Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2009, Az. IV ZR 160/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3913

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am:

22. April 2009

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: ja [X.]R: ja [X.] § 67 Abs. 2 a.F. § 67 Abs. 2 [X.] a.F. ist analog auch auf Partner einer nichtehelichen Lebensge-meinschaft anwendbar.
[X.], Urteil vom 22. April 2009 - [X.]/07 - [X.]

LG Halle
- 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], [X.], [X.] und die [X.] [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2009 für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivil-senats des [X.] vom 15. März 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz im [X.] nach § 67 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. 1 [X.](im Folgenden: Versicherungsnehmer) hielt bei der Klägerin eine Kfz-Vollversicherung (Vollkasko) für einen geleas-ten Pkw, der bei einem von der Beklagten als Fahrerin verursachten [X.] einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Im Unfallzeitpunkt stand der Pkw im Eigentum des Leasingunternehmens. Leasingnehmerin und als Halterin eingetragen war eine GmbH, deren Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der Versicherungsnehmer war. Diese GmbH 2 - 3 -

hatte den Pkw dem Versicherungsnehmer zur geschäftlichen und priva-ten Nutzung überlassen. Auf Grund des [X.] zahlte die Klägerin nach rechtskräftiger Verurteilung an den Versicherungsnehmer einen Betrag von 15.906,90 • und nimmt die Beklagte nun in derselben Höhe in [X.].
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe den Unfall grob fahrlässig verursacht. Sowohl dem Versicherungsnehmer als auch dem Leasingunternehmen hätten deswegen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zugestanden, die nach geleisteter Zahlung auf sie, die Klä-gerin, gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. übergegangen seien. 3 Die Beklagte meint, ein Anspruchsübergang sei nach § 67 Abs. 2 [X.] a.F. ausgeschlossen, weil sie als Familienangehörige des [X.], ihres Lebensgefährten, angesehen oder zumindest wie eine solche behandelt werden müsse. Sie beruft sich darauf, dass sie und der Versicherungsnehmer seit Jahren einen gemeinsamen Haus-stand führen und ein 1999 geborenes gemeinsames Kind haben, das sie gemeinsam aufziehen. Im Einzelnen behauptet die Beklagte, sie lebe mit dem Versicherungsnehmer bereits seit dem [X.] nichtehelich zu-sammen und übe das Sorgerecht für das Kind mit ihm gemeinsam aus. Der Lebensunterhalt werde seit Begründung der nichtehelichen [X.] gemeinschaftlich aus ihren beiden Einkommen bestritten, ohne dass eine Trennung der erwirtschafteten Mittel vorgenommen [X.]. Ein gemeinsam errichtetes Eigenheim sei von beiden gemeinsam fi-nanziert worden und werde aus den gemeinschaftlichen Einkünften ab-bezahlt. Sie und der Versicherungsnehmer hätten sich gegenseitig zu Al-leinerben eingesetzt und Vorsorgevollmachten erteilt. Der [X.] - 4 -

rungsnehmer habe sie im Rahmen seiner privaten Altersvorsorge als al-leinige Bezugsberechtigte eingesetzt.
Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin begehrt mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision die [X.] des landgerichtlichen Urteils. 5 Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochte-nen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsge-richt. 6 [X.] Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der Beklagten der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, und ob dem Leasingunter-nehmen oder dem Versicherungsnehmer Ansprüche gegen die Beklagte zustanden ([X.], 1405). Die Klägerin könne die Beklagte schon deswegen nicht in [X.] nehmen, weil diese als Partnerin einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft, deren tatsächliche Voraussetzungen un-streitig vorlägen, zumindest in analoger Anwendung des § 67 Abs. 2 [X.] a.F. wie eine Familienangehörige des Versicherungsnehmers zu behandeln sei. Da auch eine häusliche [X.] bestanden und die Beklagte den Verkehrsunfall nicht vorsätzlich herbeigeführt habe, sei der Übergang eventuell bestehender Ansprüche ausgeschlossen. 7 - 5 -

