Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.11.2023, Az. 30 W (pat) 5/22

30. Senat | REWIS RS 2023, 9869

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2020 234 800

(hier: [X.] 715/21 Lösch)

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 23. November 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin [X.] und des [X.] Merzbach

beschlossen:

1. [X.] wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des [X.] vor dem [X.] sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Markeninhaberin.

Gründe

I.

1

Die am 2. September 2020 angemeldete Wortmarke

2

[X.]

3

wurde am 19. Oktober 2020 u.a. für die Waren

4

„[X.]: Staubschutzmasken; Umweltschutzmasken für den Atemschutz; Atemmasken; Staubmasken“

5

in das beim [X.] geführte Register eintragen.

6

Mit einem am 8. September 2021 beim [X.] eingegangenen Formblatt hat die Antragstellerin die Erklärung der teilweisen Nichtigkeit und Löschung der Eintragung der Marke im Hinblick auf die zuvor genannten Waren wegen Bösgläubigkeit gemäß § 50 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.] beantragt.

7

Der Teilnichtigkeitsantrag ist vom [X.] als Übergabeeinschreiben am 14. September 2021 an die von der – zu diesem Zeitpunkt anwaltlich (noch) nicht vertretene – Anmelderin genannte Zustellanschrift „[X.]“ abgesandt worden. Laut dem [X.] wurde die Sendung am 16. September 2021 an eine(n) „And. EmpfBer“ ausgehändigt. Unter einer unleserlichen Unterschrift im Feld „Unterschrift [X.]“ ist in Druckbuchstaben der Name „[X.] eingetragen.

8

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2021 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.]s die Marke 30 2020 234 800 (antragsgemäß) teilweise, nämlich für die im Tenor genannten Waren, für nichtig erklärt und gelöscht.

9

Zur Begründung ist ausgeführt, der Antrag auf Erklärung der teilweisen Nichtigkeit und Löschung sei der Markeninhaberin durch [X.] vom 09. September 2021 mittels am 14. September 2021 abgesandten [X.] gem. § 4 Abs. 2 [X.] zugestellt worden. Die Markeninhaberin habe dem zulässigen Antrag nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten nach dessen Zustellung widersprochen. Deshalb sei die Eintragung der angegriffenen Marke 30 2020 234 800 gemäß § 53 Abs. 5 Satz 1 [X.] ohne weitere Sacherörterung im beantragten Umfang zu löschen.

Mit Schreiben an das [X.] vom 10. Januar 2022 haben die aktuellen Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin angezeigt, dass sie deren Vertretung übernehmen und hinsichtlich der versäumten Frist (§ 53 Abs. 4 [X.]) Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Die Markeninhaberin habe mangels Benachrichtigung keine Kenntnis von dem Teilnichtigkeitsantrag gehabt und habe deshalb nicht fristgemäß widersprechen können. Vorsorglich werde Beschwerde gegen den Beschluss der Markenabteilung vom 22. Dezember 2021 eingelegt.

Mit Schreiben vom 12. Januar 2022 hat die Vorsitzende der Markenabteilung 3.4 erklärt, dass die Sache für die Markenabteilung abgeschlossen sei, da bereits ein Beschluss ergangen sei. Die vorsorglich eingelegte Beschwerde werde deshalb an das [X.] weitergeleitet.

Die Markeninhaberin führt aus, ihr sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sie mangels Benachrichtigung nichts von dem Teilnichtigkeitsantrag der Beschwerdegegnerin gewusst habe. Nachdem sie durch die Zustellung des Teillöschungsbeschlusses der Markenabteilung 3.4 am 27. Dezember 2021 erstmals Kenntnis von dem [X.] erhalten habe, habe sie mit Schreiben vom 10. Januar 2022 durch die vorsorgliche Einlegung der Beschwerde deutlich gemacht, dass sie sich dem Teilnichtigkeitsantrag widersetzen wolle. Sie habe die versäumte Handlung damit fristgerecht nachgeholt, nämlich dem Nichtigkeitsantrag innerhalb von zwei Monaten nach Erlangung der Kenntnis seiner Existenz widersprochen.

Inhaltlich sei die Beschwerde begründet, weil sie die angegriffene Marke „[X.]“ nicht [X.]. § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.] angemeldet habe.

Bösgläubigkeit werde unter anderem angenommen, wenn der Anmelder das Zeichen nicht selbst als Marke nutzen, sondern wettbewerbswidrig eine Sperrwirkung gegenüber [X.] erzeugen wolle. Das sei vorliegend nicht der Fall. Die Markeninhaberin verwende die Marke für den innereuropäischen Großhandel und [X.] Einzelhandel mit Atemschutzmasken und habe auch bei der Anmeldung die Absicht für diese Verwendung gehabt. Bereits im Juli 2020 und damit vor der Markenanmeldung am 2. September 2020 seien Verkaufsangebote für Atemschutzmasken mit Stückzahlen zwischen 100.000 und 500.000 Masken an potenzielle Abnehmer wie die [X.] und das [X.] verschickt und Musterexemplare verteilt worden ([X.] A I).

