Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.01.2022, Az. VII R 28/19

7. Senat | REWIS RS 2022, 2470

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Gegenstand

(Keine Entlastung nach § 9b, § 10 StromStG für Unternehmen in Schwierigkeiten)


Leitsatz

1. Die Steuerentlastungen nach § 9b und § 10 StromStG sind Beihilfen i.S. des Art. 107 Abs. 1 AEUV.

2. Der Anwendung von § 9b, § 10 StromStG steht im Jahr 2016 für Unternehmen in Schwierigkeiten das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV entgegen.

3. Für die Einordnung eines Unternehmens als Unternehmen in Schwierigkeiten kommt es nach Art. 2 Nr. 18 Buchst. a AGVO nur auf das einzelne Unternehmen, nicht jedoch auf die wirtschaftliche Einheit (Konzernverbund) an, in den das einzelne Unternehmen eingebunden ist.

4. Für ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der AGVO kommt es bei Erfüllung der Voraussetzung des Art. 2 Nr. 18 Buchst. a AGVO nicht darauf an, ob im Einzelfall eine positive Fortführungsprognose besteht.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 06.06.2019 - 14 K 3001/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die [X.]lägerin und Revisionsklägerin ([X.]lägerin) ist eine im Jahr 2008 mit einem Stammkapital von 100.000 € gegründete GmbH.

2

Ihr nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag belief sich im [X.] auf 1.746.204 € und im [X.] auf 2.220.370 €. Sie erzielte Verluste in Höhe von 1.233.378 € im [X.] und in Höhe von 474.166 € im [X.]. Nach der Stellungnahme der von der [X.]lägerin beauftragten Rechtsanwältin [X.] vom 27.02.2015 zur wirtschaftlichen Situation der [X.]lägerin unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten und deren Fortschreibung vom 17.07.2015 war die [X.]lägerin bereits zum 31.12.2014 überschuldet; stille Reserven waren der Stellungnahme zufolge nicht vorhanden, es bestand jedoch eine positive Fortführungsprognose.

3

Für das erste Halbjahr 2016 gewährte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --[X.]--) der [X.]lägerin eine Steuerermäßigung nach § 9b des Stromsteuergesetzes (StromStG) i.d.[X.] 2011 ([X.] 2011) vom [X.] ([X.], 1885). Am 21.12.2017 beantragte die [X.]lägerin Steuerentlastungen nach § 9b StromStG für das zweite Halbjahr 2016 und nach § 10 StromStG für das gesamte [X.].

4

Diese Anträge lehnte das [X.] mit Bescheiden vom 24.04.2018 mit der Begründung ab, dass die [X.]lägerin ein sog. Unternehmen in Schwierigkeiten sei und daher nach Maßgabe des unionsrechtlichen Beihilferechts die beantragten Entlastungen nicht gewährt werden dürften.

5

Einsprüche und [X.]lage blieben erfolglos. Das Finanzgericht ([X.]) urteilte, der [X.]lägerin stehe kein Anspruch auf eine Steuerentlastung nach § 9b, § 10 StromStG zu, weil sie ein Unternehmen in Schwierigkeiten sei und insoweit ein Durchführungsverbot nach Art. 108 Abs. 3 Satz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) bestehe.

6

Hiergegen richtet sich die Revision der [X.]lägerin.

7

Die [X.]lägerin vertritt die Auffassung, es handele sich bei den von ihr begehrten Steuerentlastungen nach § 9b und § 10 StromStG nicht um Beihilfen nach Art. 107 ff. [X.]. Die Gewährung der Entlastung nach § 10 StromStG sei als staatliche Maßnahme an eine angemessene Gegenleistung gekoppelt, weil die Unternehmen ein Energiemanagementsystem betreiben müssten, was mit erheblichen Aufwendungen für diese verbunden sei. Deshalb gewähre die Entlastung keinen Vorteil. Zudem werde den Unternehmen durch § 9b und § 10 StromStG kein selektiver Vorteil gewährt, weil sich Unternehmen des Produzierenden Gewerbes in einer anderen tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden als die nicht begünstigten Dienstleistungsunternehmen. Weil Dienstleistungen standortgebunden seien, stünden Dienstleistungsunternehmen nicht im selben Maße wie das Produzierende Gewerbe im internationalen Wettbewerb. Die [X.]lägerin verweist insoweit auf das Urteil des [X.] ([X.]) vom 20.04.2004 - 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 ([X.]E 110, 274), wonach die Beschränkung des Spitzenausgleichs auf Unternehmen des Produzierenden Gewerbes nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoße. Damit gebe es keine unterschiedliche Behandlung, die im Wesentlichen als diskriminierend eingestuft werden könne (Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der [X.] --[X.]-- [X.]/[X.] u.a. vom 21.12.2016 - [X.]/15 P und [X.]/15 P, [X.]:[X.], [X.] [X.] --ABl[X.]-- 2017, Nr. [X.] 53, 4). Im Übrigen fehle es auch deshalb an einer Selektivität, weil sich die Differenzierung aus der Natur der Stromsteuer als Verbrauchsteuer ergebe. Die Stromsteuer dürfe nämlich nur so hoch ausfallen, wie die Unternehmen des Produzierenden Gewerbes die Stromsteuerbelastung auf den [X.]onsumenten abwälzen könnten. Eine Besteuerung mit dem Regelsatz in Höhe von 20,50 € je MWh sei nicht auf die [X.]onsumenten abwälzbar. Zwar verweise Art. 44 der Verordnung ([X.]) Nr. 651/2014 der [X.] vom 17.06.2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] (ABl[X.] 2014, Nr. L 187, 1) --AGVO-- auf die Richtlinie 2003/96/[X.] vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen [X.] zur Besteuerung von [X.] und elektrischem Strom (ABl[X.] 2003, Nr. L 283, 51) --EnergieStRL--. Jedoch seien § 9b und § 10 StromStG nicht auf der Grundlage von Art. 17 EnergieStRL ergangen.

