Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 19.06.2012, Az. 1 ABR 19/11

1. Senat | REWIS RS 2012, 5523

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Gegenstand

Gesamtbetriebsrat - Zuständigkeit - Schichtrahmenplan


Leitsatz

Der Gesamtbetriebsrat kann für einen Schichtrahmenplan zuständig sein, wenn der Arbeitgeber in mehreren Betrieben eine Dienstleistung erbringt, deren Arbeitsabläufe technisch-organisatorisch miteinander verknüpft sind.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] 10. Dezember 2010 - 4 [X.] - aufgehoben.

2. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 25. März 2010 - 3 [X.] - abgeändert:

Der Antrag des Gesamtbetriebsrats wird abgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines [X.].

2

Die Arbeitgeberin ist ein im Jahr 2007 gegründetes Tochterunternehmen der [X.]. Sie bedient für konzernangehörige Gesellschaften telefonische und schriftliche Kundenanfragen. In ihrem operativen Geschäft sind rund 16.500 Arbeitnehmer beschäftigt, nahezu überwiegend in Callcentern.

3

Die Arbeitgeberin ersetzte in den Jahren 2007 und 2008 die ursprünglich betriebsbezogene Ausrichtung ihres operativen Geschäfts durch eine divisionale Struktur. Ihr Unternehmen ist in zehn Zuständigkeitsbereiche aufgeteilt, von denen sieben Bereiche in direktem Kundenkontakt stehen. Diese sog. [X.] erfüllen jeweils Serviceaufgaben für Privat- und Geschäftskunden der Festnetz-, Mobilfunk- und Breitbandsparte des Konzerns [X.]. Auf dieser Unternehmensstruktur beruht der von der Arbeitgeberin im Jahr 2008 mit [X.] abgeschlossene [X.], durch den ihre Betriebsstätten zu acht [X.] zusammengefasst worden sind. In diesen werden überwiegend Aufgaben für mehrere [X.] wahrgenommen, wobei die dort beschäftigten Arbeitnehmer jeweils nur für einen Bereich tätig sind.

4

Dazu werden die bei der Arbeitgeberin zentral eingehenden Kundenanrufe einem bundeseinheitlichen Erkennungsverfahren unterworfen („Routing“). Hierbei erkennt die technische Anlage anhand der Rufnummer, welcher der sieben [X.] die Anrufer zuzuordnen sind. Die Anrufe werden bereichsbezogen elektronisch bundesweit auf die Standorte nach der jeweilig verfügbaren Personalkapazität weitergeleitet. Eine Einsatzsteuerung registriert, welcher Kundenberater zum jeweiligen [X.]punkt frei ist und stellt die Verbindung zu dem Anrufer her. Das unternehmerische Ziel der Arbeitgeberin besteht darin, die telefonische Kundenanfrage bei dem Erstkontakt abschließend zu behandeln. Daneben gehört zu den Aufgaben der Kundenberater die Erledigung von schriftlichen Anfragen. Dieses Personaleinsatzkonzept liegt auch einer im August 2008 abgeschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung über eine bundesweit einheitliche Personaleinsatzplanung ([X.] eWFM) zugrunde. Deren Gegenstand ist die Einführung und Nutzung des IT-Systems „eWorkForceManagement“ (§ 2 Abs. 1 [X.] eWFM). In § 9 [X.] eWFM ist bestimmt:

        

„§ 9 Personaleinsatzplanung

        

(1)     

…       

        

(2)     

Im System eWFM werden alle geltenden Arbeitszeitmodelle abgebildet und entsprechend umgesetzt.

        

…       

        
        

(5)     

Bei Erstellung des personalisierten [X.] sind die betrieblichen Belange und die persönlichen Wünsche der Mitarbeiter gleichermaßen zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen.

