Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.2012, Az. IX ZR 208/11

9. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3028

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Gegenstand

Insolvenzverfahren: Insolvenzfestigkeit einer Forderungsabtretung künftiger Gehaltsansprüche in Ansehung eines zwischenzeitlichen Wechsels der Arbeitsstelle


Leitsatz

Die Abtretung künftiger Gehaltsansprüche vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt bis zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des Monats der Verfahrenseröffnung auch insoweit wirksam, als die Ansprüche auf einem Dienstverhältnis beruhen, das erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen worden ist.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 16. November 2011 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die beklagte Bank gewährte [X.](fortan: Schuldnerin) [X.] ein Darlehen zur Finanzierung eines Fahrzeugs. Zur Sicherung aller Ansprüche aus dem Darlehensvertrag trat die Schuldnerin der Beklagten die pfändbaren Teile ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche auf Arbeitseinkommen gegen den jeweiligen Arbeitgeber ab. Außerdem wurde das kreditfinanzierte Fahrzeug an die Beklagte sicherungsübereignet.

2

Am 17. Januar 2007 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin wechselte zum 1. September 2008 von ihrem bisherigen in ein neues Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger überwies am 14. Januar 2009 an die Beklagte 1.805,97 €. In diesem Betrag waren die pfändbaren Anteile des Einkommens der Schuldnerin aus den Monaten September 2008 bis Dezember 2008 in Höhe von insgesamt 1.313,20 € enthalten. Der Kläger verlangt insoweit die Rückzahlung, weil er meint, die Einkommensabtretung sei nach dem Arbeitsplatzwechsel der Schuldnerin nicht mehr wirksam.

3

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die Zahlung mit Rechtsgrund erfolgt sei. Die Vorausabtretung der [X.] sei nicht nach § 91 Abs. 1 [X.] unwirksam. Diese Norm werde bei der Vorausabtretung von [X.]n durch die Regelung des § 114 Abs. 1 [X.] verdrängt, welche auch die Bezüge nach einem Wechsel des Arbeitgebers erfasse. Die Vorschrift differenziere ihrem Wortlaut nach nicht zwischen Bezügen aus einem bestehenden Dienstverhältnis und solchen aus einem erst nach der Verfahrenseröffnung begründeten Dienstverhältnis. Sie bezwecke durch die Behandlung der Vorausabtretung als [X.], dass künftige Bezüge als Kreditsicherheit verwendet werden können. Dem Gesetzeszweck liefe es zuwider, wenn die durch § 114 Abs. 1 [X.] bewirkte Privilegierung der Vorausabtretung von Lohn- und Gehaltsforderungen durch einen einfachen Arbeitsplatzwechsel des Schuldners oder nach einer Änderungskündigung entfiele.

II.

6

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.

7

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung der geleisteten Zahlung von 1.313,20 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gegen die Beklagte zu. Die Zahlung des [X.] erfolgte gemäß § 170 Abs. 1 Satz 2 [X.] mit rechtlichem Grund, weil die Schuldnerin zur Sicherung der Darlehensforderung der Beklagten den pfändbaren Teil ihrer gegenwärtigen und künftigen Ansprüche auf Arbeitseinkommen gemäß §§ 398, 400 BGB, §§ 850 ff ZPO wirksam an die Beklagte abgetreten hatte. Diese Abtretung begründete nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ein Absonderungsrecht der Beklagten nach § 50 Abs. 1, § 51 Nr. 1 [X.] in Höhe der pfändbaren Anteile des Arbeitseinkommens.

