Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.05.2017, Az. 2 B 20/16

2. Senat | REWIS RS 2017, 11668

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gründe

1

1. [X.]er Beklagte ist Polizeimeister (Besoldungsgruppe [X.]) im [X.]ienst des [X.]. [X.]urch im Jahre 2006 rechtskräftig gewordenen Strafbefehl des [X.] wurde der Beklagte wegen eines besonders schweren Fall des Betrugs in vier Fällen sowie eines Betrugsversuchs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im sachgleichen [X.]isziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht auf die im Jahre 2012 erhobene [X.] hin den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. [X.]ie Berufung des Beklagten beim Oberverwaltungsgericht ist erfolglos geblieben.

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Nach den vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegten Feststellungen des Strafbefehls hat der Beklagte mit 5 Beihilfeanträgen 28 fingierte Rechnungen bei seiner Beihilfestelle eingereicht, die zur Erstattung in Höhe von über 6 000 € führten. [X.]as Oberverwaltungsgericht wertete dies als schwerwiegendes einheitliches innerdienstliches [X.]ienstvergehen durch Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten. Bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Gesichtspunkte habe der Beklagte das Vertrauen des [X.]ienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren und sei aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

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2. [X.]ie Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

4

[X.]ie von der Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,

"wie die erforderliche und damit gebotene [X.]isziplinarmaßnahme nach einem [X.]ienstvergehen zu bestimmen ist, insbesondere welche Maßnahme bei einem Betrug des Beamten zu Lasten seines [X.]ienstherrn geboten ist und in welchem Umfange Milderungsgesichtspunkte dem entgegenzustellen sind",

"ob eine 'Wertgrenze' im Falle des Betruges eines Beamten zu Lasten seines [X.]ienstherrn von 5 000 € weiterhin angemessen ist, um ohne Hinzutreten von weiteren Erschwernisgründen eine solche Beeinträchtigung des erforderlichen Vertrauens in den Beamten anzunehmen, dass dieser aus dem [X.]ienst entfernt werden muss",

"ab welcher Zahl von [X.] in solchen Fällen von einem im disziplinarrechtlichen Sinne schwerwiegenden Betrug ausgegangen werden muss, dies unter Beachtung der 'üblichen' Anzahl von [X.] in vergleichbaren Fällen",

"in welchem Maße die Stellung als [X.] ohne weiteres als [X.] angenommen werden kann",

"ob die - anstandslose und überobligatorische - Schadenswiedergutmachung als 'bloße Erfüllung der Rechtspflicht zum Schadensausgleich' als [X.] außen vor bleiben kann"

und

"in welchem Umfang subjektive Tatbestandsmerkmale des Betruges im Sinne von § 263 StGB (...) von Motivationslagen abzugrenzen sind",

sind - soweit sie in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden können und im vorliegenden Fall entscheidungserheblich sind - in der Rechtsprechung des [X.] geklärt und bedürfen keiner erneuten Prüfung in einem Revisionsverfahren.

5

[X.]er Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - [X.]E 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - NVwZ 2014, 1174 Rn. 9).

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a) Welche [X.]isziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 und 2 [X.] NRW, § 13 Abs. 1 [X.] nach der Schwere des [X.]ienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das [X.]ienstvergehen herbeigeführten [X.]. [X.]anach müssen die sich aus diesen Normen ergebenden Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. [X.]ie gegen den Beamten ausgesprochene [X.]isziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des [X.]ienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. [X.]abei ist die Schwere des [X.]ienstvergehens [X.] für die Bestimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme. [X.]ies bedeutet, dass das festgestellte [X.]ienstvergehen nach seiner Schwere einer gesetzlich vorgesehenen [X.]isziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. [X.]avon ausgehend kommt es für die Bestimmung der [X.]isziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten und zum Umfang der [X.] im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist. [X.]eshalb dürfen die nach der Schwere des [X.]ienstvergehens angezeigten Regeleinstufungen nicht schematisch angewandt werden. Je schwerwiegender das [X.]ienstvergehen oder die mit ihm einhergehende [X.] ist, umso gewichtiger müssen die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergebenden mildernden Umstände sein, um gleichwohl eine andere Maßnahme zu rechtfertigen. Umgekehrt können Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere [X.] die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen, obwohl diese Maßnahme nach der Schwere des [X.]ienstvergehens für sich genommen nicht indiziert ist. Maßstab ist hierbei, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen könnte, wenn ihr das [X.]ienstvergehen einschließlich der be- und entlastenden Umstände bekannt würde (stRspr, vgl. nur [X.], Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]E 147, 229 Rn. 13 ff. m.w.[X.]).

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Betrügerisches Verhalten zum Nachteil des [X.]ienstherrn kann in vielfältigen Erscheinungsformen auftreten. [X.]ie Variationsbreite, in der Pflichtverletzungen dieser Art denkbar sind, erfordert die Würdigung der jeweiligen besonderen Einzelfallumstände.

