Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2005, Az. 5 ARs (VollZ) 54/05

5. Strafsenat | REWIS RS 2005, 1396

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Nachschlagewerk: ja

[X.]: ja

Veröffentlichung : ja

[X.] § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] § 201 Nr. 3 Satz 1

Bei der Entscheidung über einen Anspruch auf Einzelunterbringung während der Ruhezeit (§ 18 Abs. 1 Satz 1 [X.]) in einem nach Inkrafttreten des [X.] einer aus mehreren Bauwerken bestehenden [X.] vor Inkrafttreten des [X.] erbauten [X.] ist auf den Gesamtzustand der Justizvollzugsanstalt abzustellen mit der Folge, dass § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] auf die gesamte [X.] weiter anzuwenden ist.

[X.], [X.]uss vom 11. Oktober 2005

[X.] 5 [X.] ([X.]) 54/05

[X.] [X.]

5 [X.] ([X.]) 54/05
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 11. Oktober 2005 in der [X.] betreffend

wegen gemeinsamer Unterbringung während der Ruhezeit

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 11. Oktober 2005 beschlossen:

Bei der Entscheidung über einen Anspruch auf Einzelunter-bringung während der Ruhezeit (§ 18 Abs. 1 Satz 1 [X.]) in einem nach Inkrafttreten des Strafvollzugsge-setzes umgebauten Einzelbauwerk einer aus mehreren Bauwerken bestehenden [X.] vor Inkrafttreten des Strafvoll-zugsgesetzes erbauten [X.] ist auf den Gesamtzustand der Justizvollzugsanstalt abzustellen mit der Folge, dass § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] auf die gesamte Justizvollzugsanstalt weiter anzuwenden ist.

G r ü n d e
I.

Der Gefangene D verbüßt seit dem 13. Februar 2002 in der 1844 mit drei Hafthäusern in Betrieb genommenen [X.] Strafhaft. Er ist in dem schon zu diesem [X.]punkt errichteten Haus 1.1 (Strafhaft Männer) in einem nach Umbau 1998 hergestellten 12,59 m² großen Haftraum mit abgetrenntem Sanitärbereich untergebracht. Der [X.] ist wegen dauerhafter Überbelegung der Anstalt seit [X.] 2001 mit zwei Gefangenen belegt.

Den von dem Gefangenen zuletzt am 26. Juli 2004 gestellten Antrag auf Einzelunterbringung während der Ruhezeiten (§ 18 Abs. 1 Satz 1 [X.]) hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt unter Hinweis auf fehlende Einzelhaftplätze zurückgewiesen. Dem dagegen gerichteten Verpflichtungs-antrag des Gefangenen hat die Strafvollstreckungskammer mit [X.]uss - 3 - vom 20. Dezember 2004 stattgegeben und die sofortige [X.]iehung des Verpflichtungsanspruchs angeordnet.

Das [X.] hat die Auffassung vertreten, die gemeinsame Unter-bringung des Antragstellers könne nicht auf die —räumlichen Verhältnisse der [X.] im Sinne der Übergangsvorschrift des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] gestützt werden. Ausschlaggebend für deren Anwendung sei nicht der [X.]-punkt der Errichtung der Anstalt, sondern der Zustand des [X.], in dem der Gefangene untergebracht ist. Das [X.] 1.1 stehe nach umfas-sender Renovierung mit der Schaffung von 96 [X.] aber einem Neubau gleich. Gewisse, auf denkmalschutzrechtliche Auflagen zurückge-hende Funktionseinbußen rechtfertigten keine andere Bewertung. Das Land-gericht hat ferner sinngemäß erwogen, eine Anwendung der Übergangsvor-schrift sei verwirkt. Nach Abschluss des Umbaus des [X.] 1.1 hätten bis Juli 2001 genügend Einzelhaftplätze zur Verfügung gestanden. Die erst ab August 2001 wieder erforderlichen Doppelbelegungen stünden dann aber nicht mehr im Zusammenhang mit den räumlichen Verhältnissen der Anstalt, sondern hätten ihre Ursache allein im starken Anwachsen der Zahl der Ge-fangenen. Schließlich hat das [X.] darauf hingewiesen, dass dem Gefangenen wegen der noch bis 19. Februar 2008 anstehenden Inhaftierung auch im Rahmen des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] aufgrund einer gebotenen Ermessensreduzierung auf Null ein Anspruch auf Einzelunterbringung zuste-hen —dürftefi.

