Bundessozialgericht, Urteil vom 14.06.2018, Az. B 14 AS 22/17 R

14. Senat | REWIS RS 2018, 7798

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Heizkostenrückzahlung - Übernahme nur angemessener Heizkosten im Abrechnungszeitraum - Ansparung eines Teils der Heizkostenvorauszahlung aus der Regelleistung - Minderung der Leistungen für Unterkunft und Heizung


Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2017 und der Gerichtsbescheid des [X.] vom 22. April 2015 geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Kosten sind für das Gerichtsverfahren in allen Instanzen nicht zu erstatten. Für das Widerspruchsverfahren hat der Beklagte der Klägerin ein Viertel der Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

[X.] ist die teilweise Aufhebung des der Klägerin bewilligten [X.] für Mai 2012 wegen der im April 2012 erfolgten Rückzahlung von Vorauszahlungen an den Gasversorger.

2

Die 1959 geborene Klägerin und ihr 1996 geborener [X.] bezogen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] Sie bewohnten ein im Eigentum der Klägerin stehendes Einfamilienhaus. Dessen Beheizung und die zentrale Warmwassererzeugung erfolgten mit Erdgas. Seit Juli 2010 erhielten sie hierfür Leistungen nicht mehr in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, sondern nur in abgesenkter Höhe auf Basis der maximal angemessenen Wohnfläche und des höchstzulässigen Energieverbrauchs. Von April 2011 bis März 2012 zahlten sie an den Gasversorger monatliche Abschläge in Höhe von insgesamt 1488 Euro. Das beklagte Jobcenter bewilligte durch die von ihm herangezogene Gemeinde R in diesem Zeitraum Leistungen für Heizung in Höhe von 942,48 Euro, zuzüglich Leistungen für zentrale Warmwassererzeugung in Höhe von 149,37 Euro; insgesamt 1091,85 Euro. Am [X.] ging auf dem Konto der Klägerin ein vom Gasversorger überwiesener Betrag von 550,87 Euro ein, der auf der Schlussabrechnung vom [X.] beruhte, nach der im Abrechnungszeitraum von April 2011 bis März 2012 für Heizung und Warmwasser 937,13 Euro aufzuwenden waren. Im Mai 2012 betrugen die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin und ihres [X.]es für Unterkunft 416,25 Euro (265,02 Euro Schuldzinsen, 133,23 Euro Steuern und Abgaben, 18 Euro Sielachtbeitrag) und für Heizung 120 Euro (Abschlag an Gasversorger); insgesamt 536,25 Euro.

3

Der Beklagte hob nach Anhörung die der Klägerin für Mai 2012 bewilligten Leistungen teilweise in Höhe von 275,43 Euro auf und forderte insoweit Erstattung (Bescheid vom 11.9.2012). Dem Widerspruch gab der Beklagte teilweise statt und reduzierte die Aufhebung und Erstattung auf 217,23 Euro; im Übrigen wies er den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.11.2012). Für den Umfang der teilweisen Aufhebung sei nicht die hälftige Höhe der Rückzahlung, sondern die Höhe der bei der Klägerin für Unterkunft und Heizung berücksichtigten Bedarfe maßgebend. Das [X.] hat die - ursprünglich von der Klägerin und ihrem [X.], gegenüber dem ebenfalls eine Teilaufhebung und Erstattungsforderung ergingen - angefochtenen Bescheide abgeändert und den auf die Leistungen beider anzurechnenden Betrag auf insgesamt 5,35 Euro beschränkt (Gerichtsbescheid vom 22.4.2015): § 22 Abs 3 [X.]B II aF sei dahin auszulegen, dass eine Aufhebung und Erstattung nicht stattfinde, soweit [X.] aus dem Regelbedarf getragen worden seien. Das L[X.] hat den Gerichtsbescheid des [X.] auf die von diesem zugelassene und nur vom Beklagten eingelegte Berufung abgeändert sowie die Bescheide insoweit abgeändert, als die Erstattung für die Klägerin und ihren [X.] auf jeweils 77,36 Euro beschränkt ist (Urteil vom 31.5.2017): Die Rechtsauffassung des [X.] werde geteilt, zu korrigieren sei nur ein Berechnungsfehler. § 22 Abs 3 [X.]B II aF ziele nach seinem Sinn und Zweck nicht auf die Anrechnung von Rückzahlungen ab, die Leistungsberechtigte aus ihrem Regelbedarf erwirtschaftet hätten. § 22 Abs 3 [X.]B II nF regele insoweit nur ausdrücklich, was bereits zuvor gegolten habe.

