Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.02.2021, Az. 7 ABR 38/19

7. Senat | REWIS RS 2021, 8449

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Gegenstand

Wahlanfechtung - Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer - Stimmauszählung


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. gegen den Beschluss des [X.] vom 9. Oktober 2019 - 5 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. [X.]ie [X.]teiligten streiten über die Wirksamkeit der am 10. April 2018 durchgeführten Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der [X.]teiligten zu 4.

2

[X.]ie zu 4. beteiligte Aktiengesellschaft beschäftigte im [X.]ezember 2018 4.840 Arbeitnehmer. [X.]em bei der [X.]teiligten zu 4. gebildeten, zu 5. beteiligten Aufsichtsrat gehören sechs Arbeitnehmervertreter an, davon sind vier Arbeitnehmer des Unternehmens und zwei Vertreter von [X.]ewerkschaften.

3

Am 10. April 2018 fand am Hauptsitz der [X.]teiligten zu 4. in [X.] und an deren weiteren [X.] Standorten in [X.] sowie bei der [X.] in [X.] die Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat statt. [X.]er mit dem [X.] personenidentische [X.] in [X.] bestand aus fünf [X.]itgliedern; Ersatzmitglieder waren nicht bestellt worden.

4

An der öffentlichen Stimmauszählung in [X.] am 11. April 2018 nahm das [X.]itglied des [X.]s Ho unter Hinweis auf eine nicht anders zu terminierende ärztliche Untersuchung nicht teil, ohne eine ärztliche [X.]scheinigung vorzulegen. [X.]as [X.]itglied des [X.]s F war zu [X.]ginn der Auszählung für einen unbestimmten [X.]raum abwesend.

5

Nach den Feststellungen des [X.]s [X.] wurden bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]itbest[X.] bezeichneten Arbeitnehmer 1.692 Stimmen abgegeben. Von den 1.655 gültigen Stimmen entfielen 1.204 Stimmen auf die „[X.] ([X.]), 102 Stimmen auf die Liste „[X.]emeinsam stark für [X.]“ (Liste 2) und 349 Stimmen auf die Liste „Unabhängige [X.]andidaten der Arbeitnehmer“ (Liste 3). [X.]i der Wahl des [X.] der Leitenden Angestellten wurden in [X.] 1.686 Stimmen abgegeben. Von den 1.564 gültigen Stimmen erhielten der [X.]werber [X.]r. [X.] 965 Stimmen und der [X.]werber [X.] 599 Stimmen. [X.]i der Wahl der [X.]ewerkschaftsvertreter wurden in [X.] 1.619 gültige Stimmen abgegeben, davon 1.205 Stimmen für die [X.] und 414 Stimmen für die Liste der [X.]ewerkschaft V. Nach der [X.]kanntmachung des [X.]s wurden bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer insgesamt 2.361 Stimmen abgegeben. Von den 2.196 gültigen Stimmen entfielen 1.585 Stimmen auf die [X.], 321 Stimmen auf die Liste 2 und 412 Stimmen auf die Liste 3. Nach der Feststellung des [X.]s wurden als Aufsichtsratsmitglieder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]itbest[X.] bezeichneten Arbeitnehmer [X.], [X.] sowie [X.] ([X.]teiligte zu 7. bis 9.), als Aufsichtsratsmitglied der Leitenden Angestellten [X.]rr [X.]r. [X.] ([X.]teiligter zu 10.) und als [X.]ewerkschaftsvertreter die [X.]andidaten von der [X.] Frau [X.] und [X.] ([X.]teiligte zu 11. und 12.) gewählt. Ein Antrag des [X.]teiligten zu 1. auf Neuauszählung der Stimmen wurde abgelehnt. [X.]ie [X.]kanntgabe des Wahlergebnisses im [X.] erfolgte am 17. April 2018.

6

[X.]it ihrer am 27. April 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift haben die zu 1. bis 3. beteiligten wahlberechtigten Arbeitnehmer der [X.]teiligten zu 4. die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer angefochten. Sie haben ua. die Auffassung vertreten, der [X.] habe dadurch gegen § 41 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] [X.]itbest[X.] verstoßen, dass er nicht während der gesamten Stimmauszählung vollständig anwesend gewesen sei.

7

[X.]ie [X.]teiligten zu 1. bis 3. haben beantragt,

        

die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer vom 10. April 2018 bei der [X.]teiligten zu 4. für unwirksam zu erklären.