Dem ist das [X.] des [X.] mit seiner auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde entgegengetreten. Das [X.] hat mit [X.]uss vom 5. April 2005 die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts nach § 116 Abs. 1 [X.] zugelassen. Es hält sie auch für begründet.

Das [X.] vertritt die Auffassung, dass für die Beurteilung der räumlichen Verhältnisse i. S. v. § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] auf die [X.] 4 - samtheit der Anstalt und nicht auf den Zustand des einzelnen in Frage ste-henden [X.] abzustellen ist. Es sieht sich an der beabsichtigten Ent-scheidung jedoch durch den [X.]uss des [X.] vom 10. Dezember 1997 (NStZ-RR 1998, 191) gehindert, das den Zustand eines einzelnen [X.] 1995 in der [X.] neu errichteten [X.] [X.] als maßgeblich angesehen hat. Das [X.] Naum-burg hat deshalb gemäß § 121 Abs. 2 [X.] die Sache dem [X.] zur Entscheidung mit folgender Rechtsfrage vorgelegt:

—Ist bei der Entscheidung über einen Anspruch auf Einzelunterbrin-gung während der Ruhezeit (§ 18 [X.]) auf die räumlichen Verhältnisse eines nach Inkrafttreten des [X.] umgebauten Einzelbauwerks einer aus mehreren Bauwerken bestehenden [X.] vor Inkrafttreten des [X.] erbau-ten [X.] abzustellen oder auf den Gesamtzustand der [X.] mit der Folge, dass die Übergangsvorschrift des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] auf die gesamte Justizvollzugsanstalt weiter anzuwen-den ist?fi
II.

