Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.08.2015, Az. NotZ (Brfg) 6/14

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2015, 6270

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

[X.]([X.]) 6/14

vom

24. August 2015

in der
verwaltungsrechtlichen
Notarsache

hier:
Anhörungsrüge

-

2

-

Der
Senat für Notarsachen
des [X.]s hat am
24. August 2015
durch den Vorsitzenden [X.],
den [X.] Wöstmann
und den [X.] Prof.
Dr.
Radtke sowie die Notare Müller-Eising
und Dr. [X.]

beschlossen:

Die [X.] des [X.] gegen den Vorsitzenden [X.] am [X.], den [X.] am [X.] Prof. Dr.
Radtke und den Notar Dr. [X.] werden verwor-fen.

Die Anhörungsrüge des [X.] vom 9. März 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Der Senat kann in seiner nach dem senatsinternen [X.] vorgesehenen Besetzung unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] am [X.], des [X.]s am [X.] Prof.
Dr. Radtke und des Notars Dr.
[X.] entscheiden, obwohl der Kläger die vor-stehend genannten [X.] in seiner Anhörungsrüge wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Der Einholung vorheriger dienstlicher Erklärungen der abgelehnten [X.] gemäß §
111d Satz 2 [X.], §
54 Abs.
1 VwGO iVm
§
44 Abs.
3 ZPO bedurfte es nicht.
1.
Nach der Rechtsprechung des [X.] kann im Verwaltungsprozess bei Wahrung der Verfassungsgarantie des Art.
101 Abs.
1 1
2
-

3

-

Satz
2 GG unter strengen Voraussetzungen ein abgelehnter [X.] über ein ohne vorherige Durchführung des Verfahrens aus §
54 Abs.
1 VwGO iVm
§§
44 f. ZPO entscheiden ([X.], 72, 78 mwN; [X.], Beschluss vom 11.
März 2013

1 BvR 2853/11 Rn.
28

30). Im Verwaltungsprozess wie auch im Zivil-
und Strafprozess (siehe §
26a StPO) gerät in solchen Fällen unzulässi-ger [X.] die Beteiligung des abgelehnten [X.]s mit Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG nicht in Konflikt, weil die Prüfung keine Beurteilung des eige-nen Verhaltens voraussetzt und deshalb keine Entscheidung in eigener Sache erfolgt (vgl. [X.], 72, 79; [X.], Beschluss vom 11.
März 2013

1 BvR 2853/11 Rn.
30). Die Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs als unzu-lässig unter Mitwirkung des abgelehnten [X.]s kommt regelmäßig allerdings nur dann in Betracht, wenn das Ablehnungsgesuch für sich allein

ohne jede weitere Aktenkenntnis

offenkundig eine Ablehnung nicht zu begründen [X.] ([X.], Beschluss vom 11.
März 2013

1 BvR 2853/11 Rn.
30). Ist eine über die bloß formale Prüfung hinausgehende inhaltliche Bewertung erforder-lich, würde sich der [X.] unter Beteiligung des abgelehnten [X.]s erfolgende Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs als unzulässig kommt dann nicht in Betracht (vgl. [X.]K 11, 434, 442; [X.], 72, 79 f.; [X.], Beschluss vom 11.
März 2013

1
BvR 2853/11 Rn.
30 aE).
2.
Ein Ablehnungsgesuch ist dann unzulässig, wenn dieses erst nach dem Abschluss der Instanz erfolgt (vgl. für das finanzgerichtliche Verfahren [X.], 20, 21; für den Zivilprozess [X.] in [X.] Kommentar zur ZPO, 4.
Aufl., [X.], §
44 Rn.
4 mwN). Für das Strafverfahren hat das Bundes-verfassungsgericht bereits entschieden, dass bei aufgrund einer Hauptverhand-lung ergehenden Entscheidungen das Erlöschen des Ablehnungsrechts nach dem letzten Wort des Angeklagten (§
25 Abs.
2 Satz
2 StPO)