8

Hilfsweise rügt die [X.]lägerin, dass die [X.]riterien für "Unternehmen in Schwierigkeiten" nach Art. 1 Abs. 4 Buchst. [X.]. Art. 2 Nr. 18 AGVO mit dem primären Unionsrecht unvereinbar seien. Diese strengen [X.]riterien führten zu Wettbewerbsverzerrungen, wenn Unternehmen ohne staatliche Hilfe aus [X.] oder mithilfe ihrer Anteilseigner oder sonstiger privater Dritter in der Lage seien, nachhaltig erfolgreich zu arbeiten.

9

Die [X.]lägerin sei aufgrund der nachhaltigen Einbindung in die Finanzkraft ihrer [X.]onzernmutter kein Unternehmen in Schwierigkeiten; die Gesellschafter hätten sich vertraglich verpflichtet, ausreichend Finanzmittel in der [X.] zu belassen. Der [X.]onzern sei nach dem [X.] Beihilferecht als funktionale Einheit zu betrachten und befinde sich nicht in Schwierigkeiten. Die [X.]lägerin verweist hierzu auf das [X.]-Urteil vom 16.12.2010 - [X.]-480/09 P (Slg. 2010, [X.]). Sie regt schließlich an, ein Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] zu richten.

Die [X.]lägerin beantragt,
das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und das [X.] zu verpflichten, ihr unter Aufhebung der [X.] vom 24.04.2018, jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23.10.2018, eine Steuerentlastung nach § 9b StromStG für das zweite Halbjahr 2016 in Höhe von 16.445,72 € und eine Steuerentlastung nach § 10 StromStG für das [X.] in Höhe von 87.697,99 € zu gewähren.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das [X.] erwidert, zutreffend stelle das [X.] darauf ab, dass sich der Beihilfecharakter der Entlastungen in § 9b und § 10 StromStG bereits aus den Entscheidungen der Europäischen [X.] vom 13.02.2002 (N 449/2001, [X.] (2002) 441 fin [X.]OR) und vom 13.06.2007 (N 775/2006, [X.] (2007) 2416 endg.) ergebe. Im Übrigen lägen auch die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Beihilfe vor.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das Urteil des [X.] entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 [X.]O).

Die Steuerentlastungen nach § 9b und § 10 StromStG sind unter Art. 107 Abs. 1 A[X.] fallende staatliche Beihilfen und unterliegen im Streitfall dem Durchführungsverbot nach Art. 108 Abs. 3 Satz 3 A[X.], weil das in Art. 108 Abs. 3 A[X.] vorgesehene Prüfungsverfahren nicht beachtet wurde und keine Ausnahmen nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c oder Art. 108 Abs. 4 A[X.] vorliegen.

1. Nach § 9b Abs. 1 StromStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag gewährt für nachweislich nach § 3 StromStG versteuerten Strom, den ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft für betriebliche Zwecke entnommen hat und der nicht nach § 9 Abs. 1 StromStG von der Steuer befreit ist. Die Steuerentlastung wird jedoch für die Entnahme von Strom zur Erzeugung von Licht, Wärme, [X.]älte, Druckluft und mechanischer Energie nur gewährt, soweit die vorgenannten Erzeugnisse nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft genutzt worden sind. Abweichend von § 9b Abs. 1 Satz 2 StromStG wird die Steuerentlastung auch für Strom zur Erzeugung von Druckluft gewährt, soweit diese in Druckflaschen oder anderen Behältern abgegeben wird.

Nach § 10 Abs. 1 StromStG wird die Steuer für nachweislich versteuerten Strom, den ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für betriebliche Zwecke, ausgenommen solche nach § 9 Abs. 2 oder Abs. 3 StromStG, entnommen hat, auf Antrag nach Maßgabe der Absätze 2 bis 8 erlassen, erstattet oder vergütet, soweit die Steuer im [X.]alenderjahr den Betrag von 1.000 € übersteigt. Eine nach § 9b StromStG mögliche Steuerentlastung wird dabei abgezogen. Die Steuer für Strom, der zur Erzeugung von Licht, Wärme, [X.]älte, Druckluft und mechanischer Energie entnommen worden ist, wird jedoch nur erlassen, erstattet oder vergütet, soweit die vorgenannten Erzeugnisse nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes genutzt worden sind.