4

Mit seiner vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 22 Abs 3 [X.]B II aF. Dieser enthalte eine typisierende Ausgestaltung, die auf die Aufbringung der Mittel im Einzelnen nicht abstelle. Abzustellen sei vielmehr auf die aktuelle Bedarfslage im Zeitpunkt der Berücksichtigung der Rückzahlung, wie dies spiegelbildlich auch für die Berücksichtigung von Nachzahlungen gelte. Anderes gelte erst seit 1.8.2016 aufgrund von § 22 Abs 3 [X.]B II nF.

5

Nach einem Unterwerfungsvergleich hinsichtlich des [X.]es beantragt der Beklagte,

        

das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2017 und den Gerichtsbescheid des [X.] vom 22. April 2015 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des [X.]n ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 [X.]G). Entgegen den Entscheidungen der Vorinstanzen ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid gegenüber der [X.]lägerin in vollem Umfang rechtmäßig.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid des [X.]n vom 11.9.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2012, der auf die - vom [X.] zugelassene - Berufung nur des [X.]n vom L[X.] insoweit abgeändert worden ist, als die Erstattung der für Mai 2012 der [X.]lägerin erbrachten Leistungen auf 77,36 [X.] beschränkt ist, und damit letztlich das Begehren des [X.]n, die statthafte reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 [X.]G) gegen diese Bescheide insgesamt abzuweisen. Durch diese ist die [X.]-Bewilligung für die [X.]lägerin für Mai 2012 in Höhe von 217,23 [X.] teilweise aufgehoben und insoweit Erstattung gefordert worden. Nicht mehr streitig im Revisionsverfahren ist nach dem Teilvergleich der Beteiligten vor dem Senat die Teilaufhebung und Erstattungsforderung gegenüber dem [X.] der [X.]lägerin.

9

2. Das [X.] des [X.] ist der richtige [X.]. Soweit Bescheide nicht von diesem selbst, sondern von der [X.] erlassen worden sind, liegt dem weder eine abweichende Trägerschaft für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende noch eine Wahrnehmungszuständigkeit der Gemeinde zugrunde (vgl zu einer solchen B[X.] vom 28.10.2014 - [X.] [X.]/13 R - B[X.]E 117, 186 = [X.] 4-4200 § 7 [X.], [X.] f). Die Gemeinde ist vom [X.]n zur Durchführung der diesem als zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a [X.]B II (Anlage zu § 1 der [X.]) obliegenden Aufgaben nur in dessen Namen und Auftrag herangezogen worden (§ 3 Abs 1 [X.] zur Ausführung des [X.] und des § 6b des [X.]eskindergeldgesetzes vom 16.9.2004 ; § 1 Abs 1 der Heranziehungsvereinbarung [X.]B II/[X.]B XII zwischen dem Landkreis und Gemeinden des [X.] vom 25.11.2010).

