Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.04.2019, Az. I R 15/16

1. Senat | REWIS RS 2019, 8305

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Gegenstand

Einlagenrückgewähr durch eine Drittstaatengesellschaft


Leitsatz

1. Auch nach der ab 2006 geltenden Rechtslage können Leistungen aus dem Vermögen von in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaften, für die kein steuerliches Einlagekonto i.S. des § 27 KStG geführt wird, als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sein (Bestätigung des BFH-Urteils vom 13. Juli 2016 - VIII R 47/13, BFHE 254, 390) .

2. Zwar ist die Höhe des ausschüttbaren Gewinns einer Drittstaatengesellschaft nach dem jeweiligen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht zu ermitteln (Bestätigung der Rechtsprechung; Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - I R 117/08, BFHE 232, 15; BFH-Urteil vom 13. Juli 2016 - VIII R 73/13, BFHE 254, 404); seine Verwendung und damit auch die (nachrangige) Rückgewähr von Einlagen unterliegt jedoch der gesetzlichen Verwendungsfiktion des § 27 Abs. 1 Satz 3 und 5 KStG (insoweit Fortentwicklung der Rechtsprechung) .

Tenor

Die Revision des Beklagten wird mit der Maßgabe als unbegründet zurückgewiesen, dass das Urteil des [X.] vom 19. November 2015 - 9 K 1900/12 K aufgehoben und der Körperschaftsteuerbescheid 2008 dahingehend abgeändert wird, dass das zu versteuernde Einkommen um [X.] herabgesetzt wird.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die [X.]eteiligten streiten über den Ansatz von nicht abziehbaren [X.]etriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr (2008) geltenden Fassung ([X.]) im Zusammenhang mit der Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen durch eine [X.] Kapitalgesellschaft.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft, war im Streitjahr zu 100 % an der in den [X.] ansässigen [X.] beteiligt. [X.]is 2004 leistete die Klägerin Einlagen in Höhe von insgesamt … US-$ in die [X.]

3

Im Streitjahr erhielt die Klägerin von der [X.] Leistungen in Höhe von … US-$ (… €). Der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) nahm diese [X.]ezüge gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 [X.] von der [X.]emessungsgrundlage aus, setzte jedoch im Körperschaftsteuerbescheid 2008 nach § 8b Abs. 5 Satz 1 [X.] steuererhöhend 5 % --und somit … €-- als nicht abziehbare [X.]etriebsausgaben an.

4

Der Änderungsantrag sowie der Einspruch der Klägerin blieben ohne Erfolg. Nach Ansicht des [X.] können in einem Drittstaat ansässige Kapitalgesellschaften an ihre inländischen Gesellschafter keine steuerneutralen Leistungen erbringen.

5

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg ([X.], Urteil vom 19. November 2015 - 9 K 1900/12 K, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2016, 756). [X.]ei der Leistung der [X.] in Höhe von … US-$ (… €) habe es sich, so das [X.], um die Rückzahlung nicht in das Nennkapital geleisteter Einlagen und nicht um eine Ausschüttung laufender oder thesaurierter Gewinne gehandelt, weil die [X.] in den Jahren 2007 und 2008 über keine ausschüttungsfähigen Gewinne, Gewinnvorträge oder aus Gewinnen gebildete Kapitalrücklagen verfügt habe. Darüber hinaus hat die Vorinstanz ein von der Klägerin vorgelegtes Gutachten berücksichtigt, wonach im [X.]n Recht nur dann von einer Gewinnausschüttung ausgegangen werde, wenn das Unternehmen über Einkünfte oder Profite verfüge. Schließlich sprächen auch die von der [X.] in den [X.] abgegebenen und unbeanstandet gebliebenen Steuererklärungen, in denen die Leistung der [X.] als "Return of capital" und zu 100 % "Nontaxable" bezeichnet wurden, für eine Kapitalrückzahlung. Demgemäß gebiete die Kapitalverkehrsfreiheit eine geltungserhaltende Reduktion des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 27 [X.] dahingehend, dass die Kapitalrückzahlungen der [X.] erfolgsneutral mit dem [X.]uchwert der [X.]eteiligung zu verrechnen seien.