Bei den angebotenen Masken habe es sich um solche der Antragstellerin gehandelt. Auf diesen Masken sei die Bezeichnung „[X.]“ aufgedruckt.

Seitens der Markeninhaberin habe durchgängig die Absicht bestanden, eine geschäftliche Kooperation mit der Antragstellerin anzustreben. Das ergebe sich u.a. aus dem von dieser im Amtsverfahren als Anlage [X.] vorgelegten Chatverlauf.Im Rahmen von entsprechenden Gesprächen über eine potenzielle Kooperation beider Unternehmen habe die Markeninhaberin die Antragstellerin bereits im Juni 2020 über die geplante Markenanmeldung in [X.] in Kenntnis gesetzt. Hierauf sei gegenüber der Markeninhaberin keinerlei Widerspruch oder anderweitige Ablehnung zum Ausdruck gebracht worden (Beweis: Korrespondenz mit der [X.] Protective ([X.]), Anlage [X.]).

Es sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin lediglich über Schutzrechte in [X.] verfüge, nicht jedoch in [X.]. Zu einer unmittelbaren Kollision entsprechender Zeichen habe es folglich – auch mangels Ansprüchen der Antragstellerin nach dem [X.] Markenrecht – zu keinem Zeitpunkt kommen können, sodass ein seitens der Markeninhaberin ausgeübter oder angestrebter Zwang zur Geschäftsbeziehung mit der Antragstellerin bereits deshalb ausscheide.

Als Inhaberin der eingetragenen und damit markenrechtlich geschützten [X.] Wortmarke „[X.]“ habe es der Antragsgegnerin zudem freigestanden, gegen Verletzungen ihrer Markenrechte vorzugehen. Sie sei somit berechtigt gewesen, die [X.], die von der [X.] bezogene Schutzmasken der Beschwerdegegnerin angeboten gehabt habe, auf ihre Markenrechte an der Bezeichnung,,[X.]" hinzuweisen und anzuzeigen, dass ihr ggfs. Schadensersatzansprüche zuständen. Die Markeninhaberin sei bereit gewesen, mit der [X.] bzw. mit der [X.] eine einvernehmliche Lösung in Form einer Lizenzierung zu finden, die zu einem Fortsetzen des Vertriebs geführt hätte.

Im Übrigen könne nicht schon deshalb eine böswillige Markenanmeldung angenommen werden, weil es eine gleiche ausländische Marke gebe. Das Nebeneinander von gleichen Markenzeichen entspreche vielmehr dem Grundprinzip der Territorialität. Ebenso könne der bloße Umstand, dass entsprechend im Ausland gekennzeichnete Ware bereits von [X.] importiert würden, nicht dazu führen, dass eine Markenanmeldung im Inland per se mit der Absicht, diese [X.] zu verdrängen und mithin böswillig erfolge.

Unabhängig davon sei die Registrierung der Bezeichnung „[X.]“ als Marke notwendig geworden, weil ein Listing im Rahmen der Internetverkaufsplattform „[X.]“ andernfalls nicht möglich gewesen wäre. Hierzu habe die Markeninhaberin im August 2020 mit dem [X.]-Verkäuferservice korrespondiert, wobei ihr eine eigene Markenanmeldung nahegelegt worden sei ([X.] mit dem [X.] Verkäuferservice, Anlage [X.]). Dies allein sei die Motivation der Markeninhaberin gewesen, die streitgegenständliche Markenanmeldung vor der geplanten Kooperation mit der Antragstellerin vorzunehmen.

Die Markeninhaberin habe die mit der Eintragung der angegriffenen Marke verbundene Sperrwirkung deshalb nicht zweckfremd als Mittel des [X.] eingesetzt bzw. einsetzen wollen.

Auch die Annahme einer Bösgläubigkeit unter der dem Gesichtspunkt der Störung eines fremden Besitzstandes sei nicht begründet. Vorliegend könne mangels hinreichender Bekanntheit und damit einhergehender Marktpräsenz der Beschwerdegegnerin bereits kein schutzwürdiger Besitzstand angenommen werden. In Anbetracht der [X.] und der dadurch bedingten Pflicht zum Tragen von Atemschutzmasken sei nicht davon auszugehen, dass dem Durchschnittsverbraucher die Antragstellerin als Herstellerin für Atemschutzmasken in hinreichendem Maße bekannt sei.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]s vom 22. Dezember 2021 aufzuheben und den Nichtigkeitsantrag zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie führt aus, der Beschwerdeführerin sei keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Es werde bestritten, dass die Beschwerdegegnerin keine Kenntnis von dem [X.] gehabt habe. Gemäß [X.] vom 16. September 2021 sei die Sendung von [X.], einem der beiden Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, entgegengenommen und unterzeichnet worden.