2. Das StromStG enthielt im Streitjahr (2016) im Hinblick auf die Steuerentlastungen nach § 9b und § 10 StromStG keine Einschränkungen für Unternehmen in Schwierigkeiten. Die Neuregelung in § 2a Abs. 2 Satz 1 StromStG, nach der die Inanspruchnahme oder Beantragung einer Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder Steuerentlastung, die als staatliche Beihilfe anzusehen ist, für Unternehmen in Schwierigkeiten nicht zulässig ist, wurde erst durch das [X.] zur Änderung des [X.] und des Stromsteuergesetzes vom 27.08.2017 ([X.], 3299) mit Wirkung zum 01.01.2018 eingefügt und gilt deshalb jedenfalls nicht für das Streitjahr.

3. Allerdings bestehen für die hier zu beurteilenden Steuerentlastungen unionsrechtliche Einschränkungen für Unternehmen in Schwierigkeiten, die bereits im Streitjahr zu beachten waren.

a) Soweit in dem A[X.] und in dem [X.] [X.] ([X.]) nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen (Art. 107 Abs. 1 A[X.]). Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 A[X.] enthalten einen [X.]atalog von Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt vereinbar sind oder als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können.

Nach Art. 108 Abs. 3 Satz 1 A[X.] wird die [X.] von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Um dem [X.] zugunsten der [X.] zur Wirkung zu verhelfen, gibt Art. 108 Abs. 3 Satz 3 A[X.] weiterhin vor, dass der betreffende Mitgliedstaat die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen darf, bevor die [X.] einen abschließenden Beschluss erlassen hat.

Das Verfahren nach Art. 108 Abs. 3 A[X.] kommt lediglich dann nicht zur Anwendung, wenn staatliche Beihilfen durch Verordnungen allgemeingültig zugelassen wurden (vgl. auch Art. 109 A[X.]). Nach Art. 108 Abs. 4 A[X.] kann die [X.] Verordnungen zu den Arten von staatlichen Beihilfen erlassen, für die der Rat nach Art. 109 A[X.] festgelegt hat, dass sie von dem Verfahren nach Art. 108 Abs. 3 A[X.] ausgenommen werden können.

Aus der unmittelbaren Wirkung von Art. 108 Abs. 3 A[X.] ergibt sich, dass die nationalen Gerichte zugunsten der Einzelnen nach ihrem nationalen Recht sämtliche [X.]onsequenzen aus einem Verstoß gegen diese Bestimmung sowohl bezüglich der Gültigkeit der Durchführungsakte als auch bezüglich der Beitreibung der unter Verstoß gegen diese Bestimmung gewährten finanziellen Unterstützungen oder eventueller vorläufiger Maßnahmen ziehen müssen (vgl. in diesem Sinne [X.] u.a. vom 11.07.1996 - [X.]/94, [X.]:[X.], Rz 39 und 40; vom 16.04.2015 - [X.]/13, [X.]:[X.]:2015:235, Rz 52; vom 11.11.2015 - [X.]/14, [X.]:[X.]:2015:742, Rz 23 und 24, sowie vom 13.12.2018 - [X.]/17, [X.]:[X.]:2018:1019, Rz 42, Neue Juristische Wochenschrift 2019, 577).

Im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten obliegt die Prüfung, ob eine Steuerbegünstigung als staatliche Beihilfe i.S. von Art. 107 Abs. 1 A[X.] anzusehen ist, den nationalen Gerichten (vgl. [X.] vom 18.07.2007 - [X.]-119/05, [X.]:[X.], Rz 50, [X.]. 2007, [X.], und [X.] und [X.] vom 09.10.2014 - [X.]/13, [X.]:[X.]:2014:2262, Rz 55, [X.] --[X.]-- 2014, 1134).

b) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] verlangt die Einstufung einer nationalen Maßnahme als "staatliche Beihilfe" i.S. von Art. 107 Abs. 1 A[X.], dass die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 19.12.2018 - [X.]/17, [X.]:[X.], Rz 19, [X.] 2019, 75):

Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch die Maßnahme ein selektiver Vorteil gewährt werden. Viertens muss die Maßnahme den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen ([X.]-Urteil [X.]/[X.] u.a., [X.]:[X.], Rz 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Als staatliche Beihilfen gelten Maßnahmen gleich welcher Art, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte ([X.]-Urteil [X.] und [X.], [X.]:[X.]:2014:2262, Rz 21, [X.] 2014, 1134; vgl. auch Beschluss des [X.] --BFH-- vom 13.03.2019 - I R 18/19, [X.], 23, Rz 51). Handelt es sich um eine obligatorische Steuerbefreiung und überschreitet der Mitgliedstaat bei der Umsetzung in nationales Recht die unionsrechtlichen Vorgaben nicht, dann fehlt es bereits an einer von Art. 107 Abs. 1 A[X.] erfassten Maßnahme eines Mitgliedstaats (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --[X.]-- 2016, 278, 282; [X.]/[X.]/[X.], Energiesteuer, Stromsteuer, § 2a StromStG Rz 4).

