Bundessozialgericht, Urteil vom 18.11.2014, Az. B 8 SO 23/13 R

8. Senat | REWIS RS 2014, 1257

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Gegenstand

(Sozialhilfe - Hilfe zur Pflege - Zahlungsanspruch eines ambulanten Pflegedienstes gegen den Sozialhilfeträger - sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis - Schuldbeitritt - kein Erlöschen durch den Tod des Leistungsberechtigten - Anwendungsbereich des § 19 Abs 6 SGB 12 - Unzuständigkeit der Widerspruchsbehörde bei Fehlen eines Ausgangsbescheides)


Leitsatz

Der Tod des Leistungsberechtigten lässt die durch den Schuldbeitritt begründete Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Zahlung der Vergütung an den ambulanten Pflegedienst nicht entfallen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 23. September 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass lediglich der Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2011 aufgehoben wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 440,65 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

[X.] ist ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 440,65 Euro für die ambulante Pflege der im August 2011 verstorbenen [X.] [X.] ([X.]).

2

Die Klägerin, Betreiberin einer nach § 72 [X.] - ([X.]) zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtung, erbrachte der am 11.8.2011 verstorbenen [X.], die keine Leistungen der [X.] Pflegeversicherung erhielt, im Juli 2011 häusliche Pflege; Grundlage war die zwischen diesen abgeschlossene Vereinbarung über die Erbringung von Pflegeleistungen vom 20.7.2011. Gegenüber [X.] hatte die Beklagte die Übernahme angemessener Kosten für die Inanspruchnahme besonderer Pflegekräfte nach § 65 Abs 1 [X.]ozialgesetzbuch Zwölftes Buch - [X.]ozialhilfe - ([X.]I) "ab sofort bis 31.7.2011" erklärt (bestandskräftiger Bescheid vom 15.7.2011). Dem Bescheid war in Anlage ein [X.]chreiben der Beklagten an die Klägerin beigefügt, in dem diese eine "Kostenzusage für ambulante Pflegeleistungen" erteilte ([X.]chreiben vom 15.7.2011). Gegen die Forderung der Klägerin vom 17.8.2011, für erbrachte Leistungen in der [X.] vom 1. bis 31.7.2011 440,65 Euro zu zahlen (575,65 Euro abzüglich eines "Eigenanteils" von 135 Euro), wandte die Beklagte ein, [X.] sei bereits am 11.8.2011 verstorben. Da mit dem Tod deren [X.] geendet habe, sei die Rechnung nicht mehr zu begleichen. Die Klägerin sei darauf zu verweisen, ihre Forderung gegenüber den Erben geltend zu machen ([X.]chreiben vom 19.8.2011). Nachdem sich die Klägerin hiergegen mit einer erneuten Zahlungsaufforderung (vom [X.]) gewandt hatte, erließ die Beklagte (unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter) einen Widerspruchsbescheid (vom 26.10.2011), mit dem sie "den Widerspruch" zurückwies und zusätzlich darauf verwies, dass sich auch kein Anspruch der Klägerin aus § 19 Abs 6 [X.]I ergebe.

3

Die auf Zahlung von 440,65 Euro gerichtete Klage, gestützt auf die im Bewilligungsbescheid enthaltene Zusage, hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des [X.]ozialgerichts <[X.]> Dortmund vom [X.]; Urteil des Landessozialgerichts <[X.]> Nordrhein-Westfalen vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung wegen des [X.]chuldbeitritts der Beklagten im Rahmen des sozialhilferechtlichen [X.], das auch für Leistungsbeziehungen mit ambulanten Pflegediensten Geltung beanspruche. Dass die [X.] vor der Rechnungserstellung gestorben sei, lasse den Anspruch unberührt.

4

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision und rügt eine Verletzung des § 19 Abs 6 [X.]I ([X.] nach dem Tod des [X.]ozialhilfeberechtigten nur für Einrichtungen). Das [X.] ([X.]) habe bereits entschieden, dass diese Vorschrift, die von einem grundsätzlichen Untergang des [X.] ausgehe, davon aber für Einrichtungen eine Ausnahme mache, nicht für ambulante Dienste gelte. Mithin sei mit dem Tod der Berechtigten der Anspruch der Klägerin erloschen. § 19 Abs 6 [X.]I stelle eine i[X.] des § 75 Abs 1 [X.]atz 2 [X.]I abweichende Regelung dar.

