Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2016, Az. IV ZR 519/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 8375

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[X.]:[X.]:BGH:2016:120716BIVZR519.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 519/15
vom

12.
Juli 2016

in dem Rechtsstreit

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2
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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die
Richter Dr.
Karczewski,
[X.] und die Richterin Dr. Brockmöller

am 12.
Juli 2016

beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision des
Klägers
gegen das Urteil des [X.] des
Oberlandesgerichts [X.] vom 20. November 2015
gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

I.
Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Le-bensversicherung. Diese wurde aufgrund eines Antrags d. [X.] mit [X.] zum 1. November 2007
nach dem so genannten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im [X.]
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den §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen.
In der
Folge zahlte d. [X.]
die [X.]. Mit Schreiben vom Juli
2014
erklärte er unter anderem
den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.F., hilfsweise die Kündigung des Versicherungsvertrages. Der Versicherer
akzeptierte
die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.
Nach den Feststellungen des Berufungs-gerichts erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungs-bedingungen, eine Verbraucherinformation nach §
10a des [X.] ([X.]) und eine schriftliche Belehrung über das
Widerspruchsrecht gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt d.
[X.]

soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung

Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen
abzüglich des gezahlten [X.].

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können.

II.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesge-richt die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Das Berufungs-gericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. [X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleis-tet. Er
sei ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. belehrt worden und der Versicherungsvertrag sei [X.] zustande gekommen. Ob § 5a Abs. 1
Satz 1 i.V.m.
Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. gegen europäisches Recht verstoße, bedürfe keiner Entschei-dung. Die Ausübung des Widerspruchsrechts widerspreche hier jeden-2
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falls [X.] und Glauben, weil d. [X.] die ihm bekannt gemachte Wider-spruchsfrist beim Vertragsschluss ungenutzt habe verstreichen lassen und jahrelang die Prämien gezahlt habe.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne
von §
543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

1. [X.] hat die Revision zugelassen, weil
es

bei identischer Widerspruchsbelehrung und gleichem Text im Versiche-rungsschein

von der Rechtsauffassung des [X.] (12 U 41/15), das die Belehrung für unzureichend gehalten hat, ab-weiche. Diese
Frage ist jedoch geklärt, weil der Senat mit Beschluss vom 30. Juni 2015 ([X.], juris) die Rechtsauffassung des Berufungs-gerichts bereits gebilligt hat.

Mit revisionsrechtlich beanstandungsfreier Begründung
hat das Berufungsgericht, anders als die Revision meint, entschieden, dass die Widerspruchsbelehrung unter Einbeziehung des [X.] des Poli-cenbegleitschreibens d. [X.] noch ausreichend deutlich mache, welche
Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die
Widerspruchsfrist beginnt. Der Senat hat mit genanntem Beschluss
die tatrichterliche Beurteilung desselben Berufungssenats für revisionsrechtlich unbedenklich erklärt, wonach eine wortgleiche Widerspruchsbelehrung der Beklagten den ge-setzlichen Anforderungen auch im Hinblick auf die Nennung der fristaus-5
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lösenden Unterlagen im Policenbegleitschreiben genügt,
und die [X.] durch Beschluss gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückgewiesen (Senats-beschlüsse
vom 30. Juni 2015 und 16.
September
2015 -
[X.], juris). Entgegen der Ansicht der Revision gibt die abweichende Beurtei-lung durch das [X.] zu einer wortgleichen [X.]sbelehrung (Urteil vom 11. August 2015

12 U 41/15) keinen Anlass zu einer Änderung der Senatsrechtsprechung. Wie das [X.] rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, wird
trotz Verwendung des Begriffs "Beilagen"
im Versicherungsschein hinreichend klar, dass es sich auch bei den unter diesem
Begriff angeführten Verbraucherinforma-tionen um Unterlagen im Sinne der Widerspruchsbelehrung handelt. [X.] war das Berufungsgericht schließlich

entgegen der Auffas-sung der Revision

auch der Ansicht, die Belehrung in dem Policenbe-gleitschreiben sei in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt.

2. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Prüfung
auch stand.

Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.[X.] unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; [X.], 693
Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der [X.] begehrte Vorlage an den [X.] schei-det bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungser-heblich ankommt. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, ist es d.
[X.] auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrig-keit des Policenmodells nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Ver-9
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trages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus [X.] herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; BVerfG
aaO Rn.
42 ff.). D. [X.] verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er
bei [X.] 2007
ungenutzt verstreichen. D. [X.] zahlte über Jahre die Versicherungsprämien,
bis er im Jahr 2014
den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.F. erklärte. Die jahrelangen Prämienzahlungen des
bereits bei Vertragsschluss 2007
über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten [X.] haben bei der Beklagten ein schutz-würdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese ver-trauensbegründende Wirkung war für d. [X.] auch erkennbar.

Die Anwendung der Grundsätze von [X.] und Glauben beeinträch-tigt auch angesichts der besonderen Umstände des [X.] die prak-tische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und den Sinn und Zweck

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des Widerspruchsrechts nicht (vgl. ergänzend Senatsurteil vom 10. Juni 2015

IV ZR 105/13, [X.], 876 Rn. 13 f.).

[X.] [X.]

Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 24.08.2015 -
26 [X.]/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 20.11.2015 -
20 U 149/15 -

Meta

IV ZR 519/15

12.07.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2016, Az. IV ZR 519/15 (REWIS RS 2016, 8375)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8375

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IV ZR 73/13

IV ZR 105/13

20 U 149/15

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