Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2013, Az. IX ZR 122/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6691

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX ZR 122/12

Verkündet am:

11. April 2013

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Ges[X.]häftsstelle
in dem Re[X.]htsstreit

Na[X.]hs[X.]hlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 259 Abs. 3
Auf der Grundlage des Insolvenzplans darf der Insolvenzverwalter nur einen bei [X.] des Verfahrens bereits re[X.]htshängigen [X.] fortsetzen.
[X.], Urteil vom 11. April 2013 -
IX ZR 122/12 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündli[X.]he Verhandlung vom 11.
April 2013 dur[X.]h die [X.]
Vill, [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und die [X.]in Möhring

für Re[X.]ht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5.
Zivilsenats des Oberlandesgeri[X.]hts [X.] vom 17.
April 2012 aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 6.
Zivilkammer des [X.]s [X.] I vom 26.
Juli 2011 wird mit der Maßgabe zurü[X.]kgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

Der Kläger trägt die Kosten der Re[X.]htsmittelverfahren.

Von Re[X.]hts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 22.
Oktober 2009 über das Vermögen der P.

GmbH
& Co. KG (na[X.]hfol-gend: S[X.]huldnerin) am 1. Januar 2010 eröffneten Insolvenzverfahren.

Die S[X.]huldnerin belieferte die Beklagte im Rahmen einer ständigen Ge-s[X.]häftsbeziehung mit Ware. Jener
standen na[X.]h Maßgabe einer Konditionen-vereinbarung umsatzabhängige Provisionen gegen die S[X.]huldnerin zu. Gegen 1
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-
Kaufpreisforderungen der S[X.]huldnerin über 125.835,37

am 3. Dezember 2009 mit [X.] in entspre[X.]hender Höhe auf.

Das Amtsgeri[X.]ht hat das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S[X.]huldnerin na[X.]h Re[X.]htskraft der Bestätigung des Insolvenzplans
dur[X.]h [X.] vom 5.
Juli 2010
mit Wirkung zum 3.
Juli 2010 aufgehoben. Der [X.] ermä[X.]htigt den Insolvenzverwalter, "anhängige Re[X.]htsstreitigkeiten, die eine Insolvenzanfe[X.]htung zum Gegenstand haben, au[X.]h na[X.]h Aufhebung des Verfahrens fortzuführen".

Mit der am 28.
Mai 2010 eingerei[X.]hten und am 22.
Juli 2010 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 125.835,37

n-spru[X.]h. Na[X.]h Abweisung der Klage dur[X.]h das [X.] hat das [X.] dem Begehren stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Re-vision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Ents[X.]heidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des Urteils des [X.]s.

I.

Das Berufungsgeri[X.]ht hat ausgeführt, der Kläger ma[X.]he keinen insol-venzre[X.]htli[X.]hen Anfe[X.]htungsanspru[X.]h, sondern den ursprüngli[X.]hen Kaufpreis-
oder Werklieferungsanspru[X.]h der S[X.]huldnerin geltend. Er sei zur Verfolgung 3
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des Anspru[X.]hs befugt, weil er na[X.]h dem Inhalt des Insolvenzplans ermä[X.]htigt sei, anhängige
Re[X.]htsstreitigkeiten, die eine
Insolvenzanfe[X.]htung zum Gegen-stand haben, fortzuführen. Da
die Klageforderung nur dann keinen Bestand ha-be, wenn die von der Beklagten erklärte Verre[X.]hnung wirksam sei, kämen hin-si[X.]htli[X.]h der Aufre[X.]hnung nur anfe[X.]htungsre[X.]htli[X.]he Gesi[X.]htspunkte in [X.]. Der Re[X.]htsstreit habe daher im Sinne von §
259 Abs.
3 [X.] eine Insol-venzanfe[X.]htung zum Gegenstand. Die Aufre[X.]hnung sei hier gemäß §
96 Abs.
1 Nr.
3, §
130 [X.]
unwirksam.

II.