Unabhängig davon habe die Beschwerdeführerin die versäumte Handlung, hier die Erhebung des Widerspruchs, nicht fristgerecht nachgeholt. Eine solche Erklärung fehle in der Eingabe vom 10. Januar 2022, wo lediglich die „Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand“ beantragt und „vorsorglich“ das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt worden sei. Die versäumte Handlung könne auch nicht mehr nachgeholt werden, da zwischenzeitlich mehr als ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist verstrichen sei.

Da dem Löschungsantrag der Beschwerdegegnerin nicht innerhalb der Frist gemäß § 53 Abs. 4 [X.] widersprochen worden sei, habe die Markenabteilung die angegriffene Marke zu Recht ohne weitere Sachprüfung für nichtig erklärt.

Unabhängig davon sei die angegriffene Marke „[X.]“ zu löschen, weil sie [X.] angemeldet worden sei.

Die Beschwerdeführerin habe mit der Markenanmeldung gezielt und mit Behinderungsabsicht in den schutzwürdigen Besitzstand der Beschwerdegegnerin eingegriffen. Der dafür erforderliche Inlandsbezug sowie eine hinreichende Bekanntheit und Schutzwürdigkeit der Kennzeichnung „[X.]" lägen vor. Das [X.] Unternehmen [X.] sei von der Antragstellerin allein im Mai und Juni 2020 mit insgesamt … Millionen Stück Masken beliefert worden. Sowohl die von [X.]vertriebenen Masken selbst (Abbildung in Anlage [X.] in der [X.]) als auch deren Umverpackung (Abbildung in Anlage [X.] in der [X.]) seien mit dem Namen der Antragstellerin und deren Kontaktangaben bedruckt (letztere ausschließlich auf der Umverpackung) und so vertrieben worden.

Neben dem Unternehmen [X.]habe die Antragstellerin unter anderem auch die [X.] (im Folgenden: [X.]) mit [X.]n beliefert. [X.] habe die Masken sodann an die [X.] (im Folgenden: [X.]) weiterverkauft.

Da während der [X.] im Jahr 2020 in [X.] Lieferengpasse bei Masken bestanden hätten, seien Kontakte zu ausländischen Maskenherstellern zu dieser Zeit sehr wertvoll gewesen, woraus sich auch die überragende Marktpräsenz und der schutzwürdige Besitzstand der Beschwerdegegnerin ergäben, in den die Beschwerdeführerin vorsätzlich eingegriffen habe.

Die Markenanmeldung sei darüber hinaus als [X.] anzusehen, weil sie für einen zweckfremden Einsatz als Mittel des [X.] angemeldet worden sei.

Der Markeninhaberin habe im Zeitpunkt der Anmeldung der generelle [X.] gefehlt. Soweit sie behaupte, sie verwende die angegriffene Marke „unter anderem für den innereuropäischen Großhandel und [X.] Einzelhandel mit Atemschutzmasken“, bestreite die Beschwerdegegnerin dies vorsorglich.

Außerdem würde der Umstand, dass die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben bereits im Juli 2020 begonnen habe, die Marke zu benutzen, zusätzlich für ihre Absicht sprechen, gezielt Wettbewerber zu behindern, jedenfalls aber den guten Ruf der Beschwerdegegnerin auszunutzen.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, der Markenanmeldung habe allein die Motivation zugrunde gelegen, ein Listing bei der [X.] Brand Registry im Rahmen der Internetverkaufsplattform „[X.]“ zu ermöglichen, sei keine Rechtfertigung. Allerdings biete die [X.] Brand Registry Markeninhabern die Möglichkeit, mutmaßliche Markenrechtsverletzungen unkompliziert zu melden und die Verkaufsplattform so von mutmaßlich markenrechtsverletzenden Produkten freizuhalten. Mit der Anmeldung der angegriffenen Marke belege die Beschwerdeführerin deshalb vor allem, dass sie damit Wettbewerber wie die Beschwerdegegnerin vom Vertrieb von Masken unter der angegriffenen Marke bei [X.] ausschließen wollte. Die Beschwerdeführerin habe damit gezielt Druck auf die Beschwerdegegnerin ausüben wollen.

Die Beschwerdeführerin habe die Anmeldung in der ersichtlichen Absicht vorgenommen, die Beschwerdegegnerin und Inhaberin des ausländischen Kennzeichens „[X.]“ in wettbewerbswidriger Weise an der Benutzung der Marke zu hindern. Durch die inländische Anmeldung des Zeichens „[X.]“ für „Staubschutzmasken, Umweltschutzmasken für den Atemschutz; Atemmasken; Staubmasken“ habe die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin zum Abschluss von Lizenzverträgen bzw. Alleinvertriebsvereinbarungen oder zum Abkauf der angemeldeten inländischen Marke zwingen wollen.

