Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2019, Az. B 14 AS 42/18 R

14. Senat | REWIS RS 2019, 4033

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Zahlungen aus Restschuldversicherung - keine bereiten Mittel - Nichtberücksichtigung einer Rentennachzahlung für das Vorjahr - keine Abweichung vom Zuflussprinzip


Tenor

Auf die Revisionen der Kläger werden das Urteil des [X.] vom 21. Juni 2018 aufgehoben, das Urteil des [X.] vom 26. Februar 2016 sowie der Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juni 2015 geändert und der Beklagte verurteilt, den Klägern vom 1. Januar bis 31. Dezember 2015 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] zu zahlen.

Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Verfahrens für alle drei Instanzen zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] für das [X.].

2

Die Klägerin, ihr Ehemann und der in 2007 geborene gemeinsame [X.], der Kläger, lebten im streitgegenständlichen [X.]raum in einem Haushalt. Die Klägerin erzielte Erwerbseinkommen; für den Kläger wurde Kindergeld gezahlt. In 2011 hatten die Klägerin und ihr Ehemann mit der T-Bank einen Darlehensvertrag abgeschlossen mit monatlichen Darlehensraten zu je 767,70 [X.]. Gleichzeitig war eine Versicherung bei der [X.] abgeschlossen worden, wonach im Fall der Arbeitslosigkeit eine Bezahlung der Darlehensraten durch die Versicherung für 12 Monate erfolgen sollte. Der Ehemann wurde während der Darlehenslaufzeit arbeitslos. Daher zahlte die Versicherung im [X.] monatlich 766,99 [X.] auf das versicherte [X.] bei der Bank. Da gleichzeitig der monatliche Lastschrifteinzug der Darlehensraten iHv 767,70 [X.] fortgesetzt wurde, überwies die Bank nach Eingang der Versicherungsleistung den Betrag iHv 766,99 [X.] auf das Girokonto der Eheleute im Wege der Stornierung zurück.

3

Seit Juli 2014 bezogen die Kläger und der Ehemann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auf ihren Weiterbewilligungsantrag bewilligte das beklagte Jobcenter diese Leistungen vom 1.1. bis zum 31.12.2015 monatlich der Klägerin und ihrem Ehemann iHv jeweils rund 67 [X.] und dem Kläger von rund 35 [X.]. Dabei berücksichtigte der Beklagte neben dem bereinigten Erwerbseinkommen der Klägerin und dem Kindergeld die für den Ehemann aus der [X.] geleisteten 766,99 [X.], abzüglich der [X.], als Einkommen (Bescheid vom 30.1.2015; Widerspruchsbescheid vom 2.6.2015).

4

Am 17.6.2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger beim [X.] "Klage in Sachen der Frau B L" erhoben und den Bescheid sowie den Widerspruchsbescheid beigefügt. In der Klagebegründung hat der Prozessbevollmächtigte ausgeführt, dass der Klägerin "und damit der Bedarfsgemeinschaft" gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem [X.] zustehe. Das [X.] hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 26.2.2016). Die Klagen des [X.] und des damals ebenfalls klagenden Ehemanns seien unzulässig, da nicht innerhalb der Monatsfrist erhoben. Die Klage der Klägerin sei unbegründet, da die monatliche Leistung aus der Versicherung an den Ehemann als Einkommen zu berücksichtigen sei. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die [X.] dem Ehemann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die [X.] ab 1.4.2014 iHv brutto rund 1500 [X.] monatlich in 2015 bewilligt (Bescheid vom 19.4.2016). Auf den Nachzahlungsbetrag hat ua der Beklagte für die in der entsprechenden [X.] gewährten Leistungen nach dem [X.] einen Erstattungsanspruch iHv rund 4000 [X.] geltend gemacht. Nach Begleichung der Erstattungsansprüche ist von der Rentenversicherung der verbleibende Betrag von rund 28 000 [X.] an den Ehemann im Frühjahr 2016 ausgezahlt worden. Der Ehemann hat die Berufung zurückgenommen. Das L[X.] hat die Berufungen der übrigen Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 21.6.2018). Die Klage des [X.] sei fristgerecht erhoben worden, wie sich aus der Auslegung der Klageschrift und den beigefügten Bescheiden ergebe. Auch seien weder die Versicherungsleistung noch die Rückbuchung als Einkommen zu berücksichtigen. Jedoch habe die Rentennachzahlung aufgrund des Rechtsgedankens des § 48 Abs 1 Satz 3 [X.]B X rückwirkend als Einkommen berücksichtigt werden müssen, um einen unerwünschten Doppelbezug von Sozialleistungen zu vermeiden.

