Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2007, Az. XII ZR 176/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4660

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 21. März 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 125 Satz 1, 126 Abs. 1, 140; EGBGB Art. 2; [X.] § 6 Abs. 1 a.F. a) Eine nicht eigenhändig unterschriebene Erhöhungserklärung, die dem Nutzer vor dem 1. August 2001 zugegangen ist, ist formnichtig. b) Als einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung kann eine [X.] nach § 6 [X.] grundsätzlich nicht in ein Angebot zum Abschluss ei-nes Erhöhungsvertrages umgedeutet werden, welches vom Nutzer durch Zahlung des geforderten Entgelts stillschweigend angenommen werden könnte. [X.], Urteil vom 21. März 2007 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden die Urteile der 6. Zivil-kammer des [X.] vom 30. Juli 2004 und des [X.] vom 5. März 2003 im Kostenpunkt und inso-weit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 747,30 • nebst Zinsen verurteilt worden ist. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Kläger verlangen von der Beklagten Rückzahlung des von ihnen 1998 bis 2002 über einen Jahresbetrag von 243,60 [X.] hinaus entrichteten Nutzungsentgelts. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 1 Die Beklagte ist seit Rückübertragung im November 2000 Eigentümerin eines unbebauten, 812 qm großen Grundstücks in [X.]([X.]), das der [X.]den Klägern mit [X.] - 3 - zungsvertrag vom 11. April 1989 für ein jährliches Entgelt von [X.] überlas-sen hatte. 3 Nach dem Wirksamwerden des Beitritts stand das Grundstück zunächst unter der Verwaltung des [X.]

, das seinerseits die [X.]

GmbH als Verwalterin einsetzte. Diese erhöhte das [X.] auf 0,30 [X.]/m² = 243,60 [X.]. Mit weiteren jährlichen Erhö-hungsschreiben, die im Gegensatz zum Erhöhungsschreiben aus dem Jahre 1993 keine Unterschrift, sondern nur die Schlusszeile "maschinelle Bearbei-tung, keine Unterschrift erforderlich" tragen, erhöhte sie das Nutzungsentgelt in den Folgejahren auf zunächst 0,60 [X.]/m² = 487,20 [X.], sodann auf 1,20 [X.]/m² = 974,40 [X.] (ab 1. November 1995) und zuletzt (1997) auf 1.461,60 [X.]. Die Kläger zahlten 1998 771,40 [X.], 1999 406,20 [X.] und 2000 bis 2002 je 974,40 [X.] = insgesamt 4.100,80 [X.] = 2.096,71 •. Sie machen geltend, für diese fünf Jahre nur zur Zahlung von 5 x 243,60 [X.] = 1,218,00 [X.] = 622,75 • verpflichtet gewesen zu sein, da die folgenden Erhöhungen nach 1993 mangels Unterschrift unwirksam seien. Deshalb habe ihnen die Beklagte für den streit-gegenständlichen [X.]raum die Differenz von 2.096,71 • - 622,75 • = 1.473,96 • nebst Verzugszinsen zu erstatten. 4 Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihr Ziel einer Abweisung der Klage weiter. 5 - 4 - Entscheidungsgründe: 6 Die Revision hat teilweise Erfolg. Die Vorinstanzen haben dem Grunde nach zu Recht einen Rückforderungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung, § 812 BGB, bejaht. Die Beklagte ist jedoch nur verpflichtet, die in den Jahren 2001 und 2002 geleisteten Überzahlungen zu erstatten. [X.] 1. Das von den Klägern zu zahlende Nutzungsentgelt, das aufgrund der Erhöhungserklärung aus dem Jahre 1993 seit 1994 243,60 [X.] jährlich betrug, hat sich durch die späteren Erhöhungserklärungen nicht gemäß §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 [X.] erhöht. Diese Erhöhungserklärungen waren nämlich gemäß §§ 125 Satz 1, 126 Abs. 1 BGB nichtig, weil sie von der Ausstellerin nicht ei-genhändig unterschrieben waren. Nach § 6 Abs. 1 [X.] in der bis zum 31. Ju-li 2001 geltenden Fassung bedurften derartige Erklärungen der Schriftform. 7 Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der [X.] nicht um ein Gesetz im formellen Sinn handelt. Nach Art. 2 EGBGB ist Gesetz im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches - und damit von § 125 BGB - jede Rechtsnorm, folglich auch eine Verordnung (vgl. [X.]/[X.] Aufl. Art. 2 EGBGB Rdn. 1). 8 Erst die Verordnung zur Änderung der [X.] vom 24. Juli 1997 ([X.]) hat mit Wirkung vom 1. August 2001 das [X.] beseitigt und an deren Stelle die Textform genügen lassen. Diese Änderung ist auf Erhöhungserklärungen, die den Nutzern - wie hier - vor dem 1. August 2001 zugegangen sind, nicht rückwirkend anzuwenden (vgl. 9 - 5 - Schilling in [X.]/[X.]/[X.], Vermögen in der ehemaligen [X.], § 6 [X.] Rdn. 3, 3 d, 38). 10 Die [X.] sah - im Gegensatz etwa zu § 8 [X.] in der bis 31. Juli 2001 geltenden Fassung und § 10 Abs. 1 Satz 5 WoBindG - auch keine Formerleichterungen für mit Hilfe automatischer Einrichtungen ge-fertigte Erhöhungserklärungen vor. 2. Entgegen der Auffassung der Revision ist zwischen den Klägern und dem [X.]