Die Behinderungsabsicht der Beschwerdeführerin liege auf der Hand. Mit der Anmeldung sollte ausweislich des Chatverlaufs eine Abhängigkeit zwischen der Antragstellerin und der Inhaberin hergestellt werden. Dies werde besonders deutlich in der Aussage des [X.]: „We registered [X.] as a trademark for the german market. So [X.]“. Die Aussage belege, dass die Inhaberin die Antragstellerin jedenfalls zu einer Alleinvertriebsvereinbarung zwingen wollte.

Das spätere Vorgehen der Inhaberin gegen [X.] bestätige diese Absicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

A. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist gemäß § 66 Abs. 1 [X.] statthaft und im Übrigen zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

1. Der Antrag auf (Teil-)Nichtigerklärung vom 8. September 2021 war nach § 53 Abs. 1 und 2 [X.] zulässig. Anders als die Markenabteilung 3.4 des [X.]s annimmt, lässt sich nicht belegen, dass dieser mit am 14. September 2021 per Übergabeeinschreiben versendete Antrag der Markeninhaberin tatsächlich zugegangen ist (dazu im Folgenden unter a). Die Markeninhaberin erlangte mit der Zustellung des angegriffenen Beschlusses per Übergabeeinschreiben am 27. Dezember 2021 erstmals Kenntnis vom [X.] (dazu im Folgenden unter b). Die zweimonatige Frist, der Löschung zu widersprechen (§ 53 Abs. 4 [X.]), begann somit am 27. Dezember 2021 zu laufen. Die Markeninhaberin hat der Löschung mit dem am 10. Januar 2022 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Datum mithin fristgerecht widersprochen (dazu im Folgenden unter c).

a. [X.] 3.4 hat die Zustellung des Nichtigkeitsantrags an die Markeninhaberin darauf gestützt, dass das Übergabeeinschreiben nachweislich am 14. September 2021 abgesandt wurde. Die Markeninhaberin hat – nach Zustellung des [X.] – mit Schriftsatz vom 10. Januar 2022 gegenüber dem [X.] geltend gemacht, dass sie mangels Zustellung des Löschungsantrags vom 8. September 2021 keine Kenntnis von dem [X.] gehabt habe.

Gemäß § 4 Abs. 2 [X.] gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen.

Aus dem [X.] … des am 14. September 2021 per Übergabeeinschreiben versendeten Nichtigkeitsantrags vom 8. September 2021 geht hervor, dass das Einschreiben am 16. September 2021 an einen/eine andere(n) [X.](n) ausgehändigt wurde (angekreuzt ist das Feld „And. EmpfBer“). Unter der unleserlichen Unterschrift im [X.] ist in dem Feld „Name und Vorname in Großbuchstaben“ angegeben „S.…U.…“. Statt der [X.] „5…“ in der von der Markeninhaberin angegebenen Zustelladresse des Gesellschafters „B.…U.…“ findet sich auf dem [X.] zudem die [X.] „5…“, während auf dem [X.] bezüglich des am 27. Dezember 2021 unstreitig zugestellten Beschlusses der Markenabteilung 3.4 vom 22. Dezember 2021 die korrekte [X.] „5…“ angegeben ist.

Aus dem vorliegenden [X.] vom 16. September 2021 ergibt sich deshalb nicht, dass der Nichtigkeitsantrag der Markeninhaberin zugegangen ist. Auf ihr Bestreiten hat das [X.] den Zugang auch nicht anderweitig nachgewiesen (§ 4 Abs. 2 [X.]). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Antragstellerin vom 9. März 2023. Die Behauptung, der Löschungsantrag sei nach dem [X.] von „[X.] (…), entgegengenommen und unterzeichnet“ worden, ergibt sich im Hinblick auf den im Namensfeld vermerkten Namen „[X.] in Verbindung mit dem angekreuzten Feld „And. EmpfBer“ gerade nicht.

b. Nachweisen lässt sich eine Kenntnis der Markeninhaberin deshalb erst mit Zustellung des Beschlusses der Markenabteilung vom 22. Dezember 2021 an die Markeninhaberin am 27. Dezember 2021. Sie bestätigt im Schriftsatz vom 22. März 2023, diesen Beschluss am 27. Dezember 2021 erhalten zu haben. Im Unterschied zum [X.] betreffend den Löschungsantrag vom 8. September 2021 (siehe zuvor unter a) ist die korrekte [X.] „5…“ des Zustellungsbevollmächtigten angegeben, die jeweiligen Unterschriften unterscheiden sich und in dem Namensfeld ist „U. …“ statt „[X.] angegeben.

c. Die zweimonatige Frist der Löschung zu widersprechen (§ 53 Abs. 4 [X.]) begann somit nicht am 16. September 2021 zu laufen, sondern erst am 27. Dezember 2021 mit der Kenntnis der Markeninhaberin von dem Löschungsverfahren. Die Markeninhaberin hat der Löschung mit dem am 10. Januar 2022 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Datum deshalb fristgerecht widersprochen.

