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Handelsregistersache: Amtswegige Eintragung einer gelöschten GmbH und ihrer Liquidatoren
Eine gelöschte GmbH und ihre Liquidatoren sind grundsätzlich von Amts wegen einzutragen, wenn die Liquidatoren durch das Gericht ernannt worden sind, weil sich nach der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt.
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten werden der Beschluss des 22. Zivilsenats des [X.] vom 9. November 2021 und der Beschluss des Amtsgerichts [X.] - Registergericht - vom 2. Juli 2021 aufgehoben.
Das Amtsgericht - Registergericht - wird angewiesen, die Beteiligte und ihren Liquidator K. in das Handelsregister einzutragen.
I.
Die Beteiligte, eine [X.]schaft mit beschränkter Haftung, wurde 2006 gemäß § 141a [X.] wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2019 hat das [X.] [X.] gemäß § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG zum Liquidator bestellt und den "Wirkungskreis des [X.] (…) auf die Vertretung und die Wahrnehmung der Rechte der gelöschten [X.]schaft hinsichtlich der im Eigentum der [X.]schaft stehenden Teileigentumseinheiten [X.] /O. straße verzeichnet im Grundbuch von [X.] " beschränkt.
Unter dem 27. Mai 2021 hat [X.] beantragt, die Beteiligte und sich "als Nachtragsliquidator" in das Handelsregister einzutragen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Grundbuchamt als der beantragten Eintragung von Grundpfandrechten entgegenstehendes Hindernis den fehlenden Nachweis der Vertretungsberechtigung nach § 32 GBO benannt habe. Die gegen diese Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde habe das [X.] mit Beschluss vom 29. April 2021 zurückgewiesen.
Das Amtsgericht hat den [X.] zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte ihr Eintragungsbegehren weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung der [X.] zur Anweisung an das Registergericht, die Beteiligte und ihren Liquidator in das Handelsregister einzutragen.
1. [X.] (KG, [X.], 895) hat zur [X.] Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Liquidation, die gemäß § 66 Abs. 5 GmbHG nach Löschung einer GmbH wegen Vermögenslosigkeit trotz vorhandenen Vermögens erfolge, sei wie die [X.] lediglich darauf gerichtet, die noch für die Vollbeendigung der [X.] durchzuführen. Dementsprechend könne die Vertretungsmacht des Liquidators auf die einzelnen, gemäß § 70 GmbHG erforderlichen Abwicklungsmaßnahmen beschränkt werden. Es gebe keinen Grund, den Liquidator mit einer "überschießenden" Vertretungsmacht auszustatten, die ihm und dem Rechtsverkehr Befugnisse "vorzuspiegeln" geeignet sei, die dieser nicht habe. Die Eintragung der [X.]schaft und ihres Liquidators im Handelsregister könne nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts unterbleiben, wenn der zu erwartende Umfang und die Qualität der erforderlichen Handlungen der Liquidatoren eine Eintragung nicht erfordere. Dies sei hier der Fall, weil nur noch Teileigentumsrechte zu verwerten seien. Der Beschluss des ersten Zivilsenats des [X.]s ([X.], 2125), wonach die Handelsregistereintragung zur Eintragung der Grundpfandrechte erforderlich sei, binde den Senat nicht. Er überzeuge auch in der Sache nicht, weil der Liquidator seine Vertretungsbefugnis durch Vorlage einer Ausfertigung des [X.] in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nachweisen könne.
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Beteiligten ergibt sich schon daraus, dass ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts zurückgewiesen wurde (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Juli 2020 - [X.], [X.], 1658 Rn. 12 mwN).
3. Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil das Beschwerdegericht die gemäß § 59 Abs. 1 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde rechtsfehlerhaft zurückgewiesen hat. Der gerichtlich ernannte Liquidator [X.] ist gemäß § 67 Abs. 4 GmbHG von Amts wegen in das Handelsregister einzutragen. Dazu gehört auch die Eintragung der Beteiligten als der [X.] (vgl. [X.] 1993, 341, 345; [X.], GmbHR 1997, 752; [X.], GmbHR 1979, 227, 228; KG, [X.], 2125, 2126; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 23. Aufl., § 66 Rn. 39; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., § 66 Rn. 100; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., § 66 Rn. 84; [X.]/[X.], GmbHG, 12. Aufl., § 60 Rn. 69; [X.]/[X.], GmbHG, 12. Aufl., § 66 Rn. 58; [X.], GmbHG, 10. Aufl., § 75 Rn. 67).
a) Ob eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte [X.]schaft und ihre Liquidatoren im Fall des § 66 Abs. 5 GmbHG ins Handelsregister eingetragen werden müssen, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet.
