Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2016, Az. IV ZR 125/16

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4880

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[X.]:[X.]:BGH:2016:270916BIVZR125.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 125/16
vom

27.
September
2016

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die
Richter Dr.
Karczewski,
[X.] und die Richterin Dr. Brockmöller

am 27.
September
2016

beschlossen:

Der [X.] beabsichtigt, die Revision des
Klägers
gegen das Urteil des [X.] des
Oberlandesgerichts [X.] vom 8. April
2016
gemäß § 552a Satz 1 ZPO [X.].

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

I.
Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge dreier fondsgebundener
Ren-tenversicherungen. Diese wurden
jeweils aufgrund eines Antrags d. [X.] mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2004 nach dem so [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im 1
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Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen.
In der Folge zahlte d. [X.]
die Versicherungsprämien. Mit Schreiben vom 25. September 2014 und den Klageschriften vom Dezember 2014 erklärte d. [X.] zu allen drei Verträ-gen den Widerspruch.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.]
jeweils mit dem Versicherungsschein die [X.], eine Verbraucherinformation nach §
10a des [X.] ([X.]) und eine schriftliche Belehrung über das
Wi-derspruchsrecht gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf die
Verträge
geleisteten Beiträge nebst Zinsen.

Nach Auffassung d. [X.] sind die Versicherungsverträge
nicht wirk-sam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des
gegen Ge-meinschaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.

II.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesge-richt die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Das Berufungs-gericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch
aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. [X.] habe die Prämien jeweils mit Rechtsgrund geleistet. Er
sei in allen drei Fällen ordnungsgemäß über das [X.] nach § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. belehrt worden und die
Versicherungsverträge
seien
wirksam zustande gekommen. Ob § 5a Abs.
1
Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. gegen [X.] Recht verstoße, bedürfe keiner Entscheidung. Die Ausübung des Widerspruchsrechts sei hier jeweils treuwidrig, weil d. [X.] die bekannt 2
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gemachte Widerspruchsfrist beim Vertragsschluss in allen drei Fällen habe verstreichen lassen und über viele
Jahre die Prämien gezahlt habe.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne
von §
543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

1. [X.] hat die Revision zugelassen, weil
es

bei identischer Widerspruchsbelehrung und gleichem Text im jeweiligen Ver-sicherungsschein

von der Rechtsauffassung des [X.] (12 U 41/15), das die Belehrung für unzureichend gehalten hat, abweiche. Diese Frage ist jedoch geklärt, weil der [X.] mit Be-schluss vom 30. Juni 2015 ([X.], juris) die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bereits gebilligt hat.

Mit revisionsrechtlich beanstandungsfreier Begründung hat das Berufungsgericht, anders als die Revision meint, entschieden, dass die jeweilige Widerspruchsbelehrung unter Einbeziehung des Gesamtinhalts des Policenbegleitschreibens d. [X.] noch ausreichend deutlich mache, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt. Der [X.] hat mit genanntem Beschluss die tatrichterliche Beur-teilung desselben Berufungssenats für revisionsrechtlich unbedenklich erklärt, wonach eine wortgleiche Widerspruchsbelehrung der Beklagten den gesetzlichen Anforderungen auch im Hinblick auf die Nennung der fristauslösenden Unterlagen im Policenbegleitschreiben genügt und die 5
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Revision durch Beschluss gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückgewiesen ([X.]sbeschlüsse vom 30. Juni 2015 und 16.
September 2015 -
[X.], juris). Entgegen der Ansicht der Revision gibt die abweichende Beurteilung durch das [X.] zu einer wortgleichen Widerspruchsbelehrung (Urteil vom 11. August 2015

12 U 41/15
nicht veröffentlicht) keinen Anlass zu einer Änderung der [X.]srechtspre-chung. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, wird trotz Verwendung des Begriffs "Beilagen" im Versicherungsschein hinrei-chend klar, dass es sich auch bei den unter diesem Begriff angeführten Verbraucherinformationen um Unterlagen im Sinne der Widerspruchsbe-lehrung handelt. Auch das hat der [X.] mittlerweile in einer gleichgela-gerten Sache entschieden ([X.]sbeschlüsse vom 29.
Juni 2016 und 7.
September 2016
[X.], juris). [X.] war das [X.] schließlich auch der Ansicht, die Belehrung in dem [X.] sei in drucktechnisch deutlicher Form er-folgt.

2. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Prüfung auch stand.

Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.[X.] unterliegen (vgl. dazu [X.]surteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; [X.], 693 Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der [X.] begehrte Vorlage an den [X.] schei-det bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungser-heblich ankommt. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat,
ist es d. [X.] auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrig-9
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keit des Policenmodells nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung der
drei Verträge
auf deren angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus [X.] herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben [X.]surteil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; [X.] aaO Rn.
42 ff.). D. [X.] verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er bei Ver-tragsschluss im
Jahre 2004 jeweils ungenutzt verstreichen. D. [X.] zahlte über Jahre
die Versicherungsprämien, bis er dann jeweils im Jahr 2014 den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.F. erklärte. Die jahrelangen Prä-mienzahlungen des bereits bei Vertragsschluss 2004 über die [X.], den jeweiligen Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten [X.] haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den [X.] der
Verträge begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. [X.] auch erkennbar.

Die Anwendung der Grundsätze von [X.] und Glauben beeinträch-tigt auch angesichts der besonderen Umstände des [X.] die prak-tische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und den Sinn und Zweck

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des Widerspruchsrechts nicht (vgl. ergänzend [X.]surteil vom 10. Juni 2015 -
IV ZR 105/13, [X.], 876 Rn. 13
f.).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 05.10.2015 -
26 O 491/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 08.04.2016 -
20 U 198/15 -

Meta

IV ZR 125/16

27.09.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2016, Az. IV ZR 125/16 (REWIS RS 2016, 4880)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4880

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IV ZR 125/16

IV ZR 73/13

IV ZR 105/13

20 U 198/15

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