Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2000, Az. V ZR 399/99

V. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2116

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:26. Mai 2000K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:[X.]:[X.] §§ 117, 118, 313 Satz 1Ein Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 [X.] liegt nicht vor, wenn eine Vertragsparteiden notariellen Kaufvertrag selbst abgeschlossen hat und dabei die Abrede [X.] zum Abschluß eines Scheingeschäfts (hier: sog.Unterverbriefung) nicht kennt. Über eine Wissenszurechnung analog § 166 [X.] sich der fehlende Scheingeschäftswille nicht ersetzen.Das mißlungene Scheingeschäft ist auch dann nichtig, wenn hierüber eine notarielleUrkunde errichtet wurde.[X.], Urt. v. 26. Mai 2000 - [X.] - [X.] LG Magdeburg- 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 26. Mai 2000 durch [X.] [X.] und die [X.]. [X.], Tropf, [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Naumburg vom 26. Oktober 1999 wird auf Kosten [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Mit notariellem Vertrag vom 17. März 1994 erwarben die Kläger einenoch zu vermessende Teilfläche eines Grundstücks von 3.600 qm zum [X.] 43.200 DM. Die Rechte aus diesem Grundstückskaufvertrag traten sie [X.] vom 4. März 1995 an die [X.] ab. Als Kaufpreis wur-de ein Betrag von 43.200 DM beurkundet. Die [X.] zahlten hierauf10.000 DM.Die Kläger verlangen die Rückabwicklung des Vertrages. Dieser seinichtig, weil mit dem Verhandlungsführer der [X.] ein Preis von385.000 DM vereinbart worden sei. Auf sein Anraten sei jedoch nur ein [X.] 43.200 DM beurkundet worden, um die Folgen eines Weiterverkaufs zueinem höheren Preis innerhalb von zwei Jahren zu umgehen. Das [X.] -hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesge-richt diese Entscheidung abgeändert und der Klage stattgegeben. [X.] sich die - zugelassene - Revision der [X.]. Die Kläger beantragendie Zurückweisung des Rechtsmittels.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, der Vertrag sei nicht sittenwidrigoder als Scheingeschäft nichtig, weil die [X.] einen echten Geschäfts-willen gehabt hätten. Erklärungen ihres [X.] zum wirklich ge-wollten Kaufpreis von 385.000 DM seien den [X.] nicht zuzurechnen.Ebensowenig liege ein Dissens vor. Es handle sich zwar um den Fall eines ge-scheiterten Scheingeschäfts (§ 118 [X.]), jedoch dürften die Kläger sich hier-auf nicht berufen. Schließlich könnten die Kläger den Vertrag nicht wegen [X.] des [X.] anfechten, da nicht festzustellen sei, daß die [X.] von der Scheinbeurkundung des Kaufpreises in Höhe von 43.200 [X.] hätten.Die Kläger hätten den Vertrag jedoch wegen Irrtums wirksam angefoch-ten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, daß der Verhand-lungsbevollmächtigte der [X.] mit den Klägern vereinbart habe, der wirk-liche Preis solle statt des zu beurkundenden Betrages in Wahrheit 385.000 DMbetragen. Hiervon hätten die [X.] aber keine Kenntnis gehabt, so daß die- 4 -Kläger irrtümlich davon ausgegangen seien, dies entspräche auch dem wirkli-chen Geschäftswillen der [X.].II.Dies hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.1. Zu Recht verneint das Berufungsgericht ein Scheingeschäft. [X.] getroffenen Feststellungen wollten die [X.] den [X.], wie er tatsächlich beurkundet wurde, und mußten so auch die Vertragser-klärungen der Kläger verstehen. Damit fehlt es an dem in § 117 [X.] voraus-gesetzten tatsächlichen Konsens über die Simulation (vgl. [X.]