Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2009, Az. XII ZR 161/08

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2890

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 24. Juni 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 1581, 1612 b; [X.] Artt. 3, 100 a) Auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners für den Ehegattenunterhalt ist der Kindesunterhalt mit dem um das (anteilige) Kindergeld geminderten Zahlbetrag (nicht [X.]) abzuziehen (im [X.] an Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - zur Veröffentli-chung bestimmt). b) Zu den Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung. [X.], Urteil vom 24. Juni 2009 - [X.]/08 - [X.] [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren ge-mäß § 128 Abs. 2 ZPO aufgrund der bis zum 8. Juni 2009 eingegangenen Schriftsätze durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie [X.] Dr. [X.], [X.], Dose und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 7. [X.] des [X.] vom 18. Sep-tember 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin der Unterhalt ab dem 15. Juni 2008 auf unter 150 • herabgesetzt worden ist. Im Übrigen ([X.]raum von September 2007 bis [X.] 2007) wird die Revision verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit an das Oberlan-desgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der Kläger begehrt die Abänderung eines Prozessvergleichs über nach-ehelichen Unterhalt. 1 Die Parteien heirateten am 25. Oktober 2002. Am 22. Mai 2003 wurde [X.] Tochter [X.] geboren. Die Parteien trennten sich im Februar 2004. Die Tochter 2 - 3 - wird seitdem von der [X.] betreut. Die Ehe ist seit dem 7. November 2005 rechtskräftig geschieden. 3 Mit dem vor dem Amtsgericht geschlossenen Vergleich vom [X.] verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von monatlich 219 •. Der Kindesunterhalt war ursprünglich auf 192 •, für die [X.] ab März 2008 ist er auf 100 % des [X.] (abzüglich des hälfti-gen Kindergelds für ein erstes Kind) tituliert. Das Arbeitsverhältnis des [X.], der ohne Berufsausbildung ist und zu-letzt als Lagerarbeiter tätig war, wurde nach einer arbeitgeberseitigen Kündi-gung durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht zum 31. August 2007 beendet. Seitdem ist der Beklagte arbeitslos. Er nahm an einer von der Arbeitsagentur geförderten Qualifizierungsmaßnahme im Bereich Lager/Logistik teil, die [X.] stand bei Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch aus. 4 Die Beklagte ist von Beruf Arzthelferin. Im August 2008 hat sie die Stelle gewechselt und ist nun Rezeptionsmitarbeiterin in einer psychiatrischen Praxis. Sie übt die Tätigkeit mit einem vertraglichen Umfang von durchschnittlich 25 Stunden pro Woche und einem Stundenlohn von 10,50 • aus. 5 Wegen des aufgrund seiner Arbeitslosigkeit gesunkenen Einkommens hat der Kläger die Abänderung des [X.] vom 7. November 2005 beantragt. Das Amtsgericht hat den Unterhalt für die [X.] von September 2007 bis Dezember 2007 auf monatlich 145 • herabgesetzt und ab Januar 2008 eine Unterhaltspflicht gänzlich verneint. Auf die dagegen eingelegte Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht das amtsgerichtliche Urteil dahin [X.], dass der Kläger von Januar 2008 bis zum 14. Juni 2008 nicht zum [X.] verpflichtet sei und ab 15. Juni 2008 (nur) in Höhe von 73 •. 6 - 4 - Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer - zugelassenen - Revision, mit der sie sich gegen die Herabsetzung des Unterhalts auf unter 219 • von September 2007 bis Dezember 2007 und auf unter 150 • ab dem 15. Juni 2008 zur Wehr setzt. 7 Entscheidungsgründe: Die Revision hat zum Teil Erfolg. 8 A. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 338 veröf-fentlicht ist, hat es nicht als Obliegenheitsverletzung angesehen, dass der Klä-ger zunächst die Qualifizierungsmaßnahme durchlaufen habe, welche für ihn im Alter von rund 27 Jahren (richtig: 37 Jahre) eine Erstausbildung darstelle. Ab Januar 2008 komme es entscheidend darauf an, ob vom Einkommen des [X.] für den Kindesunterhalt der Tabellen- oder Zahlbetrag abzuziehen sei. 9 Das Berufungsgericht hält den [X.] für abzugsfähig. Zwar sei nach § 1612 b BGB das Kindergeld auf den Bedarf anzurechnen. Das zwinge aber nicht zum Abzug der [X.]