5

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] und des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

[X.]ie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

8

Die vom [X.] beigeladenen Rechtsnachfolger der [X.] haben weder einen Antrag gestellt noch sich zur [X.]ache geäußert.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 [X.]atz 1 [X.]ozialgerichtsgesetz <[X.]GG>). Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 440,65 Euro gegen die Beklagte aus [X.]chuldbeitritt zu, der auch nicht mit dem Tod der [X.] untergegangen ist. Allerdings war entgegen der Entscheidung des [X.]G und des L[X.]G nur der Widerspruchsbescheid aufzuheben, ohne dass dadurch die Klägerin teilweise unterliegen würde.

Gegenstand des Verfahrens ist der Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011, mit dem die Beklagte aus der schlichten Erklärung (vom 19.8.2011) einen Verwaltungsakt gemacht hat (s zu dieser Konstellation nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]GG, 11. Aufl 2014, § 85 Rd[X.] 7a mwN zur Rspr). Dagegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 [X.]atz 1, Abs 4 iVm § 56 [X.]GG) vor den Gerichten der [X.]ozialgerichtsbarkeit (§ 51 [X.]GG), auch wenn es sich bei der geltend gemachten Forderung um eine solche handelt, die ihre Grundlage im Zivilrecht findet (vgl: B[X.]G [X.]ozR 4-3500 § 75 [X.] 3; [X.]enatsbeschluss vom 30.9.2014 - [X.] [X.]F 1/14 R). Dies hat der [X.]enat jedoch im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz), sodass auch nicht mehr darüber zu befinden ist, ob das [X.]G den (zivilrechtlichen) [X.]treit um die Kostenerstattung vom Anfechtungsbegehren hätte abtrennen können. Für die Anfechtung des Widerspruchsbescheids kann, unabhängig von seinem Inhalt, nur der Rechtsweg zu den Gerichten der [X.]ozialgerichtsbarkeit eröffnet sein. Mit der Aufhebung dieses Widerspruchsbescheids entfällt dessen umgestaltende Wirkung.

Von Amts wegen zu berücksichtigende sonstige Verfahrensfehler stehen einer [X.]achentscheidung nicht entgegen. Ob, wie geschehen, die Erben der [X.] noch nach der Verkündung, aber vor Zustellung des Urteils des L[X.]G beigeladen werden konnten (zweifelnd wegen der erforderlichen Gewährung rechtlichen Gehörs <§ 62 [X.]GG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz> B[X.]GE 108, 206 ff Rd[X.] 17 mwN = [X.]ozR 4-2500 § 33 [X.] 34), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls aber wären die Erben als Gesamtschuldner nicht notwendig (§ 75 Abs 2 [X.]GG), sondern allenfalls einfach beizuladen gewesen; denn die Entscheidung hat jedem Gesamtschuldner gegenüber schon deshalb nicht einheitlich zu ergehen, weil von jedem die Begleichung der gesamten [X.]chuld verlangt werden kann (§ 426 Bürgerliches Gesetzbuch ). Für die Beigeladenen entstehen durch die Beiladung ohnedies keine nachteiligen Folgen, weil der Klägerin der gegen die Beklagte geltend gemachte Zahlungsanspruch zusteht (dazu gleich).

Die Anfechtungsklage war jedoch nur erfolgreich, soweit sie den Widerspruchsbescheid betrifft. Zum Erlass dieses Bescheids war die [X.] wegen des Fehlens eines Ausgangsbescheids funktional und sachlich unzuständig (vgl B[X.]G, Urteil vom [X.]). Mit dem [X.]chreiben vom 19.8.2011 hat die Beklagte nämlich zu Recht keinen Verwaltungsakt (§ 31 Zehntes Buch [X.]ozialgesetzbuch - [X.]ozialverwaltungsverfahren und [X.]ozialdatenschutz - <[X.]GB X>) erlassen. Denn in dem durch den [X.]chuldbeitritt begründeten [X.] zur Klägerin fehlte es ihr an der Befugnis dazu. Für den Erlass eines Verwaltungsakts bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, die sich entweder ausdrücklich aus dem Gesetz oder der [X.]ystematik des Gesetzes und der Eigenart des Rechtsverhältnisses der Beteiligten ergeben kann (vgl nur B[X.]G [X.]ozR 3-3100 § 62 [X.] 4 mwN). Doch existiert hier weder eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für das Handeln durch Verwaltungsakt - was ohnehin in einem an sich zivilrechtlichen Verhältnis (dazu gleich) kaum vorstellbar wäre -, noch ergibt sich die Befugnis zum hoheitlichen Handeln aus der (zivilrechtlichen) Rechtsbeziehung beider. Das [X.]chreiben der Beklagten vom 19.8.2011, mit dem sie abgelehnt hat, den von der Klägerin geltend gemachten zivilrechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung zu erfüllen, ist deshalb zu Recht nicht als Verwaltungsakt i[X.] des § 31 [X.]GB X ergangen. Gegen diese Ablehnung hat sich die Klägerin folgerichtig auch nicht mit einem Widerspruch gewandt, sondern lediglich in der [X.]ache ausgeführt, warum sie mit der Ablehnung durch die Beklagte nicht einverstanden ist und weiter eine Zahlung verlangt. An der funktionalen und sachlichen Unzuständigkeit der [X.] ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid erstmals neben dem zivilrechtlichen einen Anspruch der Klägerin aus § 19 Abs 6 [X.]GB XII abgelehnt hat. Der Tenor der [X.]G-Entscheidung war deshalb abzuändern.

