Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.01.2015, Az. 2 StR 233/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 17454

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Gegenstand

Sexueller Missbrauch von Kindern: Berücksichtung der eigensüchtigen Einstellung des Täters und das Fehlen pädophiler Neigungen bei der Strafzumessung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. Januar 2014 im Strafausspruch aufgehoben; die Feststellungen bleiben aufrechterhalten.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin insoweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in zwei tateinheitlich begangenen Fällen, wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 26 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt; darüber hinaus hat es weitere angeklagte Fälle eingestellt und den Angeklagten im Übrigen freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge im Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Der Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3

Das [X.] hat in allen Fällen zu Lasten des Angeklagten dessen eigensüchtige Einstellung berücksichtigt, mit der er die Befriedigung seiner sexuellen Forderungen ohne Rücksicht auf die Folgen für die Nebenklägerin (seine zu den [X.] zwischen sechs bzw. sieben und fünfzehn Jahre alte Stieftochter) an dieser als Ersatz für eine erwachsene Sexualpartnerin durchgesetzt habe ([X.]). Dabei sei der Angeklagte nicht durch eine pädophile Neigung getrieben gewesen, sondern hätte seine Neigungen legal und einverständlich an erwachsenen Sexualpartnern verwirklichen können.

4

Diese Erwägungen erweisen sich als rechtsfehlerhaft, denn damit wirft die Strafkammer dem Angeklagten die Begehung der Straftaten als solche vor, ohne dass Besonderheiten vorliegen, die es rechtfertigen könnten, das "Unrecht der Tat" straferhöhend zu werten; dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (vgl. dazu [X.], StGB, 62. Aufl. § 46, Rn. 76, 76b: Täter hatte keinen Anlass zur Tat). Soweit darauf abgestellt wird, der Angeklagte habe keine pädophile Neigung, die ihn gerade zur Begehung der von ihm begangenen Taten veranlasst hätten, wird zu Lasten des Angeklagten unzulässigerweise das Fehlen eines Milderungsgrundes berücksichtigt.

5

Der Senat kann schon mit Blick auf die hohe Gesamtfreiheitsstrafe nicht ausschließen, dass das [X.] ohne die fehlerhaften Erwägungen zu einer für den Angeklagten günstigeren Strafbemessung gelangt wäre.

6

Dies führt zur Aufhebung des Strafausspruchs insgesamt, ohne dass die Feststellungen hierzu aufgehoben werden müssten. Es liegt insoweit ein Wertungsfehler vor, der die getroffenen Feststellungen unberührt lässt. Der neue Tatrichter ist allerdings nicht gehindert, weitere neue Feststellungen zu treffen, die zu den bestehenden nicht in Widerspruch stehen.

[X.]                                Schmitt                        Krehl

                  Eschelbach                            Zeng

Meta

2 StR 233/14

08.01.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Erfurt, 29. Januar 2014, Az: 6 KLs jug 130 Js 20063/09

§ 46 Abs 1 StGB, § 46 Abs 3 StGB, § 176 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.01.2015, Az. 2 StR 233/14 (REWIS RS 2015, 17454)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 17454

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 351/16

2 StR 21/15

2 StR 21/15

2 StR 233/14

2 StR 217/21

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