8

In [X.] zum Nachteil des [X.]ienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem [X.]ienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen, stehen (stRspr, vgl. nur [X.], Urteile vom 28. November 2000 - 1 [X.] 56.99 - [X.] 232 § 54 Satz 2 [X.] Nr. 23 S. 7, vom 26. September 2001 - 1 [X.] 32.00 - [X.] 232 § 77 [X.] Nr. 18 S. 9 und Beschluss vom 10. September 2010 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 14 Rn. 8). Auch aus der jüngeren Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem [X.]ienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann ([X.], Beschlüsse vom 10. September 2010 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 14 Rn. 8, vom 20. [X.]ezember 2011 - 2 [X.] - juris Rn. 12 und vom 6. Mai 2015 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 31 Rn. 11). [X.]ie Höhe des Gesamtschadens ist danach ein Erschwerungsgrund neben anderen.

9

[X.]ie in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe führen regelmäßig zu einer [X.]isziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des [X.]ienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn, es liegen gegenläufige belastende Umstände vor ([X.], Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 [X.] 16.10 - [X.]E 140, 185 Rn. 37 ff. und vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]E 147, 229 Rn. 26 für den [X.] der tätigen Reue durch [X.] oder durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens vor Entdeckung). Ein Aspekt des Persönlichkeitsbildes ist die tätige Reue, wie sie durch die [X.] oder die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt. Eine erst nach Entdeckung erfolgte Schadenswiedergutmachung ist im Rahmen der Bemessungsentscheidung - wie hier geschehen (vgl. das Berufungsurteil, S. 16 f.) - darauf zu überprüfen, ob sie in einer Gesamtschau - d.h. zusammen mit weiteren für den Beamten sprechenden Aspekten - zu einer Milderung der Maßnahme führen kann.

Bei einem außerdienstlichen Verhalten eines Beamten hängt die Frage, ob das für das Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, maßgeblich von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung und davon ab, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem ([X.] hat. In diesem Sinne haben außerdienstlich begangene Straftaten einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten. Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit - insbesondere auch für schutzbedürftige Personen - eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung (vgl. [X.], Urteile vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 22 und vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 50.13 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 39 Rn. 35; [X.], [X.] vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - [X.]K 13, 205 <209> für Staatsanwälte). Bei innerdienstlichen Pflichtverletzungen wirkt sich die Stellung als Polizeibeamter erschwerend aus, wenn sie unter Ausnutzung der dienstlichen Stellung begangen werden. [X.]enn [X.]ienstherr, Öffentlichkeit und betroffene Bürger müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz unbedingt verlassen können (vgl. [X.], Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 [X.] 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16, vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - [X.]E 146, 98 Rn. 36 und vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]E 147, 229 Rn. 20).

b) [X.]ie von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen sind - soweit sie in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden können und entscheidungserheblich sind - geklärt. [X.]ie Beschwerde hat nicht aufgezeigt, inwieweit weiterer Klärungsbedarf zu dieser Rechtsprechung besteht. Mit dem Beschwerdevorbringen wird der Sache nach nur die Bemessungsentscheidung angegriffen, d.h. die Entscheidung, ob angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls ein endgültiger Verlust des Vertrauens des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 [X.] NRW gegeben ist. Angriffspunkt ist also die Richtigkeit der Bemessungsentscheidung des [X.] im konkreten Einzelfall. [X.]ie Bemessung der [X.]isziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 13 [X.] NRW bzw. § 13 [X.] unter Berücksichtigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung aber nicht zugänglich und kann deshalb nicht Gegenstand einer Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sein (stRspr, vgl. zuletzt [X.], Beschlüsse vom 15. Juni 2016 - 2 B 49.15 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 36 Rn. 13 und vom 28. [X.]ezember 2016 - 2 B 67.16 - juris Rn. 7).

Im Übrigen ist das Berufungsgericht auf der Grundlage der höchstrichterlich geklärten Rechtsprechung insbesondere zutreffend davon ausgegangen, dass auch die Motivlage, die den Beamten zu den nachgewiesenen Pflichtverstößen veranlasst hat, ein bemessungsrelevanter Umstand ist. Ursache und Motiv für das [X.]ienstvergehen müssen aufgeklärt und bei der Bemessungsentscheidung berücksichtigt werden ([X.], Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 [X.] 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 18 und vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - [X.]E 146, 98 Rn. 39).

Hiervon ausgehend hat auch das Berufungsgericht im Streitfall erkannt, dass ein fremdnütziges Verhalten oder das Fehlen materiell-egoistischer Motive durchaus ein Gesichtspunkt ist, der bei der Bemessung einer [X.]isziplinarmaßnahme zu Gunsten des Beamten zu berücksichtigen ist und ggf. zu einer milderen Maßnahme führen kann (stRspr, vgl. nur [X.], Urteile vom 23. September 1987 - 1 [X.] 16.87 - [X.]E 83, 327 <330> und vom 24. November 1999 - 1 [X.] 68.98 - [X.] 235 § 18 B[X.]O Nr. 1 S. 3, jeweils m.w.[X.]). [X.]ies entspricht auch der strafgerichtlichen Rechtsprechung zur Bemessung einer Kriminalstrafe (vgl. [X.], Urteile vom 12. September 1995 - 1 [X.] - juris Rn. 6 und vom 23. Mai 2002 - 1 [X.] - [X.]St 47, 295 <305> = juris Rn. 39 f.).