Die Beklagte hat es in der [X.]ache zudem zu Unrecht abgelehnt, die von der Klägerin geltend gemachten Kosten zu zahlen, denn dieser Anspruch steht der Klägerin zu. Die Beklagte ist der, nach den bindenden Feststellungen des L[X.]G (§ 163 [X.]GG) in dieser Höhe sachlich und rechnerisch zutreffend bezeichneten [X.]chuld der [X.] aus der Pflegevereinbarung (§§ 241, 421 BGB) mit der Klägerin beigetreten. Nach § 75 Abs 5 [X.]atz 1 und 2 [X.]GB XII richten sich bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen nach den Vorschriften des 8. Kapitels des [X.]GB XI, wenn die Vereinbarungen - wie hier - im Einvernehmen mit dem Träger der [X.]ozialhilfe getroffen worden sind (Versorgungsvertrag im Einvernehmen mit dem zuständigen Träger der [X.]ozialhilfe über ambulante Pflegeleistungen nach § 72 [X.]GB XI zwischen der Klägerin und den Landesverbänden der Pflegekassen und den Ersatzkassen vom [X.]; Vereinbarung gemäß § 89 [X.]GB XI über die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen in [X.] <[X.]> zwischen der Klägerin und der [X.] in [X.] und der Ersatzkassen sowie dem örtlichen Träger der [X.]ozialhilfe vom 28.12.2009; Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 [X.]GB XI ua zwischen der Arbeitsgemeinschaft der [X.]pitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, deren Mitglied das Diakonische Werk als Träger der Klägerin ist, und den Landesverbänden der Pflegekassen in [X.] vom 12.10.1995). Auch wenn unklar ist, ob [X.] in der [X.] Pflegeversicherung versichert war, also § 75 Abs 5 [X.]atz 1 und 2 [X.]GB XII unmittelbar zur Anwendung kommen, steht dies einer Entscheidung des [X.]enats nicht entgegen; denn in der Pflegevereinbarung zwischen der Klägerin und [X.] ist auf die insoweit maßgeblichen Verträge Bezug genommen worden, sodass diese jedenfalls kraft Vereinbarung Anwendung fänden, wäre [X.] nicht pflegeversichert gewesen. Mangels entsprechender Anhaltspunkte ist nicht davon auszugehen, dass in der Erklärung vom 15.7.2011 abweichend vom Regelfall ein (öffentlich-rechtliches) [X.]chuldanerkenntnis liegt (vgl dazu [X.]enatsbeschluss vom 30.9.2014 - [X.] [X.]F 1/14 R - mwN).

Das Leistungserbringungsrecht in der [X.]ozialhilfe ist nicht nur im Bereich stationärer Leistungen (vgl B[X.]GE 102, 1 ff, Rd[X.] 15 ff = [X.]ozR 4-1500 § 75 [X.] 9), sondern gemäß § 75 Abs 1 [X.]atz 2 [X.]GB XII auch im Bereich der ambulanten Dienste (vgl [X.]enatsurteil vom 25.9.2014 - [X.] [X.]O 8/13 R -, [X.]ozR 4-3500 § 53 [X.] 4) durch ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis geprägt, das als [X.]achleistungsprinzip in der Gestalt der [X.]achleistungsverschaffung/Gewährleistungsverantwortung ausgestaltet ist. Das gesetzliche Regelungskonzept geht also auch für die ambulanten Dienste davon aus, dass der [X.]ozialhilfeträger die ihm obliegende Leistung nicht als Geldleistung an den jeweiligen Hilfeempfänger erbringt, um diesem die Zahlung des vertraglichen Entgelts aus dem [X.] zu ermöglichen, sondern dass die Zahlung direkt an den Dienst erfolgt, der die Pflege leistet. Der [X.]ozialhilfeträger übernimmt in diesem Zusammenhang nur die Vergütung, die der Hilfeempfänger vertraglich dem ambulanten Dienst schuldet und tritt damit (lediglich) einer bestehenden zivilrechtlichen [X.]chuld (als Gesamtschuldner) bei. Dadurch wird ein unmittelbarer Zahlungsanspruch des Dienstes gegenüber dem [X.]ozialhilfeträger geschaffen; der Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den [X.]ozialhilfeträger ist auf Zahlung an diesen Dritten gerichtet.

