Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.01.2014, Az. IX ZR 209/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8823

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[X.]UND[X.]SG[X.]RICHTSHOF

IM NAM[X.]N D[X.]S VOLK[X.]S

URT[X.]IL

IX ZR 209/11

Verkündet am:

9. Januar 2014

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] §§ 217, 235 Abs. 3 Satz 2, § 248, § 259 Abs. 3

Sind im Insolvenzplan und in der für die Gläubiger bestimmten Zusammenfassung wider-sprüchliche Regelungen enthalten, ist der rechtskräftig bestätigte Insolvenzplan maßgeblich.

[X.] §§
85, 259 Abs.
3; ZPO §
240

Wird der Insolvenzverwalter im Insolvenzplan ermächtigt, anhängige [X.] nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, werden diese Prozesse durch die [X.]röffnung eines neuen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners unterbro-chen. Der Verwalter in dem neuen Insolvenzverfahren kann den Rechtsstreit aufnehmen.

[X.] §§
35, 259 Abs.
3

Wird der Insolvenzverwalter im Insolvenzplan ermächtigt, anhängige [X.] nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, fallen die geltend gemachten [X.] in die Masse, wenn vor vollständiger [X.]rfüllung des Plans ein neues Insolvenzverfah-ren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird.

[X.], Urteil vom 9. Januar 2014 -
IX ZR 209/11 -
OLG [X.]/Main

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
9. Januar 2014
durch [X.] Dr. [X.],
den
Rich-ter Vill, die Richterin [X.],
den
Richter Dr. Pape
und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats in [X.] des [X.] vom 14. [X.] 2011 aufgehoben.

Die [X.]erufung des [X.]eklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 27. Oktober 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ausgeurteilte [X.]etrag an die Klägerin als Verwalterin über das Vermögen der der L.

GmbH zu zahlen ist.

Der [X.]eklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[X.] machte als vormalige Verwalterin in dem auf Antrag vom 15.
Dezember 2009 am 1. Februar 2010 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der H.

GmbH (fortan: Schuldnerin) [X.] gegen den [X.]eklagten geltend, der im Jahre 2009 kurzfristig als Chef-arzt für die Schuldnerin tätig war und ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts 1
-
3
-
gegen die Schuldnerin auf Zahlung von Gehalt, Urlaubsgeld und Schadenser-satz erwirkt hatte. Der Prozess vor dem Arbeitsgericht ist durch die [X.]röffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen und nicht aufgenommen worden. Nach-dem der [X.]eklagte ein Zahlungsverbot hinsichtlich der Konten der Schuldnerin erwirkt hatte, hatte diese
die Summe aus dem Versäumnisurteil am 17. [X.] bezahlt. Nach einer teilweisen Rückgewähr verlangte die Klägerin den Rest in Höhe von 45.565,67

Die vorliegende Klage ist am 7.
Mai 2010 eingereicht und am 26.
Mai 2010 zugestellt worden.

In dem Insolvenzverfahren hatte die Schuldnerin am 23.
April 2010 einen Insolvenzplan vorgelegt, der am 7.
Mai 2010 beschlossen und mit [X.]eschluss vom selben Tage bestätigt wurde. Der [X.]eschluss wurde rechtskräftig. Das [X.] wurde am 21.
Juni 2010 aufgehoben. In dem Insolvenzplan wurden im [X.] Teil im Abschnitt [X.] "Plangestaltung" unter "[X.]" zwei Massen gebildet. Die Masse 1 (kurzfristig verteilungsfähige Masse) sollte danach aus der Differenz zwischen näher bezeichneten Aktiva und Passi-va bestehen. Die Masse 2 bestand aus allen [X.] der Verwalte-rin, die bis zum 30.
April 2010 rechtshängig gemacht werden würden, abzüglich aller Rechtsverfolgungskosten, sofern sie im Obsiegensfall nicht vom Anfech-tungsgegner erstattet würden. [X.] werden sollte zudem die auf den [X.] entfallende Quote für den angefochtenen [X.]e-trag. Unter Abschnitt [X.] "Rechtsstreitigkeiten" heißt es wörtlich: "Die [X.] soll alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten (§
259 Abs.
3 [X.]) [X.]."

