Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2012, Az. IX ZR 208/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3005

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX
[X.]
Verkündet am:

20. September 2012

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 91 Abs. 1, § 114 Abs. 1
Die Abtretung künftiger [X.] vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt bis zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des Monats der Verfahrenser-öffnung auch insoweit wirksam, als die Ansprüche auf einem Dienstverhältnis beru-hen, das erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen worden ist.
[X.], Urteil vom 20. September 2012 -
IX [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2012 durch [X.] [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 16. November 2011 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die beklagte Bank gewährte E.

S.

(fortan: Schuldnerin) im Jahr
2005 ein Darlehen zur
Finanzierung eines Fahrzeugs. Zur Sicherung aller Ansprüche aus dem Darlehensvertrag trat die Schuldnerin der Beklagten die pfändbaren Teile ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche auf Ar-beitseinkommen gegen den jeweiligen Arbeitgeber ab. Außerdem
wurde das kreditfinanzierte Fahrzeug an die Beklagte sicherungsübereignet.

Am 17. Januar 2007 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das In-solvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin
wechselte zum 1.
September 2008
von ihrem bisherigen
in ein neues Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger überwies am 14.
Januar 2009 an die Beklagte 1.805,97

. In diesem Betrag waren die pfändbaren
Anteile des 1
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Einkommens
der Schuldnerin
aus den Monaten
September 2008 bis Dezember 2008 in Höhe von insgesamt 1.313,20

die Rückzahlung, weil er meint, die Einkommensabtretung sei nach dem [X.] der Schuldnerin nicht mehr wirksam.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
des [X.] hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch
nach §
812 Abs.
1 Satz 1 BGB, weil die Zahlung mit Rechtsgrund erfolgt sei. [X.] der [X.] sei nicht nach §
91 Abs.
1 [X.] unwirksam. Diese Norm werde
bei der Vorausabtretung von [X.]n durch die Regelung des §
114 Abs.
1 [X.] verdrängt, welche auch die Bezüge nach einem Wechsel des Arbeitgebers
erfasse. Die Vorschrift differenziere ih-rem Wortlaut nach nicht zwischen Bezügen aus einem bestehenden Dienstver-hältnis und solchen aus
einem erst nach der Verfahrenseröffnung begründeten Dienstverhältnis. Sie
bezwecke durch die Behandlung der Vorausabtretung als [X.], dass künftige Bezüge als Kreditsicherheit verwendet werden können. Dem Gesetzeszweck liefe es zuwider, wenn die durch §
114 Abs.
1
[X.] bewirkte Privilegierung der Vorausabtretung von Lohn-
und Gehaltsforde-3
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4
-
rungen durch einen einfachen Arbeitsplatzwechsel des Schuldners oder nach einer
Änderungskündigung
entfiele.

II.

Diese Ausführungen halten der
rechtlichen Überprüfung stand.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung der geleisteten Zahlung von 1.313,20

812 Abs.
1 Satz 1 Fall 1 BGB gegen die Beklagte zu. Die
Zahlung des [X.] erfolgte
gemäß §
170 Abs.
1 Satz 2 [X.] mit
rechtlichem
Grund, weil die Schuldnerin zur Sicherung der Darlehensforderung der [X.] den pfändbaren Teil ihrer
gegenwärtigen und künftigen Ansprüche auf Ar-beitseinkommen gemäß §§
398, 400 BGB, §§
850
ff ZPO wirksam an die [X.] abgetreten hatte. Diese Abtretung begründete nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ein Absonderungs-recht der Beklagten nach §
50 Abs.
1, §
51 Nr.
1 [X.] in Höhe der pfändbaren Anteile des Arbeitseinkommens.

1. Die Vereinbarung über die Abtretung künftiger [X.]
ge-nügte dem verfügungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Im Falle der [X.] künftiger Forderungen verlangt dieser
Grundsatz
nicht, dass die abgetretenen Forderungen schon zum [X.]punkt der Abtretung bestimmt sind. Sie müssen lediglich
im [X.]punkt ihrer Entstehung nach Gegenstand und Um-fang bestimmbar
sein
([X.], Urteil vom 24. November 1975 -
III
ZR 81/73, [X.], 151; vom 12. Oktober 1999 -
XI
ZR 24/99, [X.], 2058, 2059). Des-halb
schadet es nicht, wenn der Drittschuldner und der Rechtsgrund zur [X.] der Abtretung noch nicht bekannt sind, sofern die übrigen Individualisierungs-6
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merkmale die abgetretenen Forderungen zweifelsfrei kenntlich machen (Ganter in Schimansky/Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
96 Rn.
45). Um Zweifel auszuräumen, kann bei der Ermittlung der abgetretenen Forderun-gen auch auf Umstände außerhalb der gegebenenfalls auslegungsbedürftigen Abtretungsvereinbarung zurückgegriffen werden ([X.], Urteil vom 12.
Oktober 1999, aaO). Die Abtretung künftiger Lohn-
und [X.] in Höhe der pfändbaren Anteile -
auch aus noch nicht bestehenden Arbeitsverhältnissen
-
ist
deshalb
regelmäßig wirksam ([X.], Urteil vom 24. November 1975, aaO; vom 25.
März 1976 -
VII
ZR 32/75, [X.], 470; [X.], [X.], 1047, 1048; Ganter, aaO Rn.
46). Es kommt nicht darauf an, dass der künftige Arbeitgeber zur [X.] der Abtretungsvereinbarung als Drittschuldner bereits bestimmbar ist; vielmehr genügt es, dass er
zur
[X.] des Entstehens
der Lohnforderung
be-stimmt werden kann.