        

8

[X.]ie [X.]teiligte zu 4. hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die zweiwöchige Anfechtungsfrist des § 22 Abs. 2 [X.]itbest[X.] sei nicht gewahrt, da die Zustellung der Antragsschrift an die weiteren [X.]teiligten nicht „demnächst“ iSv. § 167 ZPO erfolgt sei. Ein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 der [X.] [X.]itbest[X.] liege nicht vor. [X.] habe in der [X.] ihrer Abwesenheit die Ergebnisse aus U, [X.] und [X.] entgegennehmen müssen. [X.]a sie über kein mobiles Endgerät verfügt habe, habe sie an ihrem Computer am Arbeitsplatz auf die per E-[X.]ail übermittelten Nachrichten gewartet. Jedenfalls habe ein etwaiger [X.] das Wahlergebnis nicht beeinflusst.

9

[X.]as Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. [X.]as [X.] hat die [X.]schwerde der [X.]teiligten zu 4. zurückgewiesen. [X.]it ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die [X.]teiligte zu 4. ihren Abweisungsantrag weiter.

B. [X.]ie Rechtsbeschwerde der [X.]teiligten zu 4. ist unbegründet. [X.]ie Vorinstanzen haben dem [X.] der [X.]teiligten zu 1. bis 3. zu Recht stattgegeben.

I. [X.]as [X.]gehren der Antragsteller ist als Anfechtung der Wahl aller Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer einschließlich der [X.]ewerkschaftsvertreter zu verstehen. [X.]er Antrag ist nach seinem Wortlaut auf die Anfechtung der „Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer“ gerichtet. Zu den gewählten Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer gehören die unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer (§ 7 Abs. 2, § 18 iVm. § 15 [X.]itbest[X.]) sowie die Vertreter von [X.]ewerkschaften (§ 7 Abs. 2, § 18 iVm. § 16 [X.]itbest[X.]). [X.]er Antragsbegründung lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Wahl der [X.]ewerkschaftsvertreter nicht angefochten werden sollte. Vielmehr sind die geltend gemachten Wahlfehler für die Wirksamkeit der Wahl aller gewählten Aufsichtsratsmitglieder von [X.]deutung, so dass der [X.] nicht auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer beschränkt werden konnte (vgl. BA[X.] 11. Juni 1997 - 7 [X.] - zu [X.] 2 der [X.]ründe, BA[X.]E 86, 117).

II. [X.]ie Vorinstanzen haben zu Recht neben den Antragstellern das betroffene Unternehmen ([X.]teiligte zu 4.), den betroffenen Aufsichtsrat ([X.]teiligter zu 5.), die [X.]ewerkschaft ([X.]teiligte zu 6.), auf deren Vorschlag Vertreter der Arbeitnehmer gewählt wurden, und die gewählten unternehmensangehörigen Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ([X.]teiligte zu 7. bis 10.) am vorliegenden Verfahren beteiligt (vgl. BA[X.] 15. [X.]ai 2019 - 7 [X.] - Rn. 18, 20; 17. [X.]ai 2017 - 7 [X.] - Rn. 21 f., BA[X.]E 159, 111). Zu Unrecht ist jedoch eine [X.]teiligung der als [X.]ewerkschaftsvertreter gewählten Aufsichtsratsmitglieder [X.] und [X.] unterblieben. [X.]ies hat der Senat in der [X.] nachgeholt.

1. § 83 Abs. 3 Arb[X.][X.] regelt nicht selbst, wer [X.]teiligter eines [X.]schlussverfahrens ist. [X.]ie Vorschrift ordnet lediglich an, dass die genannten Personen und Stellen zu hören sind. [X.]aßgeblich ist, welche Personen oder Stellen durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen, personalvertretungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden. [X.]ie [X.]teiligtenbefugnis ist vom [X.]ericht in jeder Lage des Verfahrens - auch noch in der [X.] - von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen. [X.]ie zu Unrecht unterbliebene [X.]teiligung eines Verfahrensbeteiligten kann auch noch in der [X.] dadurch behoben werden, dass die betreffende Person künftig am Verfahren beteiligt wird (BA[X.] 17. [X.]ai 2017 - 7 [X.] - Rn. 18, BA[X.]E 159, 111; 23. Juli 2014 - 7 [X.] - Rn. 13).