2
3
-
4
-

In der Zusammenfassung des Planes heißt es unter "III. [X.] Teil" unter 1.2
wiederum, aber mit abweichendem Datum:

352.169,87) bestehend aus:

allen [X.] der Verwalterin, die bis zum 7.
Mai 2010 rechtshängig gemacht wurden, abzüglich aller Rechtsverfolgungs-kosten, sofern sie im [X.] nicht vom Anfechtungsgeg-ner erstattet werden.

abzüglich der auf den unterlegenen [X.] entfallen-den Quote für den angefochtenen [X.]etrag."

Unter "6. Rechtsstreitigkeiten" heißt es
wiederum:

"Die Insolvenzverwalterin soll alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten (§
259 Abs.
3 [X.]) weiterführen."

Auf [X.]igenantrag der Schuldnerin, nun firmierend als L.

GmbH, vom 17.
Oktober 2010 wurde am 1.
Februar 2011 ein neues Insolvenz-verfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und die Klägerin auch in diesem Verfahren zur Insolvenzverwalterin bestellt. Sie meint, nunmehr als Verwalterin in dem neu eröffneten Insolvenzverfahren prozessführungsbefugt zu sein.

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die [X.]erufung des [X.]e-klagten hat sie das [X.]erufungsgericht abgewiesen. Mit der vom Senat zugelas-senen Revision verfolgt die Klägerin ihr Anfechtungsbegehren weiter.

4

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5
-

[X.]ntscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat [X.]rfolg. Sie führt zur Aufhebung der [X.]nt-scheidung des [X.]erufungsgerichts und zur Wiederherstellung des landgerichtli-chen Urteils.

I.

Das [X.]erufungsgericht hat gemeint, die Klage sei wegen fehlender Pro-zessführungsbefugnis der Klägerin unzulässig. [X.] könne sich nicht auf §
259 Abs.
3 [X.] stützen, weil die Fortsetzung des Rechtsstreits nicht durch den am 7.
Mai 2010 beschlossenen Insolvenzplan gedeckt sei. Dieser setze im gestaltenden Teil voraus, dass die [X.] von der [X.] bis 30.
April 2010 rechtshängig gemacht worden seien. Die Klage sei ver-spätet eingereicht worden. Dass
in der Zusammenfassung des Insolvenzplans als maßgebliches Datum der 7.
Mai 2010 genannt sei, sei unerheblich. [X.] [X.]edeutung komme nur dem von den Gläubigern beschlossenen und vom Insolvenzgericht bestätigten Plan zu. Der Insolvenzplan sei nach Maßgabe des individuellen Verständnisses derjenigen auszulegen, die ihn beschlossen [X.]. Das im Insolvenzplan genannte Datum (30.
April 2010) sei nicht ausle-gungsfähig. [X.]in übereinstimmendes abweichendes Verständnis der [X.] sei weder vorgetragen noch feststellbar. Zudem könnten Vorstellungen der Gläubiger, die mit dem Wortlaut unvereinbar seien, aus Gründen der Rechtssicherheit nicht berücksichtigt werden.

Der Umstand, dass die Klägerin auch in dem neuen Insolvenzverfahren bestellt worden sei, verschaffe ihr ebenfalls keine Prozessführungsbefugnis, 8
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weil
sie in dieser [X.]igenschaft eine neue Partei sei. [X.]s könne auch nicht ange-nommen werden, die Klägerin habe den Rechtsstreit nach Aufhebung des [X.] Insolvenzverfahrens für die Schuldnerin in gewillkürte Prozessstandschaft geführt.