2. [X.] ist auch dann wirksam vereinbart, wenn es sich bei ihr, wie die Revision meint, um eine
Allgemeine Geschäftsbedingung han-deln sollte. Grundsätzlich können Vorausabtretungen von Lohn-
und Gehalts-ansprüchen auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für [X.] wirksam vereinbart werden ([X.], Urteil vom 22.
Juni 1989 -
III
ZR 72/88, [X.]Z 108, 98, 104). Sie
müssen allerdings
in den Vertrag einbezogen sein und
der besonderen Inhaltskontrolle standhalten. Dies ist vorliegend der Fall.
Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich bei der Vorausabtre-tung weder um eine überraschende Klausel gemäß §
305c Abs.
1 BGB noch führt sie unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Übersicherung zu einer unangemessenen Benachteiligung
im Sinne von §
307 Abs.
1 BGB.

a) Die Einbeziehung der Klausel in den Darlehensvertrag scheitert nicht an
§
305c Abs.
1 BGB. Überraschend im Sinne dieser Norm
ist eine Klausel nur 9
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dann, wenn sie
von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht
([X.], Urteil vom 18. Mai 1995 -
IX
ZR 108/94, [X.]Z 130, 19, 25; st.
Rspr.). Dies
kann auf eine Klausel zutreffen, durch die
sich der Verkäufer im Rahmen eines Abzahlungskaufes
im Voraus die Lohn-
und [X.] des Vertragspartners abtreten lässt
([X.], NJW 1981, 405, 407; [X.], [X.] 1983, 1304, 1307; [X.] in [X.]/[X.][X.], AGB-Recht, 5.
Aufl., §
305c Rn.
83). In
Verbraucherkreditverträgen stellt eine
Lohnabtre-tungsklausel hingegen ein gängiges Sicherungsmittel dar, und zwar auch dann, wenn der Kredit der Finanzierung eines bestimmten Gegenstandes dient
([X.], NJW 1986, 2712, 2713; [X.], aaO).

b) [X.] führt im Streitfall auch nicht zu einer unan-gemessenen Benachteiligung der Schuldnerin und damit zu ihrer Unwirksam-keit nach
§
307 Abs.
1 BGB. Grundsätzlich kann eine
formularmäßige Siche-rungsabtretung aller Ansprüche aus Arbeits-
und Dienstverhältnissen, insbe-sondere in Kumulation mit anderen Sicherheiten wie etwa einer Sicherungs-übereignung des kreditfinanzierten Fahrzeugs, zwar eine unzulässige Übersi-cherung und damit eine unangemessene Benachteiligung des Sicherungsge-bers bewirken
(vgl. [X.], aaO; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl.,
§
114 Rn.
16). Für das Vorliegen einer ursprünglichen,
bereits bei [X.] des Darlehensvertrages bestehenden Übersicherung fehlt es jedoch im Streitfall an einer konkreten Darlegung, zumal sich der Kläger erstmals in der Revisionsinstanz auf die Unangemessenheit der Sicherheitenbestellung beruft.
Eine mögliche nachträgliche Übersicherung macht die formularmäßige Siche-rungsklausel
nicht unwirksam.
Aus dem Zweck des Sicherungsvertrags ergibt sich die Pflicht des Sicherungsnehmers, Sicherheiten zurückzugewähren, die endgültig nicht mehr benötigt werden. Eine vertragliche Freigaberegelung ist 11
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hierfür nicht erforderlich.
Ist -
wie im Streitfall
-
ein Freigabeanspruch ausdrück-lich vereinbart, kommt es auf die Angemessenheit der vereinbarten [X.] nicht an, weil an die Stelle einer unangemessenen Klausel die regelmä-ßig angemessene Deckungsgrenze von 110 vom Hundert
tritt ([X.], Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss
vom
27.
November 1997 -
GSZ
1/97 und [X.], [X.]Z 137, 212, 219, 224; [X.], Urteil vom 26. April 2005 -
XI
ZR 289/04, [X.], 1168, 1169).

3. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass einem Über-gang des pfändbaren Teils der [X.] der Schuldnerin für die Mona-te von September 2008 bis Dezember 2008 auf die Beklagte auch nicht die Vorschrift des §
91 Abs.
1 [X.] entgegensteht.

a) Nach §
91 Abs.
1 [X.] können Rechte an den Gegenständen der [X.] nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam er-worben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrunde liegt. Im Falle der Abtretung einer künftigen
Forderung
ist der
Verfügungstatbestand
mit dem Zu-standekommen
des Abtretungsvertrages abgeschlossen.
Der [X.] vollzieht sich jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung
([X.], Urteil vom 19.
September 1983 -
II
ZR 12/83, [X.]Z 88, 205, 206; vom 11.
Mai 2006 -
IX
ZR 247/03, [X.]Z 167, 363 Rn.
6 mwN). Entsteht die im Voraus [X.] Forderung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, kann der [X.] deshalb gemäß §
91 Abs.
1 [X.] kein Forderungsrecht mehr zu Lasten der Masse erwerben. Nur wenn der Zessionar bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der [X.]n Forderung erlangt hat, ist die Abtretung [X.] ([X.], Urteil vom 11.
Mai 2006, aaO).
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Werden Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen abgetreten, kommt es deshalb darauf an, ob sie bereits mit dem Vertragsschluss betagt
entstehen oder erst befristet mit der Inanspruchnahme der Gegenleistung; nur im ersten Fall hat der Abtretungsempfänger eine gesicherte Rechtsposition ([X.], Urteil vom 11. Mai 2006, aaO).
Bei Dienstverträgen entsteht der Vergütungsanspruch erst mit der Erbringung der Dienstleistung
([X.], Urteil vom 26. Juni 2008
-
IX
ZR 87/07, [X.], 1488 Rn.
13; vom 14. Januar 2010 -
IX
ZR 78/09, [X.], 335 Rn.
21). Der Zessionar hat demnach noch keine gesicherte Rechts-position an künftigen Lohn-
oder [X.]n des Schuldners erlangt, solange die Arbeitsleistung von
diesem noch nicht erbracht wurde. Werden die Leistungen erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, schließt
§
91 Abs.
1 [X.] den
Erwerb der hierdurch entstandenen abgetretenen Lohn-
und [X.] grundsätzlich aus.

b) Im Rahmen ihres Anwendungsbereichs verdrängt jedoch die Vorschrift des §
114 Abs.
1 [X.] diejenige des §
91 Abs.
1 [X.] ([X.], Urteil vom 11. Mai 2006, aaO Rn.
9 ff). Danach ist die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte Abtretung von künftigen Lohn-
und [X.]n für die Dauer von zwei Jahren nach der Verfahrenseröffnung wirksam.

aa) Ob die Ausnahmeregelung des §
114 Abs.
1 [X.] dabei nur [X.] auf Bezüge aus einem zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens be-stehenden oder
auch solche
aus einem
erst während des Insolvenzverfahrens eingegangenen Dienstverhältnis
erfasst, ist umstritten.

(1) Eine Auffassung verneint die Anwendbarkeit des §
114 Abs.
1 [X.]
auf die Abtretung von
[X.]n, die durch ein erst nach Eröffnung 14
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des Insolvenzverfahrens eingegangenes Dienst-
oder Arbeitsverhältnis begrün-det wurden ([X.], Z[X.] 2009, 198, 199 f; [X.] Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2009, §
114 Rn.
21; [X.]/[X.]/[X.],
aaO
§
114 Rn.
20; [X.]/[X.], ZVI
2011, 85, 89 ff). Die Vorschrift des §
114 Abs.
1 [X.] könne sich nur auf Bezüge aus Dienstverhältnissen beziehen, die zum [X.]-punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestanden, weil nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß §
91 Abs.
1 [X.] keine Rechte an der Insolvenzmasse mehr begründet
werden
könnten
([X.], aaO S.
200). Nach seinem
Wortlaut betreffe
§
114 Abs.
1 [X.] nur "Bezüge aus ei-nem Dienstverhältnis",
eine Erstreckung auf zukünftige Dienstverhältnisse sei nur im Wege der Analogie zu erreichen, von welcher im Hinblick auf den [X.] der Vorschrift nur begrenzt Gebrauch gemacht werden dürfe (Moll,
aaO; [X.]/[X.], aaO S.
89).

