Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.02.2011, Az. VII ZR 185/07

7. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 9580

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Gegenstand

Vorwirkung demnächst erfolgender Zustellung: Berechnung der 14-tägigen Verzögerung der Klagezustellung


Leitsatz

Die Zustellung einer Klage ist jedenfalls dann noch demnächst erfolgt, wenn die durch den Kläger zu vertretende Verzögerung der Zustellung den Zeitraum von 14 Tagen nicht überschreitet. Bei der Berechnung der Zeitdauer der Verzögerung ist auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. April 2000, VII ZR 116/99, BauR 2000, 1225 = ZfBR 2000, 466) .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 27. Zivilsenats des [X.] vom 23. August 2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung vermeintlich zu Unrecht erhaltener Zahlungen aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft und begehrt ferner die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Inanspruchnahme der Bürgschaft entstanden sei. Im Revisionsverfahren streiten die Parteien nur darüber, ob etwaige Forderungen verjährt sind.

2

Die Klageschrift ist am 30. Dezember 2004 beim [X.] eingegangen. Am Montag, dem 7. Februar 2005, ist der Klägerin die Gerichtskostenanforderung zugegangen. Die [X.] Muttergesellschaft der Klägerin zahlte die Gerichtskosten mit Überweisungsauftrag vom 16. Februar 2005 an die [X.] in [X.], wobei als Valutadatum der 17. Februar 2005 angegeben wurde. Der angeforderte Betrag ist am 23. Februar 2005 bei der [X.] eingegangen. Die Klageschrift ist am 11. März 2005 zugestellt worden.

3

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5

Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche für verjährt erachtet. Die reguläre Verjährungsfrist habe gemäß § 195 BGB drei Jahre betragen und sei gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB bis zum 31. Dezember 2004 gelaufen. Durch die Zustellung der Klageschrift am 11. März 2005 habe deshalb der Lauf der Verjährungsfrist nicht mehr gehemmt werden können. Auf eine bereits mit Eingang der Klageschrift am 30. Dezember 2004 eingetretene Hemmung der Verjährung gemäß § 204 BGB könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, da die Zustellung der Klageschrift nicht demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt sei. Denn eine Klage sei dann nicht mehr als demnächst zugestellt zu betrachten, wenn ein Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter durch [X.], auch nur leicht fahrlässiges Verhalten zu einer nicht nur ganz geringfügigen Verlängerung der [X.]spanne zwischen Einreichung und Zustellung der Klage beigetragen habe. Als geringfügig in diesem Sinne werde im Regelfall eine [X.]spanne von höchstens 14 Tagen angesehen. Für den hier vorliegenden Fall, dass die Zustellungsverzögerung darauf beruhe, dass der [X.] noch einzuzahlen sei, bedeute dies, dass eine geringfügige Zustellungsverzögerung nur dann angenommen werden könne, wenn zwischen dem Zugang der gerichtlichen Anforderung und dem Zahlungseingang ein [X.]raum von nicht mehr als 14 Tagen liege. Es habe nach Zugang der gerichtlichen Kostenanforderung allein der Klägerin oblegen, dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlung innerhalb von 14 Tagen bei der [X.] eingehe. Das ihr zuzurechnende Verhalten der Muttergesellschaft in [X.] sei als nachlässig zumindest im Sinne von leichter Fahrlässigkeit anzusehen. Denn die Anweisung zur Überweisung sei erst zehn Tage nach Zugang der Kostenanforderung erfolgt. Nach einer so langen [X.] des [X.] sei es fahrlässig darauf zu vertrauen, dass der Betrag bis zum 21. Februar 2005 (= Montag) bei der [X.] in [X.] eingehen werde. Insgesamt könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin alles ihr Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung der Klage getan habe.

II.

6

Das hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

7

Die Zustellung der am 30. Dezember 2004 beim [X.] eingegangenen Klageschrift ist am 11. März 2005 noch demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt; damit trat die Hemmung der Verjährung etwaiger Ansprüche der Klägerin nach § 204 BGB bereits mit Eingang der Klageschrift am 30. Dezember 2004 ein.

8

1. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist die Zustellung einer Klage jedenfalls dann noch demnächst erfolgt, wenn die durch den Kläger zu vertretende Verzögerung der Zustellung den [X.]raum von 14 Tagen nicht überschreitet (vgl. [X.], Urteile vom 20. April 2000 - [X.], [X.], 1225 = [X.] 2000, 466; vom 27. Mai 1999 - [X.], [X.], 1216 = [X.] 1999, 322; vom 12. Januar 1996 - [X.], NJW 1996, 1060; vom 1. Dezember 1993 - [X.], NJW 1994, 1073; vom 6. April 1972 - [X.], NJW 1972, 1948). Bei der Berechnung der [X.]dauer der Verzögerung ist auf die [X.]spanne abzustellen, um die sich der ohnehin erforderliche [X.]raum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des [X.] verzögert ([X.], Urteile vom 20. April 2000 - [X.], aaO; vom 25. Februar 1971 - [X.], NJW 1971, 891; [X.], [X.], 2176).

9

2. Entgegen der Auffassung des [X.] kommt es nach diesen Grundsätzen nicht insgesamt auf die [X.]spanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse an. Die Klägerin hat hiervon allenfalls eine Verzögerung von nicht mehr als 14 Tagen zu vertreten. Es kann dahinstehen, innerhalb welcher [X.] die Klägerin die Überweisung nach Anforderung des [X.]es veranlassen musste, ohne nachlässig zu handeln. Selbst wenn man, was eher fern liegt, fordert, dass die Überweisung bereits am 8. Februar 2005, also einen Tag nach Anforderung des [X.]es, hätte veranlasst werden müssen und man darüber hinaus annehmen wollte, dass die Klägerin einen Eingang des Vorschusses binnen eines Bankarbeitstages hätte sicherstellen müssen, wäre der Vorschuss erst am 9. Februar 2005 bei der Gerichtskasse eingegangen. Tatsächlich ist er am 23. Februar 2005, mithin nur 14 Tage später eingegangen. Selbst wenn man unterstellt, dass diese 14 Tage in vollem Umfang auf eine Nachlässigkeit der Klägerin beruhten, wäre die Zustellung nach den oben genannten Grundsätzen noch demnächst erfolgt.

III.

Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Das Urteil des [X.] war demnach aufzuheben und die Sache zur Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

[X.]                                Bauner                               [X.]

                 Halfmeier                               [X.]

Meta

VII ZR 185/07

10.02.2011

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 23. August 2007, Az: 27 U 89/06, Urteil

§ 167 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.02.2011, Az. VII ZR 185/07 (REWIS RS 2011, 9580)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9580

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