Die [X.] sind gegeben.
1. Die Auffassung des [X.]s, es komme für seine Ent-scheidung auf die vorgelegte Rechtsfrage an, ist zutreffend.
Die [X.] betrifft die Auslegung des Begriffs —[X.] in § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] und ist damit eine Rechtsfrage.
Auch wenn sich der vom [X.] bewertete Sachverhalt (Neu-bau) von dem hier in Frage stehenden (Umbau) unterscheidet, ist die Auffas-sung des [X.]s, tragende Erwägungen des [X.]usses des [X.]s stünden seiner beabsichtigten Entscheidung entgegen, [X.] 5 - denfalls vertretbar und bei der Prüfung der [X.] durch den Senat zugrunde zu legen (vgl. [X.]St 16, 321, 324; [X.] NStZ 2000, 222). Es erscheint nämlich sachgerecht, Neubauten und Umbau-ten als Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der —räumlichen Verhältnisse der [X.] gleich zu behandeln (a.[X.] in [X.]/Lückemann, [X.] § 201 [X.]. 1). Ferner ist es wegen der insoweit grundsätzlich gleichen Rechtslage (§ 18 Abs. 2 Satz 1 [X.]) unerheblich, dass sich das [X.] mit einer Doppelbelegung im offenen [X.]ug befasst hat, vorlie-gend aber eine solche im geschlossenen [X.]ug zu beurteilen ist.
Der vom [X.] erwogene Anspruch des Gefangenen auf [X.] im Blick auf die noch lange [X.]ugsdauer steht der [X.] nicht entgegen. Es handelt sich insoweit lediglich um eine nicht tragende Hilfserwägung.
Auch soweit das [X.] implizit die im Blick auf den Wort-laut des § 111 [X.] zweifelhafte Vorfrage entschieden hat, dass die Auf-sichtsbehörde befugt ist, Rechtsbeschwerde zu erheben (dafür: [X.] in AK-[X.] 4. Aufl. § 111 [X.]. 5 m.w.[X.]; dagegen: [X.]/[X.], [X.] 10. Aufl. § 111 [X.]. 4 m.w.[X.]), beseitigt solches die Entschei-dungserheblichkeit ebenfalls nicht. Diese nicht vorgelegte Rechtsfrage steht mit der [X.] nicht in solch einem sachlogisch untrennbaren Zu-sammenhang, dass über beide nur einheitlich entschieden werden könnte (vgl. [X.]St 34, 101, 105). Der Senat ist nicht genötigt, zu dieser Frage Stel-lung zu nehmen. Deren Beantwortung durch das [X.] hat auch keinen Abweichungsfall ausgelöst (vgl. den Nachweis der Rechtspre-chung der [X.]e bei [X.] aaO).
Gleiches gilt für die ebenfalls vom [X.] implizit entschie-dene Vorfrage, ob die Rechtsbeschwerde entgegen dem Wortlaut des § 114 Abs. 2 Satz 3 [X.] bei einer im Eilverfahren getroffenen Hauptsacheent-scheidung zulässig ist (dafür: [X.] ZfStrVo 1987, 378 [Ls]; [X.] - 6 - [X.] NStZ 1993, 557, 558; [X.] aaO § 114 [X.]. 5; dagegen: [X.] aaO § 114 [X.]. 11; [X.]/[X.] aaO § 114 [X.]. 4).
2. Die Vorschrift des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] ist vorliegend an-wendbar.
Es handelt sich um ein [X.]gesetz, das allerdings den [X.]punkt des [X.] nicht bestimmt. Dieser Mangel beeinträchtigt aber die Wirksamkeit und Anwendbarkeit der Norm nicht. Die fehlende Befristung liegt innerhalb des [X.] (vgl. [X.] in Schmidt-Bleibtreu/[X.], GG 10. Aufl. Vorb. v. Art. 70 [X.]. 10 und 15) und wird von sachlichen Erwägungen getragen. Die auf den Entwurf der Bundes-regierung (vgl. [X.]. 7/918 S. 37) zurückgehende Fassung des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] war als eine Bestimmung konzipiert, die der Reform des Strafvollzugs in einer für die Haushalte der Länder tragbaren Form den Weg eröffnen sollte ([X.]. aaO [X.]). Das damit bezweckte Gebot, die [X.] nicht über Gebühr mit der Verpflichtung zum Umbau und Neubau von Justizvollzugsanstalten zu belasten, hat heute noch erhebliche Bedeutung. Die Anzahl der Strafgefangenen ist infolge der auf Grund zahl-reicher Strafdrohungsverschärfungen (vgl. [X.]/[X.], StGB 52. Aufl. Vor § 174 [X.]. 4 und 4a) verhängter höherer Freiheitsstrafen stark [X.] (51.442 am 31. März 1997; 60.742 am 31. März 2002; 63.677 am 31. März 2004). Dem gegenüber ist die Leistungskraft der Länder durch de-ren höhere Verschuldung zurückgegangen. Eine Einzelunterbringung (fast) aller Gefangener ist angesichts von dafür notwendigen mindestens 20.000 zusätzlichen Haftplätzen bei Herstellungskosten von 100.000 bis 150.000 Euro für einen Haftplatz auf absehbare [X.] nicht realisierbar (vgl. Dün-kel/[X.] Neue Kriminalpolitik 2003, 146, 147). Damit steht außer Frage, dass ein Wandel der Normsituation (vgl. [X.], Methodenlehre der [X.]. [X.]) nicht eingetreten und § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] auch heute noch anzuwenden ist (so auch [X.] Frankfurt NStZ-RR 2001, 28, 29; [X.] Celle NJW 2004, 2766, 2767; [X.], [X.]. vom - 7 - 16. Juni 2004 [X.] 5 Ws 212/04 [X.]; vgl. auch [X.] NJW 2005, 514, 515; [X.] NStZ 2005, 251, 252, 254). Eines Rückgriffs auf die hier durch Art. 8 [X.]. Anlage I Kapitel III Justiz C Strafrecht [X.] bewirkte kürzere Geltungsdauer der Norm bedarf es nicht.
§ 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] ist auch nicht [X.] wie das [X.] meint [X.] deshalb unanwendbar, weil die Norm in der [X.] aus tatsäch-lichen Gründen drei Jahre nicht angewandt werden musste und ein Zurück-greifen auf sie nur wegen der gestiegenen Zahl der Gefangenen verwirkt sei. Dem hier anzuwendenden öffentlichen Recht ist zwar das dem Privatrecht entstammende Institut der Verwirkung nicht fremd. [X.] unter diesem Gesichtspunkt kommen aber nur für subjektiv-öffentliche Rech-te, wie etwa von [X.] den Verfahrensbeteiligten zuerkannte Rechte (vgl. [X.]St 38, 111; [X.] NJW 2005, 2466) in Betracht. Einwände gegen die Anwendbarkeit von Gesetzen, die abstrakte Regelungen zum In-halt haben und generelle Geltung beanspruchen, können mit diesem [X.] aber nicht begründet werden.
3. Die Sache ist entscheidungsreif.

