss zur Übertragung des Verfahrens auf die Kammer vor Erlass des Beschlusses der Kammer getroffen hat.

b) [X.] hat das Beschwerdegericht die Vergütung des [X.] ausgehend von den Regelsätzen des §
2 Abs.
1 [X.] bestimmt.

aa) Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass die Regelsätze des §
2 Abs.
1 [X.] zu einer unangemessen niedrigen Vergütung für die Tätigkeit des Beteiligten in dem am 3.
April 2002 eröffneten Insolvenzverfahren führen. Dies richtet sich nicht nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des [X.]
vom 12.
Juli 2016, sondern im Ausgangspunkt nach den Verhältnissen bei Er-öffnung des Insolvenzverfahrens.

11
12
-

8

-

[X.] Zutreffend ist der Ausgangspunkt der Rechtsbeschwerde, dass die gesetzlichen Bestimmungen für die Insolvenzverwaltervergütung am Maßstab des Art.
12 Abs. 1 [X.] zu messen sind ([X.], Beschluss vom 4.
Dezember 2014

IX
ZB 60/13, [X.], 138
Rn. 10 mwN). §
63 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist daher verfassungskonform dahin auszulegen, dass die dem Verwalter zu-stehende Vergütung insgesamt einen seiner Qualifikation und seiner Tätigkei-ten angemessenen Umfang erreichen muss ([X.], aaO mwN). Ob die Ausge-staltung der Vergütung nach der [X.] diesen Anforderungen genügt, richtet sich
jedoch
im Ausgangspunkt nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, für das der Insolvenzverwalter eine Vergütung beansprucht. Die Insolvenzverwaltervergü-tung ist als Tätigkeitsvergütung ausgestaltet ([X.], Beschluss vom 22.
November 2018

IX
ZB 14/18, [X.], 82 Rn. 24 mwN), so dass für die Angemessenheit der Vergütung grundsätzlich nur die Verhältnisse bei
Aus-übung der Tätigkeit erheblich sein können. [X.] ist dabei entsprechend allgemeinen Grundsätzen des Vergütungsrechts (vgl. §
61 [X.], §
134 Abs. 2 GNotKG, vgl. auch §
71 GKG, §
63 [X.]) grundsätzlich an den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
(vgl. auch [X.], Beschluss vom 15.
Januar 2004

IX
ZB 96/03, [X.]Z 157, 282, 300
zur Mindestvergütung nach §
2 Abs. 2 [X.] in der bis 6.
Oktober 2004
geltenden Fassung).

(2) Danach stellt sich im Streitfall nicht die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob die Festsetzung der Vergütung des [X.] nach den Regelsätzen der [X.]
den Anspruch des Insolvenzverwalters auf eine seiner Qualifikation und seiner Tä-tigkeit angemessene Vergütung verletzt. Ob die vom Insolvenzgericht festge-setzte Vergütung des Beteiligten angemessen ist, ist weder nach den Verhält-nissen
im Zeitpunkt des [X.] noch im Zeitpunkt der (endgültigen) 13
14
-

9

-

Festsetzung der Vergütung zu beurteilen. Im Streitfall ist das Insolvenzverfah-ren am 3.
April 2002 eröffnet worden. Es geht mithin um die Vergütung für [X.], die der Beteiligte seit 2002 ausgeübt hat. Die von der Rechtsbe-schwerde für die Verhältnisse im [X.]
und teilweise im Jahr 2019 geltend gemachten erheblichen Veränderungen betreffen nicht die Amtsführung des Insolvenzverwalters in einem seit dem [X.]
laufenden Insolvenzverfahren. Die lange Dauer eines Insolvenzverfahrens ist angesichts der Möglichkeit des Insolvenzverwalters, einen Vorschuss auf die Vergütung und Auslagen zu [X.] (§
9 [X.]), als solches ebenfalls kein Grund, die Angemessenheit der Vergütung nach den Verhältnissen bei Beendigung des Insolvenzverfahrens zu bestimmen.

