Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2015, Az. IV ZR 63/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7276

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 63/13
vom

30.
Juli
2015

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und Dr.
Schoppmeyer

am
30.
Juli 2015

beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision des
Klägers
gegen das Urteil des
[X.]s [X.] -
1.
Zivilkammer
-vom 7. November 2012
gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf seine Kosten zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

[X.] Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Lebensversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit [X.] zum 1.
Dezember 2004 nach dem so genannten [X.] des 1
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§
5a [X.] in der seinerzeit
gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingun-gen
und eine Verbraucherinformation nach §
10a des [X.] ([X.]). Dort heißt es unter Ziffer 3.3.4, der Adressat kön-ne "innerhalb einer Frist
von 14 Tagen"
nach Erhalt der näher aufgeführ-ten Unterlagen in Textform widersprechen. Das ebenfalls beigefügte
Be-gleitschreiben vom 15.
Dezember 2004 enthielt eine
drucktechnisch deutlich gestaltete
Belehrung über das Widerspruchsrecht
mit folgendem Inhalt:
"Der Versicherungsnehmer kann dem Versicherungsvertrag inner-halb einer Frist von 30 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins
und der unten aufgeführten
Versicherungsbedingungen und Verbraucherin-formationen
in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs".

D. [X.] zahlte von Dezember 2004
bis Januar 2009
Prämien in [X.] von insgesamt 2.641

Dezember 2008
kündigte d.
[X.] den [X.] und der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 20.
Dezember 2010
erklärte d. [X.] schließlich den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 2.029,54

Nach Auffassung d.
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Er sei
angesichts der einander widersprechenden Belehrungen im Begleitschreiben und in der Verbraucherinformation nicht hinreichend über sein Widerspruchsrecht belehrt worden, so dass 3
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die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei. Das Policenmo-dell sei mit den Lebensversicherungsrichtlinien
der Europäischen Union nicht vereinbar.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

I[X.] [X.] hat einen Prämienrückerstattungsan-spruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. [X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Er sei ordnungsgemäß im Policenbe-gleitschreiben über das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. belehrt worden. Der Hinweis in der Verbraucherinformation unter Zif-fer 3.3.4, dass die Widerspruchsfrist 14 Tage nach Erhalt der [X.] Unterlagen betrage, sei unschädlich. Dieser Hinweis
sei nicht als die in §
5a [X.] a.F. angesprochene [X.] anzu-sehen, da ihr
schon von der Gestaltung her die entsprechende Intention abzusprechen sei. Die einzige drucktechnisch hervorgehobene und als solche gut kenntliche [X.] habe d. [X.] mit dem Be-gleitschreiben erhalten. Angesichts der Eindeutigkeit dieser Belehrung sei nicht davon auszugehen, dass ein Verbraucher von einem zeitlich noch möglichen Widerspruch abgehalten werde, weil er glaube, er habe nach dem Inhalt der Information die Widerspruchsfrist versäumt, wenn er sich beispielsweise erst nach drei Wochen entschließe zu [X.]. Der Versicherungsvertrag
sei daher 30 Tage nach Übersendung des Versicherungsscheins und der weiteren Unterlagen wirksam [X.] gekommen. Die Regelung des [X.]s verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.

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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

II[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von §
543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

1. [X.] hat die Revision zugelassen, da es [X.], die Frage der Wirksamkeit der Belehrung nach §
5a [X.] a.F. verleihe der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung und die Zulassung sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

a) Die aufgeworfene Frage hat
keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Revision beanstandet ohne Erfolg, der Begriff der "Textform" in der [X.] sei erläuterungsbedürftig. Mit Urteil vom 10.
Juni 2015 ([X.], [X.], 876 Rn.
11) hat der [X.], dass der Begriff der "Textform" in einer [X.] nach § 5a [X.] a.F. nicht erläuterungsbedürftig ist. Wegen der Einzelhei-ten wird auf dieses Urteil verwiesen. Damit ist diese entscheidungser-hebliche Frage geklärt; auch
zur Wahrung einer einheitlichen Rechtspre-chung ist eine Entscheidung des [X.] nach dem genannten Senatsurteil nicht mehr
geboten.

Entgegen der Auffassung der Revision hat d. [X.] keine wider-sprüchliche Belehrung erhalten. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der -
unzutreffende
-
Hinweis in der Verbraucherinformation auf eine Wi-derspruchsfrist von 14 Tagen sei angesichts der eindeutigen und richti-gen [X.] im Begleitschreiben nicht geeignet, d. [X.] 8
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von einem rechtzeitigen Widerspruch innerhalb der ab dem 8.
Dezember 2004 maßgeblichen Frist von 30 Tagen abzuhalten, ist aus [X.] nicht zu beanstanden. Dies gilt umso mehr, als der Hinweis in der Verbraucherinformation im Unterschied zu der Belehrung im [X.] drucktechnisch nicht hervorgehoben ist.

b) Ob solchermaßen nach dem [X.] geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.[X.] unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; [X.]
VersR
2015, 693
Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der [X.] begehrte Vorlage an den [X.] schei-det bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das [X.] mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungser-heblich ankommt. D.
[X.] ist es auch im Falle einer unterstellten Gemein-schaftsrechtswidrigkeit des [X.]s nach [X.] und Glauben we-gen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. im [X.] zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; [X.] aaO Rn.
42
ff.). D. [X.]
verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchs-frist ließ er bei Vertragsschluss 2004 ungenutzt verstreichen. D. [X.] zahl-te
mehr als vier Jahre die Versicherungsprämien
und ließ sich nach der Kündigung den Rückkaufswert auszahlen. Erst rund zwei Jahre nach der Kündigung erklärte er den Widerspruch.
Die jahrelangen Prämienzahlun-gen des bereits Ende 2004 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zu-stande kommen zu lassen, belehrten [X.] haben bei der Beklagten ein 13
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schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. [X.] vertrauensbegründende Wirkung war für d. [X.] auch erkennbar.

2. Aus den dargelegten Gründen hält das Berufungsurteil [X.] im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom
11.05.2012 -
10 C 1803/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.11.2012 -
13 S 1668/12 -

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Meta

IV ZR 63/13

30.07.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2015, Az. IV ZR 63/13 (REWIS RS 2015, 7276)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7276

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

20 U 73/22

Zitiert

IV ZR 63/13

IV ZR 105/13

IV ZR 73/13

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