Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2016, Az. StB 33/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 2601

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:101116BSTB33.16.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS

StB 33/16
vom
10. November 2016
in dem Strafverfahren
gegen

wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Beschwerdeführers und seiner Verteidiger am 10.
November 2016 gemäß § 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftbefehl des [X.] vom 21. September 2016 wird verwor-fen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
I.
Der Angeklagte wurde am 28. September 2016 aufgrund des Haftbe-fehls des [X.] vom 21. September 2016 (4 StE 1/16) in [X.] festgenommen und am 18. [X.]tober 2016 an die [X.] ausgeliefert. Seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft.
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der heranwachsende An-geklagte habe Ende Januar 2016 in [X.] von dem Vorhaben und der Aus-führung einer Straftat nach § 129a Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 [X.] i.V.m. § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 [X.] zu einer [X.], zu der die Ausführung noch habe [X.] werden können, glaubhaft erfahren und es unterlassen, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten (§ 138 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.], § 105 1
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JGG). In tatsächlicher Hinsicht wird ihm mit dem Haftbefehl Folgendes zur Last gelegt:
Der Angeklagte habe Ende Januar 2016 erfahren, dass die [X.] S.

in Absprache mit Verantwortlichen der ausländischen terroristi-schen Organisation "Islamischer Staat" (im Folgenden: [X.]) beabsichtigt habe, für die [X.] eine öffentlichkeitswirksame Gewalttat ge-gen die aus ihrer Sicht "[X.]" zu begehen. Er habe es unterlassen, in-soweit unverzüglich Anzeige bei einer Behörde zu erstatten. Durch eine Anzei-geerstattung hätte die Ausführung der von der Mitangeklagten geplanten Tat noch abgewendet werden können. Tatsächlich habe sie ihr Vorhaben am 26.
Februar 2016 umgesetzt, indem sie den im Hauptbahnhof [X.] Streife gehenden Polizeibeamten Ka.

mit einem Messer in den Hals gestochen habe, um ihn zu töten, seine Dienstwaffe an sich zu nehmen und damit auf wei-tere Personen zu schießen.
Wegen dieses Vorwurfs hat der [X.] unter dem 10.
August 2016 vor dem [X.] Anklage erhoben. Der 4.
Strafsenat des [X.] hat mit Beschluss vom 22. September 2016 die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die [X.] hat am 20. [X.]tober 2016 begonnen.
Mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 4. [X.]tober 2016 hat der [X.] eingelegt. Das [X.] hat der Beschwerde mit Beschluss vom 7. [X.]tober 2016 nicht abgeholfen. Der Gene-ralbundesanwalt hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

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II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Der Angeklagte ist der ihm zur Last gelegten Tat dringend verdächtig.
a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines
dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Die Mitangeklagte S.