Soweit der [X.] angenommen hat, es könne derzeit nicht festgestellt werden, dass die dem Verwalter nach Maßgabe der Regelsätze des §
2 Abs. 1 [X.] zustehende Vergütung insgesamt nicht
einen seiner [X.] und seiner Tätigkeit angemessenen Umfang erreicht ([X.], Beschluss vom 4.
Dezember 2014

IX
ZB 60/13, [X.], 138 Rn. 13 ff), betraf dies am 15.
Oktober 2009 ([X.], aaO) und am 1.
Mai 2008 ([X.], Beschluss vom 5.
März 2015

IX
ZB 48/14, [X.] 2015, 368) eröffnete Insolvenzverfahren. Die Rechtsbeschwerde zeigt keine Umstände auf, dass für ein am 3.
April 2002 eröffnetes
Insolvenzverfahren andere Maßstäbe zu gelten hätten. Die von der Rechtsbeschwerde für das [X.] geltend gemachten Veränderungen ha-ben keinen Bezug zur Vergütung für die Tätigkeit des Beteiligten in dem seit dem [X.] laufenden Insolvenzverfahren.

[X.]) Zu Unrecht macht die Rechtsbeschwerde verfassungsrechtliche Be-denken gegen die Entscheidung des Verordnungsgebers
geltend, für die Vergü-tung des Insolvenzverwalters Regelsätze vorzusehen (§
2 [X.]), von denen 15
16
-

10

-

mittels Zu-
und Abschlägen (§
3 [X.]) abgewichen werden kann. Ob die [X.] der §§
2, 3 [X.] von der Ermächtigungsgrundlage in den §§
63,
65 [X.] gedeckt und auch sonst verfassungsmäßig sind, hat der [X.] selbst zu prüfen (vgl. [X.], Beschluss vom 29.
September 2011

IX
ZB 112/09, [X.], 2117
Rn. 4 mwN). Die Prüfung ergibt weder einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot noch gegen den Gesetzesvorbehalt nach Art. 12 Abs.
1 Satz 2 [X.] oder Art. 3 Abs. 1 [X.].

Der [X.] hat bereits entschieden, dass §
63 Abs. 1 [X.] hinsichtlich der Berechnungsgrundlage dem Bestimmtheitsgebot des Art.
80 Abs. 1 Satz 2 [X.] genügt ([X.], Beschluss vom 29.
September 2011, aaO
Rn. 6; vom 15.
November 2012

IX
ZB 130/10, [X.]Z 195, 336 Rn. 18). Dies gilt auch hin-sichtlich der Unterscheidung zwischen einem Regelsatz der Vergütung (§
63 Abs. 1 Satz 2 [X.]) und Abweichungen vom Regelsatz, um Umfang und Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters Rechnung zu tragen (§
63 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Diese gesetzgeberische Entscheidung enthält eine hinrei-chend klare und ausreichend bestimmte Festlegung, dass in einem ersten Schritt der Regelsatz für die Vergütung des Verwalters maßgeblich ist, in einem zweiten Schritt aber Abweichungen vom Regelsatz zu erfolgen haben, wenn dies erforderlich ist, um Umfang und Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters im konkreten Fall Rechnung tragen zu können. Dass die Frage
aus-legungsbedürftig ist, wann Umfang und Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters eine Abweichung vom Regelsatz erfordern, führt nicht zur Unbe-stimmtheit der Ermächtigungsgrundlage. Die Norm ist deshalb bei der Festset-zung der Vergütung des Insolvenzverwalters anzuwenden.

Anders als die Rechtsbeschwerde meint, erfordert Art.
12 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht, bereits in der Ermächtigungsgrundlage eine Bestimmung aufzuneh-17
18
-

11

-

men, welche Tätigkeiten eines Insolvenzverwalters durch die Regelvergütung abgegolten
werden sollen. Der Verordnungsgeber verfügt über einen Spiel-raum, die gesetzlichen Vorgaben auszufüllen. Hiervon hat er mit §§
2, 3 [X.] Gebrauch gemacht. Dabei ist es zulässig, den mit der Regelvergütung [X.] Tätigkeiten ein in typisierender und
pauschalierender Form erfasstes In-solvenzverfahren (sog. "Normalverfahren")
zugrunde zu legen, ohne dass

wie die Rechtsbeschwerde meint

hierfür empirische und statistische Feststellun-gen im Einzelnen erforderlich wären. Die Grenze für den Verordnungsgeber ergibt sich daraus, dass die dem Verwalter zustehende Vergütung insgesamt einen seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessenen Umfang errei-chen muss (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Dezember 2014