Teilweise wird die Eintragung ausnahmslos für erforderlich erachtet (KG, [X.] 1937, 1739, 1740; [X.]/Winter, GmbHR 2022, 445, 447 ff.; [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl., § 66 GmbHG Rn. 34; [X.] in [X.]/[X.], FamFG, 12. Aufl., § 394 Rn. 10; [X.], FamFG, 20. Aufl., § 394 Rn. 37; [X.] in [X.]/Weinreich, FamFG, 6. Aufl., § 394 Rn. 81).
Anderer Auffassung zufolge kann von einer Eintragung im Einzelfall aus pragmatischen Gründen abgesehen werden, insbesondere wenn nur noch einzelne, schnell zu erledigende Abwicklungsmaßnahmen zu erfolgen hätten und der [X.] die Eintragung nicht erfordere ([X.], [X.], 2204; [X.], [X.], 1813, 1815; [X.] in Rowedder/v. [X.], GmbHG, 7. Aufl., § 74 Rn. 26; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 23. Aufl., § 66 Rn. 39; [X.] in [X.][X.], GmbHG, 20. Aufl., § 74 Rn. 20;Kolmann/[X.] in [X.]/Inhester, GmbHG, 4. Aufl., § 74 Rn. 71; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., § 66 Rn. 100; [X.]/[X.], GmbHG, 12. Aufl., § 60 Rn. 69; [X.]/[X.], GmbHG, 12. Aufl., § 66 Rn. 58; [X.], [X.] 2022, 184 ff.).
b) Eine gelöschte GmbH und ihre Liquidatoren sind nach § 67 Abs. 4 GmbHG grundsätzlich von Amts wegen einzutragen, wenn die Liquidatoren durch das Gericht ernannt worden sind, weil sich nach der Löschung der [X.]schaft wegen Vermögenslosigkeit herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt (§ 66 Abs. 5 GmbHG). Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Eintragung einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten [X.]schaft und ihrer Liquidatoren im Einzelfall aus verfahrensökonomischen Gründen unterbleiben kann. Nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen ist ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben.
aa) Der Wortlaut von § 67 Abs. 4 GmbHG umfasst auch die gemäß § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG ernannten Liquidatoren. [X.] schließt jene Bestimmung diese ebenfalls ein. Die Gesetzesgenese bietet auch keine Anhaltspunkte für ein einschränkendes Normverständnis. § 66 Abs. 5 GmbHG ist zwar durch Art. 48 Nr. 9 Buchst. b des Einführungsgesetzes zur [X.] vom 5. Oktober 1994 ([X.], [X.]. I 2911) nachträglich in das GmbHG eingefügt worden. Allerdings sah schon § 2 Abs. 3 [X.] die gerichtliche Bestellung der Liquidatoren unter den in § 66 Abs. 5 GmbHG geregelten Voraussetzungen vor, was deren Eintragung von Amts wegen gemäß § 67 Abs. 4 GmbHG zur Folge hatte (vgl. [X.] 1993, 341, 345; [X.], GmbHR 1997, 752; [X.], GmbHR 1979, 227, 228). Mit § 66 Abs. 5 GmbHG wollte der Gesetzgeber § 2 Abs. 3 [X.] lediglich mit einigen redaktionellen Anpassungen ins GmbHG überführen ([X.] [X.], BT-Drucks. 12/3803, [X.]). Schließlich lässt sich Sinn und Zweck von § 67 Abs. 4 GmbHG, die Liquidation und die gerichtlich ernannten Liquidatoren publik zu machen, auch in den Fällen des § 66 Abs. 5 GmbHG erfüllen. Bei der Löschung der [X.]schaft wegen Vermögenslosigkeit kommt der Publizitätsfunktion besondere Bedeutung zu, weil in aller Regel noch kein Liquidationsverfahren mit Gläubigeraufruf (§ 65 Abs. 2, § 73 Abs. 1 GmbHG) stattgefunden hat. Schweigt das Handelsregister, wird sich ein Gläubiger vielfach nicht veranlasst sehen, seine Forderungen geltend zu machen ([X.]/Winter, GmbHR 2022, 445, 448; [X.]/[X.], GmbHG, 12. Aufl., § 66 Rn. 58). Der unrichtige Eindruck einer werbenden [X.]schaft wird durch die Eintragung nicht hervorgerufen (so aber [X.], [X.] 2022, 187, 188). Denn die Liquidatoren sind als solche und in den Fällen gerichtlicher Ernennung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 HRV zudem unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage einzutragen.
bb) Auf Grundlage des vom Beschwerdegericht festgestellten Sachverhalts kommt ein Absehen von der Eintragung nicht in Betracht. Danach ist die Beteiligte Eigentümerin von fünf Teileigentumsrechten. Deren Wert hat sie mit 700.000 bis 750.000 € beziffert.