6

Gegen das Urteil des [X.] richtet sich die Revision des [X.].

7

Während des Revisionsverfahrens hat das [X.] am 14. Juni 2016 sowie am 3. Februar 2017 geänderte [X.] für 2008 erlassen, ohne jedoch mit Rücksicht auf die strittige [X.]ehandlung der Einlagenrückzahlung abzuhelfen.

8

Das [X.] rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 3. Februar 2017 dahingehend abzuändern, dass das zu versteuernde Einkommen um … € herabgesetzt wird.

Das [X.]undesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Es unterstützt, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, das Revisionsbegehren des [X.].

Entscheidungsgründe

II.

Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil der nach Ergehen des [X.] erlassene Bescheid ü[X.] Körperschaftsteuer 2008 vom 3. Februar 2017 an die Stelle des ursprünglich angefochtenen Bescheids getreten ist. Dem [X.] liegt infolgedessen ein nicht mehr existierender Bescheid zu Grunde und das angefochtene Urteil kann deswegen keinen Bestand mehr haben. Da die vom [X.] festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung des angefochtenen Bescheids un[X.]ührt geblieben sind, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 [X.]O (z.B. Senatsurteil vom 26. Februar 2014 - I R 56/12, [X.], 143, [X.], 703). Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom [X.] insoweit getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats.

III.

Die sonach gegen den Änderungsbescheid vom 3. Februar 2017 gerichtete Klage ist begründet. Das [X.] hat zu Unrecht bei der Klägerin … € gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 [X.] als nicht abziehbare Betriebsausgaben angesetzt. Die Leistung der [X.] ist als steuerneutrale Einlagenrückgewähr zu qualifizieren, auf die § 8b Abs. 1 und 5 [X.] nicht anwendbar sind.

1. Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 [X.] bleiben Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG bei der Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft außer Ansatz mit der Folge, dass gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 [X.] 5 % dieser Bezüge als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können (pauschales [X.]) und die deshalb dem Gewinn [X.] hinzuzurechnen sind.

2. Zu den nach den vorstehenden Maßgaben steuerfreien, a[X.] dem pauschalen [X.] unterliegenden Bezügen gehören u.a. Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG), nicht jedoch solche Bezüge, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vom Begriff der Einnahmen aus Kapitalvermögen ausgenommen sind, weil sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen [X.] § 27 [X.] als verwendet gelten. Folge hiervon ist zugleich, dass die Hinzurechnung fiktiver Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 [X.] unterbleibt. Dabei bedarf es --mangels [X.] keiner Stellungnahme dazu, ob die Rückgewähr von Einlagen bis zur Grenze des [X.] vom Begriff der Bezüge i.S. von § 8b Abs. 1 [X.] auszunehmen ist (Senatsurteil vom 28. Okto[X.] 2009 - I R 116/08, [X.], 397, [X.], 898) oder ob im Umfang der nicht steuerbaren Verrechnung mit dem Anteilsbuchwert das pauschale [X.] des § 8b Abs. 5 Satz 1 [X.] auf der Grundlage einer teleologischen Reduktion nicht zum Tragen kommt.

3. Nach § 27 Abs. 1 [X.] hat die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die nicht in das [X.] geleisteten Einlagen am Schluss jedes [X.] auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen (Satz 1) und ausgehend von dem Bestand am Ende des vorangegangenen [X.] um die jeweiligen Zu- und Abgänge des [X.] fortzuschreiben (Satz 2). Nach der [X.] des § 27 Abs. 1 Satz 3 [X.] mindern Leistungen der Kapitalgesellschaft mit Ausnahme der Rückzahlung von [X.] das steuerliche Einlagekonto unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung nur, soweit sie den auf den Schluss des vorangegangenen [X.] ermittelten ausschüttbaren Gewinn ü[X.]steigen (Einlagenrückgewähr). Der unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge des [X.] ermittelte Bestand des steuerlichen [X.] wird gesondert festgestellt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