. Bis zum Kindschaftsrechtsreformgesetz sei das Kindergeld ebenfalls auf den Bedarf angerechnet worden. Damals habe Einigkeit darüber bestanden, dass bei der Berechnung des [X.] nicht die [X.], sondern die [X.] abzuziehen seien (Senats-urteil vom 16. April 1997 - [X.] ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 807). Nunmehr werde allerdings - dem Regierungsentwurf des [X.] vom 21. Dezember 2007 entsprechend - die Auffassung vertreten, dass die [X.] abzuziehen seien. Dieser Auslegung des § 1612 b BGB ver-möge sich das Berufungsgericht aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht [X.] - 5 - zuschließen. Denn darin liege ein Verstoß gegen Art. 3 [X.], weil insoweit der barunterhaltspflichtige Elternteil gegenüber dem Elternteil, der den Betreuungs-unterhalt leiste, benachteiligt werde, so dass die Gleichwertigkeit gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht mehr gewahrt sei. 11 Das [X.] habe zwar die frühere Regelung nach § 1612 b Abs. 5 BGB gebilligt. Es habe den Vorrang der familienrechtlichen Zweckbestimmung aber nur dann vorgesehen, wenn das Existenzminimum durch den Barunterhalt nicht sichergestellt werde. Daraus folge, dass jede an-dere Bewertung (als der Abzug der [X.]) einen Verstoß gegen Art. 3 [X.] darstelle. Bei Abzug der [X.] werde der hälftige Ausgleich des Kindergelds gemäß der vom [X.] hervorgehobenen Zweckbestimmung über den Ehegattenunterhalt zu Lasten des [X.] verändert, so dass der den Betreuungsunterhalt leistende bedürftige Ehegatte 3/7 des hälftigen Kindergelds für sich abzweige. Dagegen sei die dem betreuenden Elternteil zustehende [X.] nicht in Ansatz zu bringen, weil der Betreuungsunterhalt nicht zu monetarisieren sei, was die Lage des [X.] sogar noch gegenüber der früher praktizier-ten bedarfsdeckenden Anrechnung des gesamten Kindergelds verschlechtere. Durch den Abzug der [X.] werde der steuerliche Ausgleich des Kinder-gelds verfälscht. Die Ungleichbehandlung werde noch offensichtlicher, wenn die [X.] des Unterhaltspflichtigen für die Zahlung des [X.] in Frage stehe. In diesen Fällen verbleibe ihm das Kindergeld unter [X.] nicht einmal teilweise, obwohl er das Existenzminimum des Kindes sicherstelle. Noch krasser wirke sich der Abzug der [X.] aus, wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte auch noch den Betreuungsunterhalt leiste. Dies bedeute, dass die Mutter, "obwohl sie nichts, aber auch rein gar nichts zum [X.] - 6 - terhalt der Kinder beiträgt", über den Ehegattenunterhalt das halbe Kindergeld für sich beanspruchen könne. Dieses Ergebnis dürfte nach Meinung des [X.] "krass" gegen die Auffassung des [X.]s verstoßen. Ebenso unangemessen sei das Ergebnis bei nicht gemeinsamen Kindern. Der Unterhaltspflichtige müsste dann das für die nicht gemeinsamen Kinder bezogene Kindergeld zur Hälfte an den geschiedenen Ehegatten weiter-leiten, der mit den Kindern überhaupt nichts zu tun habe. Eine Verpflichtung zur Durchführung des konkreten Normenkontrollver-fahrens nach Art. 100 [X.] bestehe nicht, weil die Verfassungswidrigkeit durch eine verfassungskonforme Auslegung verhindert werden könne. Nicht die Kin-dergeldanrechnung auf den Bedarf sei verfassungswidrig, sondern lediglich die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass bei der Berechnung des [X.] die Zahl- und nicht die [X.] abzuziehen seien. 13 Ab Mitte Juni 2008 sei der Kläger nach Abschluss der [X.] wieder teilweise leistungsfähig im Umfang des 2006 erzielten [X.] von netto bereinigt 1.352 •. Ausreichende Bemühungen um eine [X.] habe der Kläger nicht dargelegt. Das von der [X.] erzielbare Einkommen beeinflusse schließlich das Ergebnis nicht, denn sie müsse als Arzthelferin schon netto bereinigt über 900 • verdienen, damit sich ihr Bedarf verringere. Die Tochter sei erst fünf Jahre alt. Angesichts dieses Alters sei die Beklagte nicht darauf zu verweisen, sie könne mehr als halbschichtig tätig sein. 14 - 7 - [X.] 15 Die Revision ist unzulässig, soweit die Beklagte sich weiterhin gegen die vom Amtsgericht ausgesprochene und vom Berufungsgericht bestätigte [X.] betreffend das [X.] zur Wehr setzt. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulas-sung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen [X.] ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - [X.] ZB 78/07 - [X.], 1339, 1340; Senatsurteile [X.] 153, 358, 360 f. = [X.], 590 f. und vom 12. November 2003 - [X.] ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglich-keit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinrei-chend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat ([X.] vom 12. Juli 2000 - [X.] ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall. 16 Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das [X.] die Revision nur zur Höhe des Unterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Denn die bei der Bemessung des [X.] zu behandelnde Vorfrage, mit wel-chem Betrag der Kindesunterhalt vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen ist, betrifft die erst zu diesem [X.]punkt in [X.] getretene [X.] des § 1612 b BGB. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab dem [X.] aus, der nach teilweiser Berufungsrücknahme durch die Beklagte nur noch ab dem 15. Juni 17 - 8 - 2008 im Streit steht. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die [X.] - wie hier - nur auf einen Teil des streitigen [X.]raums, liegt regel-mäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsicht-lich des von der [X.] betroffenen Teils zulassen wollen (Senatsur-teile vom 6. Mai 2009 - [X.] ZR 114/08 - zur [X.] bestimmt; vom 18. März 2009 - [X.] ZR 74/08 - [X.], 770, 771 [X.]. 9 und vom 29. [X.] 2003 - [X.] ZR 289/01 - [X.], 445, 446). [X.] Soweit die Revision zulässig ist, hält das Berufungsurteil einer rechtli-chen Nachprüfung nicht stand. 18 1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass es wegen eines den titulierten Unterhalt durchweg übersteigenden ungedeckten Unterhaltsbe-darfs der [X.] für die Höhe ihres Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB allein auf die Leistungsfähigkeit des [X.] ankomme. Es hat die [X.] aufgrund seiner nicht angegriffenen Feststellungen zum - erzielbaren - Einkommen des [X.] beurteilt und - soweit für die im Revisionsverfahren noch streitgegenständliche [X.] ab dem 15. Juni 2008 erheblich - einen Ehegat-tenselbstbehalt von 1.000 • zugrunde gelegt. 19 Der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Selbstbehalt entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (seit Senatsurteil [X.] 166, 351, 358 = [X.], 683, 685; vgl. auch Senatsurteil vom 19. November 2008 - [X.] ZR 51/08 - [X.], 311, 313). Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht den aufgrund der seit 1. Januar 2008 bestehenden Rechtslage gemäß § 1609 20 - 9 - Nr. 1 BGB vorrangigen Unterhalt der minderjährigen Tochter vorweg [X.]. 21 2. Dass das Berufungsgericht bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des [X.] nicht den nach bedarfsdeckender Berücksichtigung des hälftigen Kindergelds sich ergebenden Zahlbetrag, sondern den sog. [X.] ab-gezogen hat, hält den Angriffen der Revision hingegen nicht stand. a) Der Senat hat - nach Erlass der angefochtenen Entscheidung - die Streitfrage, ob der das Einkommen des Unterhaltspflichtigen mindernde Unter-halt für ein minderjähriges Kind mit dem Zahl- oder [X.] abzuziehen ist, für die Bedarfsermittlung gemäß § 1578 Abs. 1 BGB im erstgenannten [X.] entschieden (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - zur Veröffentli-chung bestimmt). 22 Für die nach § 1581 BGB zu prüfende Leistungsfähigkeit gilt nichts ande-res. Auch hier ist der Unterhalt des Kindes einkommensmindernd zu [X.]