identifizierte sich spätestens seit November 2015 mit den Gewalttaten des [X.] und befürwortete Terroranschläge auch
außerhalb von dessen Kerngebiet im [X.] und in [X.]. Im Januar 2016 reiste sie in die [X.], um sich von dort aus in das Gebiet des [X.] schleusen zu [X.] und sich der Organisation anzuschließen. Nachdem ihr von Mitgliedern des [X.] bedeutet worden war, dass es für die Organisation einen größeren Nutzen habe, wenn sie in [X.] eine öffentlichkeitswirksame Gewalttat zum Nachteil der "[X.]" verübe, nahm sie von ihrem ursprünglichen Vorha-ben Abstand und kehrte nach [X.] zurück, um hier einen Anschlag zu begehen. Sie plante seinerzeit, mittels einer Sprengstoffexplosion ein Selbst-mordattentat zu verüben, bei dem "Ungläubige" getötet werden sollten.
Darüber informierte sie den Angeklagten in [X.], mit dem sie wäh-rend ihres Aufenthalts in der [X.] in der [X.] vom 22. bis zum 26. Januar 2016 in [X.] stand. Sie hatte ihm schon im Hinblick darauf, dass ihr ihre Mutter nach [X.] nachgereist war, mitgeteilt, dass sie in [X.] eine Tat als "Märtyrerin" ausüben werde, falls sie dorthin zurück müsse. Im [X.] an ihre Absprache mit den Mitgliedern des [X.] setzte sie den Angeklag-ten sodann von ihrer "Planänderung" in Kenntnis, dass sie nicht mehr vorhabe, nach [X.] zu gehen, sondern "zu dem [X.]" zurückkom-6
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men werde. In [X.] werde es mit der Erlaubnis Gottes "richtig spaßig"; "[X.]hemieunterricht" sei "auch drin". Sie habe mit hochrangigen Mitgliedern des [X.] gesprochen. Diese hätten sie aufgefordert, nach [X.] zurückzukeh-ren, um "eine Überraschung für den [X.] zu machen". Dies habe für den [X.] einen größeren Nutzen. Der Angeklagte antwortete darauf: "[X.], gut, Du sollst auf Dich aufpassen".
Der Angeklagte, der wusste, warum die Mitangeklagte in die [X.] ge-reist war, und sie für ihren Mut bewunderte, nach [X.] zu gehen, um sich dem [X.] anzuschließen, nahm ihre Mitteilungen ernst. Er unterließ es, eine Poli-zeidienststelle oder eine andere Behörde davon in Kenntnis zu setzen.
Im [X.] an ihre Rückkehr nach [X.] stand die Mitange-klagte weiter in [X.] mit Mitgliedern des [X.]. In dessen Verlauf änderte sie ihre ursprüngliche Planung schließlich. Sie beabsichtigte nun, anstelle eines Sprengstoffattentats einen Polizeibeamten und damit einen Repräsentanten der [X.], die sie als ein Gebiet des Unglaubens
empfand, durch einen Messerstich in den Hals zu
töten, seine Dienstwaffe an sich zu nehmen und damit auf weitere "Ungläubige" zu schießen. Sie ging da-von aus, bei der Tat selbst verletzt oder getötet zu werden und so unter [X.] den "Märtyrertod" zu erleiden.
Um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, betrat die Mitangeklagte am 26.
Februar 2016 gegen 16.25 Uhr das Gebäude des [X.], wobei sie in einer Umhängetasche ein Gemüsemesser mit einer etwa 6 cm langen Klinge und ein Steakmesser mit einer 15 cm langen Klinge bei sich führ-te. Sie folgte den Bundespolizisten Ka.

und K.

, die im [X.] gingen. Als die Beamten sich gegen 17.00 Uhr am [X.] an einer Balustrade positionierten, blieb die Mitangeklagte einige Meter neben 11
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ihnen stehen und beobachtete
sie auffällig, um auf diese Weise eine Kontrolle zu provozieren. Nachdem der Polizeibeamte Ka.

auf die Mitangeklagte aufmerksam geworden war, kam er mit seinem Kollegen K.

überein, sie [X.] Personenkontrolle zu unterziehen. Beide gingen auf die Mitangeklagte zu und Ka.

fragte sie, ob alles in Ordnung sei und ob sie auf jemanden warte. Sodann bat er sie um ihren Ausweis, um ihre Personalien feststellen zu [X.]. Die Mitangeklagte fragte daraufhin nach dem Grund für die Kontrolle und überreichte Ka.

ein Schülerticket für den öffentlichen Personennahverkehr. Ka.

nahm das Ticket entgegen und wandte sich nach rechts von ihr ab, um es in Augenschein zu nehmen. In diesem Augenblick trat die Mitangeklagte für Ka.

völlig überraschend einen Schritt vor, holte mit der rechten Hand aus und stach ihm mit dem Gemüsemesser gezielt oberhalb der Schutzweste, die er deutlich erkennbar über seiner Dienstkleidung trug, in den hinteren Halsbe-reich. Sie nutzte dabei bewusst aus, dass er in diesem Moment mit keinem An-griff auf seine Person rechnete.
Unmittelbar nachdem die Mitangeklagte dem Polizeibeamten Ka.

den Stich versetzt hatte, wurde sie von dessen Kollegen K.

