Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2006, Az. III ZB 89/05

III. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1596

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] [X.] 89/05 vom 28. September 2006 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 839 B, [X.]; GG Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34; [X.] § 201 Nr. 3 Satz 1 Zur amtspflichtwidrigen Verletzung der Menschenwürde und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei der gemeinsamen Unterbringung von [X.] in einem Haftraum. [X.], Beschluss vom 28. September 2006 - [X.] - [X.]

LG [X.] - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 28. September 2006 durch [X.] und [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des [X.] vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des [X.] zu tragen. Wert des [X.]: 5.250 • Gründe: [X.] Der Antragsteller verbüßt seit dem 2. Juli 2001 Strafhaft. Vom 17. [X.] bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 war er zusammen mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum [X.]. Das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - [X.] stellte durch Beschlüsse vom 3. September 2003 (30 [X.] und 30 [X.]) fest, dass die zu den vorgenannten [X.]en erfolgte gemeinschaftliche Unter-bringung des Antragstellers mit einem anderen Gefangenen rechtswidrig war. 1 - 3 - Der Antragsteller macht geltend, durch die gemeinschaftliche Unterbrin-gung seien sein Persönlichkeitsrecht und seine Menschenwürde verletzt [X.]. Er begehrt von dem die Strafanstalt unterhaltenden Land ein "Schmer-zensgeld" und hat beantragt, ihm für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 50 • je Tag der rechtswidrigen Unterbringung in einem gemeinschaftlichen Haft-raum Prozesskostenhilfe zu bewilligen. 2 Landgericht und Beschwerdegericht haben die Prozesskostenhilfe ver-weigert. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Prozesskostenhilfegesuch weiter. 3 I[X.] 1. Die auch sonst in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsbe-schwerde ist statthaft. Denn das Beschwerdegericht hat sie zugelassen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO). Das war zwar nicht zulässig. Denn in dem Ver-fahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie dem der Fortbildung des Rechts oder der Si-cherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2003 - [X.]/03 - NJW-RR 2003, 1438). Solche stehen hier indes - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht inmitten; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (vgl. Senatsbeschluss aaO). 4 - 4 - 2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat dem Antragsteller zu Recht die Prozesskostenhilfe verweigert, weil sein Rechtsver-folgungsbegehren keine Erfolgsaussicht hat (§ 114 Satz 1 ZPO). 5 a) Dem Antragsteller steht eine Entschädigung in Geld wegen amts-pflichtwidriger Verletzung seiner Menschenwürde und seines allgemeinen [X.] (§ 839 BGB i.V.m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34 GG; vgl. Se-natsurteil [X.] 161, 33, 35 f) durch Bedienstete des Antragsgegners nicht zu. Denn eine solche Verletzung ist mit dem Beschwerdegericht zu verneinen; die Frage, ob der Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG eine Entschädigung in Geld gebietende Erheblichkeit erreichte (vgl. Senatsurteil aaO S. 36 ff; s. dazu ferner [X.], Beschluss vom 27. Dezember 2005 - 1 BvR 1359/05 - juris Rn. 14 ff), stellt sich im Streitfall nicht. 6 aa) Aufgrund der Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer vom 3. September 2003 steht zwar mit Bindungswirkung auch für den Amtshaf-tungsprozess (vgl. Senatsurteil aaO S. 34) fest, dass der Antragsteller vom 17. Dezember 2002 bis zum 29. Januar 2003 und vom 5. März 2003 bis zum 6. Mai 2003 rechtswidrig, nämlich unter Verstoß gegen seinen Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.], mit einem anderen Gefangenen in einem Haftraum untergebracht war. 7 Der Strafvollstreckungskammer sind bei der [X.] allerdings Rechtsfehler unterlaufen. Sie hat die Übergangsbestimmung des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.], die abweichend von § 18 [X.] bei [X.] die gemeinsame Unterbringung von Gefangenen unter gewissen Voraussetzungen erlaubt, nicht angewandt; der Gebäudekomplex, in dem der 8 - 5 - Antragsteller untergebracht gewesen sei, könne wegen grundlegender Umges-taltung nach 1990 nicht mehr als Altbau im Sinne des § 201 Nr. 3 [X.] ein-gestuft werden. Diese Auffassung geht indes fehl, wie der [X.] ([X.]St 50, 234, 241 ff) inzwischen - gerade bezüglich der Justizvollzugsan-stalt, in der