. Aufgrund seines Vorrangs ist er vom Einkommen des [X.] abzuziehen, weil das Einkommen insoweit für den Ehegattenunter-halt nicht verfügbar ist (zur vorgelagerten Frage der Bedarfsermittlung beim Kindesunterhalt s. Senatsurteil [X.] 178, 79 = [X.], 2189, 2190). Aus § 1612 b BGB ergibt sich, in welcher Weise sich das Kindergeld auf den [X.] auswirkt. Nach § 1612 b Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem [X.] durch das [X.] ([X.]) vom 21. [X.] 2007 ([X.] I S. 3189) geänderten Gesetzesfassung ist das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung seines [X.] zu verwenden, und zwar nach § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB zur Hälfte, wenn - wie hier - ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). In diesem Umfang mindert es den [X.] - (§ 1612 b Abs. 1 Satz 2 BGB). Die bedarfsmindernde Wirkung stellt das (antei-lige) Kindergeld damit im Gegensatz zur vorausgegangenen Rechtslage, nach der das Kindergeld "anzurechnen" war (§ 1612 b Abs. 1 BGB a.[X.]), eigenem Einkommen des Kindes gleich (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - zur [X.] bestimmt; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der famili-enrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 510). Dass auch bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB der Zahlbetrag abzuziehen ist, entspricht der mit dem [X.] verfolgten [X.]. Die Begründung des Gesetzentwurfs weist ausdrücklich darauf hin, dass durch den [X.] Vorwegabzug des Kindergelds nach § 1612 b Abs. 1 BGB n.[X.] von der zur Verteilung anstehenden Masse ein geringerer An-teil für den Kindesunterhalt erforderlich ist und ein entsprechend höherer Anteil für die nachrangigen Unterhaltsberechtigten, etwa für den betreuenden Eltern-teil zur Verfügung steht (BT-Drucks. 16/1830 S. 29). Damit ist genau die vorlie-gende Fallgestaltung angesprochen. 24 Gegenüber der früheren Rechtslage (dazu Senatsurteile vom 16. April 1997 - [X.] ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 807; vom 19. Juli 2000 - [X.]/98 - [X.], 1492, 1494 und vom 23. April 1986 - [X.] - FamRZ 1986, 783, 786) hat sich demnach die Art und Weise der Kindergeldan-rechnung grundlegend verändert. 25 Da der Abzug des [X.] statt des [X.]es danach so-wohl vom Wortlaut des Gesetzes als auch von der ausdrücklichen Absicht des Gesetzgebers gefordert wird, sind die Gerichte daran gebunden. Die Gerichte sind also auch nicht befugt, an die Stelle des verbindlichen Gesetzesrechts ihre eigenen Vorstellungen von einer gerechten Aufteilung des Kindergelds zu [X.] - 11 - zen (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - zur [X.] be-stimmt). 27 b) Die vom Berufungsgericht vertretene verfassungskonforme Auslegung ist nicht zulässig. 28 Eine verfassungskonforme Auslegung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Norm mehrere Auslegungen zulässt, die teils zu einem verfassungswidri-gen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen ([X.] NJW 2001, 2160, 2161; [X.], 471 [X.]. 86). Sie findet ihre Grenze dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde ([X.] NJW 2007, 2977, 2980; NJW 1999, 1853, 1855 jeweils m.w.[X.]). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung steht zum Willen des Gesetzgebers im offenen Widerspruch. Wie die Gesetzesbegründung zeigt, ist es gerade eine gewollte Folge der [X.] Verwendung des auf den [X.] entfallenden hälftigen Kindergelds, dass sich [X.] die Verteilungsmasse für nachrangige Unterhaltsberechtigte vergrößert. Das kommt auch im Wortlaut des § 1612 b Abs. 1 BGB unmissverständlich zum Ausdruck. Die Minderung des [X.] durch das Kindergeld ist eine [X.] und bewusste Anordnung des Gesetzes. Aus ihr ergibt sich zwangs-läufig, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes nur in Höhe des [X.] entsteht. Dadurch wurde die frühere Rechtslage abgelöst, nach der der Unter-haltsanspruch zunächst in unverminderter Höhe entstand und erst anschlie-ßend mit dem Kindergeld verrechnet wurde. Auch die vom Berufungsgericht angeführte frühere Praxis ist durch die neue gesetzliche Regelung und das mit ihr ausdrücklich verfolgte Ziel jedenfalls überholt. 29 - 12 - Die Vorgehensweise des Berufungsgerichts führt demnach in der Sache zu einer Korrektur des parlamentarischen Gesetzgebers, die allein dem [X.] möglich wäre. Der vom Berufungsgericht eingeschlage-ne Weg war demnach schon methodisch verfehlt. Es hätte auf der Grundlage der von ihm vertretenen Auffassung statt dessen nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 [X.] das Verfahren aussetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts einholen müssen. 