Selbst wenn die Klage zulässig wäre, weil die Klägerin in dem neuen [X.] erneut als Insolvenzverwalterin bestellt sei, wäre die Klage unbegründet. Denn die Klägerin habe die Anfechtungsfrist des §
131 [X.] nicht gewahrt. Auf §
139 Abs.
2 Satz
1 [X.] könne sich die Klägerin nicht stützen, weil der Fall, dass zwei verschiedene Insolvenzverfahren eröffnet worden seien, von der Vorschrift nicht erfasst werde.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

1. [X.] ist nun als Verwalterin in dem zweiten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin prozessführungsbefugt, weil sie den zuvor von ihr mit Prozessführungsbefugnis gemäß §
259 Abs.
3 [X.] auch nach [X.] des ersten Insolvenzverfahrens geführten Anfechtungsrechtsstreit nach dessen Unterbrechung durch die [X.]röffnung des zweiten Insolvenzverfahrens als Verwalterin in diesem Verfahren gemäß §
85 [X.] wirksam aufgenommen hat.

a) [X.] war zunächst als Verwalterin in dem ersten Insolvenzver-fahren nach dessen Aufhebung nach §
259 Abs.
3 [X.] prozessführungsbefugt.

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-
7
-

[X.]) §
259 Abs.
3 [X.] verleiht dem Insolvenzverwalter nach [X.]estätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens die [X.]efugnis, ei-nen anhängigen Anfechtungsrechtsstreit fortzuführen, wenn dies im gestalten-den Teil des Plans vorgesehen ist. Zwar kann die Insolvenzanfechtung als spe-zifisches Instrument des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nur während der Dauer des Insolvenzverfahrens ausgeübt werden. Nach §
259 Abs.
3 [X.] kann jedoch aufgrund einer [X.]ntscheidung der Gläubiger im Insolvenzplan die Pro-zessführungsbefugnis des Verwalters für schwebende Verfahren über die [X.] des Insolvenzverfahrens hinaus aufrechterhalten werden ([X.], Urteil vom 11.
April 2013 -
IX
ZR 122/12, [X.] 2013, 437 Rn.
8, 11). Da die Klage [X.] am 26.
Mai
2010 zugestellt wurde und die Aufhebung des [X.] erst am 21.
Juni 2010 erfolgte, konnte §
259 Abs.
3 [X.] die hier [X.]e Klage
erfassen.

bb) Im Insolvenzplan wurde im dritten Abschnitt unter "[X.] Rechtsstreitig-keiten" angeordnet, dass die Insolvenzverwalterin alle anhängigen [X.] (§
259 Abs.
3 [X.]) weiterführen soll. In
der Zusammenfassung des Insolvenzplans gemäß §
235 Abs.
3 Satz
2 [X.] ist unter Nummer
6 dieselbe Formulierung enthalten. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass in dem von §
259 Abs.
3 [X.] erlaubten Umfang von der Insolvenzverwalterin die [X.] fortgeführt werden sollten (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 2005 -
IX ZR 36/02, [X.], 39 Rn.
21
ff). Zudem ist im darstellenden Teil des [X.] unter
[X.]uchstabe G "Vorgehensweise" ausdrücklich der vorliegende Rechtsstreit als in Gang gesetztes
Klageverfahren aufgeführt, das nach §
259 Abs.
3 [X.] anhängig gemacht worden sei. Das ist zwar unzutreffend, weil die Klage im Zeitpunkt der [X.]eschlussfassung noch nicht eingereicht und zugestellt war, lässt aber ebenfalls erkennen, dass das Verfahren -
gemäß der Anordnung im [X.] Teil
-
fortgeführt werden sollte.
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-
8
-

cc) Der Insolvenzplan kann allerdings die [X.]efugnis des Verwalters, [X.] [X.] fortzuführen, auf bestimmte Verfahren beschrän-ken ([X.], [X.]eschluss vom 7.
März 2013 -
IX
ZR 222/12, WM
2013, 714 Rn.
5). [X.]ine solche [X.]eschränkung hat das [X.]erufungsgericht zu Unrecht aus den [X.]e-stimmungen des Insolvenzplans zur Masse
2 entnommen.