a) Die Auffassung des vorlegenden [X.]s ist nicht durch Rechtsprechung des [X.] überholt. Das [X.] hat bislang nicht entschieden, dass eine bloße gemeinsame Unterbringung entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.] ohne Hinzutreten er-schwerender, den Gefangenen benachteiligender Umstände [X.] wegen [X.] gegen das Gebot, die Menschenwürde des Gefangenen zu achten, verfassungswidrig ist. Eine auf Feststellung der verfassungsrechtlichen [X.] des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] gerichtete Vorlage hat die [X.] des Zweiten Senats mit [X.]uss vom 24. September 2003 als unzulässig zurückgewiesen ([X.], 17). Zwar hat die [X.] dieses Senats mit ihren [X.]üssen vom 27. Februar 2002 (NJW 2002, 2699) und 13. März 2002 (NJW 2002, 2700) Verfassungsbeschwerden von Gefange-- 8 - nen, die entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] gemeinsam untergebracht waren, stattgegeben. Als unmittelbar verletzt hat das [X.] aber die Grundrechte der Gefangenen auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz angesehen (NJW aaO, S. 2700 und 2701), der die Fachgerich-te zur Würdigung der [X.] allerdings im Blick auf Art. 1 Abs. 1 GG verfassungs-rechtlichen Bedenken begegnenden [X.] Eigenschaften der jeweiligen [X.] (7,6 m² und 8 m² Bodenfläche mit jeweils offener Toilette) hätte nötigen müssen.
b) Das Verfahren muss nicht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausge-setzt werden. Der Senat schließt für den vorliegenden Fall einen Verstoß gegen das Gebot der menschenwürdigen Behandlung Strafgefangener aus.
Größe und Ausstattung des Haftraums begründen hier keine durch-greifenden Bedenken, der Gefangene sei in einer seine Menschenwürde missachtenden Art untergebracht (vgl. [X.] aaO S. 2701; [X.] [X.] Kam-mer ZfStrVo 1994, 377, 378; [X.] Celle StV 2003, 567, 568). In der Recht-sprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum entspricht es allgemeiner Auffassung, dass solches erst bei nicht abgetrennter Toilette oder deren feh-lender gesonderten Entlüftung und bei einem Unterschreiten von 16 m³ Luft-raum oder 12 m² Bodenfläche anzunehmen ist ([X.] Frankfurt NJW 2003, 2843, 2845 mit umfangreichen Nachweisen der Rspr. und Literatur; [X.] NJW 2005, 514, 515; [X.], 342; [X.] ZfStrVo 2004, 5). Der Senat teilt diese Auffassung. Die hier vorliegende Un-terbringung von zwei Gefangenen in einem 12,59 m² großen [X.] mit Abtrennung des Sanitärbereichs begegnet demnach keinen Einwänden (vgl. auch [X.] Celle StV 2003, 567, 568).
Indes erschöpft sich die Wirkkraft des Gebots der menschenwürdigen Behandlung der Strafgefangenen nicht in dem Anspruch auf eine (hier ge-meinsame) Unterbringung in angemessenen Hafträumen. Eine länger dau-ernde Mehrfachunterbringung gegen den Willen des Strafgefangenen kann - 9 - sich [X.] trotz der gebotenen Zurückhaltung gegenüber unmittelbaren Folge-rungen aus Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. [X.] Frankfurt NJW 2003, 2843, 2845 m.w.