30 c) Die gesetzliche Regelung ist im Übrigen auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 [X.] verfassungswidrig (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - zur [X.] bestimmt). Bereits nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Regelung in § 1612 b Abs. 5 BGB (a.[X.]) wurde der Kindergeldanteil des barunterhaltspflichtigen Elternteils zur Deckung des Existenzminimums des Kindes herangezogen, während der Anteil des [X.] Elternteils davon verschont blieb. Das [X.] hat diese ungleiche Heranziehung der Kindergeldanteile in seinem Beschluss vom 9. April 2003 ([X.], 1370, 1375 f.) als sachlich gerechtfertigt gebilligt und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 [X.] verneint. Auch die Anwendung des § 1612 b Abs. 5 BGB (a.[X.]) konnte schon zu dem Ergebnis führen, dass durch die Heranziehung des dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zustehenden [X.] das Existenzminimum des Kindes gesichert war, während dem betreuenden Elternteil sein ungekürzter Kindergeldanteil verblieb. Demnach stand es dem Gesetzgeber nach der Verfassung aber ebenfalls frei, das zu be-rücksichtigende Kindergeld generell als Einkommen des Kindes anzusehen und es zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Kindes heranzuziehen. Dass damit der nunmehr nachrangige Ehegattenunterhalt - als teilweise Kompensation des Nachrangs (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 29) - erhöht worden ist, ist nicht sach-widrig (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - zur [X.] be-stimmt). 31 - 13 - Bei der verfassungsrechtlichen Bewertung der bewussten gesetzgeberi-schen Entscheidung kann überdies schon nicht als Regelfall unterstellt werden, dass der betreuende Elternteil seinen Kindergeldanteil etwa vollständig für ei-gene Zwecke verbraucht (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - zur [X.] bestimmt). Für die Beurteilung, ob die gesetzliche Differenzie-rung sachgemäß ist, kann demnach jedenfalls nicht außer [X.] gelassen wer-den, dass regelmäßig auch der betreuende Elternteil seinen Kindergeldanteil ganz oder teilweise zugunsten seines Kindes verwendet. 32 Unterschiedliche Regelungen im Sozialrecht wie auch steuerrechtliche Zwecksetzungen ergeben nichts anderes (näher dazu Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - zur [X.] bestimmt). Dass das [X.] des Unterhaltspflichtigen nicht zu Lasten des Kindesunterhalts angegriffen werden muss, wird durch den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt gewährleistet, der gegenüber dem Ehegatten - wie ausgeführt - höher zu veranschlagen ist als gegenüber minderjährigen Kindern. Dass dem barunterhaltspflichtigen Elternteil infolge des teilweisen Verbrauchs des Kindergelds schließlich weniger Spiel-raum für sonstige Ausgaben, z.B. für Umgangskosten, verbleibt, ist anderweitig zu berücksichtigen, etwa durch einen - teilweisen - Abzug der Umgangskosten vom Einkommen oder eine Erhöhung des ([X.] (vgl. [X.]e vom 17. Juni 2009 - [X.] ZR 102/08 -, vom 27. Mai 2009 - [X.]/08 - jeweils zur [X.] bestimmt; vom 23. Februar 2005 - [X.] ZR 56/02 - FamRZ 2005, 706, 708 und vom 9. Januar 2008 - [X.] ZR 170/05 - [X.], 594, 599 sowie [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 169). 33 - 14 - I[X.] 34 Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. 