5

In ihrer vom L[X.] zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung von § 11 [X.]. Die Rentennachzahlung sei erst im Mai 2016 erfolgt und daher für das streitgegenständliche [X.] nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Es gelte das Zuflussprinzip.

6

Die Kläger beantragen,
das Urteil des [X.] vom 21. Juni 2018 aufzuheben, das Urteil des [X.] vom 26. Februar 2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juni 2015 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen vom 1. Januar bis 31. Dezember 2015 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässigen Revisionen der [X.]läger sind begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 [X.]G). Die [X.]läger haben Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] vom 1.1. bis zum 31.12.2015, weil weder die Versicherungsleistung noch die Rentennachzahlung als Einkommen zu berücksichtigen sind.

9

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben dem Urteil des [X.] vom 21.6.2018 und dem Urteil des [X.] vom [X.] Beklagten vom 30.1.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] und das dagegen gerichtete Begehren der [X.]läger, ihnen höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] vom 1.1. bis zum 31.12.2015 zu zahlen.

2. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des [X.] nicht entgegen.

Insbesondere ist auch die [X.]lage des [X.]lägers fristgemäß beim [X.] eingegangen (§ 87 Abs 1 Satz 1, Abs 2 [X.]G), obwohl die fristwahrende [X.]lageschrift nach ihrem Wortlaut "(i)n Sachen der Frau B L" erhoben worden ist. Denn der der [X.]lageschrift beigefügte Widerspruchsbescheid vom [X.], auf den in ihr Bezug genommen wurde, betraf nicht nur die [X.]lägerin, sondern auch den [X.]läger. Die [X.]lageschrift und die mit ihr verbundenen Anlagen waren so zu verstehen, dass durch sie die [X.]lagefrist für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gewahrt werden sollte, hinsichtlich denen im Widerspruchsbescheid eine Entscheidung getroffen worden war.

Zutreffende [X.]lageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 [X.]G), zulässig gerichtet auf die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung höherer Leis-tungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 Satz 1 [X.]G), da mit Wahrscheinlichkeit von höheren Leistungen ausgegangen werden kann, wenn dem [X.]lagebegehren gefolgt wird (vgl zur Zulässigkeit eines solchen Grundurteils im Höhenstreit nur B[X.] vom 16.4.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-4225 § 1 [X.] Rd[X.]0 mwN).

3. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der [X.]läger gegenüber dem Beklagten auf höhere Leistungen nach dem [X.] für Januar bis Dezember 2015 sind die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff [X.] (jeweils idF der Bekanntmachung vom 13.5.2011, [X.], zuletzt vor dem streitigen [X.]raum geändert durch das Gesetz vom 22.12.2014, [X.]). In Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das damals geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl B[X.] vom 19.10.2016 - [X.] [X.]/15 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]4 f).

Das Begehren der [X.]läger auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die streitige [X.] ist begründet.

Die [X.]lägerin war eine leistungsberechtigte Person nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] und ein [X.] lag nicht vor; sie lebte mit ihrem Ehemann und dem damals 7 bzw 8 Jahre alten [X.]läger, ihrem [X.], in einem Haushalt und bildete mit ihnen eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 [X.], wie den Feststellungen des [X.] zu entnehmen ist.

4. Der Anspruch der [X.]läger auf höhere Leistungen folgt aus der Nicht-Berücksichtigung der Zahlung der Versicherung - in Übereinstimmung mit dem [X.] und entgegen der Auffassung des Beklagten - (dazu 5.) und der Nicht-Berücksichtigung der Rentennachzahlung aus dem Frühjahr 2016 - entgegen der Auffassung des [X.] - (dazu 6.) als Einkommen nach §§ 11 ff [X.] im streitgegenständlichen [X.].

Als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs 1 Satz 1 [X.] (alle) Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b [X.] abzusetzenden Beträge und mit Ausnahme der in § 11a [X.] genannten Einnahmen. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 [X.] nach der ständigen Rechtsprechung des B[X.] grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was die Person vor der Antragstellung bereits hatte. Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie, stRspr seit B[X.] vom 30.7.2008 - [X.] AS 26/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]3; jüngst B[X.] vom 9.8.2018 - [X.] [X.]/17 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]1). Allerdings ist der wertmäßige Zuwachs nur dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn die Einnahme der leistungsberechtigten Person tatsächlich zur Deckung ihres Bedarfs - als "bereites Mittel" - zur Verfügung steht (vgl nur B[X.] vom 17.2.2015 - [X.] [X.]G 1/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]8 mwN).

Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen und bei unverheirateten [X.]indern, die mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern zu berücksichtigen 9 Abs 2 Satz 1 und 2 [X.]).