8

1. Die Vereinbarung über die Abtretung künftiger [X.] genügte dem verfügungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Im Falle der Vorausabtretung künftiger Forderungen verlangt dieser Grundsatz nicht, dass die abgetretenen Forderungen schon zum [X.]punkt der Abtretung bestimmt sind. Sie müssen lediglich im [X.]punkt ihrer Entstehung nach Gegenstand und Umfang bestimmbar sein ([X.], Urteil vom 24. November 1975 - [X.], [X.], 151; vom 12. Oktober 1999 - [X.], [X.], 2058, 2059). Deshalb schadet es nicht, wenn der Drittschuldner und der Rechtsgrund zur [X.] der Abtretung noch nicht bekannt sind, sofern die übrigen Individualisierungsmerkmale die abgetretenen Forderungen zweifelsfrei kenntlich machen (Ganter in Schimansky/Bunte/[X.], [X.], 4. Aufl., § 96 Rn. 45). Um Zweifel auszuräumen, kann bei der Ermittlung der abgetretenen Forderungen auch auf Umstände außerhalb der gegebenenfalls auslegungsbedürftigen Abtretungsvereinbarung zurückgegriffen werden ([X.], Urteil vom 12. Oktober 1999, aaO). Die Abtretung künftiger Lohn- und [X.] in Höhe der pfändbaren Anteile - auch aus noch nicht bestehenden Arbeitsverhältnissen - ist deshalb regelmäßig wirksam ([X.], Urteil vom 24. November 1975, aaO; vom 25. März 1976 - [X.], [X.], 470; [X.], [X.], 1047, 1048; Ganter, aaO Rn. 46). Es kommt nicht darauf an, dass der künftige Arbeitgeber zur [X.] der Abtretungsvereinbarung als Drittschuldner bereits bestimmbar ist; vielmehr genügt es, dass er zur [X.] des Entstehens der [X.] bestimmt werden kann.

9

2. Die Vorausabtretung ist auch dann wirksam vereinbart, wenn es sich bei ihr, wie die Revision meint, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handeln sollte. Grundsätzlich können Vorausabtretungen von Lohn- und [X.]n auch in den [X.] [X.] wirksam vereinbart werden ([X.], Urteil vom 22. Juni 1989 - [X.], [X.]Z 108, 98, 104). Sie müssen allerdings in den Vertrag einbezogen sein und der besonderen Inhaltskontrolle standhalten. Dies ist vorliegend der Fall. Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich bei der Vorausabtretung weder um eine überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB noch führt sie unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Übersicherung zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB.

a) Die Einbeziehung der Klausel in den Darlehensvertrag scheitert nicht an § 305c Abs. 1 BGB. Überraschend im Sinne dieser Norm ist eine Klausel nur dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht ([X.], Urteil vom 18. Mai 1995 - [X.], [X.]Z 130, 19, 25; st. Rspr.). Dies kann auf eine Klausel zutreffen, durch die sich der Verkäufer im Rahmen eines Abzahlungskaufes im Voraus die Lohn- und [X.] des Vertragspartners abtreten lässt ([X.], NJW 1981, 405, 407; [X.], [X.] 1983, 1304, 1307; [X.] in [X.]/[X.][X.], AGB-Recht, 5. Aufl., § 305c Rn. 83). In [X.] stellt eine Lohnabtretungsklausel hingegen ein gängiges Sicherungsmittel dar, und zwar auch dann, wenn der Kredit der Finanzierung eines bestimmten Gegenstandes dient ([X.], NJW 1986, 2712, 2713; [X.], aaO).

b) [X.] führt im Streitfall auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Schuldnerin und damit zu ihrer Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB. Grundsätzlich kann eine formularmäßige Sicherungsabtretung aller Ansprüche aus Arbeits- und Dienstverhältnissen, insbesondere in Kumulation mit anderen Sicherheiten wie etwa einer Sicherungsübereignung des kreditfinanzierten Fahrzeugs, zwar eine unzulässige Übersicherung und damit eine unangemessene Benachteiligung des Sicherungsgebers bewirken (vgl. [X.], aaO; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 114 Rn. 16). Für das Vorliegen einer ursprünglichen, bereits bei Abschluss des Darlehensvertrages bestehenden Übersicherung fehlt es jedoch im Streitfall an einer konkreten Darlegung, zumal sich der Kläger erstmals in der Revisionsinstanz auf die Unangemessenheit der Sicherheitenbestellung beruft. Eine mögliche nachträgliche Übersicherung macht die formularmäßige Sicherungsklausel nicht unwirksam. Aus dem Zweck des Sicherungsvertrags ergibt sich die Pflicht des Sicherungsnehmers, Sicherheiten zurückzugewähren, die endgültig nicht mehr benötigt werden. Eine vertragliche Freigaberegelung ist hierfür nicht erforderlich. Ist - wie im Streitfall - ein Freigabeanspruch ausdrücklich vereinbart, kommt es auf die Angemessenheit der vereinbarten Deckungsgrenze nicht an, weil an die Stelle einer unangemessenen Klausel die regelmäßig angemessene Deckungsgrenze von 110 vom Hundert tritt ([X.], Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 27. November 1997 - [X.] und [X.], [X.]Z 137, 212, 219, 224; [X.], Urteil vom 26. April 2005 - [X.], [X.], 1168, 1169).

3. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass einem Übergang des pfändbaren Teils der [X.] der Schuldnerin für die Monate von September 2008 bis Dezember 2008 auf die Beklagte auch nicht die Vorschrift des § 91 Abs. 1 [X.] entgegensteht.

a) Nach § 91 Abs. 1 [X.] können Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrunde liegt. Im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung ist der Verfügungstatbestand mit dem Zustandekommen des [X.] abgeschlossen. Der [X.] vollzieht sich jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung ([X.], Urteil vom 19. September 1983 - [X.], [X.]Z 88, 205, 206; vom 11. Mai 2006 - [X.], [X.]Z 167, 363 Rn. 6 mwN). Entsteht die im Voraus abgetretene Forderung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, kann der Zessionar deshalb gemäß § 91 Abs. 1 [X.] kein Forderungsrecht mehr zu Lasten der Masse erwerben. Nur wenn der Zessionar bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen Forderung erlangt hat, ist die Abtretung [X.] ([X.], Urteil vom 11. Mai 2006, aaO).

Werden Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen abgetreten, kommt es deshalb darauf an, ob sie bereits mit dem Vertragsschluss betagt entstehen oder erst befristet mit der Inanspruchnahme der Gegenleistung; nur im ersten Fall hat der Abtretungsempfänger eine gesicherte Rechtsposition ([X.], Urteil vom 11. Mai 2006, aaO). Bei Dienstverträgen entsteht der Vergütungsanspruch erst mit der Erbringung der Dienstleistung ([X.], Urteil vom 26. Juni 2008 - [X.], [X.], 1488 Rn. 13; vom 14. Januar 2010 - [X.], [X.], 335 Rn. 21). Der Zessionar hat demnach noch keine gesicherte Rechtsposition an künftigen Lohn- oder [X.]n des Schuldners erlangt, solange die Arbeitsleistung von diesem noch nicht erbracht wurde. Werden die Leistungen erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, schließt § 91 Abs. 1 [X.] den Erwerb der hierdurch entstandenen abgetretenen Lohn- und [X.] grundsätzlich aus.

b) Im Rahmen ihres Anwendungsbereichs verdrängt jedoch die Vorschrift des § 114 Abs. 1 [X.] diejenige des § 91 Abs. 1 [X.] ([X.], Urteil vom 11. Mai 2006, aaO Rn. 9 ff). Danach ist die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte Abtretung von künftigen Lohn- und [X.]n für die Dauer von zwei Jahren nach der Verfahrenseröffnung wirksam.

aa) Ob die Ausnahmeregelung des § 114 Abs. 1 [X.] dabei nur Ansprüche auf Bezüge aus einem zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden oder auch solche aus einem erst während des Insolvenzverfahrens eingegangenen Dienstverhältnis erfasst, ist umstritten.

(1) Eine Auffassung verneint die Anwendbarkeit des § 114 Abs. 1 [X.] auf die Abtretung von [X.]n, die durch ein erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangenes Dienst- oder Arbeitsverhältnis begründet wurden ([X.], Z[X.] 2009, 198, 199 f; [X.] Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2009, § 114 Rn. 21; [X.]/[X.]/[X.], aaO § 114 Rn. 20; [X.]/[X.], [X.] 2011, 85, 89 ff). Die Vorschrift des § 114 Abs. 1 [X.] könne sich nur auf Bezüge aus Dienstverhältnissen beziehen, die zum [X.]punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestanden, weil nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 91 Abs. 1 [X.] keine Rechte an der Insolvenzmasse mehr begründet werden könnten ([X.], aaO [X.]). Nach seinem Wortlaut betreffe § 114 Abs. 1 [X.] nur "Bezüge aus einem Dienstverhältnis", eine Erstreckung auf zukünftige Dienstverhältnisse sei nur im Wege der Analogie zu erreichen, von welcher im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift nur begrenzt Gebrauch gemacht werden dürfe (Moll, aaO; [X.]/[X.], aaO S. 89).