(1) Zutreffend ist das [X.]erufungsgericht davon ausgegangen, dass die Formulierung im Insolvenzplan maßgebend ist, nicht diejenige in der inhaltlich abweichenden Zusammenfassung. §
259 Abs.
3 Satz
1 [X.] stellt auf den In-halt des Plans, nicht denjenigen der Zusammenfassung ab. Auch wenn es zu-trifft, dass, wie die Revision behauptet, den Gläubigern vor der [X.]eschlussfas-sung nur die Zusammenfassung überlassen worden war, was nach §
235 Abs.
3 Satz
2 [X.] ausreichend ist, ändert sich am [X.]rgebnis nichts. Gemäß §
235 Abs.
2 [X.] ist der [X.]rörterungs-
und Abstimmungstermin öffentlich [X.] zu machen. Dabei
ist darauf hinzuweisen, dass der Plan in der [X.] eingesehen werden kann. Die [X.]ekanntmachung genügt als Nach-weis der Zustellung an alle [X.]eteiligte (§
9 Abs.
3 [X.]). Den Gläubigern ist es zumutbar, dort [X.]insicht zu nehmen und den gesamten Inhalt des Plans nachzu-lesen (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 2005, [X.]O Rn.
21). Ob dem Plan die [X.]estätigung gemäß §
250 [X.] zu versagen gewesen wäre, wenn die gemäß §
235 Abs.
3 Satz
2 [X.] übersandte Zusammenfassung mit dem Plan nicht übereinstimmt, kann dahinstehen. Ist der Plan rechtskräftig bestätigt, ist [X.] nach §
217 [X.] dessen Inhalt maßgebend. [X.]estätigt wird der Plan (§
248 [X.]), nicht die Zusammenfassung. Offensichtliche Fehler des Plans können seit 1.
März 2012 vom Verwalter nach §
221 Satz
2 [X.] bei entsprechender [X.]rmächtigung berichtigt werden, was der gerichtlichen [X.]estätigung bedarf (§
248a [X.]).
17
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-
9
-

(2) Widersprüchlich sind die Aussagen des Insolvenzplans und der [X.] nicht hinsichtlich der [X.]estimmung zur Fortführung der Anfech-tungsklagen, sondern zur Verteilung des dadurch erzielten [X.]rlöses, der die Masse 2 bildet. Diese Regelung hat das [X.]erufungsgericht zu Unrecht zur [X.]eur-teilung der Frage herangezogen, ob die [X.] fortgeführt werden sollen. Diese Frage ist hier nicht geregelt. Das [X.]erufungsgericht hat die maß-gebliche Regelung übersehen, stattdessen die Verteilungsregelung und damit einen
nicht unmittelbar einschlägigen Auslegungsstoff zugrunde gelegt. Wie die Verteilungsregel auszulegen ist, bedarf hier keiner [X.]ntscheidung (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 6.
Oktober 2005, [X.]O Rn.
12
ff).

b) Durch die [X.]röffnung des zweiten Insolvenzverfahrens war der vorlie-gende Rechtsstreit entsprechend §
240 ZPO unterbrochen, weil er die [X.] dieses Insolvenzverfahrens betrifft.

[X.]) Zutreffend hat das [X.]erufungsgericht allerdings gesehen, dass die Rechtsprechung des [X.] bei §
240 ZPO grundsätzlich den [X.] Parteibegriff zugrunde legt ([X.], Urteil vom 13.
März 1997 -
I [X.], NJW 1998, 156, 157; [X.]/[X.], ZPO, 30.
Aufl., §
240 Rn.
7). [X.]s muss das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Prozesspartei eröffnet worden sein. Das war vorliegend nicht der Fall. §
240 ZPO muss aber entspre-chend angewandt werden, wenn, wie hier, die Prozessführungsbefugnis des Prozessstandschafters
der Partei
mit der [X.]röffnung des Insolvenzverfahrens nicht entfällt.

(1) Nach §
259 Abs.
3 Satz
2 [X.] wird der fortgeführte Anfechtungspro-zess auf Rechnung des Schuldners geführt, wenn im Plan keine abweichende 19
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-
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-
Regelung getroffen wird. In diesem Fall ist der Insolvenzverwalter als gewillkür-ter Prozessstandschafter des Schuldners tätig ([X.], Urteil vom 6.
Oktober 2005, [X.]O Rn.
29).
Ist dagegen im Plan eine abweichende Regelung getroffen, kommt auch eine gewillkürte Prozessstandschaft für die Gläubiger oder eine gesetzliche Prozessstandschaft in [X.]etracht. Im vorliegenden Fall ist eine ab-weichende Regelung zum Teil, nämlich hinsichtlich des [X.]rlöses getroffen, der den Gläubigern zustehen sollte.