Dem Vortrag der Antragstellerin, die Markeninhaberin habe im Schriftsatz vom 10. Januar 2022 lediglich „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ beantragt und „vorsorglich“ das Rechtsmittel der „Beschwerde“ eingelegt, nicht aber der Löschung widersprochen und damit die versäumte Handlung nicht fristgerecht nachgeholt, kann nicht gefolgt werden. Die Erklärung des Widerspruchs muss nämlich nicht ausdrücklich erfolgen. Es reicht aus, dass deutlich wird, dass sich der Markeninhaber dem Löschungsantrag widersetzen und Rechte im förmlichen Verfahren wahrnehmen möchte (vgl. [X.]sga in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 53 Rn. 49). Das ist vorliegend der Fall. Durch den Antrag auf Wiedereinsetzung und die vorsorgliche Einlegung der Beschwerde hat die Antragsgegnerin dies hinreichend deutlich gemacht.

2. Nach § 70 Abs. 3 Nr. 1 [X.] kann das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, wenn das [X.] noch nicht in der Sache selbst entschieden hat.

a. Vorliegend hat das [X.] die angegriffene Marke im beantragten Umfang ohne Sachprüfung gemäß § 53 Abs. 5 Satz 1 [X.] gelöscht, weil es zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Markeninhaberin der Löschung nicht fristgerecht nach § 53 Abs. 4 [X.] widersprochen hat.

b. Nach § 70 Abs. 3 [X.] liegt es im Ermessen („kann“) des Gerichts, selbst zu entscheiden oder den angefochtenen Beschluss ohne Sachentscheidung aufzuheben und eine erneute Entscheidung durch das [X.] herbeizuführen.

Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls überwiegt das Interesse an einer Entscheidung durch das [X.] dem Interesse der Beteiligten an einer erneuten Befassung des [X.] (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 70 Rn. 10).

So haben sich beide Verfahrensbeteiligte auf die Mitteilung des [X.] vom 12. Januar 2022, die Sache an das [X.] weitergeleitet zu haben, ohne weiteres vor diesem zur Sache geäußert. Die Markeninhaberin, die am ehesten ein Interesse an einer längeren Verfahrensdauer haben könnte, hat sich mit Schreiben an das [X.] vom 9. September 2023 nach dem Sachstand erkundigt und damit deutlich gemacht, dass ihr an einer baldigen Entscheidung gelegen ist. Zu berücksichtigen ist auch, dass beim [X.] ein [X.] der hiesigen Markeninhaberin gegen die am 11. November 2020 von der hiesigen Antragstellerin angemeldeten Wort-/Bildmarke Abbildung

Nach alldem bestand kein Anlass, die Sache an das [X.] zurückzuverweisen.

3. Die Eintragung der angegriffenen Marke 30 2020 234 800 ist im Hinblick auf die mit dem Löschungsantrag angegriffenen Waren der [X.] „Staubschutzmasken; Umweltschutzmasken für den Atemschutz; Atemmasken; Staubmasken“ für nichtig zu erklären und zu löschen, weil deren Anmeldung [X.] war und sie damit entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.] eingetragen worden ist (§ 50 Abs. 1 [X.]). Der angegriffene Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 22. Dezember 2021 ist deshalb im Ergebnis richtig und die dagegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin unbegründet.

a. Von Bösgläubigkeit ist auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist (vgl. [X.], 380 Rn. 16 – Glückspilz; GRUR 2016, 482 Rn. 16 – [X.]; [X.], 780 ff. – [X.]). Die Beurteilung, ob eine Marke [X.] angemeldet worden ist, hat dabei umfassend und unter Berücksichtigung aller im Einzelfall erheblichen Faktoren zu erfolgen (vgl. [X.] [X.], 763 Rn. 37, 51 bis 53 – [X.]/[X.]; [X.] – [X.]). Ein Anmelder handelt dabei nicht allein deshalb unlauter, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für dieselben Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (vgl. [X.] GRUR Int. 2013, 792 Rn. 37 – [X.]). Ein Vorbenutzungsrecht in diesem Sinne ist dem Markenrecht fremd. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen. Ausgehend hiervon kann ein [X.]er Markenerwerb nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] insbesondere darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Marke für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen anmeldet mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren (vgl. [X.], 1034 – [X.]; [X.], 1032, 1034 – [X.] 2000; [X.], 621 Rn. 21 – [X.]). Darüber hinaus kann der Erwerb eines formalen Markenrechts, unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen Besitzstandes eines [X.], auch dann [X.] sein, wenn sich die Anmeldung der Marke unter anderen Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig darstellt. Das wettbewerblich Verwerfliche kann insbesondere darin gesehen werden, dass ein [X.] die mit der Eintragung der Marke verbundene – an sich unbedenkliche – Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzt (vgl. BGH [X.], 917 Rn. 20 – [X.]; [X.], Rn. 21 – [X.]). Ein Verhalten überschreitet die Schwelle der Bösgläubigkeit erst dann, wenn seine Wirkungen über eine als bloße Folge des [X.] hinausgeht und bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen [X.] gerichtet ist (vgl. [X.], Rn. 28 – [X.]; a. a. [X.], Rn. 23 – [X.]; a. a. [X.], Rn. 32 – [X.]). Für eine Behinderungsabsicht kann dabei vor allem sprechen, dass zwischen [X.] und Drittem eine ersichtliche [X.]situation besteht und die Verhinderung oder auch nur Erschwerung der Benutzung der Marke durch den [X.] erkennbar zumindest ein wesentliches Motiv der Anmeldung darstellt, wobei es sich nicht um den einzigen Beweggrund handeln muss (vgl. [X.], 74, 77 – [X.]; a. a. [X.] – [X.]; a. a. [X.] – [X.] 2000; a. a. [X.] – [X.]; a. a. [X.] – [X.]; [X.] GRUR 2006, 1032, 1034 – E 2).

Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit ist der Zeitpunkt der Markenanmeldung maßgeblich (vgl. [X.], Rn. 14 – Glückspilz; a. a. [X.], Rn. 14 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten). Dies schließt jedoch eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor und nach der Markenanmeldung nicht aus, denn aus diesem Verhalten können sich Anhaltspunkte für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht ergeben (vgl. [X.], Rn. 14 – Glückspilz; [X.], Beschluss vom 15. November 2017, 29 W (pat) 16/14 – [X.]; [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 8 Rn. 1043).

b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall von einer [X.]en Markenanmeldung auszugehen. Ein Anmelder, der die Anmeldung in der Absicht vornimmt, die mit der Eintragung der Marke entstehende, wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einzusetzen, handelt unlauter ([X.], 414, 417 – Russisches Schaumgebäck). Davon muss vorliegend ausgegangen werden.

Zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke am 2. September 2020 befand sich [X.] in der ersten Welle des [X.] mit zahlreichen pandemiebedingten Beschränkungen. Eine staatlich angeordnete Auflage war das Tragen einer [X.] in der Öffentlichkeit. Kontakte zu – ausländischen – Firmen zur Beschaffung dieser Masken waren wegen bestehender Lieferengpässe wertvoll. Die Antragstellerin mit Sitz in [X.] hat zum Zeitpunkt der Anmeldung des streitgegenständlichen Zeichens am 2. September 2020 unstreitig [X.]n hergestellt und [X.] Unternehmen beliefert, die die Masken entweder direkt oder über einen Händler an Endverbraucher verkauften. Beispielsweise lieferte sie - unstreitig - an das [X.] Unternehmen [X.] im Mai und Juni 2020 insgesamt … [X.] [X.]n. Dabei befand sich das Zeichen „[X.]“ auf der Umverpackung für die [X.] (Muster in Anlage [X.]) sowie auf den Masken selbst (Muster in Anlage [X.]).

Ob sich zum Anmeldezeitpunkt aus diesem Vorbringen der Antragstellerin ein hinreichender Besitzstand an dem Zeichen „[X.]“ im Inland ergibt – was die Markeninhaberin bestreitet – ist nicht eindeutig, da ein relevanter Besitzstand im Regelfall erst nach längerer Benutzung der Kennzeichnung entsteht. Ob wegen der Besonderheiten während der [X.] etwas anderes gilt, muss vorliegend nicht entschieden werden. Die Markeninhaberin wollte die mit der Eintragung der angegriffenen Marke „[X.]“ in [X.] verbundene – an sich unbedenkliche – Sperrwirkung nämlich zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzen und hat damit das Schutzhindernis der Bösgläubigkeit i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.] erfüllt.

aa. Aus den Gesamtumständen ergibt sich, dass die Markeninhaberin das angegriffene Zeichen „[X.]“ beim [X.] in erster Linie anmeldete, um eine Abhängigkeit der Antragstellerin von der Antragsgegnerin herzustellen und die Geschäftsinteressen der Antragstellerin und mit ihr in Geschäftsverbindung stehenden Anbietern in wettbewerbswidriger Weise zu behindern. Das zeigt das von beiden Parteien als Anlage [X.] (zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 7.09.2021) bzw. Anlage [X.] (zum Schriftsatz der Markeninhaberin vom 23.02.2022) vorgelegte [X.] zwischen [X.], einem Mitarbeiter der Markeninhaberin, und [X.], einem Mitarbeiter der Antragstellerin.