[X.]) [X.] als ein die Menschenwürde des Gefangenen tangierender Verlust der Intim- und Privatsphäre darstellen (vgl. [X.] NStZ 2005, 251, 254; Theile StV 2002, 670, 671; [X.] NStZ 1999, 429, 430; Oberheim, [X.] [1984] S. 51). Auch dem Gefangenen muss ein Innen-raum verbleiben, in dem er in Ruhe gelassen wird und in welchem er ein Recht auf Einsamkeit genießen kann (vgl. [X.]E 27, 1, 6; [X.] [X.] Kam-mer NJW 1996, 2643; [X.]St 37, 380, 382). Begründet letztlich ein Anspruch darauf schon das Gebot für die [X.], Gefangene lediglich aus besonderen, in § 88 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 [X.] oder § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] normierten Anlässen, durch [X.] zu beobachten (vgl. [X.]St aaO S. 381 f.; [X.] JR 1992, 174, 176), muss der wesentlich stärkere Ein-griff in die Privatsphäre des Gefangenen infolge der Doppelbelegung (vgl. [X.] aaO; [X.] aaO Fußn. 15) auf Wunsch des Gefangenen durch die Gestaltung des [X.]ugs teilweise ausgeglichen werden. Dafür bietet sich an [X.] und solches ist auch geboten, [X.] dass jeweils jedem der in dem doppelt belegten Haftraum untergebrachten Gefangenen außerhalb der [X.] angemessene Ruhezeiten (vgl. [X.]/[X.], [X.] 10. Aufl. § 18 [X.]. 1) gewährt werden (so bereits Oberheim aaO S. 51 f.), während de-rer der jeweils andere Gefangene arbeitet, sich in Gemeinschaftsräumen [X.] im [X.] aufhält (§ 64 [X.]).
Unter diesen Prämissen hält der Senat vorliegend eine Unterbringung von zwei Gefangenen in einem [X.] für verfassungsrechtlich un-bedenklich.
c) Auch einer Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 [X.] beim [X.] Zivilsenat des [X.] bedarf es nicht. Zwar hat dieser Senat in seinem Urteil vom 4. November 2004 (NJW 2005, 58; zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt) die tatrichterliche Würdigung gebilligt, dass die Unterbringung des [X.] in einem 16 m² großen Haftraum, in dem Toilette und Waschbecken - 10 - nur mit einem Sichtschutz abgetrennt waren, mit vier weiteren Gefangenen wegen Verstoßes gegen das Gebot der menschenwürdigen Behandlung Strafgefangener rechtswidrig gewesen ist (aaO S. 59). Diese Wertung fußt aber auf einem wesentlich anders gelagerten Sachverhalt, so dass die dort gefundene Rechtsauffassung für die hiesige Sache keine Bindung entfalten kann. [X.]
Der Senat hält die Rechtsansicht des vorlegenden [X.]s für zutreffend. Anstalt im Sinne des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.] meint die gesamte Justizvollzugsanstalt. Auf sie und damit den [X.]punkt ihrer [X.] beziehen sich auch die —räumlichen Verhältnissefi von nach dem 1. Januar 1977 umgebauter Hafthäuser (im Ergebnis auch [X.] in Ar-loth/Lückemann, [X.] § 201 [X.]. 1; a.A. [X.]/[X.], [X.] 10. Aufl. § 18 [X.]. 4; dem [X.]uss des [X.] vom 10. Dezember 1997 (NStZ-RR 1998, 191) bezüglich Neubauten folgend: [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], [X.] 4. Aufl. § 201 [X.]. 2; [X.] in AK-[X.] 4. Aufl. § 18 [X.]. 4; [X.]/[X.] aaO).
1. Der Wortsinn der Vorschrift ist eindeutig. Die Regelung unterschei-det nicht zwischen Hafthäusern, deren Errichtung vor oder nach dem Inkraft-treten des [X.] (1. Januar 1977) begonnen wurde, sondern zwischen Anstalten. Nach dem durch § 139 [X.] vorgegebenen spezifi-schen Sprachgebrauch des [X.] steht der Begriff —[X.] für eine Justizvollzugsanstalt insgesamt.