Jedenfalls ist die im Insolvenzplan nach §
259 Abs.
3 [X.] begründete gewillkürte Prozessstandschaft der Klägerin als Verwalterin im ersten Insol-venzverfahren nicht gemäß §§
115, 116 [X.] erloschen, weil der Auftrag nicht vom Schuldner erteilt wurde. Die Klage wurde durch die [X.]röffnung des zweiten Insolvenzverfahrens nicht unzulässig, sie kann nicht abgewiesen werden (vgl. für diesen Fall [X.], Urteil vom 10.
November 1999 -
VIII ZR 78/98, [X.], 149, 150
f; HK-[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
85 Rn.
16). Dann aber wird der [X.] in entsprechender Anwendung des §
240 ZPO unterbrochen (Jaeger/
Windel, [X.], §
85 Rn.
12; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl.,
vor §§
85 bis 87 Rn.
15; Musielak/[X.], ZPO, 10.
Aufl.,
§
240 Rn.
2; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
240 Rn.
7; [X.][X.], 4.
Aufl., §
240 Rn.
15). Dies entspricht dem Rechtsgedanken des §
17 [X.], der für den paral-lel gelagerten Fall eines anhängigen Prozesses über eine Gläubigeranfechtung ausdrücklich die Unterbrechung des Prozesses anordnet, wenn das Insolvenz-verfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird. Nach §
17 Abs.
1 Satz
2 [X.] kann der Insolvenzverwalter den Rechtsstreit aufnehmen.

(2) Im Insolvenzplan ist bei der [X.]estimmung der Masse
2 geregelt, dass von den [X.]rlösen aus den [X.] die Rechtsverfolgungskosten abzuziehen sind. [X.]s sind jedoch keine Rückstellungen gebildet für die Kosten 23
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-
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-
verlorener Prozesse, die aus den [X.]rlösen gewonnener Prozesse nicht gedeckt sind. Diese sind folglich gemäß §
259 Abs.
3 Satz
2
[X.] von der Schuldnerin zu tragen. Diese gesetzliche Zahlungspflicht der Schuldnerin trifft, wenn über ihr Vermögen zwischenzeitlich ein neues Insolvenzverfahren eröffnet wird, die [X.], aus der der Anspruch -
sei es womöglich auch nur in Höhe einer Quote
-
zu befriedigen ist. Nach dem Zweck des §
240 ZPO muss deshalb der Rechtsstreit unterbrochen werden, weil andernfalls der Insolvenzverwalter des ersten Verfahrens zu Lasten und auf Risiko der Masse des neuen [X.] weiter prozessieren könnte.

(3) Im Falle des Obsiegens fällt der [X.]rlös aus dem Prozess in die Masse des neuen Insolvenzverfahrens und nicht den Gläubigern des ersten [X.] zur Verteilung gemäß den [X.]estimmungen des Insolvenzplans zu. Der Insolvenzplan kann zwar nicht als privatrechtlicher Vergleich der Gläubiger mit dem Schuldner angesehen werden, schon weil der Wille einzelner Gläubi-ger durch Mehrheitsentscheidungen überwunden werden kann (vgl. §§
244
ff [X.]). Der Insolvenzplan ist vielmehr ein spezifisch insolvenzrechtliches In-strument, mit dem die Gläubigergesamtheit die [X.]efriedigung aus dem Schuld-nervermögen organisiert ([X.], Urteil vom 6.
Oktober 2005, [X.]O Rn.
15). Die [X.]efriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der [X.], die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die [X.]eteilig-ten sowie die Verfahrensabwicklung und die Haftung des Schuldners können hier gemäß §
217 [X.] abweichend von der [X.] geregelt werden. Das gilt jedoch naturgemäß nur für das Insolvenzverfahren, in welchem der In-solvenzplan angenommen und bestätigt wird. Regelungen für spätere Insol-venzverfahren desselben Schuldners können nicht getroffen werden.