Nach dem [X.] fragt Herr M.… am 18. Juni 2020, ob das Zeichen „[X.]“ als Marke geschützt sei und erhält am gleichen Tag die Antwort, dass dies nur in [X.] der Fall sei. Die Reaktion von [X.] lautet: „[X.]“. Das bedeutet im Kontext mit dem Chatverlauf und den weiteren Geschehnissen, dass die Markeninhaberin die Nachricht deshalb begrüßt, weil damit ihrer Absicht, die Marke selbst in [X.] anzumelden, aus ihrer Sicht kein Hindernis im Weg steht. Am 4. September 2020 informiert Herr M.… [X.] darüber, dass die Antragsgegnerin „[X.]“ als Marke in [X.] angemeldet habe: „We registred [X.] as a trademark for the german market“. Der am gleichen Tag von [X.] gesendete Satz „The possibility for a strategic partnership is given, once the registration is done“ zeigt in besonderem Maße, dass die Antragsgegnerin durch die unabgesprochene Anmeldung Druck auf die Antragstellerin ausüben wollte. Um mit ihr Geschäfte zu machen, wäre eine Anmeldung des Zeichens „[X.]“, das von der Antragstellerin unstreitig zu diesem Zeitpunkt auf den von ihr nach [X.] gelieferten Masken und deren Verpackungen verwendet wurde, nicht erforderlich gewesen. Außerdem zeigen die Worte „strategic partnership“ an, dass die Antragsgegnerin sich nicht – wie andere von der Antragstellerin in [X.] belieferte Unternehmen – mit der Rolle eines Zwischenhändlers zufriedengeben wollte, sondern die Markenanmeldung nutzen wollte, um auf die Antragstellerin Druck auszuüben. Das zeigt auch die Nachricht von [X.] vom 18. September 2020, wo es heißt: „…. We are holders of the trademark [X.] in [X.]. We would love to do business with you“.

Der Chat endete am 23. Oktober 2020, nachdem die Antragsgegnerin schrieb, sie habe einen anderen Anbieter und ankündigt: „So you need to get super competitive“. Unstreitig hat die Antragstellerin in der Folgezeit keine Masken an die Antragsgegnerin geliefert.

Die sich aus dem vorgenannten Verhalten der Markeninhaberin ergebende Bösgläubigkeit wird unterstrichen durch die Berechtigungsanfrage der Markeninhaberin an [X.] vom 16. April 2021, mit dem der Verkauf von Masken der Antragstellerin beanstandet wurde. Mit diesem Schreiben sollte Druck auf [X.] bzw. die Antragstellerin ausgeübt werden, indem auf das Markenrecht an dem Zeichen „[X.]“ und mögliche Schadensersatzansprüche hingewiesen wurde. Da der Anmeldung der Marke „[X.]“ durch die Antragsgegnerin bereits der Makel der Bösgläubigkeit anhing, vermochte das Bestehen eines Markenrechts das Vorgehen gegen [X.]nicht zu rechtfertigen. Auch die späteren Ausführungen der Markeninhaberin im Schriftsatz vom 23. Februar 2022, es sei ihr nicht um die Untersagung des Maskenvertriebs gegangen, sondern lediglich um eine wirtschaftlich einvernehmliche Lösung, zeigt die Motivation zur wirtschaftlichen Ausnutzung ihrer [X.] erworbenen Stellung als Markeninhaberin.

bb. Der [X.] kann demgegenüber keine Anhaltspunkte dafür erkennen, die die Markenanmeldung gerechtfertigt hätten.

(1) Das Vorbringen der Markeninhaberin, sie habe durchgängig die Absicht gehabt, eine geschäftliche Kooperation mit der Antragstellerin anzustreben, rechtfertigt die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke „[X.]“ nicht. Für eine solche Kooperation bedurfte es nämlich keiner Markenanmeldung durch die Markeninhaberin. Das zeigen auch die unstreitig bestehenden Geschäftsverbindungen der Antragstellerin zu anderen [X.] Firmen, zu deren erfolgreicher Durchführung auch keine Markenanmeldung erforderlich war.

Außerdem ist nicht klar, wie die Markeninhaberin die von der Antragstellerin stammenden und mit deren [X.] Marke „[X.]“ gekennzeichneten [X.]n in Zusammenhang mit ihrer [X.] Marke „[X.]“ benutzen wollte. Grundsätzlich dienen Warenmarken nämlich dazu, die von der Anmeldung erfassten Produkte als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Produkte von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Unstreitig stellt die Markeninhaberin keine [X.]n her. Auch ein von der Antragstellerin eingeräumtes Alleinvertriebsrecht besaß sie nicht, wollte dies aber durch die Anmeldung möglicherweise erreichen.