4. Die mit dem Gesetz ü[X.] steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften ([X.]) vom 7. Dezem[X.] 2006 ([X.], 2782, [X.]. [X.], 68, [X.], 4) eingefügte Vorschrift des § 27 Abs. 8 [X.] bestimmt, dass die Regelungen zur Einlagenrückgewähr auch auf Körperschaften oder Personenvereinigungen anwendbar sind, die in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] ([X.]) der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, wenn sie Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 9 EStG gewähren können (Satz 1). Die Einlagenrückgewähr ist in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 1 bis 6 und §§ 28 und 29 [X.] --mithin auch unter Berücksichtigung der [X.] des § 27 Abs. 1 Satz 3 [X.]-- zu ermitteln (Satz 2). Der als Leistung i.S. des Satzes 1 zu [X.]ücksichtigende Betrag wird auf Antrag der Körperschaft oder Personenvereinigung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gesondert festgestellt (Satz 3). Soweit Leistungen nach Satz 1 nicht gesondert festgestellt worden sind, gelten sie als Gewinnausschüttung, die beim Anteilseigner zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 9 EStG führen (Satz 9).

5. Bei einer am Wortlaut orientierten Anwendung der zuvor beschriebenen Vorschriften würden die im Streitfall in Rede stehenden Leistungen der [X.] an die Klägerin dem Regime des § 8b Abs. 1 und 5 [X.] unterfallen. Die Einschränkung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG wäre nicht anwendbar, weil es sich bei der [X.] nicht um eine unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaft handelt, die nach Maßgabe von § 27 [X.] ein steuerliches Einlagekonto zu führen hat. Und eine Einlagenrückgewähr i.S. von § 27 Abs. 8 [X.] liegt nicht vor, weil die [X.] eine [X.] Gesellschaft ist, die in keinem anderen [X.]-Mitgliedstaat der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt.

6. Jedoch ist § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG dahin auszulegen, dass die (materiellen) Grundsätze zur Einlagenrückgewähr auch für Leistungen einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft, für die kein steuerliches Einlagenkonto i.S. des § 27 [X.] geführt wird, zum Tragen kommen.

a) Zur Rechtslage vor dem Systemwechsel vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren hat der erkennende Senat entschieden, dass ü[X.] den Wortlaut des seinerzeitigen § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG hinaus bei ausländischen Kapitalgesellschaften auch Kapitalrückzahlungen außerhalb der Herabsetzung von [X.] nicht zu besteuern sind, sofern unter Heranziehung des ausländischen Handels- und Gesellschaftsrechts von einer Rückzahlung aus einer Kapitalrücklage auszugehen ist (Senatsurteil in [X.], 15; ebenso Urteil des [X.] --[X.]-- vom 13. Juli 2016 - [X.] R 73/13, [X.], 404; s.a. Senatsurteil vom 27. April 2000 - I R 58/99, [X.], 428, [X.] 2001, 168).

b) Der [X.]. Senat des [X.] hat sich mit Urteil vom 13. Juli 2016 - [X.] R 47/13 ([X.], 390) dafür ausgesprochen, dass dieses Normverständnis auch für die Rechtslage nach dem körperschaftsteuerrechtlichen Systemwechsel zu beachten ist und es auch nach Einfügung des § 27 Abs. 8 [X.] für Bezüge von [X.] weiterhin Anwendung findet. Der erkennende Senat schließt sich dem nach Maßgabe der folgenden Erwägungen an.