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-
12
-

(4) Wird, wie im vorliegenden Fall, vor vollständiger [X.]rfüllung des Planes über das Vermögen des Schuldners ein neues Insolvenzverfahren eröffnet, so sind
gemäß §
255 Abs.
2 [X.] die Stundungen
oder die
(Teil-)[X.]rlasse, die im Insolvenzplan vorgesehen sind, für alle Gläubiger hinfällig. Denn diese sollen in einem neuen Insolvenzverfahren gegenüber neuen Gläubigern nicht schlechter gestellt werden, etwa indem sie lediglich eine Quote auf ihre frühere Quote nach dem Plan erhalten (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
255 Rn.
31
ff; [X.]/[X.], [X.], 18.
Aufl., §
255 Rn.
14). Im
Übrigen bleibt aber der In-solvenzplan im Grundsatz bestehen (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O Rn.
37; HmbKomm-[X.]/Thies, 4.
Auf., §
255 Rn.
15
f; [X.] in [X.]/
[X.]/Ringstmeier, [X.], §
255 Rn.
11; [X.] in Kübler/Prütting/[X.]ork, [X.], 1998, §
255 Rn.
21; [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
255 Rn.
21), sofern in ihm nicht etwas anderes bestimmt ist
([X.]/[X.], [X.]O).

bb) Demgemäß bleiben auch die [X.] weiter be-stehen, die gemäß §
259 Abs.
3 [X.] aufrechterhalten wurden.
[X.]s wäre mit Sinn und Zweck der [X.]röffnung eines neuen Insolvenzverfahrens unvereinbar, bei [X.]röffnung bereits bestehende und geltend gemachte Anfechtungsmöglich-keiten entfallen zu lassen
(vgl. §
17 Abs.
1 [X.]). Dass dieselben Rechtshand-lungen gegebenenfalls ganz oder teilweise auch im neuen
Insolvenzverfahren anfechtbar wären, ändert daran nichts.

(1) Mit der [X.]röffnung des neuen Insolvenzverfahrens gehen die [X.]efug-nisse des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu ver-walten und darüber zu verfügen, gemäß §
80 [X.] auf den Insolvenzverwalter über. Das gilt auch bezüglich der sich aus dem Insolvenzplan noch ergebenden Rechte und Pflichten. Für eine gesonderte Planüberwachung gemäß §
260
[X.] ist daneben kein Raum. Diese endet vielmehr mit [X.]röffnung des neuen 26
27
28
-
13
-
Insolvenzverfahrens (HK-[X.]/[X.], 6.
Aufl. §
268 Rn.
1) und ist aufzuhe-ben (MünchKomm-[X.]/[X.], [X.]O §
268 Rn. 8). Dementsprechend ist im Streitfall die Überwachung der [X.]rfüllung des Insolvenzplans mit [X.]eschluss vom 4.
Juli 2011
aufgehoben worden.

(2) Die Geltendmachung von [X.] gemäß §
259 Abs.
3 [X.] ist zwar von Gesetzes wegen nicht notwendig mit einer Planüber-wachung verbunden. Für sie kann aber nichts anderes gelten. [X.]s ist für den Verwalter des neu eröffneten Insolvenzverfahrens eine zentrale Aufgabe, An-fechtungsansprüche geltend zu machen. Viele der schon im Rahmen des [X.] Insolvenzverfahrens angefochtenen Rechtshandlungen können auch im neuen
Verfahren anfechtbar sein. Da die nicht befriedigten Insolvenzgläubiger des ersten Insolvenzverfahrens nunmehr auch Insolvenzgläubiger des neuen Insolvenzverfahrens sind und in diesem quotenmäßig befriedigt werden, be-steht kein Grund, die [X.] aus dem ersten Insol-venzverfahren gesondert
abzuwickeln und die damaligen Insolvenzgläubiger daraus gesondert zu befriedigen. Dies liefe im [X.] auf die Abwicklung von zwei parallelen Insolvenzverfahren in einen Teilbereich hinaus, die schon [X.] nicht zu rechtfertigen ist, weil es an zwei getrennten Insolvenzmassen fehlt (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 9.
Juni 2011 -
IX
Z[X.] 175/10, [X.], 1326 Rn.
6). In das neue Insolvenzverfahren sind alle Altverbindlichkeiten des Schuldners einbezogen. [X.], soweit sie im Rahmen des Insolvenzplans befriedigt wurden, können ihrerseits insolvenzrechtlichen
Anfechtungen ausgesetzt sein. Dann müssen umgekehrt die aus dem ersten Insolvenzverfahren [X.] ebenfalls zur Masse des neuen Insolvenzverfah-rens gehören, aus dem auch die [X.] (anteilig) befriedigt werden.