[X.] hatte mit der Klägerin am 20.7.2011 wirksam einen Vertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen (Pflegevereinbarung) abgeschlossen, die auszulegen der [X.]enat wegen ihres Charakters als Formularvertrag berechtigt war (vgl B[X.]G [X.]ozR 3-4220 § 11 [X.] 3 [X.] 6 f; zu den Heimverträgen vgl die [X.]enatsentscheidung vom 25.9.2014 - [X.] [X.]O 8/13 R -, [X.]ozR 4-3500 § 53 [X.] 4 Rd[X.] 17). Danach hatte sich [X.] vertraglich verpflichtet, für die im Einzelnen aufgeführten Leistungen je Wochentag an die Klägerin einen bestimmten Preis zu zahlen; zusätzlich waren die monatlichen Gesamtkosten abzüglich eines "Eigenanteils" aufgeführt. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des L[X.]G hat die Klägerin die vereinbarten Leistungen im geltend gemachten Umfang auch erbracht. Der Wirksamkeit dieser Vereinbarung steht nicht entgegen, dass im Bereich der [X.] Pflegeversicherung nach dem [X.]GB XII die ambulanten Dienstleister einen unmittelbaren öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch in Höhe der gesetzlichen Pflegeleistungen gegen die Pflegekasse besitzen (vgl B[X.]G [X.]ozR 4-3300 § 72 [X.] 1). Auch lag in der Vereinbarung zwischen Klägerin und der Verstorbenen kein Verstoß gegen § 32 [X.]ozialgesetzbuch [X.] - ([X.]GB I), wonach privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des [X.]ozialleistungsberechtigten von Vorschriften des [X.]GB abweichen, nichtig sind. Denn zumindest wenn unklar ist, ob eine Pflegeversicherung oder entsprechende Leistungsansprüche bestehen, müssen [X.] zulässig und wirksam sein (zum gleichartigen Problem in der gesetzlichen Krankenversicherung B[X.]G [X.]ozR 4-2500 § 13 [X.] 10 Rd[X.] 21).

Der Wirksamkeit des [X.]chuldbeitritts selbst steht weder entgegen, dass er vor Abschluss des [X.] erfolgte, noch, dass im Bescheid und [X.]chreiben vom 15.7.2011 die [X.]chuld nicht summenmäßig aufgeführt ist. Voraussetzung für die Wirksamkeit eines [X.]chuldbeitritts ist lediglich, dass die Verpflichtung nach Inhalt und Beschaffenheit im Zeitpunkt der Entscheidung hinreichend bestimmt war, wodurch vermieden werden kann, dass die [X.]chuld des [X.] durch spätere Rechtsgeschäfte des Hauptschuldners ohne sein Zutun erweitert und damit gegen das Verbot der [X.] verstoßen wird (vgl [X.], Urteil vom 7.11.1995 - [X.] - mwN). Diese Kriterien gelten gleichermaßen für die Wirksamkeit des Beitritts zu einer künftigen [X.]chuld (dazu [X.]Z 133, 220 ff). Diesen Anforderungen genügt der Bescheid der Beklagten iVm der Erklärung vom 15.7.2011. Denn die Häufigkeit und die Art der gegenüber der [X.] zu erbringenden Leistungen mit der Zuordnung zu den Leistungskomplexen der Vergütungsvereinbarung - die der [X.]enat als Normvertrag ebenfalls auszulegen berechtigt ist (vgl B[X.]G [X.]ozR 4-3500 § 62 [X.] 1 Rd[X.] 15) - sind im Einzelnen aufgeführt. Zudem ist in Anlage 1 der Vergütungsvereinbarung jedem Leistungskomplex ein konkreter Preis zugeordnet, sodass lediglich die Nennung des jeweiligen Preises der so bestimmten Leistungen fehlt. Dies macht die Bewilligung noch nicht zu einem unzulässigen [X.]chuldbeitritt "dem Grunde nach"; denn der Umfang der [X.]chuld ist bestimmbar.