/[X.], 3. Aufl. § 117 Rdn. 8).Auf die mit den Klägern getroffene Scheingeschäftsabrede des Ehe-manns der [X.] zu 1, dem die [X.] die [X.] haben, kommt es entgegen der von den [X.] ver-tretenen Auffassung nicht an.Eine unmittelbare Anwendung des § 166 Abs. 1 [X.] (vgl. hierzu Se-natsurt. v. 28. Januar 2000, [X.], [X.], 1405; Urt. v. 29. März2000, [X.], zur [X.] bestimmt) scheidet aus, weil die [X.] sich bei Vertragsschluß nicht von dem [X.] vertreten lassen. Aber auch wenn man den [X.] über § 166 Abs. 1[X.] analog, das Wissen ihres Verhandlungsgehilfen zurechnet (vgl. [X.]Z 55,307, 311 f.; [X.], Urt. v. 13. Februar 1989, [X.], [X.], 719, 721;- 5 -Senatsurt. v. 21. Februar 1992, [X.], NJW 1992, 1500; v. 24. Novem-ber 1995, [X.], [X.], 451), ändert dies nichts. Es geht im [X.] Zusammenhang nicht um eine Wissenszurechnung, sondern um dasbei Geschäftsabschluß unter den Beteiligten notwendige Einverständnis, nurden äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorzurufen, dessen Rechtswir-kungen aber nicht eintreten lassen zu wollen. Diese Willensübereinstimmung,die hinter der zum Schein abgegebenen Erklärung steht, ist ihrerseits nicht ei-ne selbständige rechtsgeschäftliche Willenserklärung (vgl. [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 117 Rdn. 2; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 117Rdn. 4; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 117 Rdn. 12), die einer Ausle-gung zugänglich wäre, sondern gehört zum Tatbestand des Scheingeschäfts(vgl. auch [X.], 33, 36). Für den Fall einer vom objektiven Erklärungsinhaltabweichenden Willensübereinstimmung, die der Auslegung vorgeht, hat [X.] bereits entschieden, daß das Verständnis des Verhandlungsbevoll-mächtigten nur insoweit von Bedeutung sein könne, als die abschließendeVertragspartei diese Vorstellungen selbst kannte (vgl. Senatsurt. v. 21. [X.], [X.], [X.], 857, 858). Nicht anders ist der vorliegende Fallzu beurteilen. Auch insoweit geht es um eine Willensübereinstimmung, nämlichzum Abschluß eines Scheingeschäfts. Dieser Wille muß bei den [X.] vorhanden sein und nur aus ihm ergibt sich wertungsmä-ßig die vom Gesetz festgelegte Nichtigkeitsfolge, weil eine Erklärung keinerechtsgeschäftliche Folgen haben kann, die die Handelnden übereinstimmendnicht wollen. Insoweit wird § 117 Abs. 1 [X.] auch als Konkretisierung der ne-gativen Kehrseite der Privatautonomie bezeichnet (vgl. MünchKomm/[X.],[X.], 3. Aufl., § 117 Rdn. 1). Daraus folgt, daß die notwendige Willensüberein-stimmung nicht über eine Wissenszurechnung ersetzt werden kann. Bei den[X.] aber fehlte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein- 6 -Scheingeschäftswille. Sie wollten den Vertrag mit dem beurkundeten Inhalt ab-schließen, weil - wovon das Berufungsgericht ausgeht - sie von der mit [X.] getroffenen Abrede keine Kenntnis hatten.2. Der Fall ist nach den Grundsätzen des mißlungenen Scheingeschäftszu beurteilen, das von § 118 [X.] erfaßt wird, wovon - im Ansatz zu Recht -auch das Berufungsgericht ausgeht ([X.], 204, 205; [X.] NJW-RR 1993, 1168, 1169; [X.]/[X.], 3. Aufl. § 118 Rdn. 8; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl. § 118 Rdn. 8). Nicht gefolgt werden kann dage-gen seiner auf die Rechtsprechung des [X.] ([X.], 204, 206)gestützten Auffassung, daß dem Erklärenden die Berufung auf die [X.] einem beurkundeten Vertrag verwehrt sei ([X.] aaO; [X.]