Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2011, Az. 5 StR 122/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 325

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5 [X.]/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 15. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen Subventionsbetruges u.a.

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 15. Dezember 2011
beschlossen:

1.
Auf die Revision des
Angeklagten
[X.]
wird
das Ur-teil des [X.] vom 4. Oktober 2010, so-weit es ihn betrifft, nach § 349 Abs. 4
StPO aufgehoben

a)
in den Fällen III.3 a bis m ([X.]) sowie III. (Betrug zum Nachteil H.
S.
GmbH) mit
den jeweils zugrundeliegenden Feststellungen,

b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe und

c)
über das Berufsverbot.

2.
Die weitergehende Revision des Angeklagten E.

sowie die Revision des Angeklagten [X.]
werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der An-geklagte [X.]
hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

3.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten [X.], an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.]s zurückverwie-sen.

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G r ü n d e

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]

unter Freisprechung im Übrigen

wegen Subventionsbetruges in Tateinheit mit Untreue in sechs Fällen, wegen Untreue in fünfzehn Fällen, wegen Betruges sowie wegen [X.] der Buchführungspflicht in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt sowie für die Dauer von zwei Jahren die Ausübung eines Berufs als Rechtsanwalt verboten. Von der [X.]en Gesamtfreiheitsstrafe hat es zur Kompensation überlanger [X.] acht Monate als vollstreckt erklärt. Den Angeklagten [X.]
hat das [X.]

unter Freisprechung im Übrigen

des [X.], des Betruges in vier tateinheitlichen Fällen, der Insolvenzverschleppung sowie der Verletzung der Buchführungspflicht in drei Fällen schuldig gespro-chen und eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten [X.]. Deren Vollstreckung hat es zur Bewährung ausgesetzt und zur [X.] überlanger Verfahrensdauer zwei Monate als vollstreckt erklärt.

Der Revision des Angeklagten [X.]
bleibt aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des [X.] der Erfolg versagt (§
349 Abs. 2
StPO). Die auf Sach-
und Verfahrensrügen
gestützte Revision des Angeklagten [X.]
hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs.
2 StPO).

1. Soweit der Angeklagte [X.]
unter [X.] a bis m der [X.] wegen Untreue in 13 Fällen verurteilt worden ist, hält dies sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafkammer legt dem Beschwerde-führer jeweils zur Last, dass er als Rechtsanwalt gegenüber der von ihm als Mitgesellschafter gehaltenen C.
GmbH Gebühren in Rechnung gestellt hat, ä-

39). Das [X.] hat ferner eine Vielzahl einzelner Abrechnungen lediglich an-1
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hand ihres jeweiligen Aktenzeichens und des Vorgangsnamens nicht aber auch mit Beschreibungen der damit verbundenen Tätigkeit des Angeklagten dargestellt. Hierdurch bleibt dem Senat die revisionsgerichtliche Überprüfung der tatgerichtlichen Bewertung verschlossen, ob von sämtlichen [X.] keine anwaltliche Tätigkeit umfasst war. [X.] Darlegung der konkret in Rechnung gestellten Tätigkeit bedurfte es insbesondere [X.] Tätigkeit waren. Überdies lassen die unzulänglichen Feststellungen be-sorgen, dass

beim Finanzamt [X.] (UA S.
115 f., 42)

auch anwaltliche Tätigkeiten, na-heliegend im Zuge eines zur C.
GmbH bestehenden Mandatsverhältnisses, durch den Angeklagten abgerechnet wurden.

2. Auch die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Betruges zum Nachteil der H.
S.
GmbH ([X.]) begegnet bereits wegen unkla-rer Feststellungen zur Täuschungshandlung des Angeklagten durchgreifen-den [X.].
S.
GmbH s-

auch in der Zusammenschau der [X.]

keine nachvollziehbare Täuschungshandlung.

3. Wegen des Wegfalls dieser Schuldsprüche, die vom [X.] für S.
147) bewertet wurden, hat auch die [X.] keinen Bestand.

4. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen tragen aller-dings den Schuldspruch wegen (vorsätzlicher) Verletzung der [X.] in drei Fällen gemäß § 283b Abs. 1 Nr. 1 und 3 lit. [X.]. Danach unterließen es die Beschwerdeführer [X.]
(als faktischer Geschäftsfüh-rer) und [X.]

,
die 4
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Handelsbücher der C.
GmbH zu führen sowie die Eröffnungsbilanz aufzu-stellen und einen Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2003 zu erstellen. Mit Blick auf die ebenfalls festgestellte und ausgeurteilte zweckwidrige Ver-wendung gewährter [X.] sowie die von beiden Beschwerdefüh-rern begangenen Untreuehandlungen zum Nachteil von C.
GmbH verstand es sich hier allerdings nicht von selbst, dass die Angeklagten nicht aus-schließlich aus eigennützigen Motiven heraus handelten.

a) Eine Strafbarkeit könnte angesichts dessen namentlich bei Anwen-dung der von der Rechtsprechung entwickelten [X.] zweifelhaft sein (vgl. hierzu nur [X.], Urteile vom 20. Mai 1981

3 [X.], [X.]St
30, 127, 128 f., vom 6. November 1986

1 [X.], [X.]St 34, 221, 223). Nach den Grundsätzen dieser

vom 3.
Strafsenat im Rahmen eines Anfrageverfahrens jüngst in Frage gestellten (vgl. [X.], Beschluss vom 15.
September 2011

3 [X.]; vgl. ferner [X.], Beschluss vom 1. Sep-tember 2009

1 StR 301/09, [X.]R StGB § 283 Abs. 1 Geschäftsführer 4)

Rechtsprechung ist für die Strafbarkeit des Vertreters einer juristischen Per-son nach § 283 StGB erforderlich, dass er zumindest auch im Interesse des Geschäftsherrn handelt (vgl. § 14 StGB); liegen hingegen beim Vertreter ausschließlich eigennützige Motive vor, so scheidet eine Bestrafung wegen Bankrotts neben einer möglichen Strafbarkeit wegen Untreue aus (vgl. [X.], StGB, 58. Aufl., § 283 Rn. [X.] mwN).