Bei der Beurteilung der Selektivität ist zu klären, ob die fragliche nationale Maßnahme im Rahmen einer konkreten rechtlichen Regelung geeignet ist, "bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige" gegenüber anderen Unternehmen oder [X.] zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden und somit eine unterschiedliche Behandlung erfahren, die im Wesentlichen als diskriminierend eingestuft werden kann (vgl. [X.]-Urteil [X.] (Insolvenz [X.]) vom 28.06.2018 - [X.]/16 P, [X.]:[X.]:2018:505, Rz 83, ABl[X.] 2018, Nr. [X.] 294, 2, Betriebs-Berater 2018, 2079). Deshalb kann eine staatliche Maßnahme, die unterschiedslos allen Unternehmen im Inland zugutekommt, keine staatliche Beihilfe darstellen ([X.]-Urteil [X.] und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke vom 08.11.2001 - [X.]-143/99, [X.]:[X.]:2001:598, [X.]. 2001, [X.], [X.] 2002, 158). Insbesondere in Bezug auf nationale Maßnahmen, die einen Steuervorteil verschaffen, ist darauf hinzuweisen, dass eine derartige Maßnahme, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, die Begünstigten aber finanziell besser stellt als die übrigen Steuerpflichtigen, den Empfängern einen selektiven Vorteil verschaffen und daher eine staatliche Beihilfe i.S. von Art. 107 Abs. 1 A[X.] darstellen kann. Dagegen stellt ein Steuervorteil, der sich aus einer unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer anwendbaren allgemeinen Maßnahme ergibt, keine Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung dar.

c) Mit der [X.] hat die [X.] gestützt auf die Verordnung ([X.]) Nr. 994/98 des [X.] über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des [X.] auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen ([X.] --ABl[X.]-- 1998, Nr. L 142, 1) mit Wirkung vom 01.07.2014 Regelungen geschaffen, die Beihilfen unter bestimmten Voraussetzungen allgemeingültig zulassen, ohne dass dafür im Einzelfall ein Beschluss i.S. von Art. 108 Abs. 3 Satz 3 A[X.] erforderlich ist.

aa) Nach Art. 3 [X.] sind [X.], Einzelbeihilfen auf der Grundlage von [X.] und Ad-hoc-Beihilfen i.S. von Art. 107 Abs. 2 oder Abs. 3 A[X.] mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Art. 108 Abs. 3 A[X.] freigestellt, sofern diese Beihilfen u.a. alle Voraussetzungen des [X.]apitels I (Art. 1 bis 9 - Gemeinsame Bestimmungen) der [X.] erfüllen.

Die [X.] gilt jedoch nicht für Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten, ausgenommen [X.] zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen (Art. 1 Abs. 4 Buchst. c [X.]).

Unternehmen in Schwierigkeiten sind nach Art. 2 Nr. 18 [X.] solche Unternehmen, auf die mindestens einer der dort genannten Umstände zutrifft. Nach Buchst. a Satz 1 dieser Vorschrift ist dies bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (ausgenommen kleine und mittlere Unternehmen --[X.]MU--, die noch keine drei Jahre bestehen, und, in Bezug auf Risikofinanzierungsbeihilfen, [X.]MU in den sieben Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf, die nach einer [X.] durch den ausgewählten Finanzintermediär für Risikofinanzierungen in Frage kommen) gegeben, wenn mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen ist. Dies ist der Fall, wenn sich nach Abzug der aufgelaufenen Verluste von den Rücklagen und allen sonstigen Elementen, die im Allgemeinen den Eigenmitteln des Unternehmens zugerechnet werden, ein negativer kumulativer Betrag ergibt, der mehr als der Hälfte des gezeichneten Stammkapitals entspricht. Für die Zwecke dieser Bestimmung bezieht sich der Begriff "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" insbesondere auf die in Anhang I der Richtlinie 2013/34/[X.] des [X.] und des Rates vom 26.06.2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/[X.] des [X.] und des Rates und zur Aufhebung der [X.]/[X.] und 83/349/[X.] des Rates (ABl[X.] 2013, Nr. L 182, 19) genannten Arten von Unternehmen; und der Begriff "Stammkapital" umfasst ggf. alle [X.] (Art. 2 Abs. 18 Buchst. a Satz 2 [X.]). In Anhang I dieser Richtlinie ist auch die [X.] GmbH aufgeführt.

bb) Wie sich aus dem Erwägungsgrund 14 der [X.] ergibt, sollen Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten nicht unter die [X.] fallen, sondern anhand anderer Leitlinien gewürdigt werden. Hintergrund ist, dass Unternehmen durch die Beihilfe zu [X.], dem geförderten Vorhaben, animiert werden sollen. Bei weniger solventen Unternehmen (d.h. Unternehmen in Schwierigkeiten) besteht jedoch das Risiko, dass die Beihilfe eher zur Rettung des Unternehmens selbst eingesetzt wird als zur Umsetzung des geförderten Vorhabens. Jedenfalls besteht bei weniger solventen Unternehmen ein höheres Risiko, dass der [X.] nicht erreicht wird. Daher sollen weniger solvente Unternehmen allenfalls durch Beihilfen gerettet oder umstrukturiert werden, was aber nach anderen [X.]riterien und daher nach anderen Leitlinien beurteilt werden muss ([X.], Schlussanträge des Generalanwalts/der Generalanwältin vom 09.09.2021 - [X.]-347/20, [X.]elex-Nr. 62020[X.][X.]0347).