(2) Die Gegenauffassung lehnt eine Differenzierung zwischen bereits bestehenden und erst nach der Verfahrenseröffnung begründeten Dienstver-hältnissen bei der Anwendung des §
114 Abs.
1 [X.] ab
(LG
Trier, Z[X.] 2010, 1941, 1942 f; [X.], [X.], 2069, 2070; [X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
114 Rn.
4; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2012, §
114 Rn.
40; im [X.] auch HmbKomm-[X.]/Ahrendt, 4.
Aufl., §
114 Rn.
3). Der Wortlaut der Vor-schrift biete keine Anhaltspunkte dafür, dass nur [X.] aus bereits vor der Verfahrenseröffnung bestehenden Dienstverhältnissen vom Anwen-dungsbereich der Norm erfasst sein sollten. Vielmehr sprächen
Sinn und Zweck der Vorschrift für die
Einbeziehung von abgetretenen Dienstbezügen, die auf einem erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Dienst-
oder Arbeitsverhältnis beruhen ([X.], aaO).
18
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10
-

(3) Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu. Die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte Abtretung künftiger [X.] bleibt bis zum Ablauf von zwei Jahren
nach dem Ende des Monats der Verfahrenseröff-nung auch insoweit wirksam, als die Ansprüche auf einem Dienstverhältnis be-ruhen, das erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen [X.] ist. Aus dem Wortlaut des §
114 Abs.
1 [X.] lässt sich eine Beschränkung auf [X.] aus Dienstverhältnissen, die zum [X.]punkt der Eröff-nung des Insolvenzverfahrens bereits bestanden haben, nicht ableiten. Die
Formulierung "Bezüge aus einem Dienstverhältnis"
unterscheidet nicht zwi-schen bereits bestehenden und erst künftig begründeten Dienstverhältnissen. Gegen eine solche Unterscheidung sprechen Sinn und Zweck der Norm. Nach der Begründung
zum Regierungsentwurf des Insolvenzrechtsänderungsgeset-zes vom 26. Oktober 2001
werden [X.] durch §
114 Abs.
1 [X.] privilegiert, weil zahlreiche Verbraucher außer einer Lohnzession oftmals keine anderen Sicherheiten
für eine Kreditgewährung
anbieten könnten und bei einer Einschränkung dieses Sicherungsmittels Nachteile bei der [X.] in Kauf genommen werden müssten (BT-Drucks. 14/5680, S.
17).
Dies bringt den weiterhin tragenden Grund
der Vorschrift, die [X.] zu schützen, zutreffend zum Ausdruck. Der [X.] einer [X.] würde empfindlich
eingeschränkt werden, wenn [X.] aus Dienstverhältnissen, die der Schuldner in dem durch §
114 Abs.
1 [X.] geschützten Zweijahreszeitraum neu eingeht, dem Absonderungs-recht des Zessionars
entzogen wären.
Eine solche Auslegung schränkte auch die Freiheit des Insolvenzschuldners in sinnwidriger Weise ein, während des Zweijahreszeitraums des §
114 Abs.
1 [X.] das bisherige Dienstverhältnis zu beenden und ein neues, möglicherweise besser bezahltes Dienstverhältnis ein-zugehen. Denn wenn in einem solchen Fall der Zessionar aus der Sicherungs-abtretung keine Leistungen mehr erhielte, könnte
dies auch dem
Insolvenz-19
-
11
-
schuldner erhebliche Nachteile
bringen, etwa den
Verlust der kreditfinanzierten Sache.
Sähe
sich der Schuldner, um solche Nachteile zu vermeiden, gezwun-gen, auf
die Aufnahme des neuen Arbeitsverhältnisses
zu verzichten, könnte
dies dazu führen, dass die vermeintlich begünstigten Insolvenzgläubiger nach Ablauf der Frist des § 114 Abs. 1 [X.]
schlechter stehen.

bb) Im Streitfall ist somit die Abtretung der künftigen [X.] der Schuldnerin auch insoweit gemäß §
114 Abs.
1 [X.] [X.], als sie sich auf Ansprüche aus dem am 1. September 2008 neu begründeten Arbeits-verhältnis
bezieht, und zwar für die [X.] bis zum Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Kalendermonats, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Da das Verfahren am 17. Januar 2007 eröffnet wurde,
erstreckt sich die wirksame Abtretung auf die streitgegenständlichen pfändbaren Gehaltsanteile der Schuldnerin für die Monate September 2008 bis Dezember 2008.

Kayser
Raebel
Gehrlein

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.04.2011 -
29 [X.] 546/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 16.11.2011 -
2 [X.]/11 -

20

Meta

IX ZR 208/11

20.09.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2012, Az. IX ZR 208/11 (REWIS RS 2012, 3005)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3005

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 208/11

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