(2) Soweit die Markeninhaberin geltend macht, die Anmeldung sei gerechtfertigt, da Herr P.… nach dem im [X.]-Verfahren als Anlage [X.] vorgelegten Chatverlauf keinen Widerspruch dagegen zum Ausdruck gebracht habe, ergibt sich daraus keine Rechtfertigung. Nach dem Chat hat die Markeninhaberin am 18. Juni 2020 zunächst gefragt, ob das Zeichen „[X.]“ registriert ist. Auf die Antwort, dass dies nur in [X.] der Fall ist, hat sie am 4. September 2020 geschrieben „We registered [X.] as trademark for the german market“. Damit hat die Markeninhaberin die Antragstellerin nicht wegen der Anmeldung gefragt, sondern Fakten geschaffen. Zudem weist das Wort „registered“ anders als „applied“ auf eine bereits eingetragene Marke hin, was den Eindruck verstärkt, dass eine Missbilligung seitens der Antragstellerin die Situation nicht geändert hätte.

(3) Das – von der Antragstellerin bestrittene – Vorbringen der Markeninhaberin, sie verwende die Marke für den innereuropäischen Großhandel und [X.] Einzelhandel mit Atemschutzmasken und habe auch bei der Anmeldung die Absicht für diese Verwendung gehabt, rechtfertigt die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke ebenfalls nicht. Auch insoweit gilt, dass die Markeninhaberin die streitgegenständliche Marke nicht hätte anmelden müssen, wie der Vergleich mit den [X.] Handelspartnern der Antragstellerin zeigt. Die Markeninhaberin hätte ohne weiteres als Zwischenhändler die „[X.]“- Masken der Antragstellerin in [X.] weiterverkaufen können. Dann wäre ihre Stellung/Verhandlungsposition gegenüber der Antragstellerin bzw. ihrer Abnehmer wie [X.] aber wesentlich schwächer gewesen wie als Inhaberin der streitgegenständlichen Marke.

(4) Die Markenanmeldung war auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass – wie die Markeninhaberin ausführt – ohne die Registrierung der Bezeichnung „[X.]“ als Marke ein Listing im Rahmen der Internetverkaufsplattform „[X.]“ nicht möglich gewesen wäre.

Zum einen kann der angestrebte Verkauf über [X.] keine wettbewerbswidrige Markenanmeldung rechtfertigen. Deshalb kann sich die Markeninhaberin nicht darauf berufen, ihr sei vom [X.]-Service – der die Hintergründe i.d.R. ohnehin nicht kennt – eine eigene Markenanmeldung nahegelegt worden. Zum anderen mag es sein, dass ein Listing (Angebotsseite, die für jedes Produkt im [X.] Katalog angelegt wird) mit einer Markenregistrierung einfacher ist. Anders als die Markeninhaberin suggeriert, können Verkäufer aber auch ohne Markenregistrierung Waren auf [X.] verkaufen ([X.] auf [X.] verkaufen – so geht’s, https://nuoptima.com/de/verkaufen-ohne-brand-registrierung-amazon).

Deshalb spricht – worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist – einiges dafür, dass die Markeninhaberin im Rahmen von „[X.] Brand Registry“, wo mutmaßliche Markenrechtsverletzungen unkompliziert gemeldet werden können, mit der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke Wettbewerber vom Vertrieb von Masken unter „[X.]“ bei [X.] auszuschließen wollte.

(5) Der Vortrag der Markeninhaberin, ein von ihr ausgeübter oder angestrebter Zwang zur Geschäftsbeziehung gegenüber der Antragstellerin scheide bereits deshalb aus, weil die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Markenanmeldung lediglich über Schutzrechte in [X.] verfügte, überzeugt nicht.

Zwar handelt der Anmelder eines Zeichens nicht schon deshalb unlauter, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen im Ausland oder Inland für gleiche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Markenschutz erworben zu haben. Allerdings treten – wie unter 3.b ausgeführt, vorlegend weitere Umstände hinzu, die die Anmeldung wettbewerbswidrig und [X.] i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.] erscheinen lassen (vgl. [X.], 110 – TORCH).

B. Angesichts des [X.] erlangten [X.] sind gemäß ständiger Rechtsprechung die Kosten des Verfahrens, d. h. die Kosten des [X.]s vor dem [X.] gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] aus Billigkeitsgründen der Inhaberin der angegriffenen Marke aufzuerlegen (vgl. [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 63 Rn. 7 und § 71 Rn. 19 m. w. N.).

Meta

30 W (pat) 5/22

23.11.2023

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.11.2023, Az. 30 W (pat) 5/22 (REWIS RS 2023, 9869)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9869

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

28 W (pat) 41/20 (Bundespatentgericht)


28 W (pat) 42/20 (Bundespatentgericht)


28 W (pat) 40/20 (Bundespatentgericht)


29 W (pat) 66/20 (Bundespatentgericht)

Nichtigkeitsverfahren – „HANDTE (Wortzeichen)“ – Art. 139a Abs 2a UMV – keine Bösgläubigkeit – keine …


25 W (pat) 114/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "KÖ BOGEN ZUKUNFT FÜR DÜSSELDORF (Wort-Bild-Marke)" – keine bösgläubige Markenanmeldung - …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

29 W (pat) 16/14

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.