Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.01.2013, Az. 5 StR 606/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 9216

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Gegenstand

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Abgrenzung zwischen Beihilfe und Mittäterschaft bei Durchführung von Einkaufs- und Einfuhrfahrten auf Veranlassung eines allein im Umsatzgeschäft tätigen Hintermannes


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 21. August 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. [X.] ausgenommen sind die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, zu den einzelnen Einkaufs- und Einfuhrfahrten sowie zu den jeweiligen Mengen und Wirkstoffgehalten der Betäubungsmittel; diese bleiben bestehen. Insoweit wird die weitergehende Revision des Angeklagten nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil die Feststellungen ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht hinreichend belegen.

3

a) Ob die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu bewerten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer [X.] fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Tatbeitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen [X.] erscheint. Ob ein solches enges Verhältnis des [X.] besteht, ist nach den gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am [X.], der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein ([X.], Beschluss vom 25. April 2007 – 1 [X.], [X.], 531).

4

b) Zu der auf Grundlage der Feststellungen nach diesen Maßstäben erforderlichen Abgrenzung zwischen den Beteiligungsformen Mittäterschaft und Beihilfe verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Die Annahme von (Mit-) [X.]chaft am Handeltreiben versteht sich vorliegend auch nicht von selbst. Der Angeklagte hat zwar die Einkaufs- und Einfuhrfahrten – bis auf die erste Fahrt, bei der er von einem Tatbeteiligten eingewiesen worden ist – eigenständig und eigenverantwortlich durchgeführt und somit auch einen wesentlichen Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft erbracht. Am eigentlichen Umsatzgeschäft war er jedoch nicht beteiligt. Nach den Feststellungen bestimmte der anderweitig Verfolgte [X.]    mit seinem Lieferanten in [X.] telefonisch die Art und Menge der zu erwerbenden Betäubungsmittel, die er nach Übergabe durch den Angeklagten gewinnbringend weiterverkaufte, und entlohnte den Angeklagten für die jeweilige Fahrt. Dass der Angeklagte Einfluss auf die Art und Menge der Betäubungsmittel und auf die Frequenz der Einfuhrfahrten nehmen konnte, ist nicht festgestellt. Gleiches gilt für die Risikoverteilung bei Sicherstellung oder sonstigem Verlust der Betäubungsmittel oder des dem Angeklagten für deren Bezahlung von [X.]    überlassenen Geldes.

5

2. Dieser Rechtsfehler führt insgesamt – auch hinsichtlich der rechtsfehlerfrei angenommenen, jeweils tateinheitlich begangenen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – zur Aufhebung des Schuldspruchs. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass noch weitergehende Feststellungen getroffen werden können, die ein (mit-) täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten belegen würden. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, zu den einzelnen Einkaufs- und Einfuhrfahrten und zu den jeweiligen Mengen und Wirkstoffgehalten der Betäubungsmittel sind rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.

6

3. Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht dem gesamten Strafausspruch die Grundlage. Der [X.] weist indes darauf hin, dass er die Bedenken des [X.] gegen die Begründung der vom [X.] vorgenommenen Strafrahmenwahl und Strafzumessung im engeren Sinne nicht zu teilen vermag.

[X.]                          Raum                       Dölp

                   König                         [X.]

Meta

5 StR 606/12

08.01.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bautzen, 21. August 2012, Az: 1 KLs 350 Js 12901/11

§ 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 25 Abs 2 StGB, § 27 StGB, § 261 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.01.2013, Az. 5 StR 606/12 (REWIS RS 2013, 9216)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9216

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 640/18

5 StR 123/14

2 StR 604/12

5 StR 606/12

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