8 I[X.] Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht vollständig stand. Zwar geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass nichteheli-che Lebensgemeinschaften in analoger Anwendung des § 67 Abs. 2 [X.] a.F. einen Ausschluss des Forderungsübergangs begründen können. Vom Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwischen der Beklagten und dem Versicherungsnehmer durfte das Berufungsgericht indes nicht ohne Beweisaufnahme ausgehen.
1. § 67 Abs. 2 [X.] a.F. ist analog auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anwendbar; sie stehen insoweit "Familienangehöri-gen" im Sinne dieser Vorschrift gleich. 9 a) Ein einheitlicher Inhalt des Begriffs "Familienangehöriger" lässt sich aus der Gesetzessprache nicht herleiten. Er ist deshalb für jede Re-gelung mit Blick auf deren Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs zu ermitteln ([X.]Z 121, 116, 119; 102, 257, 259, jeweils m.w.[X.]). Sinn und Zweck der Vorschrift des § 67 Abs. 2 [X.] a.F. ist es, zu verhindern, dass der Versicherungsnehmer - oder der Versicherte - auf dem Umweg über einen Rückgriff gegen den in häusli-cher [X.] lebenden Familienangehörigen selbst wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen wird ([X.]surteile vom 5. März 2008 - [X.] - [X.], 634 [X.]. 9; vom 27. Oktober 1993 - [X.] - [X.], 85 unter [X.], jeweils m.w.[X.]). Darüber hinaus soll im Inte-resse des häuslichen Familienfriedens verhindert werden, dass Streitig-keiten über die Verantwortung von [X.] gegen Famili-enangehörige ausgetragen werden ([X.]Z 102, 257, 259). Der Begriff des Familienangehörigen i.S. des § 67 Abs. 2 [X.] a.F. ist daher nicht auf Eheleute, Verwandte oder Verschwägerte im Rechtssinn beschränkt. Er kann auch Personen umfassen, die ohne familienrechtliche [X.] - 6 -

dung, sei es aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder auch rein tatsäch-lich, mit anderen in einer Weise zusammenleben, die einem Familienver-band ähnlich ist und daher wegen der damit verbundenen wirtschaftli-chen Zusammengehörigkeit den Schutz des § 67 Abs. 2 [X.] a.F. erfor-dern ([X.], Urteil vom 15. Januar 1980 - [X.] - [X.], 526 unter [X.]).
b) Die Frage, ob § 67 Abs. 2 [X.] a.F. auch Partner einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft erfassen kann, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. 11 [X.]) In dem vorgenannten Urteil hat der [X.] dies noch ausdrücklich offen gelassen ([X.]O unter I[X.] [X.]). Mit Urteil vom 1. Dezember 1987 hat er eine Erstreckung des [X.] des § 116 Abs. 6 [X.] auf die Partner einer eheähnlichen [X.] ausdrücklich abgelehnt, da eine solche Ausdehnung dieser Vor-schrift in der praktischen Rechtsanwendung zu Unsicherheiten führen würde, die wegen des nicht nur in der Privatversicherung, sondern auch in der Sozialversicherung besonders großen Bedürfnisses nach Bere-chenbarkeit und leicht feststellbaren, typisierenden und pauschalieren-den Tatbeständen nicht hinnehmbar erschienen. Zwar möchten Sach-gründe ausreichen, eine analoge Anwendung des [X.] auf die Lebensgemeinschaft von [X.] und Frau etwa wegen herausgehobe-ner Ähnlichkeit mit einer ehelichen Lebensgemeinschaft zu begrenzen. Dabei wäre aber eine Eingrenzung auf solche Lebensgemeinschaften geboten, die bereits eine gewisse Verfestigung gefunden hätten, die sich insbesondere in dem Grad der Verknüpfung der Lebenssphären beider Partner und ihrer Anlage auf Dauer ausdrücke. Selbst wenn sich hierfür sachangemessene Maßstäbe finden ließen, müssten diese derart der [X.] - 7 -

