Bundessozialgericht, Beschluss vom 30.01.2017, Az. B 1 KR 14/16 S

1. Senat | REWIS RS 2017, 16476

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - elektronischer Rechtsverkehr beim BSG - Prozesskostenhilfegesuch - Formerfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur


Tenor

Der Antrag des Antragstellers, ihm für das Verfahren vor dem [X.] Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] vom 30. August 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Das [X.] hat die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung, ihm einen Notanwalt (§ 78b ZPO) beizuordnen (SG-Beschluss vom 28.7.2016), zurückgewiesen ([X.] vom [X.]). Hiergegen hat der Antragsteller mit einem am 15.10.2016 per einfacher E-Mail beim [X.] eingegangenen elektronischen Dokument sinngemäß Beschwerde eingelegt und gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts gestellt.

2

II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist abzulehnen (dazu 1.), die Beschwerde des Antragstellers als unzulässig zu verwerfen (dazu 2.).

3

1. Nach § 73a Abs 1 S 1 [X.] iVm §§ 114 und 121 ZPO kann einem Beteiligten für ein Beschwerdeverfahren vor dem [X.] nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist, dass sowohl der Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 [X.], § 117 Abs 1, 2 und 4 ZPO) eingereicht werden. Der Bewilligungsantrag des Antragstellers per einfacher E-Mail erfüllt diese Voraussetzung nicht. Ein an das [X.] gerichtetes elektronisches [X.] bedarf vielmehr einer hierfür zugelassenen qualifizierten elektronischen Signatur.

4

Grundsätzlich ist ein Antrag auf PKH als Prozesshandlung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen (§ 73a Abs 1 [X.] iVm § 117 Abs 1 S 1 ZPO, vgl [X.] in Zeihe/[X.], [X.], Stand 1.8.2016, Anhang 8 § 114 ZPO Anm 8a aa; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 73a RdNr 5a). § 65a Abs 1 [X.] lässt - anstelle der Schriftform - die Übermittlung von elektronischen Dokumenten nach Maßgabe von Rechtsverordnungen des Bundes oder des jeweiligen [X.] zu. Für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, ist eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 [X.] Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (Signaturgesetz idF durch Art 1 Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen und zur Änderung weiterer Vorschriften vom [X.], [X.]) vorzuschreiben (§ 65a Abs 1 S 3 [X.]). Für das [X.] hat die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim [X.] ([X.] vom 18.12.2006, [X.] 3219, geändert durch [X.] vom 14.12.2015, [X.] 2339) die Übermittlung elektronischer Dokumente zugelassen. § 2 Abs 3 [X.] bestimmt hierfür: Die für Dokumente, die - wie hier der [X.] - einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, erforderliche qualifizierte elektronische Signatur muss dem Profil [X.] entsprechen und das ihr zugrunde liegende Zertifikat muss durch das Gericht, das mit einer automatisierten Überprüfung andere Stellen beauftragen kann, prüfbar sein (vgl auch [X.] vom 13.9.2016 - [X.] RS 30/16 B - Juris, für [X.]-1500 § 65a [X.] vorgesehen; zu vergleichbaren Anforderungen ab 1.1.2016 beim [X.] vgl [X.] Beschluss vom 19.5.2016 - [X.]/16 - [X.]/NV 2016, 1303 = Juris RdNr 7 mwN zur Abgrenzung zur früheren Rechtslage und Rspr).

5

Hieran fehlt es. Der Antragsteller erfüllt mit seinen an das [X.] übermittelten einfachen E-Mails vom 15.10., 19.10. und 3.11.2016 nicht diese Voraussetzungen. Der erkennende Senat kann vom Formerfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur auch nicht ausnahmsweise absehen, selbst wenn sich aus den E-Mails oder begleitenden Umständen die Urheberschaft und der Wille, das elektronische Dokument in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergibt (vgl [X.] in [X.], [X.], Stand 1.9.2016, § 65a RdNr 15 mwN).

6

2. Die Beschwerde ist ua aus den zu 1. genannten Gründen als unzulässig zu verwerfen. Selbst statthafte Rechtsbehelfe - woran es hier fehlt - können beim [X.] nicht per einfacher E-Mail wirksam eingelegt werden.

7

3. [X.] beruht auf analoger Anwendung des § 193 [X.].

Meta

B 1 KR 14/16 S

30.01.2017

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Hannover, 28. Juli 2016, Az: S 11 KR 398/16 ER, Beschluss

§ 65a Abs 1 S 3 SGG, § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 114 ZPO, § 117 Abs 1 ZPO, § 117 Abs 2 ZPO, § 117 Abs 4 ZPO, § 121 ZPO, § 2 Nr 3 SigG 2001, § 2 Abs 3 ERVVOBSG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 30.01.2017, Az. B 1 KR 14/16 S (REWIS RS 2017, 16476)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16476

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