5. Die Zahlung der Versicherung auf das Darlehenskonto der Eheleute ist vom [X.] zu Recht nicht als zu berücksichtigendes Einkommen nach § 11 [X.] angesehen worden, weil diese Zahlung nicht zu bereiten Mitteln der Eheleute und die Rückbuchung der zuvor abgebuchten Darlehensrate seitens der Bank auf das Girokonto nicht zu einer (weiteren) Einnahme der Eheleute geführt hat.

Erforderlich für die Berücksichtigung einer Einnahme als bereites Mittel ist insbesondere, dass sie im Monat des Zuflusses dem Betreffenden tatsächlich zur Verfügung steht und zur Existenzsicherung eingesetzt werden kann. Steht der aus der Einnahme sich ergebende Wertzuwachs im [X.]punkt des Zuflusses aus Rechtsgründen nicht als bereites Mittel bedarfsdeckend zur Verfügung, ist die Berücksichtigung als Einkommen zu diesem [X.]punkt selbst dann ausgeschlossen, wenn der Leistungsberechtigte auf die Realisierung des Wertes in der Folgezeit hinwirken kann. Davon ausgehend hat der Senat zB das Vorliegen von bereiten Mitteln und damit von zu berücksichtigendem Einkommen verneint bei Zinsen aus einem Bausparvertrag, die diesem gutgeschrieben worden sind, aber erst nach [X.]ündigung des Bausparvertrags dem Inhaber des [X.] (B[X.] vom 19.8.2015 - [X.] [X.]/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.] f).

Übertragen auf den vorliegenden Sachverhalt bedeutet dies, dass die Zahlung der Versicherungsleistung durch die [X.] auf das Darlehenskonto bei der T-Bank nicht zu bereiten Mitteln seitens der [X.]lägerin oder ihres Ehemannes führte. Nach den Feststellungen des [X.] ersetzte die Zahlung der Versicherungsleistung die Begleichung der Darlehensraten und durch das Zusammenwirken von T-Bank und [X.] war sichergestellt, dass die Mittel von den Eheleuten nicht zur Existenzsicherung eingesetzt werden konnten.

Die aufgrund einer Stornierung erfolgende Rückbuchung der zuvor abgebuchten Darlehensrate seitens der Bank auf das Girokonto der Eheleute führte nicht zu einer Einnahme der Eheleute. Denn diese Rückbuchung kann nicht losgelöst von der zuvor erfolgten Abbuchung der Darlehensrate gesehen werden, so dass der für eine Einnahme erforderliche Wertzuwachs auf dem Girokonto der Eheleute nicht festzustellen ist.

Die Zusammenschau der Zahlung der Versicherungsleistung auf das Darlehenskonto und der Rückbuchung auf das Girokonto führt zu keinem anderen Ergebnis, weil der Wertzuwachs auf dem Darlehenskonto nicht zu verfügbaren Mitteln der Eheleute führte.

Der Zahlung der Versicherungsleistung auf das Darlehenskonto lag keine unbeachtliche Verwendungsentscheidung der Eheleute zugrunde (vgl B[X.] vom 29.4.2015 - [X.] [X.]/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] <[X.]ontokorrentabrede>; B[X.] vom 24.5.2017 - [X.] AS 32/16 R - B[X.]E 123, 199 = [X.] 4-4200 § 11 [X.] ). Denn die Zahlung führte nicht zu einer Einnahme, über deren Verwendung die Eheleute frei verfügen konnten. Vielmehr war die Versicherungsleistung von Anfang an eine durch die Regelungen des [X.] und das Zusammenwirken von T-Bank und [X.] für den Zweck "Begleichung der Darlehensraten" bestimmte Einnahme, zumal der Beitrag für die Versicherung in das aufgenommene Darlehen mit einbezogen war.

6. Die Rentennachzahlung an den Ehemann der [X.]lägerin im Frühjahr 2016 kann nicht als für das [X.] zu berücksichtigendes Einkommen angesehen werden.

Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs 2 Satz 1 [X.]). Gleiches gilt dem Grunde nach für einmalige Einnahmen gemäß § 11 Abs 3 Satz 1 [X.], wobei § 11 Abs 3 Satz 2 und 3 [X.] abweichende Regelungen für Fallkonstellationen vorsehen, in denen das einmalige Einkommen im Folgemonat bzw in den folgenden 6 Monaten zu berücksichtigen sein kann. Dies entspricht dem im [X.] grundsätzlich geltenden Monatsprinzip (stRspr: B[X.] vom 30.9.2008 - [X.] AS 29/07 R - B[X.]E 101, 291 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], RdNr 31; B[X.] vom 19.8.2015 - [X.] [X.]/14 R - B[X.]E 119, 265 = [X.] 4-4200 § 22 [X.], Rd[X.]3) und der oben dargestellten modifizierten Zuflusstheorie.