überwältigt, auf dem Boden fixiert und dadurch an der weiteren Verwirklichung ihres Vorhabens ge-hindert. Ka.

erlitt eine Stichverletzung im hinteren linken Halsbereich, die operativ versorgt werden musste und lebensbedrohlich war.
b) Der dringende Tatverdacht beruht im Wesentlichen auf Folgendem:
Die Mitangeklagte hat im Ermittlungsverfahren eingeräumt, dem Polizei-beamten Ka.

mit dem Messer in den Hals gestochen zu haben. Im Übrigen wird der [X.] durch die Angaben der Polizeibeamten Ka.

und K.

, die sichergestellten Videos der Überwachungskameras am [X.] sowie die sichergestellten Messer belegt.
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Die Motivation der Mitangeklagten ergibt sich aus diversen [X.]hatverläu-fen, die auf ihrem Mobiltelefon gespeichert waren. Daraus ist ersichtlich, dass sie sich spätestens seit November 2015 mit den Gewalttaten des [X.] [X.] und [X.] von dessen Kerngebiet befürwortete, im Januar 2016 in die [X.] reiste, um sich in [X.] dem [X.] anzuschließen, ihre Pläne nach Kontakten mit Mitgliedern des [X.] jedoch änderte und nach [X.] zurückkehrte, um nunmehr dort einen Anschlag auf die "[X.]" zu begehen. Ausweislich eines [X.]hats vom 24. Januar 2016 war ihr von "[X.] [X.]" gesagt worden, dass dies für die Organisation "einen grö-ßeren Nutzen" habe. Zudem liegen [X.] vor, die belegen, dass die Mitangeklagte unmittelbar vor der Tat in Kontakt mit [X.]-Mitgliedern stand und sich mit diesen über die Art der Tatausführung abstimmte; daraus geht insbe-sondere hervor, dass es der Mitangeklagten letztlich nicht mehr um
ein Sprengstoffattentat, sondern darum ging, für den [X.] einen Polizeibeamten als Repräsentanten des von ihr gehassten Landes der "[X.]" zu töten, um an seine Dienstwaffe zu gelangen und damit auf weitere "Ungläubige" zu schießen.
Die Auswertung des [X.]hat-Verkehrs zwischen dem Angeklagten und der Mitangeklagten in der [X.] vom 22. bis zum 26. Januar 2016 belegt, dass sie ihn von ihrem Vorhaben in Kenntnis setzte, im Auftrag von Mitgliedern des [X.] in [X.] eine "Märtyrertat" bzw. eine öffentlichkeitswirksame Gewalttat zum Nachteil von "[X.]" zu begehen. Der Umstand, dass sie in diesem Zu-sammenhang auch von "[X.]hemieunterricht" sprach, lässt darauf schließen, dass sie ursprünglich plante, ein Selbstmordattentat mittels einer Sprengstoffexplosi-on zu verüben, bei dem "Ungläubige" getötet werden sollten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der den dringenden Tatverdacht be-gründenden Umstände wird auf die Ausführungen in dem Haftbefehl sowie der Anklageschrift und die dort in Bezug genommenen Beweismittel verwiesen.
c) Der Senat lässt offen, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat als Nichtanzeige einer geplanten Straftat im Sinne des § 138 Abs. 2 Satz 1 Nr.
2 [X.] anzusehen ist (so auch schon Beschluss vom 22. September 2016
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AK 47/16 -
Strafsache gegen die Mitangeklagte S.