also sogar noch 3
-

4

-

vor dem Ergehen der die Instanz abschließenden gerichtlichen Entscheidung

verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
Mai 2007

2 BvR 2655/06, [X.], 709, 710 Rn.
4). Ebenso wenig bestehen verfas-sungsrechtliche Bedenken gegen die im Strafverfahrensrecht außerhalb der Geltung von §
25 Abs.
2 Satz
2 StPO allgemein vertretene Ansicht, das Recht der [X.]ablehnung spätestens mit dem Erlass der Entscheidung entfallen zu lassen ([X.] aaO Rn.
5 mit zahlr. Nachw.). Entscheidet das Gericht, wie et-wa das Revisionsgericht in Strafsachen gemäß §
349 Abs.
2 StPO, ohne Hauptverhandlung durch Beschluss, gebietet die Verfassung nicht, das Ableh-nungsrecht noch nach dem Ergehen
der fraglichen Entscheidung zu gewähren ([X.] aaO Rn.
7; siehe auch [X.], 2.
Aufl., §
25 Rn.
8a und 8a.1).
Nach Maßgabe dieser verfassungsrechtlichen Grundsätze erweist sich auch ein nach Erlass der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der [X.] gemäß §
111d Satz
2 [X.] iVm §
124a Abs.
4 VwGO angebrachtes Ablehnungsgesuch als unzulässig. Mit dieser Entscheidung wird die Instanz vollständig abgeschlossen, das erstinstanzliche Urteil wird rechtskräftig (§
124a Abs.
5 Satz
4 VwGO). Das [X.] hat in Bezug auf die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß §
544 Abs.
2 ZPO im Zivilprozess ausge-führt, dass es sich bei dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde um eine letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung handele ([X.], Beschluss vom 8.
Dezember 2012

1
BvR 1382/10, NJW 2011, 1497 Rn.
12). Die Anhörungsrüge gemäß §
321a ZPO eröffnet als außerordentlicher Rechtsbehelf keine weitere Instanz ([X.] aaO NJW 2011, 1497, 1498 Rn.
20).
Für den Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß §
124a Abs.
4 VwGO durch das Oberverwaltungsgericht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das 4
5
-

5

-

für die hier vorliegende verwaltungsrechtliche Notarsache (§
111 [X.]) maß-geblich ist (§
111d Satz
2 [X.]), gilt nichts anderes. Wie die Nichtzulas-sungsbeschwerde gemäß §
544 Abs.
2 ZPO kann der die Zulassung [X.] Beschluss nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten wer-den (siehe §
124a Abs.
5 Satz
4 VwGO; BeckOK-VwGO/[X.] §
124a Rn.
87 mwN). Die statthafte Anhörungsrüge gemäß §
152a VwGO (zur Statthaftigkeit BVerwG, Beschluss vom 16.
Juli 2013

1 BvR 3057/11, [X.], 3506, 3507) eröffnet ebenfalls keine weitere Instanz.
Das Recht der Ablehnung der mit der Entscheidung über den [X.] befassten [X.] endete dementsprechend mit dem Ergehen des Beschlusses vom 24.
November 2014, durch den die Instanz und das [X.] insgesamt vollständig abgeschlossen wurden. Eine Befangenheit in Bezug auf das [X.] wurde nicht geltend gemacht. Die [X.] gegen den Vorsitzenden [X.], den [X.] Prof. Dr.
Radtke sowie den Notar Dr.
[X.] sind damit unzulässig. Einer inhaltlichen Befassung mit den Gesuchen bedurfte es nicht, so dass Art.
101 Abs.
1 Satz
1 GG der Mitwirkung der Vorgenannten nicht entgegensteht.
3.
Über die [X.] musste nicht durch gesonderten [X.] entschieden werden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3.
Juli 2014

[X.]/14 und [X.]/14 Rn.
5 mwN bzgl. §
51 Abs.
1 FGO iVm §
42 Abs.
1 ZPO).

