Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.03.2020, Az. X S 1/20 (PKH)

10. Senat | REWIS RS 2020, 3430

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Gegenstand

Grenzüberschreitende PKH; Beiordnung einer Steuerberatungs-GmbH


Leitsatz

1. NV: Die Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Entscheidung über die Bewilligung von grenzüberschreitender PKH ist auch dann unter Zugrundelegung der in Deutschland geltenden Einkommensgrenzen vorzunehmen, wenn der Antragsteller in einem anderen EU-Staat wohnt, in dem die Lebenshaltungskosten geringer sind als in Deutschland (Anschluss an BGH-Beschluss vom 10.06.2008 - VI ZB 56/07, MDR 2008, 992) .

2. NV: In Verfahren nach der FGO einschließlich der vor dem BFH geführten Entschädigungsklageverfahren wegen überlanger Verfahrensdauer kann einem Beteiligten, dem PKH bewilligt worden ist, auch eine Steuerberatungs-GmbH beigeordnet werden .

Tenor

Der Antragstellerin wird antragsgemäß Prozesskostenhilfe bis zu dem von ihr genannten Streitwert von 1.353 € für eine Entschädigungsklage wegen überlanger Dauer des Verfahrens vor dem [X.] 10 K 10223/17 PKH bewilligt.

Ihr wird die ... beigeordnet.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

1

1. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe beruht auf § 1076, § 1078 Abs. 2, § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

2

a) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Entschädigungsklage bietet im Umfang des von der Antragstellerin angekündigten Antrags hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht als mutwillig.

3

b) Die Antragstellerin hat auch glaubhaft gemacht, dass sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann. Obwohl die Antragstellerin in [X.] wohnt und die dortigen Lebenshaltungskosten geringer sind als in der [X.] ([X.]), war die entsprechende Prüfung unter Zugrundelegung der in [X.] geltenden Einkommensgrenzen (§ 115 Abs. 2 ZPO) vorzunehmen (gl.[X.], Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl. 2018, § 1078 ZPO Rz 7; [X.]/[X.], ZPO, 32. Aufl. , § 115 Rz 41; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Zivilprozessordnung, 78. Aufl., § 1078 Rz 5 f.; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 142 Rz 20; Schoenfeld in [X.], FGO § 142 Rz 86; a.[X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 142 FGO Rz 40, m.w.N.). Dies entspricht dem Gesetzeswortlaut und der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) zu den Vermögensfreibeträgen des § 115 Abs. 3 ZPO ([X.]-Beschluss vom 10.06.2008 - VI ZB 56/07, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 2008, 992, unter [X.]; allerdings --noch-- offengelassen für die Frage der Anpassung der Einkommensfreibeträge, unter [X.] bb). Zunächst verweist § 1078 Abs. 2 ZPO ohne Einschränkung auf die Vorschriften §§ 114 bis 116 ZPO; die Zugrundelegung der (höheren) Einkommensgrenzen des § 115 Abs. 2 ZPO kann zudem aus dem Umkehrschluss aus § 1078 Abs. 3 ZPO abgeleitet werden, der ausdrücklich nur den umgekehrten Fall regelt.

4

2. Die Beiordnung der Prozessbevollmächtigten beruht auf § 121 Abs. 1, 5 ZPO sowie § 142 Abs. 2 Satz 1 FGO.

5

a) Da die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat, angesichts ihres ausländischen Wohnsitzes keinen Prozessbevollmächtigten ihrer Wahl (§ 121 Abs. 1 ZPO) benennen zu können, hat das Gericht ihr gemäß § 121 Abs. 5 ZPO eine Prozessbevollmächtigte beigeordnet.

6

b) Auch eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH (§ 49 Abs. 1 des [X.]) ist beiordnungsfähig.

7

Nach dem Wortlaut des § 121 Abs. 1, 5 ZPO wird ein "Rechtsanwalt" beigeordnet. Der [X.] hält allerdings auch die Beiordnung von Rechtsanwaltsgesellschaften nach § 59c der Bundesrechtsanwaltsordnung ([X.]) für zulässig ([X.]-Beschluss vom 17.09.2008 - IV ZR 343/07, [X.], 103, unter 1.). In § 59c Abs. 1 [X.] ist die [X.] ausdrücklich genannt.

8

§ 142 Abs. 1 FGO --der gemäß § 155 Satz 2 FGO auch für Entschädigungsklageverfahren vor dem [X.] gilt-- erweitert die Beiordnungsmöglichkeit u.a. auf Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Dies muss bei Anwendung der angeführten [X.]-Rechtsprechung, die der Senat für zutreffend hält, ebenso für eine Steuerberatungs-GmbH gelten.

9

3. Im Übrigen ergeht der Beschluss gemäß § 113 Abs. 2 Satz 1 FGO ohne weitere Begründung.

Meta

X S 1/20 (PKH)

12.03.2020

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

§ 114 ZPO, § 121 Abs 1 ZPO, § 121 Abs 5 ZPO, § 1076 ZPO, § 1078 Abs 2 ZPO, § 1078 Abs 3 ZPO, § 142 Abs 1 FGO, § 142 Abs 2 FGO, § 115 Abs 2 ZPO, § 49 Abs 1 StBerG, § 155 S 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.03.2020, Az. X S 1/20 (PKH) (REWIS RS 2020, 3430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3430

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VI ZB 56/07

IV ZR 343/07

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