2. Aus der systematischen Stellung der Norm ergibt sich, dass § 201 [X.], wie es seine Überschrift ausdrückt, —Übergangsbestimmungen für bestehende [X.] und nicht für einzelne Gebäude der Anstalt trifft. Die Ausnahmeregelungen in den Nummern 1, 2, 4 und 5 beziehen sich jeweils auf die gesamte Justizvollzugsanstalt. So ist die Rede von personellen und - 11 - organisatorischen Verhältnissen der Anstalt (Nr. 1), von räumlichen, perso-nellen und organisatorischen Verhältnissen der Anstalt (Nr. 2), von Gestal-tung und Gliederung der Justizvollzugsanstalten (Nr. 4) und von der Bele-gungsfähigkeit der Anstalt ([X.]), die zudem nach Maßgabe des § 201 Nr. 3 [X.] und somit begrifflich für die gesamte Justizvollzugsanstalt in einer § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] einschränkenden Weise festgelegt werden kann. Sonderregelungen für einzelne [X.]ugsbauten in einer Justizvollzugsanstalt kennt das Strafvollzugsgesetz dagegen nicht. Es unterscheidet, wie §§ 140 und 141 [X.] zu entnehmen ist, lediglich zwischen Anstalten sowie Ab-teilungen und Hafträumen innerhalb der Anstalt.
3. Die historische Auslegung eröffnet nicht die vom [X.] vertretene einschränkende Anwendung der Norm.
a) Die Bundesregierung hat in der Begründung des Gesetzentwurfs nicht zwischen alten und neuen (oder umgebauten) [X.]ugsbauten, sondern zwischen bestehenden und neuen [X.]ugsanstalten unterschieden (vgl. [X.]. 7/918 S. 55 f.; 107). [X.] anderes ergibt sich nicht aus den vom [X.] herangezogenen Teilen der Begründung. Zwar könnte die zum Erfordernis eines späteren Inkrafttretens des § 18 [X.] (aaO S. 55) mitgeteilte Erwägung, dass —wegen der noch notwendigen erheblichen Um-bauten auch diese Vorschrift vorerst vollständig nur für neue [X.]ugsbauten in [X.] treten (kann)fi, bei isolierter Betrachtung für den Standpunkt des [X.]s streiten. Dem stehen aber die genaueren Erläuterungen zum Verhältnis von Umbauten und Neubauten zur Begründung der Über-gangsvorschrift (aaO [X.]) entgegen: —Der genannte Grundsatz soll nur für Neubauten voll eingeführt werden. Außerdem sollen auch in den [X.] Anstalten bis 1982 außer in den unvermeidbaren Fällen Zellenarbeit und übergroße Schlafsäle abgeschafft werdenfi. Danach wird aber zwischen er-forderlichen Umbauten in den bestehenden Anstalten mit dem Ziel der Schaf-fung von Werkräumen nebst der Abschaffung übergroßer Schlafsäle und der Errichtung von Neubauten differenziert. Letzteres bedeutet, was sich aus - 12 - dem Gegensatz zu den bestehenden Anstalten erhellt, dass neu zu errich-tende Justizvollzugsanstalten und nicht einzelne Hafthäuser gemeint sind. Demnach wird für die Anwendung von § 18 [X.] auch in der Gesetzes-begründung lediglich zwischen bestehenden und neuen [X.] unterschieden.
b) Nur bei weitestgehender Suspendierung des § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] konnte die vom Strafvollzugsgesetz intendierte Gesamtreform des Strafvollzugs überhaupt gelingen. Nach der Strafrechtsreform 1969 waren infolge der kriminalpolitischen Erwartung eines deutlichen Rückgangs der Zahl der Strafgefangenen Gefängnisse geschlossen worden (vgl. Kai-ser/[X.], Strafvollzug 5. Aufl. § 10 [X.]. 8). Bereits 1971 wurde aber die [X.] wieder kritisch (vgl. [X.] 1985, 15, 17). Der Gesetzgeber stand damit vor dem Problem, das zur Verwirklichung der Re-formziele in großem Umfang zusätzlich erforderlich werdende Fachpersonal, Haft- und Fachräume mit den fehlenden finanziellen und räumlichen [X.] in Einklang zu bringen; die vorhandenen Strafanstalten mussten schon aus finanziellen Gründen weiter verwendet werden (vgl. Kai-ser/[X.] aaO). Der notwendige Umbau in den Anstalten war zudem nur mit Verlust von Haftraumkapazität möglich. Die meisten Gemeinschaftsräu-me sollten nicht mehr zur Unterbringung von Gefangenen, sondern zu ande-ren Zwecken verwendet werden (vgl. [X.], Strafvollzug S. 89). So wurden zahlreiche bisherige Hafträume zu Arbeits-, Ausbildungs-, Weiterbildungs-räumen sowie zu Diensträumen für zusätzlich eingestellte Fachkräfte [X.] (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 146 [X.]