3. Der nach Anhörung (§ 24 Abs 1 [X.]B X) ergangene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden (dazu, dass eine Anhörung aufgrund von § 24 Abs 2 Nr 5 [X.]B X nicht erforderlich war, vgl B[X.] vom 16.10.2012 - [X.] [X.]/11 R - B[X.]E 112, 85 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], RdNr 8). Der Bescheid vom 11.9.2012 ist zudem inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 [X.]B X; zu den Anforderungen vgl zuletzt B[X.] vom 25.10.2017 - [X.] [X.]/17 R - vorgesehen für [X.] 4-1300 § 45 [X.], Rd[X.]), denn der Aufhebungsverwaltungsakt bezeichnet im [X.] mit dem Bescheid vom 9.11.2011 und Änderungsbescheiden Bewilligungen, die für Mai 2012 teilweise aufgehoben werden, und der [X.] beziffert im [X.] eine Rückforderung in Höhe von 275,43 [X.], insoweit korrigiert durch den Widerspruchsbescheid vom 21.11.2012 durch Reduzierung des Aufhebungs- und Erstattungsumfangs auf 217,23 [X.].

4. [X.] ist materiell rechtmäßig. Nach dem vorliegend anzu[X.]denden § 22 Abs 3 [X.]B II aF (dazu 5.) hatte die [X.]lägerin im Mai 2012 keinen Anspruch auf die ihr bewilligten Bedarfe für Unterkunft und Heizung wegen der ihr im April 2012 vom Gasversorger zugeflossenen Rückzahlung ungeachtet der Übernahme nur abgesenkter Leistungen im Abrechnungszeitraum (dazu 6.). Dies überschreitet weder die Grenzen zulässiger Typisierung (dazu 7.) noch steht dem § 11a Abs 1 Nr 1 [X.]B II entgegen (dazu 8.). § 22 Abs 3 [X.]B II nF stellt insoweit eine echte Rechtsänderung dar, die hier keine An[X.]dung findet (dazu 9.).

5. Rechtsgrundlage ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht § 40 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Nr 3 [X.]B II iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 [X.]B X sowie § 330 Abs 3 Satz 1 [X.]B III (§ 40 [X.]B II idF der Bekanntmachung vom 13.5.2011, [X.]; zur Maßgeblichkeit des im Zeitpunkt der Aufhebung geltenden Rechts vgl letztens B[X.] vom 7.12.2017 - [X.] [X.]/17 R - vorgesehen für [X.] 4-4200 § 7 [X.], RdNr 10). Rechtsgrundlage in materiell-rechtlicher Hinsicht ist § 22 Abs 3 [X.]B II in der im Mai 2012 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 13.5.2011, [X.] = aF), nicht in der zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung geltenden, am [X.] in [X.] getretenen Fassung ([X.] - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom [X.], [X.] 1824 = nF), weil sich § 22 Abs 3 [X.]B II nF keine Rückwirkung für vergangene Zeiträume beimisst und auch die einschlägige Übergangsvorschrift des § 80 [X.]B II keine Rückwirkung für § 22 Abs 3 [X.]B II nF regelt (Geltungszeitraumprinzip, vgl B[X.] vom 19.10.2016 - [X.] [X.]/15 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 14 f). Aufgrund dieser Vorschriften ist die [X.]-Bewilligung für Mai 2012 aufzuheben, soweit nach ihrem Erlass Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als eine solche Änderung in den Verhältnissen der [X.]lägerin iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 [X.]B X kommt vorliegend allein die ihr im April 2012 zugeflossene Rückzahlung von Vorauszahlungen an den Gasversorger (im Folgenden: [X.]) in Betracht.

6. Im Mai 2012 hatte die [X.]lägerin keinen Anspruch auf die ihr zuvor bewilligten Bedarfe für Unterkunft und Heizung wegen der nach § 22 Abs 3 [X.]B II aF in diesem Monat zu berücksichtigenden [X.] im April 2012. Denn ein auf den [X.]-Anspruch [X.] Einkommen sind auch die unterkunftsbezogenen Rückzahlungen und Guthaben nach § 22 Abs 3 [X.]B II aF (vgl B[X.] vom 12.12.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] RdNr 10 mwN).

a) Nach § 22 Abs 3 [X.]B II aF mindern Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die [X.]osten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben außer Betracht.