[X.] individuellen, konkreten Lebensgestaltung verbunden sein, dass die hier notwendige typisierende und pauschalierende Ausgrenzung nicht möglich wäre. Abgesehen davon, dass die Betroffenen hierdurch zu [X.] gezwungen würden, die ihren Eigenbereich - wenn nicht sogar ihre Intimsphäre - berühren würden, wäre der Beweiswert ihrer Bekundungen angesichts der Konfliktsituation, in der sie sich befänden, in besonderem Maße fragwürdig ([X.]Z 102, 257, 263 f.).
Dagegen hat der [X.] die analoge Anwendung ande-rer Vorschriften auf Partner einer eheähnlichen (Lebens-)[X.] bejaht, so für das [X.] nach § 569a [X.] ([X.]Z 121, 116, 121 ff.), die Ersatzzustellung nach § 181 Abs. 1 ZPO a.F. ([X.]Z 111, 1, 3 ff.) und das Recht des Inhabers eines dinglichen Wohnrechts zur [X.] nach § 1093 Abs. 2 BGB ([X.]Z 84, 36, 38 ff.). Die Anwendung der Miteigentumsvermutung des § 1362 Abs. 1 Satz 1 BGB auf nichteheliche Lebensgemeinschaften hat er indes verneint ([X.]Z 170, 187 [X.]. 11 ff.). 13 bb) In der [X.] nach Erlass des Urteils des [X.]s vom 1. Dezember 1987 ([X.]O) hat das [X.] wieder-holt zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften Stellung genommen ([X.] 112, 50; 106, 166; 87, 234; 82, 6) und dabei bestätigt, dass insbesondere Art. 6 Abs. 1 GG einer Einbeziehung der Partner in den Schutzbereich von Vorschriften, die den Schutz der "Familie" [X.], nicht entgegenstehe ([X.] 82, 6, 15). Vielmehr könne wegen Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit Art. 6 Abs. 1 GG eine Gleichbehandlung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Ehep[X.]ren sogar geboten sein ([X.] 112, 50, 67 ff.; 106, 166, 176 ff.). Eine begriffliche Konkretisie-rung erhielt die "eheähnliche [X.]" dabei als eine Lebensge-14 - 8 -

meinschaft im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft zwischen einem [X.] und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch Bindungen [X.], die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander be-gründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirt-schaftsgemeinschaft hinausgehen. Dies lasse sich anhand von Indizien feststellen, wie etwa die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versor-gung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen ([X.] 87, 234, 264 f.). Dieses Verständnis der eheähnlichen [X.] hat sich durchgesetzt (vgl. etwa [X.]Z 121, 116, 124; BVerwGE 98, 195; [X.], 125, 127), in neuerer [X.] aller-dings unter der Bezeichnung "nichtehelich geführte Lebensgemeinschaft" ([X.]Z 176, 262 [X.]. 25; [X.], Urteil vom 31. Oktober 2007 - [X.]/04 - NJW 2008, 443 [X.]. 14). [X.]) In der Rechtsprechung der [X.]e wurde eine Er-weiterung des Schutzes des § 67 Abs. 2 [X.] a.F. auf nichteheliche [X.]en bislang überwiegend abgelehnt (vgl. [X.], 1381 ff.; [X.] 1999, 470, 471 und [X.], 1513; [X.] 1998, 1163, 1164 und [X.], 561 f.; [X.] VersR 1991, 1237; [X.] NJW-RR 1988, 34 f.; [X.], 669). In einigen Entscheidungen aus jüngerer [X.] ist der Schutzbereich des § 67 Abs. 2 [X.] auf nichteheliche [X.]en - zumindest solche mit Kindern - erweitert worden ([X.], 839, 840 f.; mit entsprechender Ten-denz auch [X.], 694, 695 zu § 116 Abs. 6 [X.]; zuvor bereits LG Potsdam [X.], 93 f.; [X.], 158 f.; [X.] FamRZ 1982, 65). Der [X.] 15 - 9 -