2. [X.]anach sind auch die [X.]ewerkschaftsvertreter, deren Wahl angefochten ist, am Verfahren beteiligt. Sie verlieren ihr durch die Wahl erworbenes Aufsichtsratsmandat, wenn sich ihre Wahl als unwirksam erweist (BA[X.] 15. [X.]ai 2019 - 7 [X.] - Rn. 17; 17. [X.]ai 2017 - 7 [X.] - Rn. 19, BA[X.]E 159, 111; 12. Februar 1985 - 1 [X.] - zu [X.] der [X.]ründe, BA[X.]E 48, 96). [X.]er Senat hat mit [X.]schluss vom 14. Januar 2021 die [X.]teiligung der [X.]ewerkschaftsvertreter [X.] und [X.] festgestellt.

III. [X.]as [X.] hat die Wahl zu Recht für unwirksam erklärt. [X.]er [X.] der [X.]teiligten zu 1. bis 3. ist begründet.

1. [X.]ie formellen Wahlanfechtungsvoraussetzungen liegen vor. [X.]ie zu 1. bis 3. beteiligten Antragsteller sind nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.]itbest[X.] als wahlberechtigte Arbeitnehmer des Unternehmens zur Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer berechtigt. Entgegen der Ansicht der [X.]teiligten zu 4. haben die Antragsteller die Wahl rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 2 [X.]itbest[X.] angefochten.

a) Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 [X.]itbest[X.] ist die Anfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Veröffentlichung des Wahlergebnisses im [X.] an gerechnet, zulässig. Zur Wahrung der zweiwöchigen Anfechtungsfrist kommt es nicht darauf an, ob der [X.] den übrigen Verfahrensbeteiligten innerhalb der Anfechtungsfrist oder „demnächst“ iSv. § 167 ZPO zugestellt wurde. [X.]aßgeblich ist vielmehr der Eingang des [X.]s beim Arbeitsgericht (vgl. ausführlich BA[X.] 17. [X.]ai 2017 - 7 [X.] - Rn. 31 ff., BA[X.]E 159, 111). Innerhalb der Frist, die nach § 187 Abs. 1 B[X.]B mit dem auf die Veröffentlichung des Wahlergebnisses im [X.] folgenden Tag beginnt, muss mindestens ein nach § 22 Abs. 1 [X.]itbest[X.] erheblicher Anfechtungsgrund geltend gemacht werden. [X.]er [X.]rund muss geeignet sein, Zweifel an der nach den mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften zu beurteilenden Ordnungsmäßigkeit der durchgeführten Wahl zu begründen (BA[X.] 17. [X.]ai 2017 - 7 [X.] - Rn. 30, aaO).

b) [X.]anach ist die [X.] gewahrt. [X.]ie Veröffentlichung des Wahlergebnisses im [X.] erfolgte am 17. April 2018, der Antrag ist am 27. April 2018 beim Arbeitsgericht eingegangen. In der Antragsschrift haben die [X.]teiligten zu 1. bis 3. ua. geltend gemacht, dass der [X.] entgegen § 41 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 [X.] [X.]itbest[X.] bei der Stimmauszählung nicht vollständig anwesend gewesen sei. [X.]amit haben sie einen Sachverhalt dargelegt, der die Anfechtbarkeit der Wahl als möglich erscheinen lässt.

2. [X.]ie materiellen Wahlanfechtungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

a) Nach § 22 Abs. 1 [X.]itbest[X.] kann die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine [X.]richtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

b) [X.]iese Voraussetzungen liegen vor.

aa) [X.]as [X.] hat zutreffend erkannt, dass der [X.] [X.] dadurch gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen hat, dass er die Auszählung der Stimmen und die Prüfung der [X.]ültigkeit der Stimmzettel entgegen § 41 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 der [X.] [X.]itbest[X.] zeitweise in Abwesenheit seines [X.]itglieds F durchgeführt hat, ohne dass dieses an der Teilnahme verhindert gewesen ist.