        

…       

        
        

(8)     

Die Beteiligung des örtlichen PR gemäß [X.] ist insbesondere bei Schichtplänen sicherzustellen.“

5

Am 20. November 2009 beschloss eine Einigungsstelle gegen die Stimmen des [X.] eine Gesamtbetriebsvereinbarung über Schichtarbeit und Personaleinsatzplanung im operativen Kundengeschäft ([X.] Schichtarbeit). Zuvor hatte die Arbeitgeberin erfolglos Verhandlungen mit den regionalen [X.] über den Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung geführt. Die [X.] Schichtarbeit lautet:

        

„...   

        

§ 1 Geltungsbereich

        

Diese Vereinbarung gilt für alle Mitarbeiter der [X.], die in operativen Funktionen des Kundenservice im Sinne von Anlage 1 des ERTV überregional tätig sind. Überregionalität liegt vor, wenn die einheitliche zusammenhängende Arbeitsaufgabe in mehr als einem Betrieb im Sinne des jeweils gültigen [X.] der [X.] ausgeführt wird. Die in der Anlage bezeichneten Arbeitsaufgaben sind einheitlich zusammenhängend und werden derzeit in mehr als einem Betrieb ausgeübt. …

                 
        

§ 2 Grundsätze der Schichtplangestaltung

        

(1)     

Der Personaleinsatz bzw. die Schichten aller Mitarbeiter (Vollzeit und Teilzeitmitarbeiter) werden mit Hilfe eines unternehmenseinheitlichen Personaleinsatzplanungssystems geplant. Die Schichtplangestaltung erfolgt im Rahmen der jeweils geltenden systematischen Vorgaben der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Personaleinsatzplanungssystem. Das einheitliche Planungsverfahren ist das [X.]. Abweichungen vom [X.] für einzelne Mitarbeiter (z.B. Präferenzen, Dispozeit) sind in dieser [X.] geregelt.

                          
        

(2)     

Bei der Personaleinsatzplanung sind folgende Grundsätze zu beachten:

        

·       

…       

        

·       

die Schichtlänge (Arbeitszeit) kann bei Mitarbeitern in Vollzeit zwischen 5,5 und 9 Stunden betragen; sie soll möglichst 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit betragen;

        

·       

bei neu eingestellten Teilzeitmitarbeitern und von Vollzeit in Teilzeit wechselnden Mitarbeitern soll die Schichtlänge möglichst 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit betragen;

        

·       

bei Teilzeitbeschäftigten ist eine Mindestschichtlänge von 4 Stunden einzuhalten;

        

·       

…       

                 
        

§ 3 Einführung und Änderung von [X.]en

        

(1)     

Die [X.]e sind als Anlage zu dieser [X.] vereinbart. Jedes [X.] kann ohne dass es einer Kündigung der [X.] bedarf, mit einer Frist von drei Monaten gem. § 77 Abs. 5 [X.] gekündigt werden (Teilkündigung). …

        

(2)     

Die Einführung neuer, Änderung oder Streichung bestehender [X.]e auch bei nur anlassbezogener temporärer Änderung bedürfen der Zustimmung des [X.] (im Folgenden: [X.]). Für diese Modelle gilt Abs. 1 entsprechend.

        

...     

                 
        

§ 8 Arbeitszeitpräferenzen

        

(1)     

Grundsätzlich erfolgt die Planung bzw. der Einsatz der Mitarbeiter nach dem [X.] anhand des Forecasts. Im Ausnahmefall hat jeder Mitarbeiter die Möglichkeit, bei der Führungskraft eine Arbeitszeitpräferenz im Sinne von Absatz 2 zu beantragen. Eine Arbeitszeitpräferenz kann zu einer Anpassung des Schichteinsatzes unter Einhaltung des Schichtmodells im Übrigen führen („Mitlaufen im Schichtmodell“) oder zum Erfordernis eines individuellen vom [X.] abweichenden Schichtplans. …

        

(2)     

…       

        

(3)     

Über die Anerkennung bzw. Ablehnung von Mitarbeitereinträgen zu Arbeitszeitpräferenzen entscheiden Arbeitgeber und [X.] im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 [X.].

        

...     