[X.] hat nichteheliche Lebensgemeinschaften - bestehend aus zwei Per-sonen verschiedenen Geschlechts, die eine in wirtschaftlicher Hinsicht gleich einer Ehe eingerichtete [X.] bilden - dagegen schon vor längerer [X.] in den Schutzbereich der inhaltsgleichen öster-reichischen Vorschrift miteinbezogen ([X.], 830, 831).
[X.]) Auch das Schrifttum spricht sich inzwischen überwiegend für eine solche Einbeziehung aus (Prölss/[X.], [X.] 27. Aufl. § 67 [X.]. 37; [X.]/[X.] [2007] [X.] zu §§ 1297 ff. [X.]. 255; [X.]/[X.] [2000] [X.]. zu §§ 1297 ff. [X.]. 226; [X.]/ [X.] 4. Aufl. Nach § 1302 [X.]. 25; [X.], [X.], 280 f. [[X.]er-kung zum Berufungsurteil]; [X.], [X.], 57 ff. und [X.], 668, 669; [X.], [X.] 2/2008 [X.]. 5 unter [X.]; [X.], [X.], 2, 4 ff. sowie bereits [X.], 289, 292 ff. und [X.] 1988, 139, 168 ff.; [X.], [X.] 2007, 4 f.; [X.], JA 2002, 829, 831; [X.], [X.], 329, 331 f.; [X.], [X.], 337, 339 f.; Kohte, [X.], 89, 92 ff.; [X.], [X.] 1989, 40, 41 f. und [X.], 743 ff; [X.], NJW 1988, 1093 f. zu § 116 Abs. 6 [X.]: [X.] in von [X.], [X.]. § 116 [X.]. 35; Schmalz in [X.], [X.]. § 116 [X.]. 35; a.A.: [X.]/[X.]heid, [X.] 2. Aufl. § 67 [X.]. 51; Stiefel/[X.], [X.]fahrtversicherung 17. Aufl. [X.] § 67 [X.]. 52; [X.], EWiR 1988, 503 f.; [X.], [X.], 1327 f. und [X.], 394 ff.; [X.], [X.], 1, 4 ff.; Gotthart, [X.], 17 ff.; zu § 116 Abs. 6 [X.]: [X.] in Geigel, [X.] 24. Aufl. 30. Kapitel [X.]. 78; Pickel, [X.] [April 1995] § 116 [X.] [X.]. 71). Eine Einbeziehung empfohlen haben auch der 57. [X.] (Beschlüsse abgedruckt in NJW 1988, 2998 unter I[X.]5b, zu § 116 Abs. 6 [X.]) und der 45. [X.] 2007 (Empfehlung Nr. 1 des [X.]). 16 - 10 -