b) Die streitige [X.] ist iS des § 22 Abs 3 Halbsatz 1 [X.]B II aF dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen. Hierfür kommt es nicht darauf an, in welcher Höhe tatsächliche Auf[X.]dungen der [X.]lägerin für Unterkunft und Heizung als Bedarfe nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II anerkannt worden sind. § 22 Abs 3 [X.]B II aF knüpft nicht hieran, sondern an § 19 Abs 1 Satz 3 [X.]B II an, nach dem die [X.]-Leistungen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (einschließlich zentraler Warmwassererzeugung) umfassen, und an § 19 Abs 3 Satz 2 [X.]B II, wonach zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen zunächst die Bedarfe nach den §§ 20, 21 und 23 [X.]B II deckt und darüber hinaus die Bedarfe nach § 22 [X.]B II. Für die An[X.]dung des § 22 Abs 3 [X.]B II aF kommt es nur auf diese Unterscheidung der Bedarfe an.

Anderes folgt nicht aus dem von der Vorgängerregelung in § 22 Abs 1 Satz 4 [X.]B II (idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.], [X.] 1706) abweichenden Wortlaut ("Rückzahlungen und Guthaben, die den [X.]osten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Auf[X.]dungen; Rückzahlungen, die sich auf die [X.]osten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben insoweit außer Betracht."). Vielmehr entspricht § 22 Abs 3 [X.]B II aF inhaltlich dieser Vorgängerregelung und passte diese nur sprachlich an die Änderung des § 19 [X.]B II an, die ihrerseits insoweit nur sprachlicher ("Bedarf" statt "[X.]osten" für Unterkunft und Heizung) und nicht inhaltlicher Art war (BT-Drucks 17/3404, [X.] f).

Die An[X.]dung des § 22 Abs 3 [X.]B II aF ist vorliegend auch nicht durch seinen Halbsatz 2 ausgeschlossen, weil die [X.] sich nicht auf die [X.]osten der Haushaltsenergie (Stromkosten) bezieht.

c) Die der [X.]lägerin im April 2012 zugeflossene [X.] mindert nach § 22 Abs 3 [X.]B II aF ihre Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung im Mai 2012. Die Berücksichtigung dieser Minderung ist nicht von vornherein auf die Heizkostenauf[X.]dungen der [X.]lägerin im Mai 2012 begrenzt, denn § 22 Abs 3 [X.]B II aF sieht insoweit keine isolierte Minderung nur von Auf[X.]dungen für die Unterkunft einerseits und für die Heizung andererseits je nach Herkunft der Rückzahlung vor.

d) Die Rückzahlung ist vor ihrer Berücksichtigung nicht zu reduzieren. Zwar mindern Rückzahlungen und Guthaben den Anspruch auf [X.] nur dann mit ihrem vollen Betrag, [X.]n die tatsächlichen Auf[X.]dungen der Leistungsberechtigten für Unterkunft und Heizung durch den hierauf entfallenden [X.]-Anteil vollständig gedeckt waren. [X.] dagegen wegen Unangemessenheit der Auf[X.]dungen nur abgesenkte Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht, mindern Rückzahlungen und Guthaben den [X.]-Anspruch nur um den Betrag, der nach ihrer Anrechnung auf die tatsächlichen Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung verbleibt (vgl B[X.] vom 12.12.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] RdNr 11 ff). Dies führt vorliegend jedoch nicht zu einer Beschränkung der Minderung, weil die Rückzahlung nicht nur die vom [X.]n im Mai 2012 erbrachten abgesenkten Leistungen für Unterkunft und Heizung überschritt, sondern auch die tatsächlichen Auf[X.]dungen der [X.]lägerin. Diese betrugen für sie und ihren [X.] insgesamt 536,25 [X.], die Rückzahlung betrug dagegen 550,87 [X.], sodass im Mai 2012 ein kopfteiliger Bedarf der [X.]lägerin für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II nicht bestand, ihr aber der sowohl die erbrachten abgesenkten Leistungen als auch die tatsächlichen Auf[X.]dungen übersteigende Rückzahlungsbetrag verblieb.