In Anbetracht dieses Vermögens kann keine Rede davon sein, dass der [X.] die Eintragung nicht erfordere, weil nur noch einzelne, schnell zu erledigende Abwicklungsmaßnahmen vonnöten seien. Vielmehr finden gemäß § 66 Abs. 5 Satz 1 GmbHG grundsätzlich die §§ 68 ff. GmbHG Anwendung ([X.] in Gehrlein/[X.], 5. Aufl., § 66 Rn. 32; [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl., § 66 Rn. 34; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 23. Aufl., § 66 Rn. 41; MünchKommGmbHG/H.-F. [X.], 3. Aufl., § 66 Rn. 88; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 3. Aufl., § 66 Rn. 88; [X.]/[X.], GmbHG, 12. Aufl., § 66 Rn. 59).
Danach ist der Liquidator nach den in Rede stehenden Vermögenswerten in nicht unerheblichem Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§ 71 Abs. 1, § 74 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Des Weiteren sind die Teileigentumsrechte von ihm in Geld umzusetzen (§ 70 Satz 1 GmbHG). Dazu darf er auch neue Geschäfte eingehen, z. B. Renovierungsarbeiten beauftragen oder zur Absicherung der Kaufpreisfinanzierung Grundpfandrechte bestellen (§ 70 Satz 2 GmbHG). Seine Vertretungsberechtigung dazu kann er gegenüber dem Grundbuchamt gemäß § 32 GBO durch das Handelsregister nachweisen. Da ihm das Gesetz diese Möglichkeit eröffnet, ist es entgegen der Auffassung des [X.] unerheblich, ob er seine Vertretungsberechtigung grundbuchverfahrensrechtlich auch durch eine Ausfertigung des [X.] nachweisen könnte. Die Verteilung des durch Veräußerung der Teileigentumsrechte eingenommenen Geldes darf der Liquidator nach § 73 Abs. 1 GmbHG auch erst frühestens mit Ablauf eines Jahres seit dem Tage vornehmen, an welchem die Aufforderung an die Gläubiger gemäß § 65 Abs. 2 GmbHG erfolgt ist.
cc) Unklar ist, worauf der Hinweis des [X.] abzielt, es gebe keinen Grund, den Liquidator mit einer "überschießenden" Vertretungsmacht auszustatten und ihm und dem Rechtsverkehr eine solche Befugnis "vorzuspiegeln". Falls das Beschwerdegericht damit ein Eintragungshindernis hat benennen wollen, läge ein solches Hindernis nicht vor. Die Eintragung nach § 67 Abs. 4 GmbHG hat nur deklaratorische Wirkung (allg. Ansicht, statt vieler [X.] in [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, § 67 Rn. 16 mwN). Die Vertretungsbefugnis des Liquidators ergibt sich aus dem Gesetz. Sie ist gemäß § 71 Abs. 4, § 37 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich unbeschränkt und unbeschränkbar ([X.], Urteil vom 8. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 46). Da nur der Liquidator eingetragen wird und diese Eintragung richtig ist, wird dem Rechtsverkehr auch nichts "vorgespiegelt".
III.
Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben (§ 74 Abs. 5 FamFG). Die Sache ist zur Endentscheidung reif, weil das Registergericht mit der Bestellung des Liquidators die Bestellungsvoraussetzungen bejaht hat. Das Registergericht ist, da keine anderen Eintragungshindernisse ersichtlich sind, anzuweisen, die Beteiligte und den Liquidator in das Handelsregister einzutragen.
[X.] |
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Wöstmann |
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Bernau |
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von Selle |
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[X.] |
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Meta
26.07.2022
Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZB
vorgehend KG Berlin, 9. November 2021, Az: 22 W 68/21, Beschluss
§ 66 Abs 5 GmbHG, § 67 Abs 4 GmbHG
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.07.2022, Az. II ZB 20/21 (REWIS RS 2022, 3976)
Papierfundstellen: REWIS RS 2022, 3976 WM 2022, 1690 REWIS RS 2022, 3976 NJW 2022, 3290 REWIS RS 2022, 3976 MDR 2022, 1294 REWIS RS 2022, 3976
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
II ZB 11/21 (Bundesgerichtshof)
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