(1) Nach § 41 Abs. 1 der [X.] [X.]itbest[X.] zählt der [X.] unverzüglich nach Abschluss der Stimmabgabe öffentlich die Stimmen aus. [X.]i der Auszählung ist nach § 41 Abs. 3 Satz 1 der [X.] [X.]itbest[X.] die [X.]ültigkeit der Stimmzettel zu prüfen. Hierbei handelt es sich um wesentliche Wahlvorschriften, die zwingend festlegen, dass der [X.] in seiner [X.]esamtheit die Stimmen auszählt und dabei die [X.]ültigkeit der Stimmzettel prüft (vgl. W[X.]S/[X.] [X.]itbestimmungsrecht 5. Aufl. § 9 Rn. 55 f. zur Vorabstimmung über die Art der Wahl; für die [X.]triebsratswahl: [X.] [X.]trV[X.] 30. Aufl. § 13 WO 2001 Rn. 3; Forst in [X.] [X.]trV[X.] 16. Aufl. § 14 WO 2001 Rn. 1; [X.] [X.][X.]-[X.]trV[X.] 11. Aufl. § 14 WO Rn. 1). [X.]as ergibt die Auslegung der Vorschriften.

(a) Schon nach dem Wortlaut der [X.]stimmungen erfolgt die Stimmauszählung und [X.]ültigkeitsprüfung durch den [X.] als [X.]remium und nicht nur durch dessen Vorsitzenden oder einzelne seiner [X.]itglieder.

(b) [X.]er [X.]esamtzusammenhang der Regelung bestätigt dieses Verständnis. § 41 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 der [X.] [X.]itbest[X.] weisen die Stimmauszählung und die Prüfung der [X.]ültigkeit der Stimmzettel dem [X.] zu, während § 17 Abs. 2 der [X.] [X.]itbest[X.], der gemäß § 40 Abs. 4 Satz 2 der [X.] [X.]itbest[X.] bei der vorliegenden Wahl entsprechend anzuwenden ist, für die Stimmabgabe vorsieht, dass mindestens zwei [X.]itglieder des [X.]s im Wahlraum anwesend sein müssen; sind Wahlhelferinnen und Wahlhelfer bestellt, so genügt die Anwesenheit eines [X.]itglieds des [X.]s und einer Wahlhelferin oder eines Wahlhelfers. [X.]araus ergibt sich, dass der [X.] nach dem Willen des Verordnungsgebers an der Auszählung der Stimmen und der Prüfung der [X.]ültigkeit des Stimmzettel - anders als bei der Stimmabgabe - in seiner [X.]esamtheit teilzunehmen hat.

(c) [X.]ies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. [X.]ie Auszählung der Stimmen und die Prüfung der Stimmzettel auf ihre [X.]ültigkeit sind für die Ordnungsgemäßheit der Wahl von zentraler [X.]deutung und sollen daher einer möglichst breiten [X.]ontrolle unterliegen. [X.]iese wird nicht nur durch die Öffentlichkeit der Stimmauszählung, sondern auch durch die Anwesenheit des gesamten [X.]s gewährleistet.

[X.]ie [X.]teiligte zu 4. macht ohne Erfolg geltend, dem Zweck, [X.]anipulationen zu verhindern, werde schon bei der Anwesenheit von mehreren Wahlvorstandsmitgliedern hinreichend Rechnung getragen; die Anwesenheit aller Wahlvorstandsmitglieder sei dazu nicht erforderlich. Eine solche Einschränkung sieht das [X.]esetz nicht vor. Aus der Entscheidung des [X.]s [X.]rlin vom 16. November 1987 (- 12 [X.] -) zur Überwachung des [X.] mittels E[X.]V-Anlage ergibt sich nichts [X.]egenteiliges.

(2) [X.]ie Stimmauszählung und [X.]ültigkeitsprüfung durch einen nicht vollzähligen [X.] ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn das abwesende [X.]itglied des [X.]s verhindert und kein Ersatzmitglied bestellt ist. [X.]ies ergibt sich aus § 5 Abs. 3 der [X.] [X.]itbest[X.]. Nach dieser Vorschrift kann für jedes [X.]itglied des [X.]s für den Fall der Verhinderung ein Ersatzmitglied bestellt werden. [X.]ie [X.]stellung von Ersatzmitgliedern ist danach möglich, aber nicht zwingend vorgeschrieben. [X.]aher ist davon auszugehen, dass der [X.] auch ohne sein verhindertes [X.]itglied handlungsfähig ist, wenn kein Ersatzmitglied bestellt ist. Andernfalls hätte der Verordnungsgeber die [X.]stellung von Ersatzmitgliedern zwingend ausgestaltet, um eine mögliche Handlungsunfähigkeit des [X.]s auszuschließen.