29
-
14
-

(3) [X.]in Nebeneinander zweier
Verfahren zur Geltendmachung von [X.] und Verteilung der hieraus gewonnenen [X.]eträge würde schließlich zu kaum lösbaren Abgrenzungsproblemen führen. Ist ein [X.] allerdings bereits im Rahmen des [X.] erfolgreich rechtskräftig durchgesetzt worden, kommt wegen desselben Vorgangs ein neu-er Anspruch gegen den [X.] auf Rückgewähr zur Masse im neuen Insolvenzverfahren nicht mehr in [X.]etracht (vgl. [X.], Urteil vom 15.
No-vember 2012 -
IX ZR 173/09, [X.], 81 Rn.
15
ff, 19
ff).

Fällt aber der nach §
259 Abs.
3 [X.] geltend gemachte Anfechtungsan-spruch in die Masse des neu eröffneten Insolvenzverfahrens,
muss der bereits anhängige Rechtsstreit entsprechend §
240 ZPO durch die [X.]röffnung des zwei-ten Insolvenzverfahrens unterbrochen werden, damit der Insolvenzverwalter in diesem Verfahren prüfen kann, ob er den Prozess gemäß §
85 [X.] aufnehmen will. [X.]r kann nicht, etwa durch die Annahme eines gesetzlichen Parteiwechsels, gezwungen werden, nicht [X.]rfolg versprechende Prozesse zu Lasten der Masse des zweiten Insolvenzverfahrens fortzuführen.

2. [X.] hat als Verwalterin im neuen Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin den Rechtsstreit wirksam nach §
85 [X.], jedenfalls in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift, aufgenommen.

a) [X.] hat mehrfach erklärt, dass sie den Prozess als Verwalte-rin in dem neuen Insolvenzverfahren fortführen will,
und damit den
Rechtsstreit gemäß §
85 ZPO aufgenommen.

b) Der streitgegenständliche Anfechtungsanspruch gehört zur Masse des zweiten Insolvenzverfahrens. Der Rechtsstreit wurde zwar zuvor nicht von der 30
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Schuldnerin geführt, aber gemäß §
259 Abs.
3 Satz
2 [X.]
teilweise
auf deren Rechnung, teilweise für die Gläubiger. Für diesen Fall ist §
85 [X.] entspre-chend anwendbar. [X.] als Verwalterin in dem neuen Insolvenzverfah-ren muss die Möglichkeit haben, den Prozess selbst zu führen und die in die Masse fallenden
[X.] geltend zu machen. Müsste sie weiter-hin in gewillkürter Prozessstandschaft aus dem Insolvenzplan klagen, müsste sie Leistung an sich als Verwalterin im neuen Insolvenzverfahren verlangen. Das führte zum selben [X.]rgebnis, wäre aber bei [X.] für die Masse unzweckmäßig. Jedenfalls könnte der Verwalter in dem neuen Verfahren den Auftrag zur gewillkürten Prozessstandschaft jederzeit kündigen und die Prozessführung an sich ziehen. Derart unterschiedliche Ver-fahrensweisen sind abzulehnen. Die Lösung kann
sich
auch
insoweit an der Regelung in §
17 Abs.
1 Satz 2 [X.] orientieren.