).
Dies kann dahinstehen, weil sich das Verhalten des Angeklagten [X.] mit hoher Wahrscheinlichkeit als Nichtanzeige einer Straftat im Sinne von § 138 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 8 [X.] darstellt, und zwar eines Mordes (§ 211 [X.]) bzw. einer gemeingefährlichen Straftat in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 3 [X.]. Nach Lage der Dinge plante die Mitangeklagte zunächst, in [X.] mittels einer Sprengstoffexplosion ein Selbstmordattentat zu be-gehen, bei dem andere Menschen aus niedrigen Beweggründen heimtückisch und mit einem gemeingefährlichen Mittel getötet werden sollten. Das hatte sie dem Angeklagten durch ihre Mitteilungen, in [X.] eine [X.] Gewalttat gegen "Ungläubige" verüben zu wollen, die sich als "Märty-rertat" darstellen und bei der "auch [X.]hemieunterricht drin" sein solle, auch un-missverständlich zu verstehen gegeben.
Bei dem von der Mitangeklagten geplanten [X.] es sich um ein "Vorhaben" im Sinne
des § 138 Abs. 1 [X.]. Dieses Merkmal setzt das Vorhandensein eines ernsthaften Tatplans voraus ([X.], Urteil vom 29. Juni 1976 -
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StR 237/76, juris Rn. 31). Erforderlich ist in der Regel, dass der Täter seine Absicht auf bestimmte Personen oder Ziele konkretisiert und auch die Art seines geplanten Vorgehens wenigstens in Grundzügen
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bereits festgelegt hat (vgl. LK/Hanack, [X.], 12.
Aufl., § 138 Rn. 6; MüKo[X.]/[X.], 2. Aufl., § 138 Rn. 9; S/[X.], [X.], 29.
Aufl., § 138 Rn. 4). Hier war die Mitangeklagte ernsthaft entschlossen,
einen Sprengstoffanschlag zu begehen, bei dem beliebige "Ungläubige" getötet werden sollten. Damit waren zumindest die Grundzüge ihres Vorgehens schon festgelegt. Unerheblich ist, dass naturgemäß noch offen war, welche Personen konkret zu Schaden kommen sollten.
Der Angeklagte erfuhr zu einer [X.] von dem Vorhaben der [X.]n, zu der die Ausführung der Tat noch abgewendet werden konnte. Er [X.] es jedoch, Anzeige bei einer Polizeidienststelle oder einer anderen [X.] zu erstatten.
d) Die Zuständigkeit des [X.]s und damit auch diejeni-ge des [X.] folgt aus § 120 Abs. 1 Nr. 7, § 142a Abs. 1 Satz 1 [X.]. Das Verfahren gegen den Angeklagten hat die Nichtanzeige einer Straftat nach §
138 des Strafgesetzbuches zum Gegenstand und die [X.] betrifft eine Straftat, die zur Zuständigkeit der [X.]e gehört. Das ergibt sich aus §
120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.]: Die Mitangeklagte plante seinerzeit, durch einen Sprengstoffanschlag Morde (§ 211 [X.]) zu begehen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des [X.] und damit einer ausländischen Vereinigung standen, deren Zweck oder Tätigkeit die Begehung von Straftaten dieser Art zum Gegenstand hat. Die Übernahme der Strafverfolgung durch den [X.] war wegen der besonderen Bedeutung des Falles ge-rechtfertigt.
An die Annahme der besonderen Bedeutung im Sinne des § 120 [X.] sind mit Blick auf die in der Übernahme der Strafverfolgung durch den Gene-ralbundesanwalt liegenden Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 23
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GG) und des Eingriffs in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwi-schen Bund und Ländern (vgl. Art. 96 Abs. 5 GG) strenge Anforderungen zu stellen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 13. Januar 2009 -
AK 20/08, [X.]St 53, 128, 140 f.; vom 15. [X.]tober 2013 -
StB 16/13, juris Rn. 26). Eine Katalogtat des § 120 Abs. 2 Satz 1 [X.] kann selbst dann, wenn sie nach Schwere oder Umfang erhebliches Unrecht verwirklicht und daher staatliche Sicherheitsinte-ressen in besonderer Weise beeinträchtigt, nicht allein aus diesem Grund die Zuständigkeit des [X.]s sowie des [X.] be-gründen. Bei der erforderlichen Gesamtwürdigung sind neben dem [X.] Schuld-
und Unrechtsgehalt auch die konkreten Auswirkungen für die [X.] und ihr Erscheinungsbild gegenüber [X.] mit gleichen Wertvorstellungen in den Blick zu nehmen. Auch ist zu beachten, welche Signalwirkung von der Tat für potentielle Nachahmer ausgeht ([X.], Beschluss vom 20. Dezember 2007 -
StB 12, 13 und 47/07, [X.], 146, 147).
Daran gemessen ist eine besondere Bedeutung des Falles zu bejahen. Die Mitangeklagte hatte dem Angeklagten zu verstehen gegeben, einen Sprengstoffanschlag zu planen, bei dem
"Ungläubige" getötet werden sollten. Sie war zuvor in die [X.] gereist, um sich von dort aus nach [X.] schleusen zu lassen und im "Kalifat" des [X.] zu leben, und hatte dieses Vorhaben auf An-raten von Mitgliedern des [X.] aufgegeben, um in [X.] einen Anschlag zu begehen. Die geplante Tat war von ihrer radikal-islamistischen Grundhaltung getragen. Straftaten von Personen mit diesem Hintergrund haben in den letzten Jahren in der gesamten Bevölkerung Aufsehen, aber auch Verunsicherung hervorgerufen und
zu einem allgemeinen Gefühl der Bedrohung geführt.
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2. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Wenngleich § 138 Abs. 1 [X.] die Nichtanzeige einer Straftat im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren bedroht, hat
der Angeklagte im Falle seiner Verurteilung mit einer nicht unerheblichen Jugend-
oder Freiheitsstrafe zu rechnen. Dem daraus resultierenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichen-den fluchthindernden Umstände entgegen. Der Angeklagte verfügt derzeit über keinen festen Wohnsitz und hielt sich zuletzt nur noch gelegentlich in der [X.] in [X.] auf, unter deren Anschrift er früher gemeldet war und in der er gemeinsam mit seiner Mutter gelebt hatte.
Es liegen zudem Anhaltspunkte vor, die darauf hindeuten, dass der An-geklagte nach [X.] ausreisen wollte, um sich dem Strafverfahren zu entzie-hen, nachdem ihm am 10. August 2016 die Anklageschrift zugestellt worden war. So übernachtete er im September 2016 einige Tage lang in den [X.] einer Moschee
in Hildesheim, bei der es sich den bislang vorliegenden Erkenntnissen zufolge um einen Treffpunkt von Personen handelt, die nach [X.] ausreisen wollen. Am 16. September 2016 fuhr er nach [X.] und traf sich dort mit einer Person namens