II.
Die zulässige Anhörungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg. Der [X.] des Senats vom 24. November 2014 verletzt das Recht des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art.
103 Abs.
1 GG nicht.

6
7
8
-

6

-

1.
Die Gerichte sind nach Art.
103 Abs.
1 GG zwar verpflichtet, das [X.] der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG wird jedoch nicht dadurch begründet, dass der Senat die Rechtsauffassung des [X.] nicht teilt (vgl. [X.]E 64, 1, 12). Auch gewährt Art.
103 Abs.
1 GG keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (st. Rspr., vgl. [X.]E 21, 191, 194; 70, 288, 294). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis ge-nommen und in Erwägung gezogen hat (st. Rspr., siehe nur [X.], Beschluss vom 24.
Februar 2009

1 BvR 189/09 Rn.
9). Das Gericht braucht nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden ([X.]E 96, 205, 216
f.). Dementsprechend sieht die Vorschrift
in § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 [X.] vor, dass der Beschluss über den Zulassungsantrag nur kurz begründet werden soll.

2.
Gemessen an diesem Maßstab ist eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch den angegriffenen Senatsbeschluss nicht festzustellen.

a)
Der Senat hat insbesondere das Vorbringen des [X.] über die

von ihm auf die angenommene Verfassungswidrigkeit von §
111 [X.] ge-stützte

vermeintliche Unzuständigkeit des [X.] und des [X.] berücksichtigt und sich damit auseinandergesetzt. Er hat
unter Bezugnahme auf die Ausführungen des [X.] in seinem Zulassungsantrag dargelegt, warum es keiner Vorabentscheidung über den Rechtsweg gemäß §
17a Abs.
3 Satz
2 GVG bedurfte. Anders als in dem von dem Kläger ebenfalls betriebenen, bei dem Senat unter dem Aktenzeichen [X.]([X.]) 12/14 geführ-9
10
11
-

7

-

ten Verfahren war von ihm vorliegend keine Vorabentscheidung begehrt wor-den.
b)
Im Hinblick auf den [X.] aus §
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO (iVm §
111d Satz
2 [X.]) hat der Senat sich auch mit den diversen [X.]n des [X.] gegen [X.] des Notarsenats des [X.] umfassend beschäftigt. Wie sich sowohl aus dem Zulassungsantrag als auch der Anhörungsrüge ergibt, führt der Kläger nach wie vor die geltend ge-machte Befangenheit der betroffenen [X.] der Sache nach allein auf die Zu-gehörigkeit zu dem Gericht zurück, dessen Präsident Beklagter in den von dem Kläger betriebenen Verfahren ist. Wie der Senat mehrfach entschieden hat, re-sultiert daraus keine Befangenheit.
c)
Zudem hat sich
der Senat auch mit den Ausführungen des [X.] zu den Voraussetzungen des §
50 Abs.
1 Nr.
8 [X.] auseinandergesetzt und dargelegt, warum an der Richtigkeit des Urteils des [X.] auch unter Berücksichtigung der Entwicklungen seit der vorläufigen Amtsenthebung des [X.] keine ernstlichen Zweifel bestehen (§
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO iVm
12
13
-

8

-

§
111d Satz 2 [X.]). Dass er die Rechtsauffassung des [X.] nicht teilt, stellt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) dar.
[X.] Wöstmann Radtke

Müller-Eising [X.]
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 03.03.2014 -
Not 4/13 -

Meta

NotZ (Brfg) 6/14

24.08.2015

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.08.2015, Az. NotZ (Brfg) 6/14 (REWIS RS 2015, 6270)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 6270

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

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Zitiert

1 BvR 2853/11

1 BvR 3057/11

V S 13/14

V S 15/14

1 BvR 2011/10

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