Der Tod der [X.] vor der Rechnungserstellung durch die Klägerin hat die zivilrechtliche [X.]chuld der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht entfallen lassen. Ihr Tod führte nur dazu, dass die Beigeladenen als ihre Erben (§ 1922 BGB) für ihre [X.]chuld als Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) haften. Er lässt die [X.]tellung der Beklagten aus dem [X.]chuldbeitritt und damit das Recht der Klägerin unberührt, auch allein die Beklagte für die gesamte [X.]chuld in Anspruch zu nehmen. Der zusätzliche sozialhilferechtliche Anspruch der [X.] gegenüber der Beklagten auf Zahlung durch diese an die Klägerin mag durch deren Tod "erloschen" sein; gleichwohl hat die Beklagte gegenüber der Hilfeempfängerin ihrer [X.]achleistungsverschaffungspflicht bereits mit dem [X.]chuldbeitritt genügt und damit ihre Leistung teilweise erbracht. Die daraus resultierende Zahlungspflicht unmittelbar gegenüber der Klägerin ist (nur) die Folge des [X.]chuldbeitritts, mithin die Erfüllung dieser [X.]chuld, die nicht mit dem Tod der [X.] nachträglich wieder erlöschen kann.

§ 19 Abs 6 [X.]GB XII führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung dem Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tod demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Mit der Norm wird nichts Abweichendes i[X.] des § 75 Abs 1 [X.]atz 2 [X.]GB XII bestimmt. [X.]ie schließt, anders als die Beklagte meint, nicht jeglichen Vergütungsanspruch eines ambulanten Pflegedienstes gegen den [X.]ozialhilfeträger nach dem Tod des Hilfebedürftigen aus, sondern basiert nur auf der Rechtsprechung zur Unvererblichkeit sozialhilferechtlicher Ansprüche und schafft dafür in bestimmten Konstellationen ein sozialhilferechtliches Korrektiv (vgl: B[X.]GE 106, 264 ff = [X.]ozR 4-3500 § 19 [X.] 2; B[X.]GE 110, 93 ff = [X.]ozR 4-3500 § 19 [X.] 3). Zudem käme die Anwendung des § 19 Abs 6 [X.]GB XII - außerhalb der Leistungsbeziehungen mit ambulanten Diensten - ohnehin nur in Betracht, wenn es, anders als hier, entweder um die Übernahme von Kosten vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid geht (vgl B[X.]GE 102, 1 ff Rd[X.] 27 = [X.]ozR 4-1500 § 75 [X.] 9) oder wenn die Übernahme von Kosten geltend gemacht wird, die gerade nicht vom [X.]chuldbeitritt erfasst sind (vgl B[X.]GE 106, 264 ff = [X.]ozR 4-3500 § 19 [X.] 2).

Entgegen der Auffassung der Beklagten laufen damit die Regelungen zum Anspruchsübergang nach den §§ 93, 94 [X.]GB XII nicht leer. Zwar ist Voraussetzung für die Überleitungsanzeige bzw den Anspruchsübergang ua, dass Leistungen erbracht worden sind. Da aber mit dem [X.]chuldbeitritt die Leistung gegenüber dem Hilfeempfänger teilweise erbracht ist, dürfte den Bedenken der Beklagten hiermit hinreichend Rechnung getragen sein. Dies gilt für den Kostenersatzanspruch nach § 102 [X.]GB XII gleichermaßen (zum Verhältnis beider vgl BVerwGE 85, 136, 139).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a [X.]GG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des [X.]treitwerts beruht auf §§ 40, 47 Abs 1, § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.

Meta

B 8 SO 23/13 R

18.11.2014

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Dortmund, 21. August 2012, Az: S 41 SO 583/11, Urteil

§ 61 Abs 1 SGB 12, § 61 Abs 2 S 1 SGB 12, § 75 Abs 1 S 2 SGB 12, § 75 Abs 3 S 1 SGB 12, § 75 Abs 5 S 1 SGB 12, § 75 Abs 5 S 2 SGB 12, § 19 Abs 6 SGB 12, § 31 S 1 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.11.2014, Az. B 8 SO 23/13 R (REWIS RS 2014, 1257)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1257

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