        

§ 9 Rahmenregelung zur Erstellung personalisierter Schichtpläne

        

(1)     

[X.] wird mittels des Personaleinsatzplanungssystems für die zur Planung anstehende [X.] dem [X.] zugeleitet über einen Systemzugriff des [X.] auf das jeweilige Personalplanungssystem. Zum gleichen [X.]punkt erhalten die Mitarbeiter lesenden Zugriff auf ihren jeweiligen Schichtplan. …

        

(2)     

Allen betroffenen Mitarbeitern wird der personalisierte Schichtplan nach Zustimmung des [X.] bekannt gegeben (…) und gelangt für den geplanten [X.]raum zur Anwendung. Die Schichtpläne sind damit für den Mitarbeiter gültig (verbindliche Arbeitszeiten).

                 
        

§ 10 Bedarfsorientierte flexible Schichten

        

(1)     

In [X.]en können bedarfsorientierte flexible Schichten enthalten sein, bei denen ausschließlich die Arbeitstage und freien Tage definiert sind. Die im jeweiligen Rahmenmodell üblichen [X.] (z. B. Früh-, Mittel-, Spätschicht) und die [X.] sind bei den flexiblen Schichten nicht definiert.

                          
        

(2)     

In den personalisierten Schichtplänen werden die flexiblen Schichten in ihrer Lage ausgewiesen. Regelungen zu Ruhezeiten werden dabei berücksichtigt.

        

(3)     

Für jeden Mitarbeiter gilt, dass maximal 10% seiner Schichten flexible Schichten sein dürfen.“

6

Der vom Einigungsstellenvorsitzenden unterzeichnete [X.] wurde dem Gesamtbetriebsrat am 20. November 2009 zugestellt.

7

Mit einem am 4. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Gesamtbetriebsrat geltend gemacht, der Einigungsstellenspruch sei unwirksam, weil seine Zuständigkeit für die von der Einigungsstelle beschlossene Regelung nicht gegeben sei. Er sei personell nicht in der Lage, die nach der [X.] Schichtarbeit zu beurteilenden Arbeitszeitfragen zu bewältigen. Die in § 2 Abs. 2 Unterpunkt 4 [X.] Schichtarbeit getroffene Regelung über die Mindestdauer einer Schicht bei [X.] sei ebenso unwirksam wie die Bestimmung in § 10 [X.] Schichtarbeit über die bedarfsorientierten flexiblen Schichten.

8

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt,

        

        

den [X.] der Einigungsstelle zur Herbeiführung einer Betriebsvereinbarung über Schichtarbeit und Personaleinsatzplanung im operativen Kundenservice vom 20. November 2009 für unwirksam zu erklären.

9

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des [X.] entsprochen. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag weiter. Der [X.] hat in der [X.] die in den [X.] gebildeten Betriebsräte angehört.

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Der [X.] ist wirksam.

I. Die Vorinstanzen haben es rechtsfehlerhaft unterlassen, die durch Tarifvertrag errichteten Regionalbetriebsräte als Verfahrensbeteiligte anzuhören (§ 83 Abs. 3 ArbGG). Die vom Gesamtbetriebsrat begehrte Entscheidung kann auch deren betriebsverfassungsrechtliche Stellung betreffen. Ist der Hauptantrag begründet, weil es an der Zuständigkeit des [X.] fehlt, stünde zugleich fest, dass das im Streit stehende Mitbestimmungsrecht den örtlichen [X.] zusteht (vgl. [X.] 18. Mai 2010 - 1 [X.] - Rn. 9, [X.] [X.] 1972 § 50 Nr. 34 = EzA [X.] 2001 § 50 Nr. 8). Einer darauf gestützten Zurückverweisung bedarf es indes nicht. Der [X.] hat die unterbliebene Beteiligung nachgeholt und den [X.] Gelegenheit gegeben, sich zum Antrag des [X.] zu äußern.