e) Der streitigen Minderung steht nicht entgegen, dass im Abrechnungszeitraum nicht die tatsächlichen Auf[X.]dungen der [X.]lägerin für Unterkunft und Heizung als Bedarfe nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II anerkannt worden sind. Hierauf kommt es nach dem Wortlaut des § 22 Abs 3 [X.]B II aF nicht an. Dem liegt zugrunde, dass durch § 22 Abs 3 [X.]B II aF vermieden werden soll, unterkunftsbezogene Rückzahlungen und Guthaben als Einkommen nach den allgemeinen Regelungen in §§ 11 ff [X.]B II zu berücksichtigen (zu Modifikationen im Einzelnen vgl B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]/11 R - B[X.]E 110, 294 = [X.] 4-4200 § 22 [X.], RdNr 14 ff), weil hiervon aufgrund § 19 Abs 3 Satz 2 [X.]B II zunächst der [X.] profitieren würde, obwohl die überzahlten Beträge im Regelfall von den [X.]ommunen aufgebracht worden sind; Einkommen aus unterkunftsbezogenen Rückzahlungen und Guthaben sind deshalb ausschließlich dem Bedarfsermittlungsregime des § 22 [X.]B II zu unterstellen und unmittelbar von den Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung abzusetzen, damit es im Ergebnis zu einer Entlastung der kommunalen Träger kommt (vgl BT-Drucks 16/1696 <§ 22 Abs 1 Satz 4 [X.]B II>, [X.] f; vgl auch B[X.] vom 12.12.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.]). Diesem Gesetzeszweck entspricht es, bei der Minderung der Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung durch unterkunftsbezogene Rückzahlungen und Guthaben nicht danach zu differenzieren, in welcher Höhe im Abrechnungszeitraum tatsächliche Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung vom [X.] als Bedarfe nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II anerkannt worden sind.

Für diese Typisierung spricht zudem, dass § 22 Abs 3 [X.]B II aF nach seinem Wortlaut nicht darauf abstellt, von wem die unterkunftsbezogenen Vorauszahlungen im Abrechnungszeitraum aufgebracht worden sind und auf [X.] demgemäß die Rückzahlung zu welchem Anteil entfällt (vgl B[X.] vom 16.5.2012 - [X.] [X.]2/11 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.]; B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]/11 R - B[X.]E 110, 294 = [X.] 4-4200 § 22 [X.], Rd[X.] f; B[X.] vom 12.12.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] RdNr 15). Entscheidend ist nicht, wie das Einkommen aus der Rückzahlung erwirtschaftet wurde, sondern abzustellen ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Berücksichtigung. § 22 Abs 3 [X.]B II aF differenziert weder nach dem wirtschaftlichen Ursprung der Rückzahlungen noch nach den Zeiträumen ihrer Entstehung. Genauso wie Rückzahlungen, die aus Zahlungen in Zeiträumen stammen, in denen keine Hilfebedürftigkeit bestand, zu berücksichtigen sind, ist es unerheblich, wer diese Zahlungen geleistet hat.