aa) Die Gesetzesmaterialien lassen keinen eindeutigen Schluss darauf zu, ob der Gesetzge[X.] des [X.] mit Schaffung des § 27 Abs. 8 [X.] eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr durch eine in einem Drittstaat ansässige Kapitalgesellschaft hat ausschließen wollen. Während die Empfehlungen des Finanz- und des [X.] vorsahen, dass "für Einlagenrückzahlungen ausländischer Körperschaften vergleichbare Regeln greifen, die ü[X.]wiegend auf Richterrecht [X.]uhen" und "bei Einlagenrückzahlungen von Körperschaften aus Drittstaaten außerhalb der [X.] die Rechtsprechungsregeln ohnehin weiter angewendet werden sollen" ([X.] 542/1/06, S. 2 f.), hat die Bundesregierung diese Empfehlungen nicht in ihrer Begründung zum Entwurf des [X.] aufgegriffen; hiernach soll bei Leistungen nicht unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften (lediglich) "für den Bereich der [X.] die Möglichkeit eröffnet (werden), nachzuweisen, dass eine Zahlung an den Anteilseigner nach den Grundsätzen der Differenzrechnung als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist" (BTDrucks 16/2710, S. 32; vgl. zum Streitstand: [X.]/Staats, Internationales Steuerrecht --[X.]-- 2016, 893, 895; [X.] in [X.]/ [X.]/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 [X.], Rz 295, 300; Hä[X.]er, [X.] Steuer-Zeitung 2010, 840, 846; [X.]/[X.], [X.]s Steuerrecht --DStR-- 2017, 137, 138; [X.]/[X.], [X.] 2014, 371, 373; [X.]/[X.], [X.], 1481, 1490; [X.], [X.] --FR-- 2015, 156, 158; [X.]/ [X.], Betriebs-Berater 2008, 1656, 1660; [X.]/[X.], [X.], 385, 390; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 27 Rz 220; [X.]/Teiche, Der Betrieb 2006, 1455, 1458).

bb) Indes gebietet die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 des [X.] [X.] i.d.F. des [X.] zur Änderung des Vertrags ü[X.] die [X.],  der Verträge zur Gründung der [X.]en sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --[X.]-- (Amtsblatt der [X.]en 2002, Nr. [X.] 325, 1), jetzt Art. 63 des Vertrags ü[X.] die Arbeitsweise der [X.] i.d.[X.] zur Änderung des Vertrags ü[X.] die [X.] und des [X.] [X.] --A[X.]V-- (Amtsblatt der [X.] 2008, Nr. [X.] 115, 47) eine Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 27 [X.] dahingehend, dass auch [X.] die Möglichkeit einzuräumen ist, den Nachweis ü[X.] die Rückgewähr nicht in das [X.] geleisteter Einlagen zu erbringen (ebenso [X.]-Urteil in [X.], 390).

aaa) Der Schutz[X.]eich der auch auf [X.] anzuwendenden Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 [X.] (jetzt Art. 63 A[X.]V) ist eröffnet ([X.]-Urteil in [X.], 390, Rz 20). § 8b [X.] i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sowie § 27 [X.] regeln die Abgrenzung von Gewinnausschüttungen und Einlagenrückgewähr, ohne dass die Normen an eine bestimmte Beteiligungshöhe anknüpfen.

bbb) Sollten [X.] aus dem Anwendungs[X.]eich des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 27 [X.] ausgeschlossen sein, würde dies die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 [X.] (jetzt Art. 63 A[X.]V) beschränken (so auch [X.]-Urteil in [X.], 390). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] --früher: [X.] ([X.]) gehören zu den beschränkenden Maßnahmen i.S. des Art. 56 [X.] (jetzt Art. 63 A[X.]V) solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die in diesem Mitgliedstaat Ansässigen von Investitionen in anderen [X.] abzuhalten ([X.]-Urteil [X.] vom 20. Septem[X.] 2018 - [X.]-685/16, [X.]:[X.]:2018:743, Rz 55, [X.] 2019, 111). Dies wäre vorliegend auf der Grundlage eines wörtlichen Verständnisses des § 27 [X.] der Fall. Die Nichtanwendung der Grundsätze ü[X.] die Einlagenrückgewähr bei [X.] würden solche Gesellschaften und deren Gesellschafter im Vergleich zu inländischen oder [X.]-ausländischen Sachverhalten benachteiligen ([X.]-Urteil in [X.], 390, Rz 25).