17 c) Mit dem Berufungsgericht und dem überwiegenden Teil des neueren Schrifttums hält der [X.] eine Erstreckung des Schutzbereichs des § 67 Abs. 2 [X.] auf Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften, wie sie durch die genannte Rechtsprechung (insbesondere [X.] 87, 234, 264 f.) konkretisiert wurden, in den Schutzbereich des § 67 Abs. 2 [X.] a.F. für sowohl zulässig als auch geboten. Die Vorschrift ist inso-fern inhaltsgleich mit § 116 Abs. 6 Satz 1 [X.] (vgl. [X.]Z 102, 257, 259; [X.], Urteil vom 15. Januar 1980 - [X.] - [X.], 526 unter [X.]). Der für die Entscheidung [X.]Z 102, 257 tragenden Auffas-sung, nichtehelichen Lebensgemeinschaften das [X.] wegen Abgrenzungs- und Beweisschwierigkeiten versagen zu müssen, schließt sich der [X.] nicht an. Der für die Auslegung des § 116 Abs. 6 [X.] primär zuständige V[X.] Zivilsenat hat auf Anfrage erklärt, daran ebenfalls nicht mehr festhalten zu wollen. [X.]) [X.] kann, ob Partner einer nichtehelichen Lebensge-meinschaft schon im Wortsinne als Familienangehörige begriffen werden können (ebenso [X.]Z 84, 36, 38; dies verneinend [X.]Z 121, 116, 119; 111, 1, 4 f.; 102, 257, 261). Die Vergleichbarkeit der Schutzwürdigkeit [X.] zumindest eine analoge Anwendung. In einer nichtehelichen [X.], für die gemeinsame Mittelaufbringung und Mittelver-wendung prägende Merkmale sind, trifft die Inanspruchnahme des Part-ners den Versicherungsnehmer wirtschaftlich nicht minder als in einer Ehe. Der häusliche Friede zwischen Partnern nichtehelicher Lebensge-meinschaften kann durch zwischen diesen auszutragende Streitigkeiten über die Verantwortung für [X.] in gleicher Weise ge-stört werden wie bei Ehegatten. Eine - im Wege der Analogie auszufül-lende - Gesetzeslücke ist hier anzunehmen, weil der historische [X.] - 11 -

geber des [X.] im Jahr 1908 nicht vorhersehen konnte, in welchem Aus-maß nichteheliche Lebensgemeinschaften in späteren [X.]en praktiziert und weithin respektiert werden würden (vgl. [X.]Z [X.]O). Die tatsächliche und rechtliche Entwicklung hat die ursprünglich vollständige Regelung lückenhaft, ergänzungsbedürftig und zugleich ergänzungsfähig werden lassen (vgl. [X.] 82, 6, 12). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 116 Abs. 6 [X.] im Jahr 1983 die Frage der Einbeziehung eheähnlicher [X.]en sehen-den Auges nicht aufgegriffen hat, obwohl die diesbezügliche [X.] und juristische Problematik zu diesem [X.]punkt bereits in der Diskussion war (vgl. [X.]Z 102, 257, 261 f.). [X.] Rückschlüsse, die für oder gegen eine Einbeziehung sprächen, lassen sich diesem Schweigen nicht entnehmen, weshalb jedenfalls die Möglichkeit einer analogen Anwendung offen blieb (ebenso [X.]Z [X.]O S. 262). Der Ge-setzgeber des im Jahre 2008 in [X.] getretenen [X.] hat durch die Streichung des Erfordernisses der Familienangehörigkeit in § 86 Abs. 3 [X.] n.F. zum Ausdruck gebracht, dass insoweit eine Änderung geboten war; die Beschränkung auf Familienangehörige in häuslicher Gemein-schaft entspreche nicht mehr den heutigen gesellschaftlichen Verhältnis-sen (BT-Drucks. 16/3945 S. 82).
bb) [X.] Recht, insbesondere Art. 6 Abs. 1 GG, steht [X.] Einbeziehung nicht entgegen. Der Institutionsschutz von Ehe und Fa-milie verpflichtet nicht dazu, nichtehelichen Lebensgemeinschaften [X.] rechtliche Anerkennung zu versagen und sie - etwa durch [X.] ihrer materiellen Grundlagen - zu bekämpfen (vgl. [X.] 82, 6, 15; 9, 20, 34 f.). 19 - 12 -

