Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2006, Az. IV ZB 19/06

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1280

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] [X.] vom 18. Oktober 2006 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf und [X.] am 18. Oktober 2006 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Be-schluss der 6. Zivilkammer des [X.] vom 1. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. [X.]: 3.282,26 •.
Gründe: [X.] Die Klägerin, die rückständige Prämien aus einer Kraftfahrtzeug-Haftpflichtversicherung fordert, hat einen Mahnbescheid über 3.282,26 • nebst Zinsen erwirkt, der der [X.] am 22. August 2005 durch [X.] in den zu einer Wohnung in [X.]

gehörenden Briefkasten [X.] worden ist. In gleicher Weise ist auch der am 19. September 2005 erlassene [X.] am 22. September 2005 zugestellt worden. Am 17. Januar 2006 hat die Beklagte ihren als "Widerspruch" 1 - 3 -

bezeichneten Einspruch gegen den [X.] eingelegt und wegen Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den [X.] Stand beantragt. Sie beruft sich darauf, unter der Adresse in [X.]

, der Wohnung ihres früheren Lebensgefährten, niemals - insbe-sondere auch nicht in der [X.] von September bis Dezember 2005 - ei-nen eigenen Wohnsitz begründet zu haben. Seit Anfang September 2005 wohne sie aus beruflichen Gründen in [X.], zuvor habe sie in [X.], und zwar bei ihren Eltern in [X.], gewohnt. Mit Urteil vom 6. April 2006 hat das Amtsgericht den Einspruch gegen den [X.] als unzulässig verworfen und zugleich die beantragte Wiedereinsetzung abgelehnt. Es hat ausgeführt, der [X.] sei es nach [X.] und Glauben verwehrt, sich auf die Un-wirksamkeit der [X.] des [X.]es in [X.]

zu berufen, denn sie habe seinerzeit vorwerfbar den Rechtsschein gesetzt, dass sie am Ort der [X.] einen Wohnsitz unterhalte. Bewusst und zielgerichtet habe sie mit Hilfe dieser "[X.]" zu verhindern gewusst, dass der Klägerin ihr wahrer Wohnsitz bekannt ge-worden sei. 2 Im Rubrum des Urteils ist als Wohnsitz der [X.] ihre [X.] Anschrift in [X.] angegeben. 3 Nach entsprechendem rechtlichem Hinweis hat das [X.] die bei ihm fristgerecht eingelegte Berufung der [X.] mit Beschluss vom 1. Juni 2006 als unzulässig verworfen. Es ist der Auffassung, das Amtsgericht habe mit Benennung der [X.] Anschrift im [X.] bindend festgestellt, dass die Beklagte ihren Wohnsitz im 4 - 4 -

Ausland habe. Deshalb sei nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.] für die Ent-scheidung über die Berufung allein das [X.] zuständig. Für die Beklagte streite auch nicht das so genannte Meistbegünstigungsprin-zip. Dass sie einen "[X.]" in [X.] unterhalten habe, schaffe kein Wahlrecht zwischen der Berufungszuständigkeit des Land-gerichts und des [X.]s.
Mit ihrer Rechtsbeschwerde erstrebt die Beklagte die [X.] an das [X.]. 5 I[X.] Das Rechtsmittel hat Erfolg. 6 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung für die Klärung der Vorausset-zungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.], der durch Art. 1 des [X.] vom 27. Juli 2001 ([X.] I S. 1887) neu gefasst worden ist, zulässig, im Übrigen nach § 575 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Auf die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO kommt es nicht an (vgl. [X.], Beschluss vom 4. September 2002 - [X.] - NJW 2002, 3783 unter [X.]). 7 2. Die Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet, weil das [X.] übersehen hat, dass nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.] der die Berufungszuständigkeit des [X.]s begründende Wohnsitz einer Partei außerhalb des Geltungsbereiches des [X.] - 5 -

gesetzes bereits im "[X.]punkt der Rechtshängigkeit", das heißt zu dem [X.]punkt begründet sein muss, in dem die Rechtshängigkeit einsetzt.
a) Wird - wie hier - ein Rechtsstreit mit dem Erlass eines [X.] eingeleitet und nachfolgend ein [X.] erlas-sen, so tritt die Rechtshängigkeit der Sache nach § 700 Abs. 2 ZPO be-reits mit der Zustellung des Mahnbescheides ein. Diese ist hier am 22. August 2005 erfolgt. Die Wirksamkeit dieser Zustellung hat die Be-schwerdeführerin - wie sie auch in ihrer Beschwerdebegründung [X.] klarstellt - nicht angegriffen. 9 b) Am Tage der Zustellung des Mahnbescheides hatte die Beklagte keinen Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereiches des [X.], so dass eine funktionelle Berufungszuständigkeit des [X.]s nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nicht begründet ist. 10 Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe ihren [X.] Wohnsitz erst ab Anfang September 2005 begründet. Anderweitige Hin-weise darauf, dass dies in Wahrheit schon früher geschehen sei, sind der Akte nicht zu entnehmen. 11 c) Der auf den Beschluss des [X.] vom 28. Januar 2004 ([X.]/03 - NJW-RR 2004, 1073 unter [X.]) gestützten Auffassung des [X.]s, das Amtsgericht habe mit Benennung der [X.] Adresse der [X.] im Urteilsrubrum bindend den für § 119 Abs. 1 Nr. 1 [X.] maßgeblichen Auslandswohnsitz [X.], kann nicht gefolgt werden. Denn anders als in dem vom [X.] entschiedenen Fall haben die Parteien hier schon in erster [X.] - 6 -

[X.] darum gestritten, wo die Beklagte ihren Wohnsitz hatte. Eine [X.] des Berufungsgerichts an die erstin[X.]lichen Feststellungen hat der [X.] (aaO) aber nur für einen in erster In[X.] un-bestritten gebliebenen ausländischen Wohnsitz angenommen.
Hinzu kommt, dass das Urteilsrubrum lediglich dem Zweck dient, den bei Urteilsverkündung aktuellen Wohnsitz einer Partei zu benennen, um so die Identifizierung der Partei bei Urteilszustellung und Vollstre-ckungsmaßnahmen zu erleichtern. Demgegenüber trifft das Rubrum [X.] Aussage darüber, wo eine Partei zu einem früheren [X.]punkt, etwa zur [X.] der Klageerhebung, ihren Wohnsitz hatte. 13 Terno [X.] [X.] Dr. Kessal-Wulf [X.] Vorin[X.]en: [X.], Entscheidung vom 06.04.2006 - 84 C 34/06 - [X.], Entscheidung vom [X.]/06 -

Meta

IV ZB 19/06

18.10.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2006, Az. IV ZB 19/06 (REWIS RS 2006, 1280)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1280

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.