Angesichts dessen ist nachgezahltes Einkommen grundsätzlich im [X.] und nicht für die [X.] zu berücksichtigen, für die es nachgezahlt wird. Dies hat das B[X.] bereits entschieden für nachgezahltes Arbeitsentgelt (vgl B[X.] vom 24.4.2015 - [X.] AS 32/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]4 f; B[X.] vom 16.5.2012 - [X.] AS 154/11 R - [X.] 4-1300 § 33 [X.] Rd[X.]0), für nachgezahltes [X.]rankengeld (vgl B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]9 Rd[X.]0 ff), für nachgezahltes Übergangsgeld (vgl B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]/08 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]2 Rd[X.]8 ff) und für eine Einkommensteuererstattung (vgl B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] AS 48/07 R - Rd[X.]0 f).

Gründe, hiervon im vorliegenden Verfahren für eine Rentennachzahlung im Frühjahr 2016 ua für das streitige [X.] abzuweichen, liegen nicht vor. Eine Rechtsgrundlage für eine rechtlich abweichende zeitliche Zuordnung der Rentennachzahlung besteht nicht. Aus dem vom [X.] angeführten § 48 Abs 1 Satz 3 [X.]B X oder einem ihm entnommenen Rechtsgedanken kann derartiges nicht hergeleitet werden, weil die Vorschrift eine Regelung in einem besonderen Teil des [X.] über den Beginn des [X.] voraussetzt. Diese Regelung ist in den zitierten § 11 Abs 2 und 3 [X.] enthalten, die gerade keine rückwirkende Berücksichtigung vorsehen (so auch [X.] in [X.]/[X.], [X.]B X, [X.] § 48 RdNr 59, Stand der Einzelkommentierung 11/2018). Nichts anderes folgt aus dem vom [X.] zitierten Urteil des B[X.] vom 6.11.1985 (10 R[X.]g 3/84 - B[X.]E 59, 111 = [X.] 1300 § 48 [X.]9), weil dort - ebenfalls - auf die einschlägigen Regelungen des B[X.]GG abgestellt wird.

Für eine Abweichung von den dargestellten Grundsätzen des [X.] besteht zur Vermeidung eines unerwünschten Doppelbezugs von Sozialleistungen in [X.]onstellationen der vorliegenden Art im Hinblick auf die Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander nach §§ 102 ff [X.]B X auch kein Bedarf, wie das [X.] grundsätzlich zutreffend erkannt hat (vgl zudem §§ 34 ff [X.] zu Ersatzansprüchen gegenüber Leistungsberechtigten und Dritten).

Soweit das [X.] sein gegenteiliges Ergebnis mit dem vom Beklagten bei der Rentenversicherung zu niedrig angemeldeten und demgemäß befriedigten Erstattungsanspruch, der zu einer entsprechend höheren Rentennachzahlung an den Ehemann führte, begründet hat, kann dem nicht gefolgt werden. Wenn die vom Gesetzgeber zur Wiederherstellung des Nachrangs zB des [X.] gegenüber anderen vorrangigen Sozialleistungen geschaffenen Regelungen in §§ 102 ff [X.]B X im Einzelfall nicht oder nur unzureichend eingreifen, muss dies solange hingenommen werden, wie der Gesetzgeber die geltende Rechtslage nicht ändert. Mit den Mitteln richterlicher Rechtsfortbildung jedenfalls kann ein als unerwünscht angesehener Doppelbezug von Sozialleistungen nicht verhindert werden (vgl B[X.] vom 31.10.2012 - [X.] R 11/11 R - [X.] 4-1300 § 106 [X.] RdNr 38 ff). Im Übrigen hat der Beklagte die im Streit stehenden höheren Leistungen im Rahmen der bestehenden Erstattungsvorschriften gegenüber der Rentenversicherung als Erstattungsanspruch geltend machen können, weil auch künftige, noch ungewisse Ersatzansprüche angemeldet werden können ([X.] in [X.]/[X.], [X.]B X, [X.] vor §§ 102-114 Rd[X.]10, Stand der Einzelkommentierung 6/2019; [X.] in von [X.]/Schütze, [X.]B X, 8. Aufl 2014, vor §§ 102-114 RdNr 5).

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 42/18 R

29.08.2019

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Köln, 26. Februar 2016, Az: S 37 AS 2108/15, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11 Abs 2 S 1 SGB 2, § 11 Abs 3 SGB 2, § 48 Abs 1 S 3 SGB 10, § 102 SGB 10, §§ 102ff SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2019, Az. B 14 AS 42/18 R (REWIS RS 2019, 4033)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4033

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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