II. Der Antrag ist zulässig, bedarf aber der Auslegung.

1. Der Gesamtbetriebsrat kann nicht - wie im Antrag formuliert - verlangen, den [X.] der Einigungsstelle für unwirksam zu erklären, denn eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit eines [X.] hat feststellende und nicht rechtsgestaltende Wirkung. Demgemäß ist nach der ständigen [X.]srechtsprechung die Feststellung der Unwirksamkeit des [X.]s zu beantragen (zuletzt [X.] 13. März 2012 - 1 [X.] - Rn. 10, [X.], 748). In diesem Sinne ist der Antrag des [X.] auch unter Berücksichtigung der zur Antragsauslegung heranzuziehenden Antragsbegründung und seinem sonstigen Vorbringen zu verstehen.

2. Der Antrag des [X.] bedarf auch hinsichtlich seines Umfangs der Klarstellung. Seine Formulierung könnte die Annahme nahe legen, der Gesamtbetriebsrat wolle nur die gänzliche Unwirksamkeit, nicht aber als ein Minus ggf. auch eine Teilunwirksamkeit der [X.] Schichtarbeit festgestellt wissen. Ein solches Verständnis würde dem Begehren des [X.] jedoch nicht gerecht. Zwar bringt dieser als [X.] gegen die Unwirksamkeit der [X.] Schichtarbeit seine fehlende Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 [X.] vor, die zur Unwirksamkeit des gesamten Regelungswerks führen würde. Daneben richten sich seine Angriffe aber auch gegen die in § 2 Abs. 2, § 10 [X.] Schichtarbeit enthaltenen Einzelregelungen, deren Rechtswidrigkeit jeweils für sich betrachtet nicht notwendig die Unwirksamkeit des gesamten [X.] zur Folge haben muss. Dieses Verständnis folgt aus dem in der Antragsschrift enthaltenen Vorbringen des [X.], wonach die ungenügende Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer dazu führe, dass die genannten Einzelregelungen für unwirksam zu erklären seien.

III. Der Antrag ist unbegründet. Der [X.] ist weder insgesamt noch in einzelnen seiner Bestimmungen unwirksam.

1. Der von der Einigungsstelle beschlossene Schichtrahmenplan war nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] mitbestimmungspflichtig.

a) Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Das Beteiligungsrecht erfasst nicht nur die Frage, ob im Betrieb in mehreren Schichten gearbeitet werden soll, sondern auch die Festlegung der zeitlichen Lage der einzelnen Schichten und die Abgrenzung des Personenkreises, der Schichtarbeit zu leisten hat. [X.] ist auch der Schichtplan und dessen nähere Ausgestaltung bis hin zur Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Schichten ([X.] 28. Mai 2002 - 1 [X.] - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.] [X.] 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 96 = EzA [X.] 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 65). Das Mitbestimmungsrecht wird nicht durch die Regelung über die Verringerung der Arbeitszeit in § 8 [X.] ausgeschlossen ([X.] 18. Februar 2003 - 9 [X.] - zu [X.] 2 a bb der Gründe, [X.]E 105, 107).

b) Danach unterfielen die Regelungen der [X.] Schichtarbeit dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Eine abschließende tarifliche Regelung über die Ausgestaltung der Schichtarbeit existiert nicht. Die im [X.] enthaltenen Bestimmungen über die Schichtplangestaltung, den Schichtrahmen, die Herausnahme aus der Schichtarbeit und den [X.] zwischen den Arbeitnehmern sind vom Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gedeckt. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

2. Der Gesamtbetriebsrat ist für die Regelung eines Schichtrahmenplans nach § 50 Abs. 1 Satz 1 [X.] zuständig.

a) Die Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem [X.] obliegt grundsätzlich dem von den Arbeitnehmern unmittelbar gewählten Betriebsrat. Dem Gesamtbetriebsrat ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur die Behandlung von Angelegenheiten zugewiesen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Erforderlich ist, dass es sich zum einen um eine mehrere Betriebe betreffende Angelegenheit handelt und zum anderen objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht. Das Vorliegen eines zwingenden Erfordernisses bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des [X.], der einer zu regelnden Angelegenheit zugrunde liegt ([X.] 15. Januar 2002 - 1 [X.] - zu [X.]I 3 a bb [2] der Gründe, [X.]E 100, 157; 16. Juni 1998 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 89, 139). Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Unternehmens und der einzelnen Betriebe. Allein der Wunsch des Arbeitgebers nach einer unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Regelung, sein Kosten- oder Koordinierungsinteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht, um in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zustimmung des [X.] zu begründen ([X.] 14. November 2006 - 1 [X.] - Rn. 22, [X.]E 120, 146).