Der Wortlaut der Regelungen des Art. 2 Nr. 18 Buchst. a [X.] ist insofern eindeutig, als der [X.]sgesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Verlust des gezeichneten Stammkapitals in einer bestimmten Höhe zur Definition von Unternehmen in Schwierigkeiten ein [X.]riterium gewählt hat, das einer Auslegung nicht bedarf (vgl. auch Erwägungsgrund 14 der [X.]). Dieses [X.]riterium sollte auch ohne eine detaillierte Untersuchung der besonderen Lage eines Unternehmens überprüfbar sein (vgl. auch [X.] in [X.]/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Art. 1 [X.] Rz 29). Deshalb geht der Senat davon aus, dass es sich nicht lediglich um eine gesetzliche Vermutung für das Bestehen wirtschaftlicher Schwierigkeiten handelt, die im Einzelfall durch den Nachweis weiterer Umstände widerlegt werden könnte.

Die [X.] stellt bei der Definition eines Unternehmens in Schwierigkeiten in Art. 2 Nr. 18 Buchst. a [X.] konkret auf die einzelne GmbH ab, welche die in Rede stehende Beihilfe beansprucht. Dieser auf bestimmte Gesellschaftsformen bezogene [X.] umfasst deshalb nicht die wirtschaftliche --von der [X.]lägerin als "funktional" bezeichnete-- Einheit, wie sie der [X.] regelmäßig verwendet (z.B. [X.]-Urteil in [X.]. 2010, [X.], m.w.N.). Die Berücksichtigung einer wirtschaftlichen Einheit statt der einzelnen GmbH liefe schließlich auch dem Ziel der Vereinfachung zuwider, weil die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erforderlichenfalls einen gesamten [X.]onzern und damit Unternehmen in einem Organkreis prüfen müssten, obwohl eine detaillierte Untersuchung der besonderen Lage nach dem Erwägungsgrund 14 der [X.] gerade nicht notwendig sein soll. Dass eine solche Gesamtbetrachtung nicht vorgesehen ist, zeigt sich auch im Vergleich zu den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl[X.] 2014, Nr. [X.] 249, 1). Unter dem dortigen Abschn. 2.2. "Sachlicher Anwendungsbereich: Begriff des Unternehmens in Schwierigkeiten" finden sich in Rz 22 Ausführungen zur [X.] an ein Unternehmen, das zu einer Unternehmensgruppe gehört. Es muss sich danach bei den Schwierigkeiten des betreffenden Unternehmens nachweislich um Schwierigkeiten des Unternehmens selbst handeln, die nicht auf eine willkürliche [X.]ostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen und die so gravierend sind, dass sie von der Gruppe selbst nicht bewältigt werden können. Auf derartige Ausführungen hat der Verordnungsgeber der [X.] verzichtet.

4. Unter Anwendung der dargestellten Grundsätze kann der [X.]lägerin keine Stromsteuerentlastung nach § 9b und § 10 StromStG gewährt werden, weil es sich hierbei um Beihilfen handelt und die [X.]lägerin ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist.

a) Das [X.] hat keine Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen der [X.] nach § 9b und § 10 StromStG getroffen. Ob deren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, kann jedoch dahingestellt bleiben, weil den [X.]n das Durchführungsverbot nach Art. 108 Abs. 3 Satz 3 A[X.] entgegensteht.

b) Im Streitfall liegen Beihilfen nach Art. 107 Abs. 1 A[X.] vor.

aa) Dies gilt zunächst für die Steuerentlastung nach § 9b StromStG (gl.[X.]/[X.], Energiesteuergesetz, Stromsteuergesetz, 2. Aufl., § 9b StromStG Rz 1; [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 2a StromStG Rz 5 und § 9b StromStG Rz 9 f.).

§ 9b StromStG wurde durch das [X.] in das StromStG eingefügt; dadurch wurde für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft das Erlaubnisverfahren (§ 9 Abs. 3 StromStG in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) abgeschafft und ein Entlastungsverfahren eingeführt (BTDrucks 17/3030, S. 44 f.). Mithin wird den genannten Unternehmen bei Inanspruchnahme der Entlastung ein wirtschaftlicher Vorteil gegenüber anderen Unternehmen eingeräumt.