Diese Ausführungen halten re[X.]htli[X.]her Prüfung ni[X.]ht stand. Die Klage ist bereits unzulässig.
Wäre sie als allgemeine Leistungsklage anzusehen, fehlte dem Kläger mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens die aus §
80 Abs.
1 [X.] herrührende Klagebefugnis. Ist die Klage als Anfe[X.]htungsklage anzusehen, ist der Kläger au[X.]h
ni[X.]ht gemäß §
259 Abs.
3 Satz 1 [X.] prozessführungsbefugt, weil die vorliegende Klage erst na[X.]h Aufhebung des Insolvenzverfahrens erho-ben wurde.

1. Die zuletzt genannte Vors[X.]hrift verleiht dem Insolvenzverwalter na[X.]h Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, einen anhängigen Anfe[X.]htungsre[X.]htsstreit fortzuführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Planes vorgesehen ist. Zwar kann die Insolvenzanfe[X.]h-tung als spezifis[X.]hes Instrument des Insolvenzverfahrens grundsätzli[X.]h nur während der Dauer des Verfahrens von dem Insolvenzverwalter
kraft seines Amtes ausgeübt werden. In Dur[X.]hbre[X.]hung dieses Grundsatzes wird aus-nahmsweise dur[X.]h §
259 Abs.
3 [X.] aufgrund einer Ents[X.]heidung der Gläubi-7
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-
ger in dem Plan die Prozessführungsbefugnis des Verwalters für s[X.]hwebende Verfahren über die Dauer des
Insolvenzverfahrens hinaus aufre[X.]hterhalten. Ist das Insolvenzverfahren aufgehoben worden, s[X.]hließt das Gesetz eine Prozess-führungsbefugnis des Insolvenzverwalters für neue, erst anhängig zu [X.] s[X.]hle[X.]hthin aus ([X.], Urteil vom 10.
Dezember 2009 -
IX
ZR 206/08, [X.], 136 Rn.
10).

2. Die am 28.
Mai 2010 eingerei[X.]hte Klage wurde der Beklagten am 22.
Juli 2010 zugestellt. Da das Insolvenzverfahren
dur[X.]h Bes[X.]hluss vom 5.
Juli 2010 aufgehoben worden war, konnte dur[X.]h die spätere Zustellung die gemäß §
259 Abs.
3 Satz
1 [X.] für den Zeitpunkt der Aufhebung verlangte
Re[X.]hts-hängigkeit ni[X.]ht begründet werden.

a) Der Verwalter kann na[X.]h dem Wortlaut der Regelung einen "anhängi-gen Re[X.]htsstreit", der eine Insolvenzanfe[X.]htung zum Gegenstand hat, auf der Grundlage des Insolvenzplans au[X.]h na[X.]h Aufhebung des Verfahrens fortset-zen. Bereits zur Auslegung des §
240 ZPO hat der Senat erkannt, dass dur[X.]h die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer [X.] eine Unterbre[X.]hung nur
stattfindet, wenn ein dur[X.]h Klagezustellung bewirktes re[X.]htshängiges Verfahren vorliegt ([X.], Bes[X.]hluss vom 11.
Dezember 2008 -
IX
ZB 232/08, [X.], 332 Rn.
9). Sowohl im Rahmen des §
240 ZPO als au[X.]h den
darauf bezogenen konkurs-
bzw. insolvenzre[X.]htli[X.]hen Vors[X.]hriften wird Re[X.]htshängigkeit
vorausgesetzt
([X.], aaO).

b) Auf diesem Verständnis beruht au[X.]h die hier maßgebli[X.]he Regelung des §
259 Abs.
3 Satz
1 [X.]. Ein "anhängiger Re[X.]htsstreit"
im Sinne dieser Vors[X.]hrift s[X.]heidet aus, wenn -
wie im Streitfall
-
zum Zeitpunkt der [X.] ledigli[X.]h eine Anfe[X.]htungsklage eingerei[X.]ht, aber no[X.]h ni[X.]ht zuge-9
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-
6
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stellt ist. Dur[X.]h die Verbindung des Tatbestandsmerkmals "anhängig" mit dem Begriff "Re[X.]htsstreit" wird unmissverständli[X.]h verdeutli[X.]ht, dass eine Fortfüh-rung nur für eine im Zeitpunkt der [X.] bereits zugestellte An-fe[X.]htungsklage in Betra[X.]ht kommt (zutreffend [X.]/[X.], Z[X.] 2013, 49, 50
ff). Dieses Verständnis liegt au[X.]h den §§
85, 86 [X.] zugrunde, die "[X.]" im Sinne von "re[X.]htshängig" begreifen. In Übereinstimmung hiermit ist au[X.]h der Senat davon ausgegangen, dass der Insolvenzverwalter spätestens im Zeitraum zwis[X.]hen der Abstimmung über den Insolvenzplan und der [X.] zu erheben hat und nur einen bereits [X.] fortsetzen kann (vgl. Urteil vom 10.
Dezember 2009, aaO).