. 6). Nur die weiterhin erlaubte gemeinsame Unterbringung konnte vor diesem [X.] schaffen. So wurden Einzelhafträume in [X.] —um-definiertfi oder umgestaltet (vgl. [X.] in FS für Heinz [X.] S. 150). Damit ermöglichte nur eine weitestgehende Anwendung der Übergangsvorschrift [X.] bei den besonders langen Planungs- und Bauzeiten für neue Anstalten (vgl. zum beachtlichen Umfang des aktuellen [X.] 13 - gramms [X.] aaO) [X.] die vom Gesetzgeber seit 1977 [X.].
4. Die Rechtsauffassung des [X.]s steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung des § 201 Nr. 3 Satz 1 [X.]. Die Vorschrift verfolgt das Ziel, in den vor dem 1. Januar 1977 errich-teten Anstalten die Anwendung des § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu suspen-dieren. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass Strafgefangene in die-sen Anstalten ohne eine Einschränkungsmöglichkeit im Einzelfall einen ein-fachgesetzlichen Anspruch auf Einzelunterbringung erfolgreich geltend ma-chen können (vgl. [X.] Celle NJW 2004, 2766, 2767). Mit der Regelung wird demnach auch einem in der Anstalt bestehenden Platzmangel begegnet (vgl. [X.] Celle aaO). Gefangene dürfen, falls dies die beschränkten Raumver-hältnisse erfordern und es die persönliche Disposition des Gefangenen [X.] (vgl. [X.] Celle aaO), in [X.] weiterhin mit bis zu sieben weite-ren Personen untergebracht werden (§ 201 Nr. 3 Satz 2 [X.]). Auch der Umstand, dass vorliegend die Vollstreckung von [X.] gegen erwachsene Männer ausschließlich in einem Gebäude durchge-führt wird, das nur über Einzelhaftplätze verfügt, kann nicht dazu führen, dass die übrigen Unterbringungsmöglichkeiten bei der Beurteilung der räum-lichen Verhältnisse in der Anstalt nicht berücksichtigt werden dürfen. Denn die Regelung will, was § 201 [X.] [X.] erhellt, den Aufsichtsbehörden nicht ihre Gestaltungsfreiheit zur Aufteilung der Gefangenen auf die gesamte Justizvollzugsanstalt nehmen. Die Ansicht des [X.]s würde dage-gen, worauf das [X.] zu Recht hinweist, zu unterschiedlichen Rechtslagen innerhalb einer Anstalt führen. Solches würde bei den Gefange-nen Neid und Unfrieden hervorrufen und dadurch das Erreichen der [X.] erschweren.
- 14 - Die vom [X.] erwogene Möglichkeit der Umgehung des gesetzgeberischen Willens verlangt keine andere Bewertung. Die Frage, ob die räumlichen [X.] tatsächlich eine gemeinsame Unterbrin-gung erfordern, unterliegt eingehender gerichtlicher Nachprüfung (vgl. [X.] Celle NJW 2004, 2766, 2767), in deren Rahmen einem etwaigen rechtsmiss-bräuchlichen Verhalten entgegenzutreten wäre.

5. Der Senat hat entgegen der im Schrifttum geäußerten Kritik (vgl. [X.]/[X.], [X.] 10. Aufl. § 111 [X.]. 1 m.w.[X.]) den [X.] beteiligt. Der [X.]usstenor entspricht dessen Antrag. Der Schriftsatz der Verteidigerin vom 10. Oktober 2005 hat vorgelegen.
[X.] [X.]Raum Brause Schaal

Meta

5 ARs (VollZ) 54/05

11.10.2005

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2005, Az. 5 ARs (VollZ) 54/05 (REWIS RS 2005, 1396)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1396

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