IX
ZB 60/13, [X.], 138 Rn. 10). Für die Festlegung, welche Fallgestaltungen von der [X.] erfasst werden, genügt es, wenn der vom Gesetzgeber eröffnete Spielraum für die Fälle, in denen Umfang und Schwierigkeit der Geschäftsfüh-rung des Verwalters Abweichungen vom Regelsatz erfordern, durch Auslegung ermittelt werden kann. Eine solche Konkretisierung von Tatbestandsmerkmalen und Rechtsbegriffen

wie Regelvergütung

ist Aufgabe der Rechtsprechung, ohne dass dies die Grund-sätze von Art.
12 Abs. 1 Satz 2 [X.] verletzte.

Ebensowenig verstößt
die Unterscheidung zwischen der Regelvergütung und Fällen, in denen Umfang und Schwierigkeit der Geschäftsführung des [X.] vom Regelsatz erfordern, gegen das aus Art.
3 Abs. 1 [X.] folgende Willkürverbot. Der Verordnungsgeber hat in §
3 [X.] im Rahmen des ihm auf der Grundlage von §
63 [X.] zustehenden Spielraums Zu-
und Ab-schlagstatbestände mit beispielhaftem Charakter geschaffen. Sie ermöglichen eine nähere Bestimmung der Fälle, in denen Umfang und Schwierigkeit der Ge-schäftsführung des
Verwalters Abweichungen vom Regelsatz erfordern. Damit besteht im Einklang mit der Ermächtigung eine Grundlage, die starren Regel-19
-

12

-

sätze entsprechend den Besonderheiten des Einzelfalls konkret tätigkeitsbezo-gen anzupassen, um einem erheblichen Mehr-
oder Minderaufwand gerecht zu werden. Die Gültigkeit der [X.] hängt daher nicht davon ab, dass
der Verordnungsgeber auf einer empirischen
Grundlage die Tätigkeiten des Insolvenzverwalters im Einzelnen festlegt, welche mit der Regelvergütung abgegolten sind.

[X.]) Soweit die Rechtsbeschwerde zur Überprüfung stellt, ob der [X.] verfassungsrechtlich gehalten ist, die Vergütungsregelungen so auszugestalten, dass sie in jedem Einzelfall eine angemessene
Vergütung ge-währleisten, zeigt die Rechtsbeschwerde keine gegenüber dem Beschluss des [X.]s vom 15.
Januar 2004 (IX
ZB 96/03, [X.]Z 157, 282, 288 f) neuen Ge-sichtspunkte auf. Es besteht kein Anlass, von den in dieser Entscheidung dar-gelegten Grundsätzen
abzuweichen.

c) Die Rechtsbeschwerde rügt weiter ohne Erfolg Rechtsfehler des [X.] bei der Bemessung der Zu-
und Abschläge.

aa) Die Bemessung von Zu-
und Abschlägen ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der [X.] nur darauf zu über[X.], ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (st. Rspr., vgl. etwa [X.], Beschluss vom 9.
Juni 2016

IX
ZB 17/15, [X.], 1304 Rn. 14; vom 6.
April 2017

IX
ZB 48/16, [X.], 459 Rn. 8, jeweils mwN; vom 14.
Dezember 2017

IX
ZB 101/15, [X.], 333 Rn. 17). Zu [X.] sind die Maßstäbe (Rechtsgrundsätze) und ihre Beachtung, nach denen das Leistungsbild der entfalteten Verwaltertätigkeit im Einzelfall gewürdigt und zu dem Grundsatz einer leistungsangemessenen Vergütung (§
21 Abs. 2 Nr. 1, 20
21
22
-

13

-

§
63 [X.]) in Beziehung gesetzt worden ist ([X.], Beschluss vom 4.
Juli 2002

IX
ZB 31/02, [X.], 1459, 1460 unter 2.).