35 Allerdings ergeben die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen einen Anspruch der [X.] aus § 1570 BGB jedenfalls nicht ohne weiteres in einer ihren Antrag erreichenden Höhe, so dass die Abänderungsklage auch deswegen zu einer Herabsetzung auf den vom Berufungsgericht ausgeurteilten Betrag führen könnte. Dafür, dass die Beklagte aus kind- oder elternbezogenen Gründen an einer mehr als halbschichtigen Tätigkeit gehindert ist, reichen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht aus. Dass das Berufungsgericht hier ausschließlich auf das Alter der Tochter und daraus resultierende Kindesinteressen als Hinderungsgrund für eine wei-tergehende Erwerbstätigkeit abgestellt hat, widerspricht der Rechtsprechung des Senats zum Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung. Danach ist im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des [X.] aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise ge-sichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Denn mit der Neugestaltung des nachehelichen [X.] in § 1570 BGB hat der Gesetzgeber für Kinder ab Vollendung des dritten Le-bensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung aufgegeben. Ein Alters-phasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des [X.] aus kindbezogenen Gründen allein auf das Alter der Kinder abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (Senatsurteile vom 18. März 2009 - [X.] ZR 74/08 - [X.], 770, 772 f.; vom 6. Mai 2009 - [X.] ZR 114/08 - [X.], 36 - 15 - 1124, 1126 f. und vom 17. Juni 2009 - [X.] ZR 102/08 - zur [X.] be-stimmt). 37 Damit ist das Berufungsurteil nicht zu vereinbaren, weil es ausschließlich auf das Alter des Kindes abstellt, ohne festzustellen, dass die Beklagte aus kind- oder elternbezogenen Gründen im Sinne von § 1570 BGB an einer [X.] Erwerbstätigkeit gehindert ist. Aufgrund des [X.] in der Berufungsinstanz, dessen Rich-tigkeit abgesehen von der die Beklagte treffenden Darlegungs- und Beweislast in der Revisionsinstanz zu unterstellen ist, steht der [X.] eine tägliche [X.]spanne von 7 ½ Stunden für ihre Berufstätigkeit zur Verfügung. Bei einem daraus unter Berücksichtigung von Pausen möglichen Tagespensum von ma-ximal 7 Stunden und dem von der Klägerin derzeit erzielten Stundenlohn von 10,50 • errechnet sich ein erzielbares Monatsbruttoeinkommen von rund 1.600 •. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben liegt bei einem bereinig-ten Nettoeinkommen von rund 1.000 • der restliche Unterhaltsbedarf nach [X.] des Kindesunterhalts (Zahlbetrag) unterhalb des von der [X.] mit der Revision verteidigten Unterhalts von 150 •. 38 Ob von dem - in der Revisionsinstanz zu unterstellenden - Einkommen aus einer erweiterten Tätigkeit im oben beschriebenen Umfang wegen einer durch die Erwerbstätigkeit neben der Kindesbetreuung eintretenden überobliga-torischen Belastung Abstriche zu machen sind (Senatsurteile vom 18. März 2009 - [X.] ZR 74/08 - [X.], 770, 772 f.; vom 6. Mai 2009 - [X.] ZR 114/08 - [X.], 1124, 1127 und vom 17. Juni 2009 - [X.] ZR 102/08 - zur [X.] bestimmt), lässt sich mangels tatrichterlicher Feststellungen ebenfalls nicht verlässlich beurteilen. 39 - 16 - [X.] 40 Dem Senat ist eine eigene Entscheidung in der Sache verwehrt, weil es zum Umfang der die Beklagte treffenden Erwerbsobliegenheit weiterer [X.] bedarf. Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner erneuten Entschei-dung - unter Beachtung des Verschlechterungsverbots (vgl. [X.] 159, 122, 124 f.; Musielak/[X.] ZPO 6. Aufl. § 557 Rdn. 16) - zudem die seit 1. Januar 2009 geänderten Beträge für Mindestunterhalt (1. Altersstufe) und Kindergeld sowie den zwischenzeitlichen Altersstufenwechsel der Tochter zu [X.]. Hahne [X.] [X.] Dose [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.01.2008 - 37 F 334/07 - [X.], Entscheidung vom 18.09.2008 - [X.]

Meta

XII ZR 161/08

24.06.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2009, Az. XII ZR 161/08 (REWIS RS 2009, 2890)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2890

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 204/08 (Bundesgerichtshof)

Betreuungsunterhalt: Billigkeitsprüfung im Falle der Betreuung eines volljährigen behinderten Kindes; Notwendigkeit der persönlichen Betreuung


XII ZR 204/08 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 102/08 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 201/16 (Bundesgerichtshof)

Elternunterhalt: Leistungsfähigkeit bei vom Unterhaltsschuldner an sein minderjähriges Kind geleistetem Betreuungsunterhalt; Berücksichtigung des hälftigen Kindergeldes; …


II-7 UF 33/08 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.