7. Dass es für die Minderung der Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung durch Berücksichtigung der [X.] im Mai 2012 grundsicherungsrechtlich ohne Bedeutung ist, aus welchen Mitteln die [X.]lägerin die [X.] im Abrechnungszeitraum wegen der insoweit nur abgesenkten Leistungsbewilligung aufgebracht hat, überschreitet nicht die Grenzen zulässiger Typisierung (vgl zur Typisierung im Existenzsicherungsrecht nur [X.] vom [X.] - 1 BvL 1/09 ua - [X.]E 125, 175 = [X.] 4-4200 § 20 [X.], juris RdNr 205; B[X.] vom 20.2.2014 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 21 [X.] Rd[X.]). Hinter § 22 Abs 3 [X.]B II aF steht das normative [X.]onzept der Hilfebedürftigkeit (§ 2 Abs 1 Satz 1, § 3 Abs 3, § 9 Abs 1 [X.]B II; vgl dazu B[X.] vom 1.12.2016 - [X.] AS 28/15 R - juris, RdNr 28 f), das insgesamt prägend für das [X.]B II ist: Wenn und soweit Leistungsberechtigte aus unterkunftsbezogenen Rückzahlungen ihre Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung selbst bestreiten können, sind sie insoweit nicht hilfebedürftig; das [X.] ist insoweit nicht zur Erbringung von Leistungen verpflichtet. § 22 Abs 3 [X.]B II aF dient so weder allein der Verwaltungsvereinfachung, sondern folgt dem Hilfebedürftigkeitskonzept des [X.]B II, noch führt die Vorschrift zu einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Bedarfsunterdeckung, sondern berücksichtigt den Zufluss von zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehenden bereiten Mitteln. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, die Typisierung des § 22 Abs 3 [X.]B II aF bei abgesenkten Leistungen für Unterkunft und Heizung im Abrechnungszeitraum nicht durchgreifen zu lassen (offen gelassen in B[X.] vom 16.5.2012 - [X.] [X.]2/11 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.]; im Ergebnis ebenso zu § 22 Abs 3 [X.]B II aF [X.]rauß in [X.]/[X.], [X.]B II, [X.] § 22 RdNr 210 f, Stand Oktober 2012; [X.] in [X.], [X.]B II/[X.]B III, § 22 [X.]B II [X.]6, Stand Oktober 2016; [X.] in Eicher, [X.]B II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 144, 148; [X.] in Adolph, [X.]B II/[X.]B XII/[X.], § 22 [X.]B II RdNr 112 f, Stand Januar 2017; [X.] in LP[X.]-[X.]B II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 119, 122; [X.] in [X.], Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Guthaben und Rückzahlungen" [X.]; Piepenstock in jurisP[X.]-[X.]B II, 4. Aufl 2015, § 22 RdNr 166).

Dies steht im Einklang damit, dass [X.] spiegelbildlich auch für solche Nachforderungen aus Heizkostenabrechnungen Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II zu erbringen haben, die sich auf Zeiträume beziehen, in denen Leistungen nach dem [X.]B II nicht beantragt waren und Hilfebedürftigkeit nicht bestand. Abzustellen ist auch insoweit auf die Verhältnisse in dem Zeitpunkt, in dem die Nachforderung tatsächlich anfällt (vgl hierzu näher B[X.] vom 24.11.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] RdNr 15; B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]/11 R - B[X.]E 110, 294 = [X.] 4-4200 § 22 [X.], RdNr 20; B[X.] vom 25.6.2015 - [X.] [X.]/14 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] RdNr 14 ff; B[X.] vom 30.3.2017 - [X.] [X.]/16 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] RdNr 15). Und ebenso spiegelbildlich verbleiben Rückzahlungen unterkunftsbezogener Vorauszahlungen dann bei deren Empfängern, [X.]n die Vorauszahlungen zwar im Abrechnungszeitraum vom [X.] übernommen worden waren, der ehemals leistungsberechtigte Empfänger im Zeitpunkt der Rückzahlung aber nicht mehr im Leistungsbezug ist. Entscheidend für die grundsicherungsrechtliche Berücksichtigung sind jeweils nur die Verhältnisse im Zeitpunkt der Nachforderung wie der Rückzahlung.

Auf die Wirkungen dieser zulässigen Typisierung konnte sich die [X.]lägerin auch einrichten: Aufgrund der seit Juli 2010 nach einem [X.]ostensenkungsverfahren vom [X.]n nur noch in abgesenkter Höhe übernommenen Heizkosten bestanden für sie Handlungsmöglichkeiten, die Lücke zwischen tatsächlichen und als angemessen anerkannten [X.]osten zu schließen oder sich auf diese und ihre möglichen Folgen einzustellen.