/[X.], [X.], § 118 Rdn. 2; Soergel/[X.], [X.], 13. Aufl. § 118 Rdn. 8;[X.]/[X.], [X.], § 118 Rdn. 2). Der von dem [X.] zurBegründung seiner Ansicht herangezogene Gedanke von [X.] und [X.] eine Einzelfallbetrachtung, die hier das von dem Berufungsgericht fürrichtig gehaltene Ergebnis nicht rechtfertigt. Denn die nicht ernst gemeinte Er-klärung sollte hier anders, als es das [X.] in dem von ihm entschie-denen Fall angenommen hat, nicht zu Täuschungszwecken gegenüber den[X.] verwendet werden. Weder wollte der [X.] [X.] die Kläger, noch wollten die Kläger die [X.] durch [X.] zum Vertragsabschluß bestimmen. Auch die Beurkundungsfunktion des§ 313 [X.] und der Gedanke des [X.] bei notariellen Urkunden(vgl. [X.], aaO S. 1169) tragen die Auffassung des Berufungsge-richts nicht. § 313 Satz 1 [X.] verfolgt den Zweck, den Veräußerer und denErwerber von [X.] vor übereilten Verträgen zu bewahren undihnen reifliche Überlegungsfreiheit sowie sachkundige und unparteiische Be-- 7 -ratung durch den Notar zu gewähren (Warn- und Schutzfunktion) sowie [X.] der Vereinbarung klar und genau festzustellen und die Beweisführung zusichern (Beweis- und Gewährsfunktion; Senatsurt. v. 7. Oktober 1994,V [X.], NJW 1994, 3346, 3347). Diese Funktionen erstrecken sich [X.] auf die Frage, ob die zu beurkundenden Willenserklärungen [X.] sind. § 17 Abs. 2 BeurkG schreibt deswegen vor, daß bei Zweifeln, obdas Geschäft dem Gesetz oder dem wahren Willen der Beteiligten entspricht,die Bedenken mit den Beteiligten erörtert werden sollen. Das rechtfertigt abernicht, die Nichtigkeitsfolge des § 118 [X.] zu verneinen. Denn die Beurkun-dung schützt nicht davor, daß die Erklärungen der Parteien einen anderen In-halt haben können, als sich aus ihrem Wortlaut erschließt. Insbesondere ist esmöglich, daß eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung - ohne einen Be-lehrungsvermerk des Notars nach § 17 Abs. 2 BeurkG - beurkundet wird, weil§ 118 [X.] lediglich voraussetzt, daß der Erklärende subjektiv der Ansicht war,die mangelnde Ernstlichkeit werde erkannt werden, nicht dagegen auch, daßdie Nichternstlichkeit dem Empfänger oder dem Notar hat auffallen müssen([X.]/[X.], 3. Aufl., § 118 Rdn. 4; Soergel/[X.], [X.],13. Aufl., § 118 Rdn. 7). Auch die Anwendung der zur sog. falsa demonstratioentwickelten Grundsätze auf beurkundungspflichtige Rechtsgeschäfte (Senat,[X.]Z 87, 150) zeigt, daß es bei notariellen Urkunden keinen Verkehrsschutzdavor gibt, daß den beurkundeten Erklärungen ein anderer Inhalt [X.], als er sich aus dem Wortlaut erschließt. Deswegen ist es kein Wer-tungswiderspruch, wenn eine von dem Notar und dem Vertragspartner als sol-che nicht erkannte nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung nicht gelten soll(a.A. [X.] aaO). Das Vertrauen in die Gültigkeit der Erklärung wirdinsoweit allein durch § 122 [X.] geschützt.- 8 -3. Nach alledem ist der Vertrag gemäß § 118 [X.] nichtig, so daß es aufdie Frage, ob er wirksam angefochten wurde, nicht mehr ankommt. Die [X.] ist vielmehr mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.[X.][X.]Tropf[X.]Lemke

Meta

V ZR 399/99

26.05.2000

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.05.2000, Az. V ZR 399/99 (REWIS RS 2000, 2116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2116

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