Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2004, Az. NotZ 10/04

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2004, 2384

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[X.][X.]/04 Verkündet am: 12. Juli 2004 [X.] , Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Verfahren

wegen vorläufiger Amtsenthebung und Feststellung der Voraussetzun-gen für die Amtsenthebung - 2 -

Der [X.], [X.], hat auf die mündliche Verhand-lung vom 12. Juli 2004 durch [X.], [X.] und [X.] sowie die Notare [X.] und [X.] beschlossen: Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen des [X.] in [X.] vom
3. Februar 2004 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des [X.] zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerdever-fahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten. Der Geschäftswert wird für beide Rechtszüge auf 50.000 • fest-gesetzt. - 3 - Gründe: [X.] Der 1950 geborene Antragsteller ist seit 1979 beim Landgericht [X.] und seit 1985 auch beim [X.] in [X.] als Rechtsanwalt zugelas-sen. Am 14. März 1990 wurde er zum Notar bestellt. Mit Bescheid vom 30. Juni 2003 hat die Antragsgegnerin den [X.] gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8, § 54 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorläufig seines Amtes enthoben, weil seine wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Art seiner Wirt-schaftsführung die Interessen der Rechtsuchenden gefährdeten, und zugleich angekündigt, ihn aus diesen Gründen auch endgültig seines Amtes als Notar zu entheben. Den gegen beide Teile des Bescheides gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 111 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 50 Abs. 3 Satz 3 [X.]) hat der [X.] bei dem [X.] in [X.] zurückgewiesen und fest-gestellt, daß die Voraussetzungen für die - endgültige - Amtsenthebung des Antragstellers vorliegen. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er die Aufhebung des Beschlusses des [X.] und des Bescheids vom 30. Juni 2003 sowie die Feststellung begehrt, daß die Voraussetzungen für seine - endgültige - Amtsenthebung nicht gegeben sind. I[X.] 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 111 Abs. 4 Satz 1 [X.] statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 111 Abs. 4 Satz 2 [X.], § 42 Abs. 4 [X.]). - 4 - 2. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen sowohl für die vorläufige (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) wie für die endgültige Amtsenthebung des Notars gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] vorliegen und die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung über die vorläufige Amtsenthebung des Antragstellers weder die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten noch von ihrem Ermessen in einer dem Zweck des § 54 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht entsprechen-den Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. § 111 Abs. 1 Satz 3 [X.]). a) Die Wirtschaftsführung eines Notars, die Gläubiger dazu zwingt, we-gen berechtigter Forderungen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, ist schon als solche nicht hinnehmbar. Hierbei ist es ohne Belang, ob diese Zwangsmaß-nahmen auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse, Vermögenslosigkeit oder Überschuldung des Notars zurückzuführen sind (Senat, Beschlüsse vom 20. November 2000 - [X.] 17/00 = NJW-RR 2001, 1212; vom 12. Oktober 1990 - [X.] 21/89 = D[X.] 1990, 94 ff.). Um so mehr ist seine - auch vorläufi-ge - Amtsenthebung geboten, wenn seine wirtschaftlichen Verhältnisse zerrüt-tet sind. Hiervon ist auszugehen, wenn etwa Zahlungsansprüche in erheblicher Größenordnung gegen ihn bestehen oder gerichtlich anhängig sind, [X.] und Überweisungsbeschlüsse gegen ihn erlassen, fruchtlose Pfän-dungsversuche unternommen, Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Ver-sicherung nach § 807 ZPO in die Wege geleitet sowie Haftbefehle zur Erzwin-gung dieser Versicherung gegen ihn erlassen worden sind. Dies gilt insbeson-dere dann, wenn die Abtragung einer längerfristig angewachsenen erheblichen Schuldenlast nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erwarten ist. Auf ein Verschulden des Notars kommt es dabei nicht an (Senat, Beschlüsse vom 20. November 2000 - [X.] 17/00 = NJW-RR 2001, 1212 und [X.] 19/00 = - 5 - NJW-RR 2001, 1213; vom 20. März 2000 - [X.] 19/99 = NJW 2000, 2359; vom 12. Oktober 1990 - [X.] 21/89 = D[X.] 91, 94 m. w. N.). Die Verschuldung eines Notars gefährdet seine Integrität und stellt seine Unabhängigkeit in Frage. Es ist in diesem Falle zu besorgen, daß er fremde Vermögensinteressen nicht mit der gebotenen Sorgfalt wahrnimmt und Versu-chen Dritter, seine Amtsführung sachwidrig zu beeinflussen, nicht mit dem er-forderlichen Nachdruck entgegentreten will oder kann (Senat, Beschluß vom 20. März 2000 - [X.] 19/99 = NJW 2000, 2359). Darüber hinaus begründen Zahlungsschwierigkeiten des Notars und insbesondere gegen ihn geführte Maßnahmen der Zwangsvollstreckung die Gefahr, daß er etwa [X.] nicht auftragsgemäß verwendet oder gar zur Tilgung eigener Schul-den auf ihm treuhänderisch