Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.10.2015, Az. IV ZR 136/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 3769

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 136/14
vom

19. Oktober 2015

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.]

am 19. Oktober 2015

beschlossen:

Der [X.] beabsichtigt, die Revision der
Klägerin
gegen das Urteil des
20. Zivilsenats des [X.] vom 21. März 2014
gemäß § 552a Satz 1 ZPO [X.].

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

I.
Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d.
[X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge
einer fondsgebundenen Lebensversicherung. Diese wurde aufgrund eines Antrags des [X.] mit Versicherungsbeginn zum 1. Oktober 2004
nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen.
In der Folge 1
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zahlte er zunächst die Versicherungsprämien. Wenige Monate später übertrug er seine Rechtsstellung als Versicherungsnehmer auf seine Ehefrau, die Klägerin, die in der Folge die Prämien zahlte. Mit Schreiben vom Oktober
2011 erklärte d. [X.] die Kündigung und der
Versicherer
zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom Juli 2012 erklärte sie den Widerspruch nach §
5a [X.]. Nach den Feststellungen des [X.] erhielt sowohl der Ehemann d.
[X.] als auch nachfolgend d.
[X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach §
10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes ([X.]) und eine schriftliche Belehrung über das
Widerspruchsrecht ge-mäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt d.
[X.]
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soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung
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Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten [X.] nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.].

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können.

II.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesge-richt die hiergegen gerichtete
Berufung zurückgewiesen. Das Berufungs-gericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. [X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleis-tet. Sie
und ihr Ehemann seien
ordnungsgemäß über das [X.] nach § 5a Abs.
2 Satz 1 [X.] a.F. belehrt worden und der [X.] sei wirksam zustande gekommen. Die Regelung des
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Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Le-bensversicherung.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d.
[X.] das Klagebegehren hinsichtlich des [X.] [X.].

III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von §
543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, da es [X.], es sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob das Policenmo-dell als solches europarechtskonform ist.
Diese Frage stellt sich hier je-doch nicht.

a) Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt
zunächst der Ehemann der [X.]
und dann sie
mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine schriftliche
[X.].

Die Revision beanstandet ohne Erfolg, die [X.] im ursprünglichen Versicherungsschein sei drucktechnisch nicht deutlich. Diese befindet sich am Ende auf Seite 2 des Versicherungsscheins im Fettdruck. Sie ist die einzige längere Textpassage im [X.], die drucktechnisch derart hervorgehoben ist; sie ist deutlich sichtbar. Dasselbe gilt -
anders als die Revision meint
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auch für die d.
[X.] selbst bei Übernahme des [X.] Belehrung.
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Entgegen der Ansicht der Revision fehlt auch nicht die Angabe, an welche Anschrift der Widerspruch zu richten ist. Abgesehen davon, dass §
5a Abs.
2 Satz 1 [X.] a.F. diese Angabe nicht verlangt, befindet sich die Anschrift des Widerspruchsadressaten
jeweils
unterhalb der [X.] als Fußzeile des Versicherungsscheins auf
Seite 2.

Die Revision beanstandet weiter ohne Erfolg, der Versicherer habe d.
[X.] nicht ordnungsgemäß über den Beginn der Widerspruchsfrist [X.]. Soweit der zweite Satz der jeweiligen Belehrung darauf abstellt, dass der Lauf der Widerspruchsfrist beginnt, "n-", ist dies in §
5a Abs.
2 Satz 1 [X.] a.F. so vorgesehen. Diese Formulierung kann entgegen der Ansicht der Revi-sion nicht den unzutreffenden Eindruck vermitteln, der Tag des Zugangs zähle entgegen §
187 Abs.
1 BGB mit. Ohne dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer diese Vorschrift und die damit korrespondierende Bestimmung des §
188 Abs.
1 BGB kennen muss, wird er nach seinem maßgeblichen Empfängerhorizont die Belehrung so verstehen, dass die Frist durch den Zugang der genannten Unterlagen in Gang gesetzt wird und 14 bzw. 30 Tage später
am gleichen Wochentag abläuft.

Die Revision beanstandet schließlich ohne Erfolg, der Begriff der "Textform"
in der [X.] sei erläuterungsbedürftig. Mit Urteil vom 10.
Juni 2015 hat der [X.] entschieden, dass der Begriff der "Textform" in einer [X.] nach §
5a [X.] a.F. nicht er-läuterungsbedürftig ist (IV ZR 105/13, [X.], 876 Rn.
11). Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Urteil verwiesen. Damit ist diese ent-scheidungserhebliche Frage geklärt.

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b) Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.[X.] unterliegen (vgl. dazu [X.]surteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; [X.], [X.], 693 Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der [X.] begehrte Vorlage an den [X.] schei-det bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungser-heblich ankommt. D.
[X.] ist es auch im Falle einer unterstellten Gemein-schaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach [X.] und Glauben we-gen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. im [X.] zu den Maßstäben [X.]surteil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; [X.] aaO Rn.
42 ff.). D. [X.] verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchs-frist ließ der Ehemann d. [X.] bei Vertragsschluss 2004
ungenutzt ver-streichen. Der Ehemann d. [X.] und sie zahlten
rund sieben
Jahre die Versicherungsprämien. Die jahrelangen Prämienzahlungen
der [X.] und ihres
bereits 2004
über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten Ehemanns haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. [X.] vertrauensbegründende Wirkung war für d. [X.] auch erkennbar.

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2. Aus den dargelegten Gründen hält das Berufungsurteil [X.] im Ergebnis rechtlicher Prüfung
stand.

[X.]

[X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.10.2013 -
9 O 231/13 -

OLG Köln, Entscheidung vom 21.03.2014 -
20 [X.] -

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Meta

IV ZR 136/14

19.10.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.10.2015, Az. IV ZR 136/14 (REWIS RS 2015, 3769)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3769

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IV ZR 105/13

IV ZR 73/13

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