(3) [X.]anach durfte der [X.] die Stimmauszählung und [X.]ültigkeitsprüfung nicht zeitweise in Abwesenheit seines [X.]itglieds F durchführen. Eine Verhinderung der [X.] war nicht gegeben.

(a) Eine Verhinderung liegt vor, wenn sich das [X.]smitglied aus tatsächlichen oder rechtlichen [X.]ründen nicht in der Lage sieht, sein Amt auszuüben, etwa wegen Urlaubs, [X.]ienstreise oder [X.]rankheit (W[X.]S/[X.] [X.]itbestimmungsrecht 5. Aufl. Vor § 9 Rn. 48 mit Verweis auf § 14 Rn. 30 ff. zur Verhinderung von [X.]elegierten mwN; vgl. zur Verhinderung von [X.]triebsratsmitgliedern: BA[X.] 28. Juli 2020 - 1 ABR 5/19 - Rn. 29; 8. September 2011 - 2 [X.] - Rn. 24; [X.] [X.]trV[X.] 30. Aufl. § 25 Rn. 17; [X.] in [X.] [X.]trV[X.] 16. Aufl. § 25 Rn. 6 ff.).

(b) [X.] war nicht verhindert, an der gesamten Stimmauszählung teilzunehmen. Sie sollte zwar in ihrer Funktion als [X.]itglied des [X.]s die Wahlergebnisse aus U, [X.] und [X.] entgegennehmen. [X.]ies hätte aber nach Abschluss der Stimmauszählung und [X.]ültigkeitsprüfung erfolgen können.

bb) Eine [X.]richtigung des Verstoßes gegen § 41 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 der [X.] [X.]itbest[X.] durch Neuauszählung aller Stimmen durch den [X.] ist nicht erfolgt. [X.]er [X.] hat den Antrag auf Neuauszählung der Stimmen abgelehnt.

cc) [X.]as [X.] hat zu Recht angenommen, dass der Verstoß gegen § 41 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 der [X.] [X.]itbest[X.] das Wahlergebnis beeinflussen konnte.

(1) Nach § 22 Abs. 1 [X.]itbest[X.] berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. [X.]abei ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen [X.]trachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter [X.]rücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre (vgl. etwa [X.]nssler in [X.]/[X.]nssler [X.]itbestimmungsrecht 4. Aufl. § 21 [X.]itbest[X.] Rn. 27; [X.] in Raiser/[X.]/[X.] [X.]itbest[X.] 7. Aufl. § 22 Rn. 13; W[X.]S/[X.] [X.]itbestimmungsrecht 5. Aufl. § 22 Rn. 33; zur Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nach dem [X.]rittelb[X.] vgl. BA[X.] 15. [X.]ezember 2011 - 7 [X.] - Rn. 41; zur [X.]triebsratswahl vgl. BA[X.] 16. September 2020 - 7 [X.] - Rn. 28; 18. Juli 2012 - 7 [X.] - Rn. 30 mwN; 25. [X.]ai 2005 - 7 [X.] - zu [X.] 2 d aa der [X.]ründe, BA[X.]E 115, 34).

(2) [X.]anach war der Verstoß gegen § 41 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 der [X.] [X.]itbest[X.] geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis bei einer durchgehenden Teilnahme von [X.] an der Stimmauszählung anders ausgefallen wäre. Vielmehr ist denkbar, dass in diesem Fall etwaige Fehler bei der Zuordnung von Stimmen vermieden und Entscheidungen über die [X.]ültigkeit von Stimmzetteln anders getroffen worden wären. [X.]ie Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, dass Fehler bei der Zuordnung der Stimmen oder Entscheidungen über die [X.]ültigkeit von Stimmzetteln aufgrund der Anwesenheit von drei [X.]itgliedern des [X.]s und 50 Wahlhelfern sowie aufgrund der Öffentlichkeit der Stimmauszählung faktisch ausgeschlossen gewesen seien.

(a) [X.]ie Anwesenheit von drei [X.]itgliedern des [X.]s schließt Fehler bei der Stimmenzuordnung nicht aus. Es ist auch denkbar, dass Entscheidungen über die [X.]ültigkeit von Stimmzetteln, die der [X.] nach § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] [X.]itbest[X.] durch [X.]schluss mit der [X.]ehrheit seiner Stimmen trifft, anders ausgefallen wären, wenn [X.] an der Entscheidungsfindung teilgenommen hätte.