3. Auch die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht begründet.

[X.]ie Beschwerde rügt als Verstoß gegen die verfahrensfehlerfreie richterliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass die Annahme im Berufungsurteil, es sei nicht auszuschließen, dass der Beklagte zumindest auch deshalb die Betrugshandlungen unternommen habe, um sich die Zuneigung seiner damaligen Freundin und heutigen Ehefrau zu erhalten und zu vertiefen, keine Grundlage in der Beweisaufnahme des [X.] habe und deshalb eine bloße Mutmaßung sei.

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. [X.]ie Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des [X.] nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. [X.] ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. [X.]erartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also beispielsweise entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. [X.]ie Einhaltung der verfahrensmäßigen Verpflichtungen des [X.]s ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. [X.]ie Beweiswürdigung des [X.]s darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen. Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz hat jedoch dann den [X.]harakter eines Verfahrensfehlers, wenn das [X.] allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt (stRspr, vgl. zuletzt [X.], Beschluss vom 8. Februar 2017 - 2 B 2.16 - juris Rn. 15 m.w.[X.]).

Einen solchen Verstoß zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf.

Nach der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Beklagte dort durch seinen Prozessbevollmächtigten u.a. vorgetragen, dass seine damalige Freundin mit ihrer deutlich sichtbaren Akne-Erkrankung nicht gut habe umgehen können; ihm sei es darum gegangen, ihr zu helfen. Er habe sich nie Gedanken darum gemacht, welchen Schaden er durch [X.] anrichte. Wie diese Motivation zu bewerten sei, habe das Gericht zu entscheiden; das Strafgericht habe den Fremdnutz seines Verhaltens jedenfalls anerkannt.

Angesichts dieser Einlassung ist der Vorwurf der Beschwerde, die Bemessungserwägungen des [X.] mit der Annahme einer nicht nur fremdnützigen Motivlage beruhten auf einer nicht durch Tatsachenfeststellungen gestützten "unzulässigen Vermutung", unberechtigt. Bei der Feststellung subjektiver (innerer) Tatbestandsmerkmale liegt es in der Natur der Sache, dass das [X.] seine Überzeugung, ob diese vorliegen und welcher Art sie sind, aus äußeren Umständen und Aussagen der betroffenen Person gewinnen muss und bisweilen nur aus Schlussfolgerungen ziehen kann, denen bereits ein Element der Würdigung innewohnt. [X.]abei kann auch die vom Berufungsgericht ausdrücklich für sich in Anspruch genommene "lebensnahe Betrachtung" eine Rolle spielen. Letztere ist ein wesentliches, revisionsgerichtlich nicht zu beanstandendes Element tatrichterlicher Würdigung.

Von daher ist es im Streitfall nicht verfahrensfehlerhaft, wenn das Berufungsurteil die (Liebes-)Beziehung des Beklagten zu seiner damaligen Freundin und heutigen Ehefrau - erstens - als "schlüssige Erklärung" dafür anführt, warum der Beklagte sich überhaupt auf den Abrechnungsbetrug eingelassen hat, und - zweitens - wegen dieser festgestellten Beziehung es "bei lebensnaher Betrachtung" ausschließt, dass es dem Beklagten nicht zumindest auch um Erhalt und ggf. Verstärkung der Zuneigung seiner (damaligen) Freundin ging. [X.]enn dass diese Beziehung gelitten hätte, wenn er sich dem Ansinnen seiner Freundin widersetzt hätte, und dass der Beklagte dies vermeiden wollte, dürfte in der Tat eine "lebensnahe" Wertung sein. [X.]ass das Berufungsgericht darin ein (auch) eigennütziges Motiv gesehen hat mit der Folge, dass die (auch von ihm anerkannte) hauptsächliche Fremdnützigkeit der Tat die Schwere des [X.]ienstvergehens nicht (wesentlich) aufwiege ([X.], 1. Absatz a.E.), verlässt daher nicht den Rahmen revisionsgerichtlich zu achtender tatrichterlicher Würdigung.

4. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 [X.] NRW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren streitwertunabhängig Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 [X.] NRW erhoben werden.

Meta

2 B 20/16

02.05.2017

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. Dezember 2015, Az: 3d A 1180/13.O, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.05.2017, Az. 2 B 20/16 (REWIS RS 2017, 11668)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11668

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Wird zitiert von

24 ZB 17.1883

W 9 K 17.817

M 19L DK 21.3728

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