b) In Unternehmen mit mehreren Betrieben sind im Bereich des § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] regelmäßig die Einzelbetriebsräte für die Regelung der davon erfassten Arbeitszeitfragen zuständig (vgl. [X.] 9. Dezember 2003 - 1 [X.] - zu [X.] 1 a der Gründe , [X.]E 109, 71). Dies kann allerdings anders zu beurteilen sein, wenn es an einer zu verteilenden betrieblichen Arbeitszeit fehlt. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] soll die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage der Arbeitszeit und damit zugleich ihrer freien [X.] für die Gestaltung ihres Privatlebens mit den betrieblichen Belangen des Arbeitgebers zu einem angemessenen Ausgleich bringen ([X.] 28. Mai 2002 - 1 [X.] - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.] [X.] 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 96 = EzA [X.] 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 65). Dessen betriebliche Interessen werden durch die im Betrieb zu erledigenden Aufgaben bestimmt. Diese richten sich grundsätzlich nach der vom Arbeitgeber getroffenen Organisationsentscheidung, durch die Art und Umfang der im Betrieb zu erledigenden Arbeiten festgelegt werden. Die Regelungsbefugnis des [X.] setzt aber regelmäßig voraus, dass die Arbeitszeit durch Arbeitsabläufe bestimmt wird, die sich nach den auf den Betrieb beschränkten Vorgaben des Arbeitgebers richten. Wird eine Dienstleistung vom Arbeitgeber in mehreren Betrieben erbracht, entfällt bei einer technisch-organisatorischen Verknüpfung der Arbeitsabläufe eine betriebliche Regelungsmöglichkeit. Die von den Betriebsparteien zu berücksichtigenden betrieblichen Belange betreffen sämtliche von der [X.] erfassten Betriebsstätten. Es fehlt an einer zu verteilenden betrieblichen Arbeitszeit iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Für die Regelung der Arbeitszeitfragen nach dieser Vorschrift ist dann der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 [X.] zuständig.

c) Nach diesen Grundsätzen besteht ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder jedenfalls betriebsübergreifende Regelung. Das [X.] hat bei seiner gegenteiligen Würdigung die bei der Arbeitgeberin bestehende Organisation bei der Bearbeitung der Kundenanfragen nicht hinreichend beachtet.

aa) Die von der [X.] Schichtarbeit erfassten Arbeitsabläufe betreffen das operative Geschäft der Arbeitgeberin. Dieses besteht in der Erbringung einer einheitlichen Dienstleistung. Die Arbeitgeberin bedient für konzernangehörige Gesellschaften telefonische und schriftliche Kundenanfragen. Mit dieser Tätigkeit sind die von der [X.] Schichtarbeit erfassten Arbeitnehmer ausschließlich befasst. Die Arbeitgeberin hat die bei ihrer Gründung bestehenden betrieblichen Strukturen aufgelöst und durch eine betriebsstättenübergreifende divisionale Organisation ersetzt. Diese orientiert sich an den [X.]. Den durch den [X.] gebildeten Betrieben sind im Bereich des operativen [X.] keine eigenständigen betriebsbezogenen Aufgaben zugewiesen. Die mit Kundenanfragen beschäftigten Arbeitnehmer nehmen ihre Tätigkeit ausschließlich entsprechend ihrer Zugehörigkeit zu dem jeweiligen Kundenbereich wahr. Eine durch betriebliche Arbeitsabläufe definierte Arbeitszeit besteht in den [X.] daher nicht.