20 Die [X.], die für die Entscheidung [X.]Z 102, 259 noch ausschlaggebend waren, können mit Blick auf die Recht-sprechung des [X.]s und die weite Akzeptanz des darin herausgearbeiteten Begriffs der nichtehelichen [X.] als ausgeräumt betrachtet werden. Zumindest [X.]en dieser Art verdienen auch den Schutz des § 67 Abs. 2 [X.] a.F.. [X.]en, die die Privatsphäre der Beteiligten wesentlich stärker berühren könnten als etwa bei der Prüfung des Bestehens einer häusli-chen [X.], sind nicht erforderlich. Wie auch in anderen Fallges-taltungen, in denen Zeugen ein eigenes Interesse an der Entscheidung des Rechtsstreits haben können, ist hinzunehmen, dass der Beweiswert etwa der Angaben des Partners wegen einer möglichen Konfliktsituation zweifelhaft sein kann. Dem ist im Rahmen der tatrichterlichen Überzeu-gungsbildung gemäß § 286 ZPO entsprechend Rechnung zu tragen. 2. Die Voraussetzungen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft durfte das Berufungsgericht nach dem Streitstand allerdings nicht als gegeben erachten. 21 a) Das Berufungsurteil enthält im unstreitigen Teil des Tatbestands die Feststellungen, dass der Versicherungsnehmer der Lebensgefährte der Beklagten sei, mit dieser seit Jahren einen gemeinsamen Hausstand führe und ein im Jahr 1999 geborenes gemeinsames Kind aufziehe. [X.] handelt es sich lediglich um einzelne - wenn auch bedeutsame - Indi-zien für das Vorliegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Diese Umstände genügen jedoch für sich allein nicht, um eine nichteheliche Lebensgemeinschaft im Sinne der genannten Definition annehmen zu können. Insbesondere fehlt jegliche Feststellung zur gemeinsamen Mit-telaufbringung und Mittelverwendung, die aber gerade für den Schutz 22 - 13 -

des § 67 Abs. 2 [X.] a.F. ausschlaggebend ist. Zwar hat die Beklagte diesbezüglich Tatsachen behauptet, die die Annahme einer nichteheli-chen Lebensgemeinschaft rechtfertigen könnten, und hierfür Beweis an-geboten. So hat sie insbesondere ausgeführt, bereits seit dem [X.] einen gemeinsamen Haushalt mit dem Versicherungsnehmer zu führen, der von Beginn an gemeinschaftlich aus den Einkommen beider Lebens-gefährten finanziert werde, die wirtschaftlich nicht getrennt würden. [X.] hätten sie bereits im Jahr 1997 ein gemeinsames Darlehen zur [X.] eines gemeinsamen Eigenheims aufgenommen, das [X.] zurückgezahlt werde. Hätte sich das Berufungsgericht auf diese In-dizien stützen dürfen, so hätte es im Rahmen einer Gesamtwürdigung fehlerfrei zur Annahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kom-men können. Indes hat die Klägerin bereits in erster Instanz bestritten, dass die Beklagte und der Versicherungsnehmer seit 1989 in einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft lebten und der Lebensunterhalt [X.] bestritten werde. In der [X.] hat sich die Klägerin auf den gesamten erstinstanzlichen Vortrag bezogen.
b) Bei dieser Sachlage durfte das Berufungsgericht nicht ohne [X.] vom Vorliegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausgehen. Das Bestreiten in der ersten Instanz bezog sich auf die Vor-aussetzungen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft insgesamt, ins-besondere auf die behauptete Dauer und das [X.]. Damit hat die Klägerin wesensbildende Voraussetzungen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und diese selbst bestritten. Ein [X.] Bestreiten war nach dem Kenntnisstand der Klägerin und dem Vortrag der Beklagten nicht geboten. In der Berufungsinstanz durfte die Klägerin auf ihren erstinstanzlichen Vortrag verweisen. Der in erster Instanz siegreiche [X.] darf sich darauf beschränken, das 23 - 14 -