8. Einer Berücksichtigung der [X.] steht § 11a Abs 1 Nr 1 [X.]B II nicht entgegen (anders für Rückzahlungen und Guthaben von [X.] B[X.] vom 23.8.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 13 ff). Denn auch insoweit geht die spezialgesetzliche Bestimmung des § 22 Abs 3 [X.]B II aF vor. Diese enthält für Rückzahlungen und Guthaben von [X.], die anders als [X.] nicht in die Ermittlung des pauschalierten Regelbedarfs nach § 20 [X.]B II Eingang gefunden haben, ein von den allgemeinen Regelungen in § 19 Abs 3 Satz 2 iVm §§ 11 ff [X.]B II abweichendes Berücksichtigungsregime: Werden nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II nicht die tatsächlichen, sondern nur abgesenkte Heizkosten vom [X.] übernommen und werden die darüber hinausgehenden tatsächlichen Auf[X.]dungen vom Leistungsberechtigten (auch) aus dem Regelbedarf aufgebracht, gehen Rückzahlungen und Guthaben insoweit nicht zulasten des pauschalierten Regelbedarfs nach § 20 [X.]B II, sondern mindern ausschließlich die Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II. Dieser Unterschied rechtfertigt es, bei An[X.]dung des § 22 Abs 3 [X.]B II aF (auch) aus dem Regelbedarf aufgebrachte [X.] bei ihrer Rückzahlung nicht unberücksichtigt zu lassen (vgl zu diesem Unterschied bereits vgl B[X.] vom 23.8.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] RdNr 22 f; [X.], [X.]/[X.]B 2014, 71, 75 f; zum begrenzten Zweck des § 11a Abs 1 Nr 1 [X.]B II vgl zuletzt B[X.] vom 12.10.2017 - [X.] AS 19/16 R - vorgesehen für [X.] 4, RdNr 28 ff).

9. Für die streitige Aufhebung folgen keine anderen rechtlichen Maßstäbe daraus, dass nach § 22 Abs 3 [X.]B II nF Rückzahlungen, die sich auf nicht anerkannte Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung beziehen, außer Betracht bleiben. Denn hierbei handelt es sich nach dem Vorstehenden um eine echte Rechtsänderung. Davon gehen auch die Gesetzesmaterialien aus (BT-Drucks 18/8041, [X.]). Dies verdeutlicht zudem § 82 Abs 1 Satz 2 [X.]B XII (idF des [X.] [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.] 453), wonach Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, kein Einkommen sind (vgl zu den Motiven BT-Drucks 17/3404, [X.] f). Denn die in demselben Gesetz enthaltene Neufassung des § 22 Abs 3 [X.]B II aF enthielt diese Einschränkung für aus dem Regelbedarf aufgebrachte Auf[X.]dungen für Unterkunft und Heizung nicht, sondern entsprach inhaltlich der Vorgängerregelung in § 22 Abs 1 Satz 4 [X.]B II.

10. Rechtsgrundlage des [X.]s ist § 40 Abs 1 Satz 1 [X.]B II iVm § 50 Abs 1 Satz 1 [X.]B X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Dies ist dem Aufhebungsverwaltungsakt zu entnehmen, mit dem der [X.] in einem Bescheid verbunden worden ist, und nach dem die [X.]-Bewilligung für Mai 2012 teilweise aufgehoben worden ist. Die hieran anknüpfende Erstattungsforderung in Höhe der für Mai 2012 der [X.]lägerin bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung (217,23 [X.]) ist rechtmäßig.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [X.]G. Der Teilkostenerstattung für das Widerspruchsverfahren liegt zugrunde, dass der [X.] in diesem die Aufhebung und Erstattung reduziert und damit dem Widerspruch teilweise abgeholfen hatte (vgl § 63 [X.]B X).

Meta

B 14 AS 22/17 R

14.06.2018

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Aurich, 22. April 2015, Az: S 15 AS 704/12, Gerichtsbescheid

§ 22 Abs 3 Halbs 1 SGB 2 vom 13.05.2011

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 14.06.2018, Az. B 14 AS 22/17 R (REWIS RS 2018, 7798)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7798

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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B 4 AS 8/20 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Betriebskostenguthaben - einmalige Einnahme - Verteilung auf sechs …


B 4 AS 132/11 R (Bundessozialgericht)

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1 BvL 1/09

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