Die Rechtsprechung vermittelt zur Frage der Anwendung der Interes-sentheorie auf Buchführungs-
und Bilanzdelikte nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis 8, §
283[X.] kein einheitliches Bild. Teilweise wird die Frage auch bei [X.] bejaht (vgl. [X.], Urteil vom 24. März 1982

3 [X.]/82,
wistra 1982, 148, 149, Beschluss vom 14. Dezember 1999

5 [X.], [X.], 206, 207; vgl. ferner [X.], Urteil vom 11. Oktober 1960

5 [X.]), teilweise wird sie hingegen ausdrücklich (vgl. [X.], [X.] vom 24. März 2009

5
StR 353/08, NStZ
2009, 635, 636) oder still-7
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schweigend (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Januar 1995

2 [X.], [X.], 146, 147) verneint.

Unabhängig von den im Anfrageverfahren vom 3.
Strafsenat angestell-ten grundsätzlichen Erwägungen (aaO) neigt der Senat dazu,
die von der Rechtsprechung namentlich für Vermögensverschiebungen in der unterneh-merischen Krise entwickelte [X.] jedenfalls auf Buchführungs-
und Bilanzdelikte (§ 283 Abs. 1 Nr. 5 bis 8, §
283[X.]) nicht anzuwenden. Gegen eine Übernahme spricht

worauf auch der [X.] in seiner Antragsschrift zutreffend hinweist

der in diesen Konstellationen ob-jektiv eindeutige Bezug zum übertragenen Aufgabenbereich. Diese gesetz-lich vermittelte [X.] kann letztlich nicht unter dem
Vorbehalt einer inneren Tendenz des Organs stehen. Für die Erfüllung von handelsrechtli-chen Pflichten der juristischen Person durch ihre Organe erscheint es [X.] bedeutungslos, ob ein Handeln im Interesse des Vertretenen vorliegt (Perron in [X.]/[X.], StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26; [X.] in [X.], 12. Aufl., Vor § 283 Rn. 84). Zudem schützen diese Strafvorschriften neben den Gläubigerinteressen die Sicherheit des Geschäftsverkehrs
als solchen (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 2001

4 [X.], [X.], 485, 486; [X.] aaO, §
283 Rn. 7; [X.], Vor § 283 Rn. 3; [X.]/Kühl, StGB, 27.
Aufl., §
283 Rn. 1).

b) Einer Entscheidung dieser Rechtsfrage bedarf es allerdings nicht. Denn das Fehlen ausdrücklicher Feststellungen zur Motivlage oder deren Erörterung in den Urteilsgründen stellt hier noch keinen durchgreifenden Rechtsmangel dar. Der Senat entnimmt nämlich dem Zusammenhang der Urteilsgründe, dass die Angeklagten mit ihrem vorsätzlichen Verstoß gegen die ihnen obliegenden Buchführungs-
und [X.] zumindest nicht

ausschließlich

erstrebten, die zweckwidrigen und vermögensschä-digenden Mittelverwendungen
zu verschleiern ([X.] ff., 66 ff., 127 ff., 145 f.). Ersichtlich lag dem allein ein besonderes Maß an Gleichgültigkeit gegenüber den kaufmännischen Pflichten zugrunde.
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5. In der rechtsfehlerhaften Annahme der Strafkammer, der [X.] habe in sämtlichen Fällen ausgeurteilter Untreue den [X.] erfüllt (§ 266 Abs. 1 Variante
1 StGB), liegt keine [X.]. Soweit in einigen Fällen als Tathandlung keine rechtsgeschäftlichen Verfügungen oder Verpflichtungen (vgl. [X.], § 266 Rn. 24), sondern eine tatsächliche Vermögensverfügung festgestellt wurde, haben die Ange-klagten jedenfalls den
Treubruchstatbestand (§ 266 Abs. 1 Variante
2 StGB) erfüllt. Die Tathandlungen des § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB (zweckwidrige Ver-wendung der Subvention) und des § 266 Abs. 1 StGB (Entzug der Mittel zu Lasten des durch die Subvention begünstigten Unternehmens) fallen dabei in einer Handlung zusammen. Beide Tatbestände stehen deshalb im Verhältnis der Tateinheit (§
52 StGB) zueinander.

6. Aufrechterhalten bleibt die Entscheidung über die Kompensation für die
eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung; der neue Tatrichter ist nicht gehindert, gegebenenfalls weiter entstehende
Verzöge-rungen zu berücksichtigen.

[X.]Brause Schaal

König Bellay

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12

Meta

5 StR 122/11

15.12.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.12.2011, Az. 5 StR 122/11 (REWIS RS 2011, 325)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 325

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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