ccc) Ein Rechtfertigungsgrund dafür, dem inländischen Gesellschafter einer Drittstaatengesellschaft von vornherein jede Möglichkeit des Nachweises einer Einlagenrückgewähr zu verweigern, besteht nicht (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 390, Rz 26 f.). Das gilt im Hinblick auf in [X.] ansässige Kapitalgesellschaften insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass in Art. 26 Abs. 1 des Abkommens zwischen der [X.] und den Vereinigten [X.] von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 i.d.[X.] vom 4. Juni 2008 ([X.], 612, [X.], 784) die sog. "große" [X.] vereinbart worden ist, die einen umfassenden Informationsaustausch zwischen den Verwaltungsbehörden der Vertragsstaaten ermöglicht.

ddd) Eine solche Beschränkung wäre auch nicht gemäß Art. 57 Abs. 1 [X.] (jetzt Art. 64 Abs. 1 A[X.]V) zulässig. Danach [X.]ührt Art. 56 [X.] (jetzt Art. 63 A[X.]V) nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am 31. Dezem[X.] 1993 auf Grund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder auf Grund von Rechtsvorschriften der [X.] für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestanden. Dabei obliegt es dem nationalen Gericht, den Inhalt einer solchen beschränkenden Regelung zu bestimmen ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:2018:743, Rz 73, [X.] 2019, 111). Auf der Grundlage der [X.]-Rechtsprechung (Urteile in [X.], 390; und in [X.], 404) hat zum Stichtag 31. Dezem[X.] 1993 eine solche Beschränkung bezüglich der Einlagenrückgewähr durch eine in einem Drittstaat ansässige Kapitalgesellschaft jedoch, wie erläutert, nicht bestanden.

7. Hiervon ausgehend ist zwar die Höhe des ausschüttbaren Gewinns einer Drittstaatengesellschaft auf der Grundlage des jeweiligen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrechts zu ermitteln (Senatsurteil in [X.], 15; [X.]-Urteile in [X.], 390, und in [X.], 404). Da die rechtliche Herleitung der Möglichkeit der Einlagenrückgewähr für [X.] auf der Vermeidung einer ansonsten gegebenen Diskriminierung der Anteilseigner ausländischer Kapitalgesellschaftsanteile [X.]uht, bestimmt sich sodann die Verwendungsreihenfolge der ausgeschütteten Beträge --in Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung-- nach den Grundsätzen der [X.] des § 27 Abs. 1 Satz 3 und 5 [X.]. Nur dieses Rechtsverständnis stellt sicher, dass die Gesellschafter von [X.] nicht schlechter, a[X.] auch nicht besser behandelt werden als die Gesellschafter von inländischen oder von [X.]-ausländischen Gesellschaften.

8. Nicht auf die Einlagenrückgewähr von [X.] ü[X.]tragen werden kann indessen der verfahrensrechtliche Aspekt der vorgeschalteten gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen [X.] (§ 27 Abs. 2 Satz 1 [X.]) bzw. der Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 9 EStG (§ 27 Abs. 8 Satz 3 [X.]). Da das Gesetz für die Einlagenrückgewähr von [X.] kein gesondertes Feststellungsverfahren zur Verfügung stellt (vgl. zum Gesetzesvorbehalt Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 11. April 2005 - GrS-2/02, [X.]E 209, 399, [X.] 2005, 679), können die damit zusammenhängenden Fragen nur im Rahmen der jeweiligen Festsetzungsverfahren der Gesellschafter geklärt werden (Blümich/Oellerich, § 27 [X.] Rz 81).

9. Aus der bindenden Feststellung des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) ergibt sich, dass die [X.] ü[X.] keine ausschüttungsfähigen Gewinne, keine Gewinnvorträge oder keine aus Gewinnen gebildete Kapitalrücklagen verfügte. Unter Berücksichtigung des [X.] konnte die Ausschüttung im Streitjahr demnach nur zu einer --steuerneutralen-- Einlagenrückgewähr führen.

10. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

I R 15/16

10.04.2019

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 19. November 2015, Az: 9 K 1900/12 K, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG 2002, § 8b Abs 1 KStG 2002, § 8b Abs 5 S 1 KStG 2002, § 27 KStG 2002, Art 63 AEUV, Art 64 Abs 1 AEUV, Art 56 EG, Art 57 Abs 1 EG, EStG VZ 2008, KStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.04.2019, Az. I R 15/16 (REWIS RS 2019, 8305)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8305

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