[X.]) Der Bes[X.]hluss über die Aufhebung des Verfahrens
zum 3.
Juli 2010
wurde im Streitfall am 5.
Juli 2010 erlassen und öffentli[X.]h bekannt gema[X.]ht. Die Aufhebung ist jedenfalls mit der Bes[X.]hlussfassung am 5.
Juli 2010 wirksam ge-worden ([X.], Bes[X.]hluss vom 15.
Juli 2010 -
IX
ZB 229/07, [X.]Z 186, 223 Rn.
5
ff) und damit vor Klageerhebung.

Die Aufhebung
unterliegt, wenn die Ents[X.]heidung
von einem [X.] ge-troffen
wurde, gemäß §
6 Abs.
1 [X.] ni[X.]ht der Bes[X.]hwerde (Mün[X.]hKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
258 Rn.
19; HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., §
258 Rn.
9; Uhlenbru[X.]k/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
258 Rn.
2; HmbKomm-[X.]/[X.], 4.
Aufl., §
258 Rn.
20). Ergeht
die Ents[X.]heidung -
wie im Streitfall
-
dur[X.]h einen Re[X.]hts-pfleger, ist
zwar na[X.]h §
11 Abs.
2 [X.] die befristete Erinnerung eröff-net (Mün[X.]hKomm-[X.]/[X.], aaO Rn.
20; Uhlenbru[X.]k/[X.], aaO;
HK-[X.]/[X.], aaO; HmbKomm-[X.]/[X.], aaO). Glei[X.]hwohl ist ebenso wie bei einer Ents[X.]heidung dur[X.]h den [X.] auf den Zeitpunkt des Wirksamwer-dens der Aufhebung abzustellen, weil der Erinnerung, wie der Bes[X.]hwerde
ge-12
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7
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mäß §
570 Abs.
1 ZPO,
keine aufs[X.]hiebende Wirkung zukommt ([X.], Urteil vom 13.
Januar 1975
-
VII
ZR 220/73, NJW 1975, 692; Mün[X.]hKomm-[X.]/Ganter, aaO §
6 Rn.
51; im Ergebnis ebenso Mün[X.]hKomm-Inso/[X.], aaO).
Bei dieser Sa[X.]hlage ist die Regelung des §
259 Abs.
3 Satz
1 [X.] vor-liegend ni[X.]ht eins[X.]hlägig, weil die Anfe[X.]htungsklage der Beklagten erst na[X.]h [X.] zugestellt wurde. §
167 ZPO ist insofern ni[X.]ht eins[X.]hlä-gig.

III.

Das angefo[X.]htene Urteil ist, weil si[X.]h die Revision als begründet erweist, gemäß §
562 Abs.
1 ZPO aufzuheben. Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Re[X.]htsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sa[X.]hver-

14
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8
-
hältnis erfolgt und na[X.]h letzterem die Sa[X.]he zur Endents[X.]heidung reif ist, kann der Senat gemäß §
563 Abs.
3 ZPO in der Sa[X.]he selbst ents[X.]heiden und die Berufung mit der Maßgabe zurü[X.]kweisen, dass die Klage unzulässig ist.

Vill
[X.]
Gehrlein

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Ents[X.]heidung vom 26.07.2011 -
6 O 10074/10 -

OLG [X.], Ents[X.]heidung vom 17.04.2012 -
5 [X.] -

Meta

IX ZR 122/12

11.04.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2013, Az. IX ZR 122/12 (REWIS RS 2013, 6691)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6691

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IX ZR 122/12

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