Der Senat folgt nicht der Auffassung der [X.]lägerin, wonach ein selektiver Vorteil deshalb zu verneinen sei, weil sich Unternehmen des Produzierenden Gewerbes in einer anderen rechtlichen und tatsächlichen Situation befänden als Dienstleistungsunternehmen. Für die vergleichbaren Regelungen in [X.] hat der [X.] bereits ausdrücklich entschieden, dass nationale Maßnahmen, die eine teilweise Vergütung von Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie nur für Unternehmen vorsehen, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Güter besteht, als staatliche Beihilfen anzusehen sind ([X.]-Urteil [X.] und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, [X.]:[X.]:2001:598, [X.]. 2001, [X.], [X.] 2002, 158).

Soweit die [X.]lägerin auf das [X.]-Urteil in [X.] 110, 274 verweist, ergibt sich daraus nichts Gegenteiliges. Das [X.] hat hier zwar einen Verstoß gegen Art. 3 GG verneint. Dies erfolgte jedoch auf [X.] der verfassungsrechtlichen Prüfung, also in Bezug auf die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung (also Selektivität), die das [X.] bejaht hat.

bb) Auch der sog. Spitzenausgleich nach § 10 StromStG stellt unter Anwendung der dargestellten Grundsätze eine Beihilfe dar. Insbesondere mangelt es nicht deshalb an einem Vorteil im Sinne der [X.]-Rechtsprechung, weil die betroffenen Unternehmen nach § 10 Abs. 3 StromStG verpflichtet sind, ein den Anforderungen der [X.] EN [X.] 50001, Ausgabe Dezember 2011, entsprechendes Energiemanagementsystem zu betreiben. Zwar können die durch die Auferlegung von Pflichten entstandenen [X.]osten grundsätzlich als Gegenleistung angesehen werden, so dass es an einem Vorteil fehlt, wenn die gewährte Begünstigung diesen entstandenen zusätzlichen [X.]osten entspricht (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 22.11.2001 - [X.]-53/00, [X.]:[X.]:2001:627, ABl[X.] 2002, Nr. [X.] 17, 6, [X.] 2002, 258). Vorliegend hat jedoch das [X.] zu der Behauptung der [X.]lägerin, es handele sich um eine angemessene Gegenleistung der Unternehmen, schon keine Feststellungen zur konkreten Art und zum konkreten Umfang der Gegenleistung getroffen. Die [X.]lägerin hat hierzu im erstinstanzlichen Verfahren weder Beweis angeboten noch eine mangelnde Sachverhaltsaufklärung gerügt.

Bezüglich der von der [X.]lägerin bestrittenen Selektivität des sog. Spitzenausgleichs gelten die obigen Ausführungen zu § 9b StromStG entsprechend. Im Übrigen werden nach § 10 StromStG --anders als in § 9b StromStG-- die Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft nicht begünstigt.

cc) Schließlich verweist der Senat auf die Entscheidung der Europäischen [X.] vom 13.06.2007 (N 775/2006, [X.] (2007) 2416 endg.). Danach stellten die Begünstigungen in § 9 Abs. 3 StromStG i.d.[X.] der ökologischen Steuerreform vom [X.] ([X.], 4602) --StromStG a.F. -- und in § 10 StromStG Beihilfen dar. § 9 Abs. 3 StromStG a.F. und der im Streitjahr geltende § 9b StromStG sind in der jeweiligen Ausgestaltung der Steuerbegünstigung vergleichbar, weshalb der Senat die Entscheidung der Europäischen [X.] für übertragbar hält. An einen Mitgliedstaat gerichtete Entscheidungen sind für alle Organe des jeweiligen Staates, einschließlich seiner Gerichte, verbindlich (vgl. in diesen Sinne [X.]-Urteil [X.] vom 21.05.1987 - 249/85, [X.]. 1987, 2345, Rz 17).

c) Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass für das Streitjahr 2016 keine ausdrückliche Genehmigung der Europäischen [X.] vorlag. Diese hatte die Steuerermäßigungen für das Produzierende Gewerbe und den sog. Spitzenausgleich nur bis zum 31.12.2012 als Beihilfen genehmigt (zuletzt Entscheidung der [X.] vom 13.06.2007 (N 775/2006, [X.] (2007) 2416 endg.).

d) Die [X.]lägerin kann sich auch nicht auf eine allgemeine Genehmigung der Beihilfen nach der [X.] berufen, weil sie --wie bereits ausgeführt-- als ein Unternehmen in Schwierigkeiten i.S. von Art. 2 Nr. 18 Buchst. a [X.] anzusehen ist. Denn bei der [X.]lägerin handelt es sich nicht um ein von der Begriffsbestimmung ausgenommenes [X.]MU. Zudem war nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) zu den Bilanzstichtagen 31.12.2015 und 31.12.2016 jeweils mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals der [X.]lägerin infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen (Art. 2 Nr. 18 Buchst. a [X.]). Die Bilanzen der [X.]lägerin haben jeweils einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausgewiesen; das Stammkapital war also bereits vollständig aufgezehrt.