[X.].

. [X.].

beabsichtigte, mit einem Pkw in die [X.] zu reisen. Der Kontakt war durch eine [X.] vermittelt worden. [X.].

und der Angeklagte fuhren sodann gemeinsam in die [X.], dem Angeklagten wurde indes die Einreise verweigert, sodass er in [X.] zurückbleiben musste. Während seiner Reise stand der Angeklagte telefonisch sowie mittels eines [X.]hats in Kontakt mit einer Person, die ihn er-mahnte, seine Handydaten zu löschen und einen verschlüsselten [X.]hat zu nut-zen, was der Angeklagte auch tat.
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Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers legen diese Umstände, insbesondere sein konspiratives Verhalten während seiner Reise in die [X.], vor dem Hintergrund seiner früher mit der Mitangeklagten über eine Ausreise nach [X.] geführten Gespräche die Annahme nahe, dass er sich dem Straf-verfahren durch eine Ausreise nach [X.] entziehen wollte. Der Umstand, dass der Angeklagte seiner Auslieferung nach [X.] schließlich nicht mehr widersprochen hat, führt im Gegensatz zu der Auffassung des [X.] zu keiner anderen Beurteilung.
In Anbetracht dessen ist zu befürchten, dass der Angeklagte sich, sollte er in Freiheit gelangen, dem Strafverfahren entziehen wird.
Weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 StPO sind aus den oben genannten Gründen nicht erfolgversprechend.
3. Schließlich steht die Fortdauer der Untersuchungshaft auch unter Be-rücksichtigung der in [X.] erlittenen Freiheitsentziehung nicht außer Verhältnis zu der Schwere der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat und der im Falle der Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
[X.] Gericke Tiemann

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Meta

StB 33/16

10.11.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2016, Az. StB 33/16 (REWIS RS 2016, 2601)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2601

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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