bb) Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin in ihrem operativen Bereich für besondere Beratungsleistungen auch [X.] einsetzt, die nur in einem Regionalbetrieb vorhanden sind. Diese Besonderheit hat die Einigungsstelle ausreichend berücksichtigt. Der persönliche Geltungsbereich des [X.] beschränkt sich auf die Beschäftigten, die nach der in § 1 [X.] Schichtarbeit verwandten Definition in operativen Funktionen im Kundenservice überregional tätig sind. Überregionalität liegt danach vor, wenn die einheitliche zusammenhängende Arbeitsaufgabe in mehr als einem Betrieb iSd. jeweils gültigen [X.] ausgeführt wird. Für die Regelung der Arbeitszeitfragen der übrigen Beschäftigten bleibt es bei der Zuständigkeit des jeweiligen [X.].

3. Der [X.] ist nicht deshalb unwirksam, weil der Gesamtbetriebsrat nicht in der Lage ist, sein Mitbestimmungsrecht ordnungsgemäß auszuüben. Dies wäre dann anzunehmen, wenn die Einigungsstelle ein Verfahren für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] beschlossen hätte, bei deren Einhaltung es dem Betriebsrat unmöglich wäre, sein Beteiligungsrecht wahrzunehmen. Eine solche Regelung wäre gesetzwidrig. Die Mitbestimmung in [X.] Angelegenheiten dient dem Schutz der Arbeitnehmer durch gleichberechtigte Teilhabe an den sie betreffenden Angelegenheiten ([X.] 3. Dezember 1991 - [X.] 2/90 - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 69, 134). Diese Funktion erfüllt nur eine verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Beteiligungsrechts, die dem Betriebsrat die Wahrnehmung seines Schutzauftrags auch ermöglicht.

Die in der [X.] Schichtarbeit enthaltene Regelung über das Mitbestimmungsverfahren genügt diesen Anforderungen. Zwar mag die vom Gesamtbetriebsrat angeführte Bearbeitung der Anträge auf eine Arbeitszeitpräferenz (§ 9 [X.] Schichtarbeit) zu einer arbeitsmäßigen Belastung des für Arbeitszeitfragen zuständigen [X.]mitglieds führen, die es dem Gesamtbetriebsrat erheblich erschwert, seine Entscheidungen in angemessener [X.] zu treffen. Dies kann zu seinen Gunsten ebenso unterstellt werden wie die Tatsache, dass auch bei einer hiernach gebotenen Verteilung der Zuständigkeit für Arbeitszeitfragen auf andere [X.]mitglieder eine ordnungsgemäße Bearbeitung der Anträge nicht gewährleistet ist. Eine solche Belastung des Gremiums führte indes nicht zur Unwirksamkeit des [X.]. Der Gesamtbetriebsrat hat nach § 40 Abs. 2 [X.] Anspruch gegen die Arbeitgeberin auf die Überlassung von Büropersonal, soweit dies zur Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Von diesem Anspruch erfasst werden auch solche Hilfspersonen, die der Betriebsrat für die Vorbereitung und Abwicklung von Entscheidungen über die Wahrnehmung seiner Beteiligungsrechte benötigt. Dass der Gesamtbetriebsrat auch nach der Geltendmachung seines Überlassungsanspruchs aus § 40 Abs. 2 [X.] nicht in der Lage ist, über die ihm von der Arbeitgeberin zugeleiteten Anträge auf Anerkennung von Arbeitszeitpräferenz sachgerecht und innerhalb angemessener [X.] zu entscheiden, ist von diesem selbst nicht geltend gemacht worden.

4. Entgegen der Auffassung des [X.] hat der [X.] in § 2 Abs. 2 Unterpunkt 4, § 10 [X.] Schichtarbeit getroffenen Regelungen weder die gesetzlichen oder tariflichen Vorgaben missachtet noch die Grenzen des der Einigungsstelle zustehenden Ermessens überschritten.

a) Die Reglung in § 2 Abs. 2 Unterpunkt 4 [X.] Schichtarbeit verstößt weder gegen § 4 Abs. 1 [X.] noch gegen den [X.] bzw. -vorbehalt des § 77 Abs. 3 Satz 1, § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. [X.].