Die vorgebrachten Einwendungen der [X.]lägerin stehen ihrer Einordnung als Unternehmen in Schwierigkeiten nicht entgegen.

aa) Die von der [X.]lägerin behauptete positive Fortführungsprognose ist unbeachtlich, da eine solche Einschränkung in Art. 2 Nr. 18 Buchst. a [X.] nicht vorgesehen ist (vgl. auch [X.]/[X.], a.a.[X.], § 2a StromStG Rz 15; zur Ausschließlichkeit der in Art. 2 Nr. 18 [X.] genannten [X.]riterien s.a. [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 2a StromStG Rz 30). Eine entsprechende Ausnahme stünde zudem im ausdrücklichen Widerspruch zu Erwägungsgrund 14 der [X.], welcher gerade darauf abstellt, dass keine detaillierte Untersuchung notwendig sein soll (s.o., unter [X.] bb), so dass nach dem Sinn und Zweck der Regelung für die Berücksichtigung von Prognosen kein Raum ist.

Soweit die [X.]lägerin diesbezüglich auf die Rz 20 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl[X.] 2014, Nr. [X.] 249, 1) verweist, nach denen ein Unternehmen in Schwierigkeiten jedenfalls nur dann für eine Beihilfe in Betracht kommt, wenn es nachweislich nicht in der Lage ist, sich aus [X.] oder mit Mitteln seiner Eigentümer/Anteilseigner oder mit Fremdmitteln zu sanieren, findet diese Regelung auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, weil sie die Gewährung einer Sanierungsbeihilfe betrifft. Im Streitfall handelt es sich jedoch um die Verweigerung einer Beihilfe an ein Unternehmen, das sich in Schwierigkeiten befindet.

bb) Auch der erstmals im Revisionsverfahren vorgetragene Einwand, die [X.]lägerin sei wegen der vertraglichen Verpflichtung ihrer Gesellschafter, zum dauerhaften Unternehmenserhalt ausreichend Finanzmittel in der Gesellschaft zu belassen, kein Unternehmen in Schwierigkeiten, greift nicht durch.

Zwar wird in der [X.]ommentarliteratur zur Neuregelung in § 2a StromStG vereinzelt vertreten, dass eine unbedingte, unbeschränkte und rechtlich bindende Verpflichtung eines weiteren Unternehmens oder eines anderen Rechtsträgers zur vollständigen Übernahme von Verlusten zugunsten dieses Unternehmens zu einer abweichenden Beurteilung führe. Dies soll insbesondere für klassische Gewinnabführungsverträge gelten (vgl. § 291 i.V.m. § 302 des Aktiengesetzes --AktG--). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass das wirtschaftliche Risiko auf das andere Unternehmen übertragen werde und somit faktisch nicht bestehe (so [X.]/[X.], a.a.[X.], § 2a StromStG Rz 27; a.A. [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 2a StromStG Rz 30).

Der Senat muss sich jedoch mit diesem Einwand nicht befassen, weil im vorliegenden Streitfall tatsächlich keine [X.] vereinbart worden ist. Im Übrigen handelt es sich bei dem Vortrag der [X.]lägerin, ihre Gesellschafter hätten sich vertraglich verpflichtet, ausreichend Finanzmittel in der [X.] zu belassen, um neuen Vortrag, der in der Revisionsinstanz unbeachtlich ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 20.03.2013 - XI R 37/11, [X.], 394, [X.] 2014, 831, Rz 38).

cc) Das Merkblatt 1139a "Staatliche Beihilfen im Energie- und Stromsteuerrecht" der [X.]n Zollverwaltung zum Formular 1139 "Selbsterklärung zu staatlichen Beihilfen" kann bereits deshalb nicht zugunsten der [X.]lägerin herangezogen werden, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Nach Ziff. 3.3 des [X.] 1139a soll der Ausschlussgrund "Unternehmen in Schwierigkeiten" nicht relevant sein, wenn eine unbedingte, unbeschränkte und rechtlich bindende Verpflichtung eines weiteren Unternehmens oder eines anderen Rechtsträgers zur vollständigen Übernahme von Verlusten zugunsten dieses Unternehmens (Patronatserklärung, Gewinnabführungsvertrag nach § 291 AktG verbunden mit [X.] nach § 302 AktG) vorliegt. Das ist im Streitfall nicht gegeben.

dd) Die [X.] ist als Verordnung auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 4 A[X.] durch die [X.] erlassen worden und gilt nach Art. 288 Abs. 2 Satz 2 A[X.] unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die dort enthaltenen Regelungen für Unternehmen in Schwierigkeiten (Art. 2 Nr. 18 Buchst. a [X.]) verstoßen nicht gegen das (primäre) [X.]srecht.

Die von der [X.]lägerin als "hart" bezeichneten [X.]riterien für die Feststellung, ob sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet, dienen ausweislich des [X.] 14 der [X.] der Rechtssicherheit. Um Rechtssicherheit hinsichtlich der Frage zu schaffen, ob ein Unternehmen als Unternehmen in Schwierigkeiten gilt, sollten diesbezüglich eindeutige [X.]riterien festgelegt werden, die auch ohne eine detaillierte Untersuchung der besonderen Lage eines Unternehmens überprüfbar sind. Dass vom Verordnungsgeber übersehen worden wäre, dass einzelne Unternehmen durch diese Regelung erheblich und willkürlich im Wettbewerb benachteiligt würden, ist eine bloße Behauptung der [X.]lägerin.