als Verwalterin des Grundstücks auch keine vertragliche Vereinbarung über eine Erhöhung des Nutzungsentgelts zustande gekommen. Die Erhöhungserklärung nach § 6 [X.] ist eine einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung, wie sich aus § 6 Abs. 2 Satz 1 [X.] ergibt. Sie kann daher nicht als Angebot auf Abschluss einer Erhöhungsvereinbarung, das der [X.] durch die Nutzer bedarf, ausgelegt oder nach § 140 BGB in ein solches umgedeutet werden (vgl. [X.], Urteil vom 20. Juli 2005 - [X.]/04 - NJW-RR 205, 1464 ff. [X.]. 15, 19 sowie zur einseitigen Mieterhöhungserklärung nach §§ 559, 560 BGB im Gegensatz zum - zustimmungsbedürftigen - Mieter-höhungsverlangen nach §§ 558 Abs. 1 Satz 1, 558 a BGB Börstinghaus in [X.] Mietrecht 9. Aufl. § 558 a BGB Rdn. 6). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob in der vorbehaltlosen Zahlung der Kläger in Höhe von 974,40 [X.] (2000 bis 2002), die der Höhe nach der Erhöhungserklärung vom 3. August 1995 entsprach, eine derartige Annahmeerklärung gesehen werden kann. 11 Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, dass der Kläger zu 1 die Zahlung des Betrages von 406,20 [X.] im Jahre 1999 in der mündlichen Ver-handlung vor dem Amtsgericht dahingehend erklärt hat, dass die Kläger die Zahlung von [X.]" weiterhin geleistet hätten, 12 - 6 - nachdem die damalige Verpächterin sich geweigert habe, zur Rechtfertigung ihrer Erhöhungserklärung (vom 13. August 1997) auf 1,80 [X.]/m² ein Gutachten vorzulegen. 13 Abgesehen davon, dass ein Preis von 1,20 [X.]/m² bei einer Grund-stücksgröße von 812 m² nicht den 1999 gezahlten Betrag von 406,20 [X.] er-gibt, sondern den erst später gezahlten Betrag von 974,40 [X.], stellt die Aus-sage des [X.] zu 1, dieser Betrag sei "vereinbart", eine Rechtsbehauptung dar, der sich keine Tatsachen entnehmen lassen, aus denen auf eine rechtsge-schäftliche übereinstimmende Erklärung aller Beteiligten, diesen Betrag als neues Nutzungsentgelt zu vereinbaren, geschlossen werden könnte. Bei einem juristischen Laien kann bereits nicht unterstellt werden, dass ihm der [X.] zwischen einer einseitigen Mieterhöhung und einer Erhöhungsvereinba-rung bewusst ist, und erst recht nicht die Kenntnis, dass eine einseitige Erhö-hungserklärung kein Vertragsangebot darstellt, das er hätte annehmen können. 3. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die Auffassung zutrifft, ein Nutzer dürfe sich nach [X.] und Glauben auf die Nichtigkeit einer Erhöhungs-erklärung nicht mehr berufen, wenn er sich damit "einverstanden erklärt" habe (so Schilling in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 6 [X.] Rdn. 3 e). Denn in keinem der streitgegenständlichen Jahre haben die Kläger ein [X.] gezahlt, das der Erhöhungserklärung für das jeweilige Jahr entsprach. Be-reits für die [X.] ab 1. November 1997 hatte die Verwalterin des Grundstücks nämlich das von den Klägern zu zahlende jährliche Nutzungsentgelt auf 1.461,60 [X.] heraufgesetzt. Allenfalls kann in der Zahlung der 243,60 [X.] je-weils übersteigenden Entgelte ein Angebot der Kläger gesehen werden, sich auf den jeweils gezahlten Betrag zu einigen. Dem Vortrag der Parteien ist aber nicht zu entnehmen, dass die Verwalterin dieses Angebot angenommen hätte. 14 - 7 - 4. Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Rückforderungsver-langen der Kläger auch nicht gemäß § 242 BGB (Verwirkung) der Umstand ent-gegen, dass die Kläger über Jahre hinweg Überzahlungen geleistet haben. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es über längere [X.] nicht geltend ge-macht hat und sich der Verpflichtete darauf eingerichtet hat und nach dem ge-samten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde, wobei der Verstoß ge-gen [X.] und Glauben in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung liegt (st. Rspr.; [X.] 105, 290, 298; [X.], Urteil vom 14. November 2002 - [X.], NJW 2003, 824 , jeweils m.w.N.). Eine Verwirkung kommt nur dann in Betracht, wenn - abgesehen vom bloßen [X.]ablauf - Umstände vorliegen, die für den Schuldner (hier: des Rückforderungsanspruchs) einen [X.] schaffen und die spätere Geltendmachung des Rechts als treuwidrig er-scheinen lassen ([X.], Urteil vom 26. Mai 1992 - VI ZR 230/91, NJW-RR 1992, 1240 unter [X.] b m.w.N.). Die Kläger haben indes durch die vorbehaltlose [X.] keinen Vertrauenstatbestand gesetzt, welcher ein besonderes Vertrauen der Verwalterin und später der Beklagten darauf rechtfertigen konnte, dass [X.] Rückforderungsansprüche mehr geltend gemacht würden, zumal die Höhe der Zahlungen erkennen ließ, dass die Kläger zur Zahlung der jeweils geforder-ten Beträge gerade nicht bereit waren. 15 5. Auch § 814 BGB steht dem Rückzahlungsanspruch der Kläger nicht entgegen. Die Rückforderung des zum Zwecke einer Verbindlichkeit Geleiste-ten ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Leistende im [X.]punkt der Leistung positive Kenntnis von der Rechtslage hatte (st. Rspr.; [X.], Urteil vom 7. Mai 1997 - [X.], NJW 1997, 2381 unter II 4 a m.w.N.). Das hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen. 16 - 8 - I[X.] 17 Die Beklagte haftet jedoch nur auf Rückzahlung des ihr selbst zugeflos-senen Nutzungsentgelts, da sie nur in diesem Umfang ungerechtfertigt berei-chert ist. Insoweit muss davon ausgegangen werden, dass sie nur die nach der Rückübertragung des Grundstücks im November 2000 geleisteten Zahlungen (2001 und 2002 je 974,40 [X.]) und damit Überzahlungen in Höhe von (2 x 974,40 [X.] - 2 x 243,60 [X.] =) 1,461,60 [X.] = 747,30 • vereinnahmt hat. Durch die Aufhebung der staatlichen Verwaltung zum Jahresende 1992 (§ 11 a Abs. 1 Satz 1 VermG) und die spätere Rückübertragung des Grund-stücks wurde zwar das bestehende Nutzungsverhältnis nach §§ 312 ff. ZGB-[X.] nicht berührt, § 17 Satz 1 VermG. Es ging mit der Rückübertragung des Grundstücks auf die Beklagte als Berechtigte über, § 11 a Abs. 4 VermG. 18 Mit der Unanfechtbarkeit der Restitutionsentscheidung (§ 34 Abs. 1 VermG) trat die Beklagte kraft Gesetzes mit Wirkung ex nunc in alle in Bezug auf das Grundstück bestehenden Rechtsverhältnisse ein, § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG. Infolge der Übernahme des Nutzungsvertrages mit den Klägern haftet die Beklagte nach dem Rechtsgedanken des § 571 BGB a.F. aber nur für die von ihrem Eintritt in den Vertrag an fällig werdenden Verbindlichkeiten, während für die zuvor fällig gewordenen ([X.] allein der bis-herige Verfügungsberechtigte haftet (vgl. [X.], Urteil vom 14. September 2000 - [X.] - [X.], 158 ff.; Säcker, Vermögensrecht, § 16 VermG Rdn. 10 m.N.). 19 Die Beklagte haftet den Klägern somit nicht auf Rückzahlung von über-zahlten Nutzungsentgelten, durch die noch das [X.]

bzw. die [X.]

mbH bereichert ist. Den Feststellungen des [X.] und dem weiteren Vortrag der Parteien ist nicht zu entnehmen, 20 - 9 - dass die Kläger bereits das Nutzungsentgelt 1998 bis 2000 an die Beklagte [X.] hätten oder die Verwalterin diese Beträge inzwischen an die Beklagte ab-geführt hätte. Hierfür wären die Kläger darlegungspflichtig gewesen. Hahne [X.] [X.] [X.] [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.03.2003 - 10 C 487/02 - [X.], Entscheidung vom 30.07.2004 - 6 S 7/03 -

Meta

XII ZR 176/04

21.03.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2007, Az. XII ZR 176/04 (REWIS RS 2007, 4660)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4660

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.