der Antragsteller untergebracht war - entschieden hat: Bei einem nach Inkrafttreten des [X.] einer aus mehreren Bauwerken bestehenden - wie der hier vor Inkrafttreten des [X.] erbauten - Justizvollzugsanstalt ist im Rahmen des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] auf den Gesamtzustand der [X.] mit der Folge, dass eine gemeinsame Unterbringung von Gefangenen nicht ohne weiteres rechtswidrig ist. Der rechtliche Fehler ändert zwar nichts an der Bindungswirkung der Rechtswidrigkeitsfeststellung durch die Strafvollstreckungskammer. Die - von der Strafvollstreckungskammer verkannte - Anwendbarkeit des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] kann aber bei der Prüfung zu berücksichtigen sein, wie schwer der (festgestellte) Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] wiegt und ob den Bediensteten des [X.] ein Verschulden vorzuwerfen ist. 9 bb) Ungeachtet dessen steht mit der bindend ausgesprochenen Feststel-lung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf Einzelunterbringung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] noch nicht zugleich fest, dass die gemeinsame Unter-bringung auch das Gebot, Strafgefangene menschenwürdig zu behandeln (Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG; s. ferner [X.] aaO Rn. 15), verletzte. Die bloße gemeinsame Unterbringung entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann ohne Hinzutreten erschwerender, den Gefangenen benachteiligender Umstände nicht als Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen werden (vgl. [X.]St aaO S. 239 f). Das Beschwerdegericht hat demnach zutreffend auf 10 - 6 - die Umstände des Einzelfalls abgestellt und nach den konkreten [X.] einen Verstoß gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verneint. [X.] tatrichterliche Würdigung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen. Hier kommt im Übrigen hinzu, dass der mit der Doppelbelegung verbundene Eingriff in die Privatsphäre des Antragstellers durch die Gestaltung des Vollzugs gemildert wurde (vgl. [X.]St aaO [X.]): Der Antragsteller befand sich in einer teil-gelockerten Station mit einem offenen Bereich von 13.00 bis 16.00 Uhr. Er wurde in der Küche eingesetzt, so dass er nicht die gesamte [X.] in der Zelle verbringen musste. Darüber hinaus hatte ihm die Anstalt ermöglicht, bei der Auswahl des mit ihm untergebrachten Strafgefangenen mitzuwirken. [X.]) Es ist weiter von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Be-schwerdegericht gesundheitliche Beeinträchtigungen als Folge der gemeinsa-men Unterbringung nicht festzustellen vermocht hat. Die Rechtsbeschwerde zeigt diese Würdigung in Frage stellenden substantiierten Parteivortrag nicht auf. Soweit der Antragsteller geltend gemacht hat, aufgrund der [X.]) Unterbringungsbedingungen gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten zu haben (Platzangst, Schweißausbrüche usw.), hat er noch nicht einmal be-hauptet, derartige Beschwerden gegenüber der Anstaltsleitung geäußert zu ha-ben. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im fraglichen [X.]raum ärztlichen Rat gesucht haben oder gar ärztlich behandelt worden sein könnte. Bei dieser Sachlage bestünde im ordentlichen Klageverfahren keine hinrei-chende Grundlage für die - von dem Antragsteller beantragte - Einholung eines Sachverständigengutachtens, noch weniger Anlass dafür, ihn als Partei zu ver-nehmen (§§ 447, 448 ZPO). 11 b) Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat schließlich nicht deshalb [X.] auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, weil die Entscheidung von der Beant-12 - 7 - wortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhinge, die in das ordentliche Klageverfahren gehören. Aus der Tatsache, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde - ohne Begründung - zugelassen hat, ergibt sich das nicht. Es geht im Streitfall um tatrichterliche Bewertungen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 - [X.] - NJW 2006, 1289 f). Das Beschwerde-gericht hat auf die "Umstände(n) dieses konkreten Einzelfalles" abgehoben. Grundsatzfragen stehen nach dem vorgenannten Senatsurteil und dem zitierten Beschluss des 5. Strafsenats nicht offen. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.]: LG [X.], Entscheidung vom 28.04.2005 - 4 O 143/04 - [X.], Entscheidung vom 14.07.2005 - 4 W 15/05 -

Meta

III ZB 89/05

28.09.2006

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2006, Az. III ZB 89/05 (REWIS RS 2006, 1596)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1596

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.