(2) Die Gegenauffassung lehnt eine Differenzierung zwischen bereits bestehenden und erst nach der Verfahrenseröffnung begründeten Dienstverhältnissen bei der Anwendung des § 114 Abs. 1 [X.] ab ([X.], Z[X.] 2010, 1941, 1942 f; [X.], [X.], 2069, 2070; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 114 Rn. 4; Nerlich/[X.]/[X.], [X.], 2012, § 114 Rn. 40; im Ergebnis auch HmbKomm-[X.]/Ahrendt, 4. Aufl., § 114 Rn. 3). Der Wortlaut der Vorschrift biete keine Anhaltspunkte dafür, dass nur [X.] aus bereits vor der Verfahrenseröffnung bestehenden Dienstverhältnissen vom Anwendungsbereich der Norm erfasst sein sollten. Vielmehr sprächen Sinn und Zweck der Vorschrift für die Einbeziehung von abgetretenen Dienstbezügen, die auf einem erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Dienst- oder Arbeitsverhältnis beruhen ([X.], aaO).

(3) Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu. Die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte Abtretung künftiger [X.] bleibt bis zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des Monats der Verfahrenseröffnung auch insoweit wirksam, als die Ansprüche auf einem Dienstverhältnis beruhen, das erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen worden ist. Aus dem Wortlaut des § 114 Abs. 1 [X.] lässt sich eine Beschränkung auf [X.] aus Dienstverhältnissen, die zum [X.]punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestanden haben, nicht ableiten. Die Formulierung "Bezüge aus einem Dienstverhältnis" unterscheidet nicht zwischen bereits bestehenden und erst künftig begründeten Dienstverhältnissen. Gegen eine solche Unterscheidung sprechen Sinn und Zweck der Norm. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf des [X.] vom 26. Oktober 2001 werden [X.] durch § 114 Abs. 1 [X.] privilegiert, weil zahlreiche Verbraucher außer einer Lohnzession oftmals keine anderen Sicherheiten für eine Kreditgewährung anbieten könnten und bei einer Einschränkung dieses Sicherungsmittels Nachteile bei der Kreditversorgung in Kauf genommen werden müssten (BT-Drucks. 14/5680, [X.]). Dies bringt den weiterhin tragenden Grund der Vorschrift, die [X.] zu schützen, zutreffend zum Ausdruck. Der [X.] einer [X.] würde empfindlich eingeschränkt werden, wenn [X.] aus Dienstverhältnissen, die der Schuldner in dem durch § 114 Abs. 1 [X.] geschützten Zweijahreszeitraum neu eingeht, dem Absonderungsrecht des Zessionars entzogen wären. Eine solche Auslegung schränkte auch die Freiheit des Insolvenzschuldners in sinnwidriger Weise ein, während des Zweijahreszeitraums des § 114 Abs. 1 [X.] das bisherige Dienstverhältnis zu beenden und ein neues, möglicherweise besser bezahltes Dienstverhältnis einzugehen. Denn wenn in einem solchen Fall der Zessionar aus der Sicherungsabtretung keine Leistungen mehr erhielte, könnte dies auch dem Insolvenzschuldner erhebliche Nachteile bringen, etwa den Verlust der kreditfinanzierten Sache. [X.] sich der Schuldner, um solche Nachteile zu vermeiden, gezwungen, auf die Aufnahme des neuen Arbeitsverhältnisses zu verzichten, könnte dies dazu führen, dass die vermeintlich begünstigten Insolvenzgläubiger nach Ablauf der Frist des § 114 Abs. 1 [X.] schlechter stehen.

bb) Im Streitfall ist somit die Abtretung der künftigen [X.] der Schuldnerin auch insoweit gemäß § 114 Abs. 1 [X.] [X.], als sie sich auf Ansprüche aus dem am 1. September 2008 neu begründeten Arbeitsverhältnis bezieht, und zwar für die [X.] bis zum Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Kalendermonats, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Da das Verfahren am 17. Januar 2007 eröffnet wurde, erstreckt sich die wirksame Abtretung auf die streitgegenständlichen pfändbaren Gehaltsanteile der Schuldnerin für die Monate September 2008 bis Dezember 2008.

Kayser                                                  Raebel                                                     Gehrlein

                            Grupp                                                     [X.]

Meta

IX ZR 208/11

20.09.2012

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Mönchengladbach, 16. November 2011, Az: 2 S 64/11

§ 91 Abs 1 InsO, § 114 Abs 1 InsO, § 398 BGB, § 400 BGB, § 850 ZPO, §§ 850ff ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.2012, Az. IX ZR 208/11 (REWIS RS 2012, 3028)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3028

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