[X.]) Die Bemessung der Zu-
und Abschläge und die tatrichterliche Würdi-gung des [X.] begründen keine solche Gefahr der Maßstabs-verschiebung.

[X.] [X.] hat das Beschwerdegericht einen Zuschlag im [X.] auf 17 bei der Schuldnerin beschäftigte Arbeitnehmer abgelehnt. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach bei einer Mitarbeiterzahl von weniger als 20 ein sogenanntes
Normalverfahren vorliegt, bei dem der Insolvenzverwalter schon mit der Regelvergütung angemessen honoriert wird (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
Juli 2008

IX
ZB 152/07, [X.], 1640
Rn. 13 mwN). Die Angriffe der Rechtsbeschwerde geben keinen Anlass, hiervon abzuweichen. Der Beteiligte hat nach den Feststellungen des Insolvenzgerichts, auf welche sich das Beschwerdegericht ausdrücklich bezo-gen hat, außer der Zahl von 17 Arbeitnehmern und der Abwicklung der bereits im Eröffnungsverfahren erfolgten Vorfinanzierung des [X.] bereits keine konkreten Umstände für besondere Schwierigkeiten vorgetragen, die ei-nen eine [X.] rechtfertigenden Mehraufwand begründen könn-ten, vielmehr
einen externen Dienstleister beauftragt. Nur ein erheblicher Mehr-aufwand des Insolvenzverwalters rechtfertigt einen Zuschlag; dieser folgt nicht allein aus der Zahl von 17 Arbeitnehmern im Eröffnungsverfahren.

(2) [X.] hat das Beschwerdegericht einen Zuschlag für die vorbehaltene Nachtragsverteilung hinsichtlich der zu erwartenden Umsatzsteu-ererstattung abgelehnt. Auch wenn nach der [X.] zu erwartende Massezuflüsse bei der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenz-23
24
25
-

14

-

verwalters berücksichtigt werden können (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
April 2017

IX
ZB 3/16, [X.], 505
Rn. 10 ff; vom 20.
Juli 2017

IX
ZB 75/16, [X.], 822 Rn. 14 ff), ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht eine Festsetzung der Vergütung für eine [X.] davon abhängig gemacht hat, dass tatsächlich eine Nachtragsverteilung angeordnet wird. Zwar kann das Insolvenzgericht

wie sich im Umkehrschluss aus §
6 Abs. 1 Satz 2 [X.] ergibt

eine voraussehbare Nachtragsverteilung bereits bei der Festsetzung der Vergütung für das Insolvenzverfahren berück-sichtigen. Dies ist jedoch nicht zwingend; vielmehr ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Insolvenzgericht die Vergütung für das Insol-venzverfahren festsetzt,
ohne die voraussehbare Nachtragsverteilung zu be-rücksichtigen
und die Entscheidung über eine Vergütung für die [X.] damit vorbehält.

(3) Die Angriffe der Rechtsbeschwerde auf die Bemessung der Abschlä-ge zeigen keine Maßstabsverschiebung zum Nachteil des Rechtsbeschwerde-führers auf.
Soweit das Beschwerdegericht Abschläge für eine Erleichterung durch die Tätigkeit des vorläufigen
Insolvenzverwalters
und durch die Einschal-tung eines externen Dienstleisters im Rahmen der Verwertung in Höhe von je-weils 10
vom Hundert
für angemessen gehalten hat, hat es im Rahmen der [X.] die rechnerischen Abschläge von 20
vom Hundert
mit einem weit geringeren Gewicht als die rechnerischen Zuschläge von 25,81
vom Hun-dert
berücksichtigt. In den
vom Beschwerdegericht angenommenen
Gesamtzu-schlag von 20
vom Hundert
sind sie rechnerisch nur mit einem Gewicht von rund einem Viertel eingeflossen. Eine daraus folgende Gesamtbewertung der Abschlagstatbestände mit

im Ergebnis

knapp 6
vom Hundert
enthält keine Maßstabsverschiebung zum Nachteil des Beschwerdeführers.