3. Die Klageforderung ist begründet, die [X.]erufung des [X.]eklagten unbe-gründet. Der Klägerin steht gemäß §§
129, 131 Abs.
1 Nr.
1, §
143 Abs.
1 [X.] gegen den [X.]eklagten ein Anspruch auf Zahlung von 45.565,67

e-klagte hat diesen ihm verbliebenen [X.]etrag aus der Leistung der Insolvenz-schuldnerin vom 17.
November 2009 erlangt.

a) Durch die Zahlung hat der [X.]eklagte eine [X.]efriedigung
für seine ver-meintlichen Forderungen aus dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts erlangt. Die Leistung erfolgte im letzten Monat vor dem Antrag auf [X.]röffnung des [X.], nämlich am 17.
November 2009. Maßgeblich ist der Insol-venzantrag vom 15.
Dezember 2009, der zur [X.]röffnung des ersten [X.] geführt hat. Auf der Grundlage dieser Verfahrenseröffnung hat die Klägerin als Verwalterin im ersten Insolvenzverfahren Klage erhoben. Diesen Anspruch macht sie nach Unterbrechung und Aufnahme des Rechtsstreits wei-35
36
-
16
-
terhin geltend. Auf die vom [X.]erufungsgericht erörterte Frage, ob bei einem ent-sprechenden Anfechtungsanspruch infolge der [X.]röffnung des zweiten [X.] die Monatsfrist gemäß §
131 Abs.
1 Nr.
1 [X.] im Hinblick auf §
139 Abs.
2 [X.] als gewahrt angesehen werden könnte, kommt es nicht an.

b) Die Deckungshandlung der Schuldnerin war inkongruent. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist eine während des [X.] von drei Monaten der Deckungsanfechtung (§§
130, 131 [X.])
im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherheit oder [X.]efriedigung als inkongruent anzusehen ([X.], Urteil vom 23.
März 2006 -
IX
ZR 116/03, [X.]Z 167, 11 Rn.
9 mwN). Seit der [X.]ntscheidung vom 9.
September 1997 ([X.], [X.]Z 136, 309, 311
ff) hat der [X.]undesgerichtshof zudem in ständi-ger Rechtsprechung angenommen, dass eine inkongruente Deckung auch dann vorliegt, wenn der Schuldner in der Krise zur Vermeidung einer unmittel-bar bevorstehenden Zwangsvollstreckung geleistet hat ([X.], Urteil vom 20.
Januar 2011 -
IX
ZR 8/10, [X.], 385 Rn.
6 mwN). Die [X.] war hier bereits eingeleitet. An der Zahlung unter dem Druck der Zwangsvollstreckung besteht deshalb kein Zweifel.

c) In der Ankündigung der Klägerin, den Prozess vor dem Arbeitsgericht nicht aufnehmen zu wollen, liegt keine Freigabe
in dem dort geführten [X.] gegen die Schuldnerin. §
85 Abs.
2 [X.] gilt hier nicht (vgl. HK-[X.]/
[X.], [X.]O §
85 Rn.
62, 64). Der [X.]eklagte konnte nach [X.]röffnung des [X.] über das Vermögen der Schuldnerin seine Ansprüche nur durch Anmeldung zur Tabelle (§§
87, 194
ff [X.]) oder nach Maßgabe des [X.] weiterverfolgen.

37
38
-
17
-

d) In der Geltendmachung von gesetzlichen Insolvenzanfechtungsan-sprüchen durch die Klägerin liegt kein Verstoß gegen Treu und Glauben. Selbst wenn die Schuldnerin den [X.]eklagten vorsätzlich schädigte, wie dieser behaup-tet, können entsprechende Ansprüche nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden.
[X.]egründete [X.] werden dadurch nicht ausgeschlossen.

[X.]
Vill
[X.]

Pape
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], [X.]ntscheidung vom 27.10.2010 -
2 [X.]/10 -

OLG [X.] in [X.], [X.]ntscheidung vom 14.12.2011 -
15 [X.] -

39

Meta

IX ZR 209/11

09.01.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.01.2014, Az. IX ZR 209/11 (REWIS RS 2014, 8823)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8823

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 173/09

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