Eine ähnliche Regelung enthielt nämlich bereits die Verordnung ([X.]) Nr. 800/2008 der [X.] vom 06.08.2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 [X.]-Vertrag (ABl[X.] 2008, Nr. L 214, 3). Nach deren Erwägungsgrund 15 sollte die Bestimmung des Begriffs "Unternehmen in Schwierigkeiten" vereinfacht werden, um den Verwaltungsaufwand der Mitgliedstaaten zu verringern. Dieses Ziel hat der [X.] nicht in Frage gestellt und ausdrücklich entschieden, dass es dem Ziel der Vereinfachung zuwiderliefe, wenn von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten verlangt würde, bei der Entscheidung über die [X.] selbst konkret zu beurteilen, ob sich das Unternehmen in Schwierigkeiten befinde ([X.]-Urteil [X.] vom 06.07.2017 - [X.]-245/16, [X.]:[X.]:2017:521, Rz 35, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2017, 1816).

Die [X.] verlässt mit dieser Regelung nicht den ihr gesteckten Rahmen. Es liegt auch kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor, wie das [X.] zutreffend und überzeugend ausgeführt hat. Bei der Ausübung ihrer Befugnisse müssen auch die Organe der [X.] die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, die Bestandteil der Rechtsordnung der [X.] sind und zu denen insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit zählen (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

Im Übrigen könnten im Einzelfall die Beihilfen dem Genehmigungsverfahren nach Art. 108 Abs. 3 A[X.] unterzogen werden. Die Einordnung als Unternehmen in Schwierigkeiten führt nämlich hauptsächlich dazu, dass auf eine Genehmigung der Beihilfe durch die Europäische [X.] nicht verzichtet werden kann. Daraus ergibt sich jedoch noch keine Wettbewerbsverzerrung, wie die [X.]lägerin meint. Mit ihrer Argumentation wendet sie sich letztlich gegen die Beihilfen, welche ihren (wirtschaftlich gesunden) Wettbewerbern gewährt werden.

ee) Auch soweit die [X.]lägerin eine willkürliche Diskriminierung und somit eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung (Art. 3, Art. 19 Abs. 3 GG) gegenüber ihren Wettbewerbern geltend macht, folgt der Senat dem nicht.

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 21.06.2006 - 2 BvL 2/99, [X.] 116, 164, und vom 29.03.2017 - 2 BvL 6/11, [X.] 145, 106, [X.] 2017, 1082). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen ([X.]-Beschluss vom 08.06.2004 - 2 BvL 5/00, [X.] 110, 412; [X.] vom 01.09.2021 - VI R 18/19, [X.] 2022, 13, Rz 14).

Im Streitfall fehlt es bereits an einer Ungleichbehandlung, weil die von der [X.]lägerin erwähnten Wettbewerber keine Unternehmen in Schwierigkeiten i.S. von Art. 2 Nr. 18 [X.] sind und somit mit der [X.]lägerin nicht gleichgestellt werden können. Dem Gesetzgeber steht es nämlich grundsätzlich frei, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert.

5. Eine Vorlage an den [X.] sieht der erkennende Senat nicht als erforderlich an.

Der Senat berücksichtigt dabei zum einen, dass der [X.] in dem Urteil [X.] und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke ([X.]:[X.]:2001:598, [X.]. 2001, [X.], [X.] 2002, 158) Gelegenheit hatte, sich zu vergleichbaren Regelungen in [X.] zu äußern.

Zum anderen ist die von dem Senat vorgenommene Auslegung des Art. 2 Nr. 18 Buchst. a [X.] wegen des Wortlauts der Vorschrift und wegen der Erwägungsgründe der Verordnung derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt.

Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des [X.] besteht demnach nicht (vgl. [X.]-Urteile [X.]ILFIT vom 06.10.1982 - 283/81, [X.]. 1982, 3415, Rz 16, und [X.]onsorzio Italian Management e [X.]atania Multiservizi vom 06.10.2021 - [X.]-561/19, [X.]:[X.]:2021:799, ABl[X.] 2021, Nr. [X.] 481, 11, [X.] 2022, 12).

6. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII R 28/19

19.01.2022

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 6. Juni 2019, Az: 14 K 3001/18, Urteil

§ 9b StromStG, § 10 Abs 3 StromStG, Art 107 Abs 1 AEUV, Art 108 Abs 3 S 3 AEUV, Art 2 Nr 18 Buchst a EUV 651/2014, Art 267 Abs 3 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.01.2022, Az. VII R 28/19 (REWIS RS 2022, 2470)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2470


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VII R 28/19

Bundesfinanzhof, VII R 28/19, 19.01.2022.


Az. 14 K 3001/18

FG München, 14 K 3001/18, 06.06.2019.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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