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Der vom Gesamtbetriebsrat geltend gemachte Verstoß gegen das in der Vorschrift enthaltene Diskriminierungsverbot von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern liegt nicht vor. Für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Geltungsbereich der [X.] Schichtarbeit gilt eine übereinstimmende Vorgabe über das Verhältnis der Schichtzeit zur regelmäßigen Arbeitszeit (§ 2 Abs. 2 Unterpunkt 3 [X.] Schichtarbeit). Anhaltspunkte für eine mittelbare Benachteiligung der Gruppe der nicht mit der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigten Arbeitnehmer fehlen.

bb) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein (§ 77 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] greift die in dieser Vorschrift enthaltene [X.] allerdings nicht ein, soweit es um Angelegenheiten geht, die nach § 87 Abs. 1 [X.] der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen ([X.] 3. Dezember 1991 - [X.] 2/90 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 69, 134; zuletzt [X.] 13. März 2012 - 1 [X.] 659/10 - Rn. 21). Dies ist vorliegend der Fall. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ermächtigt die Betriebsparteien, Festlegungen über die Dauer und Lage von Schichten zu treffen. § 2 Abs. 2 Unterpunkt 4 [X.] Schichtarbeit verstößt daher nicht gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 [X.]. Eine abschließende Reglung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. [X.] für die Verteilung der Arbeitszeit von [X.] auf die einzelnen Wochentage enthält der für die Arbeitgeberin geltende Tarifvertrag zur Förderung der Teilzeitarbeit vom 25. Juni 2007 gleichfalls nicht.

b) Die Einigungsstelle war nicht nach § 12 Abs. 2 [X.] zur Regelung einer Mindestankündigungsfrist für die Festsetzung von bedarfsorientierten flexiblen Schichten (§ 10 [X.] Schichtarbeit) verpflichtet. Es ist schon fraglich, ob die für [X.] geltende Vorschrift auch für andere Arbeitsverhältnisse entsprechend oder ihrem Rechtsgedanken nach heranzuziehen ist. Dies bedarf indes keiner Entscheidung. Die Einigungsstelle war nicht verpflichtet, bereits in dem von ihr beschlossenen Schichtrahmenplan eine Ankündigungsfrist für die Festlegung der genauen [X.] zu bestimmen. Eine solche Regelung kann entweder in abstrakter Form in den gesondert zu vereinbarenden [X.]en (§ 3 [X.] Schichtarbeit) oder konkret bei der Festlegung des personalisierten Schichtplans (§ 9 Abs. 4 [X.] eWFM) getroffen werden.

c) Dass die vom Gesamtbetriebsrat beanstandeten Regelungen unabhängig von den vorstehend behandelten Einwendungen auch wegen eines Ermessensfehlers (§ 76 Abs. 5 Satz 3 [X.]) unwirksam sind, ist weder ersichtlich noch von dem Gesamtbetriebsrat innerhalb der Frist des § 76 Abs. 5 Satz 4 [X.] geltend gemacht worden.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Hayen    

        

    [X.]    

                 

Meta

1 ABR 19/11

19.06.2012

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Bonn, 25. März 2010, Az: 3 BV 108/09, Beschluss

§ 50 Abs 1 BetrVG, § 87 Abs 1 Nr 2 BetrVG, § 40 Abs 2 BetrVG, § 77 Abs 3 S 1 BetrVG, § 4 Abs 1 TzBfG, § 8 TzBfG, § 83 Abs 3 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 19.06.2012, Az. 1 ABR 19/11 (REWIS RS 2012, 5523)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5523


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 ABR 19/11

Bundesarbeitsgericht, 1 ABR 19/11, 19.06.2012.


Az. 3 BV 108/09

Arbeitsgericht Bonn, 3 BV 108/09, 25.03.2010.


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10 TaBV 13/10 (Landesarbeitsgericht Hamm)


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