(b) Entsprechendes gilt für die [X.]ranziehung von Wahlhelfern. [X.]er [X.] kann nach § 7 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 der [X.] [X.]itbest[X.] Wahlberechtigte des [X.]triebs als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer zu seiner Unterstützung heranziehen. Wahlhelfer üben Hilfsfunktionen aus, etwa bei der Stimmabgabe und Stimmauszählung. [X.]ie Verantwortung für die ordnungsgemäße [X.]urchführung der Wahl bleibt jedoch beim [X.]; er hat die Tätigkeit der Wahlhelfer zu überwachen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass [X.] fehlerhafte Stimmenzuordnungen festgestellt hätte, wenn sie an der Stimmauszählung durchgehend teilgenommen und die Tätigkeit der Wahlhelfer überwacht hätte. Auf die Entscheidungen über die [X.]ültigkeit von Stimmzetteln kann sich der Einsatz von Wahlhelfern schon deshalb nicht ausgewirkt haben, weil Wahlhelfer daran nicht mitwirken ([X.]nssler in [X.]/[X.]nssler [X.]itbestimmungsrecht 4. Aufl. vor § 9 [X.]itbest[X.] Rn. 31; W[X.]S/[X.] [X.]itbestimmungsrecht 5. Aufl. Vor § 9 Rn. 88). Allein die [X.]itglieder des Wahlvorstands sind legitimiert, von hierbei bestehenden [X.]urteilungsspielräumen [X.]ebrauch zu machen (W[X.]S/[X.] [X.]itbestimmungsrecht 5. Aufl. Vor § 9 Rn. 88).

(c) Auch der Umstand, dass die Auszählung öffentlich zu erfolgen hatte, schließt etwaige Fehler bei der Stimmenzuordnung und der [X.]urteilung der [X.]ültigkeit der Stimmen nicht aus. [X.]ie „Öffentlichkeit“ der Stimmauszählung nach § 79 Abs. 1 der [X.] [X.]itbest[X.] umfasst zwar den gesamten Vorgang der Ermittlung des Wahlergebnisses. [X.]as bedeutet allerdings nicht, dass die Anwesenden dem Wahlvorstand „über die Schulter blicken“ können. [X.]as [X.]ebot, die Auszählung in öffentlicher Sitzung vorzunehmen, soll gewährleisten, dass selbst der Anschein von [X.]anipulationen vermieden wird. [X.]ie [X.]obachtungsmöglichkeit dient der [X.]ontrolle des [X.] durch die Öffentlichkeit, ohne damit eine vollständige Rechtmäßigkeitskontrolle zu bezwecken. [X.]ie [X.]ratung und [X.]schlussfassung des Wahlvorstands bei der öffentlichen Stimmauszählung muss daher nicht in dem Sinne öffentlich sein, dass die Anwesenden die Entscheidung in jedem Fall zur [X.]enntnis nehmen können. Ein „[X.]itlesenkönnen“ ist nicht erforderlich (BA[X.] 17. [X.]ai 2017 - 7 [X.] - Rn. 43, BA[X.]E 159, 111).

        

    [X.]räfl    

        

    Waskow    

        

    [X.]. Rennpferdt    

        

        

        

    R. Schiller    

        

    [X.]eißner    

                 

Meta

7 ABR 38/19

24.02.2021

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Köln, 22. November 2018, Az: 5 BV 372/18, Beschluss

§ 22 Abs 2 S 1 Nr 1 MitbestG, § 22 Abs 2 S 2 MitbestG, § 22 Abs 1 MitbestG, § 41 Abs 1 MitbestGWO 3, § 41 Abs 3 S 1 MitbestGWO 3, § 5 Abs 3 MitbestGWO 3, § 7 Abs 3 S 1 MitbestGWO 3, § 7 Abs 2 S 2 MitbestGWO 3, § 83 Abs 3 ArbGG, § 167 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.02.2021, Az. 7 ABR 38/19 (REWIS RS 2021, 8449)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8449


Verfahrensgang

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Az. 7 ABR 38/19

Bundesarbeitsgericht, 7 ABR 38/19, 24.02.2021.


Az. 5 BV 372/18

Arbeitsgericht Köln, 5 BV 372/18, 22.11.2018.


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5 TaBVGa 1/23

28 BV 216/20

11 TaBV 20/21

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