angegriffene Urteil zu verteidigen, auf neue Angriffs- bzw. [X.] zu antworten und seinen übrigen erstinstanzlichen Vortrag allgemein in Bezug zu nehmen (vgl. [X.], Urteile vom 11. Oktober 1996 - [X.] - abrufbar bei juris [X.]. 9; vom 13. März 1981 - [X.] - NJW 1982, 581 unter [X.]; [X.] NJW 2000, 131). Etwas anderes gilt nicht etwa deswegen, weil die Klägerin diesbezügliche Feststellungen im landgerichtlichen Urteil nicht angegriffen sowie den zweitinstanzlichen Vortrag der Beklagten nicht ausdrücklich bestritten hat. Das landgericht-liche Urteil enthält hierzu lediglich in den Entscheidungsgründen die Aussage, dass ein [X.] nicht wegen § 67 Abs. 2 [X.] a.F. ausge-schlossen sei, "obwohl die Beklagte mit dem Versicherungsnehmer seit siebzehn Jahren in häuslicher [X.] lebe und ein gemeinsames Kind mit diesem habe". Dies allein musste die Klägerin nicht zum Anlass für ein weitergehendes Bestreiten nehmen, zumal es auf das Vorliegen der Voraussetzungen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach der Rechtsauffassung des [X.]s nicht ankam.
c) Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das Berufungsgericht bei der notwendigen Gesamtwürdigung zu einem anderen Ergebnis [X.] wäre, wenn es die gemeinsame Mittelaufbringung und Mittel-verwendung - wie nach dem Streitstand geboten - als streitig behandelt und den angebotenen Beweis erhoben hätte. Die gebotenen Feststellun-gen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Die erst in der zwei-ten Instanz vorgetragenen - und von der Klägerin nicht gesondert bestrit-tenen - weiteren Umstände sind für die Annahme einer bereits zum Un-fallzeitpunkt bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft allenfalls von untergeordneter Bedeutung. Dies gilt namentlich für die vorgelegte Betreuungsverfügung und die von der Mutter des Versicherungsnehmers 24 - 15 -

erteilte Kontovollmacht, die beide erst lange [X.] nach dem Unfall [X.] wurden.
3. Das Berufungsurteil ist auch nicht etwa deshalb im Ergebnis richtig (§ 561 ZPO), weil im [X.]punkt der Leistung der Klägerin an den Versicherungsnehmer kein übergangsfähiger Anspruch - etwa wegen vorheriger Erfüllung durch die Zahlung des Versicherungsnehmers - mehr vorhanden gewesen wäre. Der Vortrag der Beklagten zur Auflösung des Leasingvertrags und zur Zahlung an das Leasingunternehmen ist streitig geblieben. Daher hatte er zu Gunsten der Revision der Klägerin unbeachtet zu bleiben, weshalb für den Übergang zumindest ein Scha-densersatzanspruch des Leasingunternehmens gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung ihres Eigentums am Pkw [X.] ist, dessen Höhe ebenfalls nicht bestritten wurde. 25 II[X.] Sollte die Beklagte bei der erforderlichen neuen Verhandlung die Voraussetzungen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zum [X.]-punkt des Unfalls nicht nachweisen können, so wird das Berufungsge-richt - neben dem Grad der Fahrlässigkeit - insbesondere die Frage zu klären haben, welche Ansprüche in welcher Höhe im [X.]punkt der Leis-tung der Klägerin für einen Forderungsübergang (noch) zur Verfügung standen. Hierbei wird der behaupteten vorherigen Befriedigung des [X.] erhebliche Bedeutung zukommen, da diese zu einer Erfüllung von Ersatzansprüchen oder zu einem sonstigen Erlöschen die-ser Ansprüche wegen des Wegfalls des zu ersetzenden Schadens ge26 - 16 -

führt haben kann. Ein vor Leistung des Versicherers erloschener An-spruch kann nicht Gegenstand eines Forderungsübergangs nach § 67 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. sein. [X.] [X.] [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.]/06 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 9 U 17/07 -

Meta

IV ZR 160/07

22.04.2009

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2009, Az. IV ZR 160/07 (REWIS RS 2009, 3913)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3913

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