anvertraute Gelder zurückgreift (Senat, Beschluß vom 20. November 2000 - [X.] 19/00 = NJW-RR 2001, 1213, 1214). Eine der-artige abstrakte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden genügt. Es ist nicht erforderlich, daß sich bereits in einem konkreten Fall Anhaltspunkte dafür ergeben haben, der Notar könnte aufgrund seiner wirtschaftlichen Zwangslage sachwidrigen Einflüssen auf seine Amtsführung nicht entgegengetreten sein oder er habe gar [X.] weisungswidrig für sich verbraucht (Senat, Be-schluß vom 12. Oktober 1990 - [X.] 21/99 = D[X.] 1991, 94, 95). Hinzu kommt, daß die Interessen der Rechtsuchenden auch ohne Zutun des Notars durch ausgebrachte Vollstreckungsmaßnahmen seiner Gläubiger beeinträchtigt werden können; denn es sind ohne weiteres Fallgestaltungen denkbar, in [X.] seine Gläubiger auf ihm anvertraute [X.] Zugriff nehmen können, bevor sie auf einem [X.] eingezahlt sind (vgl. Senat aaO). Von diesen Grundsätzen ist das [X.] rechtsfehlerfrei ausge-gangen. - 6 - b) Die vom [X.] getroffenen Feststellungen, die durch den Akteninhalt bestätigt und vom Antragsteller auch nicht angegriffen werden, [X.], daß im Falle des Antragstellers nach diesen Maßstäben die Vorausset-zungen für eine Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] erfüllt sind. Der Antragsteller ist - überwiegend titulierten - Forderungen in Höhe von [X.] mehr als 400.000 • ausgesetzt. Hinzu kommen laufende Kosten für die Finanzierung und Bewirtschaftung von Immobilien, die in Höhe von ca. 74.000 • jährlich von den Mieteinnahmen nicht gedeckt werden. Seit 1997 [X.] gegen ihn - zum Teil wegen geringfügiger Beträge - eine Vielzahl von Zwangsvollstreckungsverfahren geführt, die sich in den Jahren 2002 und 2003 häuften. Zwar ist es dem Antragsteller mehrfach gelungen, durch [X.] oder - zumindest teilweiser - Erfüllung geringer Schulden die Zwangsvollstreckung abzuwenden, so daß er es bisher auch vermeiden konnte, die eidesstattliche Versicherung abzugeben. Ein schlüssiges Konzept, wie seine Gesamtschulden in einem überschaubaren Zeitrahmen getilgt wer-den könnten, hat der Antragsteller trotz mehrfacher Hinweise durch die An-tragsgegnerin und das [X.] nicht dargelegt. Es läßt sich insbeson-dere auch seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat und seinem dort überreichten Schriftsatz nicht entnehmen. Belege für die von ihm behauptete zwischenzeitliche Tilgung einzelner Forderungen vermochte der Antragsteller nicht vorzulegen. Einen realistischen Tilgungsplan hinsichtlich der von ihm eingeräumten weiteren erheblichen Schulden hat er darüber hin-aus nicht aufgezeigt. Er beschränkt sich auf Absichtserklärungen, deren Um-setzung auf Hoffnungen und dem Wohlwollen seiner Gläubiger beruht. So ist es etwa völlig offen, ob dem Antragsteller aus einer Abwicklung des [X.]irgendwann die finanziellen Mittel zufließen werden, die er zu einer teilweisen Befriedigung einzelner Gläubiger einsetzen möchte. [X.] 7 - genüber ist sein von ihm genanntes derzeitiges Einkommen von 1.500 • im Monat für eine Rückführung seiner Schulden nicht ausreichend. Wie er selbst einräumt, - 8 - könnte ihm allenfalls die Wiederausübung des [X.] ein Gebührenaufkommen verschaffen, das über das Bestreiten des Lebensunterhalts hinaus einen gewissen Schuldenabbau ermöglichen würde. Damit würden aber gerade die Gefahren wieder eröffnet, denen durch seine Entfernung aus dem Amt begegnet werden soll.
Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umfassende Darstellung der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers sowie der gegen ihn geführten, teils abgeschlossenen, teils noch laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in der angefochtenen Entscheidung sowie in der Aufstellung verwiesen, die der Antragsteller seinem heute übergebenen Schriftsatz beigefügt hat. Nach alledem ist die Gefahr, daß der Antragsteller sich durch seine wirt-schaftliche Bedrängnis in seiner Amtsführung sachwidrig beeinflussen läßt oder treuhänderisch anvertraute [X.] nicht auftragsgemäß verwaltet, nicht von der Hand zu weisen. Darüber hinaus muß jederzeit mit dem Versuch von Gläubigern des Antragstellers gerechnet werden, im Wege der Zwangs-vollstreckung auch auf dem Antragsteller anvertraute [X.] zuzugreifen. Zu Recht hat das [X.] daher das Vorliegen der [X.] nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 [X.] bejaht. c) Da nach den aufgezeigten Umständen keine anderen Maßnahmen in Betracht kommen, durch die während des laufenden [X.] eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden in gleicher Weise ausgeschlossen werden kann und die den Antragsteller weniger beeinträchti-- 9 - gen, läßt es auch keinen Ermessensfehler erkennen, daß die Antragsgegnerin den Antragsteller vorläufig seines Amtes enthoben hat. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers bleibt daher insgesamt oh-ne Erfolg. [X.] Tropf [X.]

Lintz

[X.]

Meta

NotZ 10/04

12.07.2004

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2004, Az. NotZ 10/04 (REWIS RS 2004, 2384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2384

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