26
-

15

-

(a) Dass das Beschwerdegericht die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters und die Einschaltung eines externen Dienstleisters als Umstände angesehen hat, welche einen Abschlag von der Vergütung rechtfertigen können, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz ist nach §
3 Abs. 2 Buchst. a [X.] insbesondere gerechtfertigt, wenn ein vor-läufiger Insolvenzverwalter im Verfahren tätig war. Diese
Vorschrift geht davon aus, dass regelmäßig eine erhebliche Abweichung vorliegt ([X.], Beschluss vom 11.
Mai 2006

IX
ZB 249/04, [X.], 1204 Rn. 22, 25 mwN; vom 16.
September 2010

IX
ZB 200/08, [X.], 941 Rn. 3 mwN). Daher obliegt dem Insolvenzverwalter darzulegen, aus welchen Gründen dies im Einzelfall nicht zutrifft und die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters für ihn keine erhebliche Arbeitserleichterung bewirkt hat ([X.], Beschluss vom 11.
Mai 2006, aaO Rn. 25). Die Angriffe der Rechtsbeschwerde geben keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die Wertung des Verordnungsgebers, dass die Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters dem Insolvenzverwal-ter erhebliche Arbeiten ersparen kann, steht im Einklang mit der Systematik der [X.].

[X.] hat
das Beschwerdegericht angenommen, es könne ei-nen Abschlag rechtfertigen, wenn der Insolvenzverwalter einen externen Dienstleister für die Verwertung beauftrage. Zwar enthält die vom Insolvenzge-richt herangezogene Entscheidung des [X.] (Beschluss vom 16.
Oktober 2008

IX
ZB 247/06, [X.], 57)

wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt

keine Aussage zur Frage, inwieweit eine fortgeschrittene Mas-severwertung einen Abschlag rechtfertigt. Jedoch handelt es sich bei der [X.] um eine Regelaufgabe des Verwalters ([X.], Beschluss vom 21.
September 2017

IX
ZB 84/16, [X.], 991 Rn. 18). Beauftragt der [X.] einen externen
Dienstleister
auf Kosten der 27
28
-

16

-

Masse, kann dies zu einer erheblichen Arbeitsersparnis bei einer Regelaufgabe führen und somit einen Abschlag rechtfertigen. Für den externen Dienstleister sind nach den Angaben des Beteiligten Kosten in Höhe von 9.707,53

standen.

(b) Die Bemessung des Abschlags im Einzelfall ist Sache der tatrichterli-chen Bewertung. Insoweit hält jedenfalls die Gesamtbewertung der [X.] mit

im Ergebnis

knapp 6
vom Hundert
den Angriffen der Rechts-beschwerde stand. Schon die Rechtsbeschwerde selbst hält

jedenfalls auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.]

einen Abschlag von 5
vom Hundert
im Hinblick auf die vorherige Tätigkeit eines vorläufigen Insol-venzverwalters für gerechtfertigt. Die übrigen Angriffe der Rechtsbeschwerde zielen auf eine andere Bewertung der vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen, zeigen aber keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers auf.

Kayser
Gehrlein
[X.]

Schoppmeyer
Röhl
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.07.2016 -
67g IN 66/02 -

[X.], Entscheidung vom 07.01.2019 -
326 T 118/16 -

29

Meta

IX ZB 2/19

12.09.2019

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZB 2/19 (REWIS RS 2019, 3671)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3671

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 2/19 (Bundesgerichtshof)

Vergütung des Insolvenzverwalters: Gerichtliche Zuständigkeit der Kammer im Beschwerdeverfahren nach Übertragungsbeschluss des Einzelrichters; Angemessenheit der …


IX ZB 139/10 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzverwaltervergütung: Zuschlag zum Degressionsausgleich


IX ZB 193/10 (Bundesgerichtshof)

Regelvergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren: Prüfung eines Vergütungsabschlags bei einer den Betrag von 160.000 …


IX ZB 3/16 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 139/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZB 2/19

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.