Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2001, Az. XII ZR 81/99

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3219

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:14. März 2001Küpferle,[X.] Geschäftsstellein der [X.]:ja[X.]Z: neinBGB § 1610 Abs. 2Zum Anspruch eines Kindes auf Ausbildungsunterhalt nach einem Wechsel [X.] (hier: abgebrochene [X.] und Aufnahme des [X.], Urteil vom 14. März 2001 - [X.] - [X.] AG [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil [X.] des [X.] Ham-burg vom 5. März 1999 aufgehoben.Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlan-desgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von [X.] Anspruch.Die am 1. Mai 1970 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten ausdessen geschiedener Ehe. Sie hat im [X.] 1991 das Abitur mit der Note 2,2bestanden. Der Abschluß der Schulausbildung hatte sich durch mehrere Aus-landsaufenthalte der Klägerin verzögert. Nach Abschluß der 10. Klasse im[X.] 1986 erhielt sie ein Teilstipendium für ein Auslandsjahr in den [X.] erwarb sie das [X.]. Im [X.] 1988 nutzte sie die Gele-- 3 -genheit, an einer Reise nach [X.] teilzunehmen. Im Jahre 1989 hielt [X.] sich von Februar bis zum [X.] in [X.] auf; ihren Lebensunterhaltverdiente sie durch Aufnahme von Gelegenheitsarbeiten. Ihre Auslandsaufent-halte begründete die Klägerin damit, daß sie der belastenden häuslichen Si-tuation mit streitenden Eltern und einem bis 1993 drogenabhängigen [X.] entfliehen wollen. Im Februar 1990 bezog die Klägerin eine eigene Woh-nung.Der Beklagte, der sich in der mit seiner geschiedenen Ehefrau ge-schlossenen Scheidungsvereinbarung verpflichtet hatte, diese von eigenenUnterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern freizustellen, zahlte der Klä-gerin bis Dezember 1991 monatlichen Unterhalt von 600 [X.]. Danach stellte erdie Unterhaltszahlungen ein, weil sie sich nicht zu einer Berufsausbildung [X.] konnte. Im August 1992 teilte die Klägerin dem Beklagten ihre Ab-sicht mit, Heilpraktikerin werden und zu diesem Zweck ab November 1992 die[X.] in [X.] besuchen zu wollen. Daraufhin nahm der [X.] ab November 1992 die monatlichen Unterhaltszahlungen von 600 [X.] auf. Im Frühjahr 1993 verzog die Klägerin nach [X.].Sie schloß am 26. Juni 1993 mit einer [X.] in [X.] einenAusbildungsvertrag über ein Heilpraktiker-Studium im Wochenendunterricht füreine Studiendauer von 26 Monaten zu einem Gesamtpreis von 8.495 [X.] undsetzte die [X.] fort. Ende September 1993 stellte der [X.] seine Unterhaltszahlungen ein. Daraufhin nahm die Klägerin ab [X.] 1993 eine Anstellung in der Verwaltungsabteilung der [X.]. - (Abteilung für Urologie) an.Bereits vom 21. bis 24. Juli 1993 mußte sich die Klägerin wegen ge-sundheitlicher Beschwerden unbekannter Herkunft in stationäre [X.] 4 -behandlung begeben. Vom 29. August bis 8. September 1993 wurde sie wegeneines physischen Schwächezustands erneut stationär behandelt. Zu einemweiteren Krankenhausaufenthalt kam es im April 1994; damals wurde die Klä-gerin drei Wochen in der neurologischen Klinik des UniversitätskrankenhausesHe. behandelt. Ende Mai 1994 gab sie die [X.] auf.In der Folgezeit bewarb sie sich bei der [X.] um einen Studienplatz für das Medizinstudium und nahm im [X.] an dem (damals erforderlichen) Eignungstest teil. Im Januar 1994erhielt die Klägerin die Mitteilung über das Testergebnis. Aufgrund dieses [X.] wurde sie für das Medizinstudium ausgewählt und erhielt zum [X.] 1995 einen Studienplatz an der [X.]. /M. .Dort nahm sie am 1. April 1995 das Studium auf. Am 9. September 1997 [X.] sie das Physikum; zum 1. März 1999 stellte sie den Antrag auf Zulassungzum ersten Staatsexamen.Die Klägerin erhält seit Beginn des Medizinstudiums [X.] § 36 BAföG. Der Beklagte ist als EDV-Fachmann bei einer Krankenkassebeschäftigt; sein Bruttoeinkommen betrug im Jahr 1995 rund 120.000 [X.]. [X.] des Beklagten ist ebenfalls erwerbstätig. Auch die Mutter der Klägerinerzielt - neben dem vom Beklagten gezahlten Unterhalt von monatlich [X.] - Erwerbseinkommen; außerdem verfügt sie über Einkünfte aus [X.] einer Eigentumswohnung.Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin - ausgehend von einem mitmonatlich 950 [X.] bzw. 1.100 [X.] bezifferten Unterhaltsbedarf - die Zahlungvon Unterhalt in folgender Höhe begehrt: für die [X.] vom 1. April 1995 bis31. Januar 1997 9.807,17 [X.], zahlbar an das [X.]. , und2.282,99 [X.] an sie selbst; ab 1. Februar 1997 monatlich 584,26 [X.], ebenfalls- 5 -zahlbar an sie selbst. Sie hat die Auffassung vertreten, daß der Beklagte ihrunter Berücksichtigung der anteiligen Haftung ihrer Mutter in dieser [X.] schulde. Der Beklagte ist der Klage im wesentlichen mit [X.] entgegengetreten, schon dem Grunde nach nicht mehr zu [X.] für die Klägerin verpflichtet zu sein.Das Amtsgericht hat den Beklagten - unter Klageabweisung im übrigen -verurteilt, für die [X.] vom 5. Januar 1996 bis zum 31. Januar 19989.561,12 [X.] an das Studentenwerk und 2.107,44 [X.] an die Klägerin sowie [X.] Februar 1998 monatlich 530,31 [X.] an die Klägerin zu zahlen. Auf die hier-gegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das [X.] die [X.] abgewiesen. Mit ihrer - zugelassenen - Revision erstrebt die Kläge-rin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das [X.].1. Das [X.] hat seine Auffassung, der Klägerin stehe demGrunde nach kein Unterhaltsanspruch mehr zu, im wesentlichen wie folgt [X.]: Die Klägerin, die beim Abitur bereits älter gewesen sei als vieleSchulabgänger, habe noch ein Jahr verstreichen lassen, bevor sie sich zu [X.] Ausbildung entschlossen habe. Angesichts der bereits eingetretenen [X.] sei sie gehalten gewesen, ihren beruflichen Werdegang [X.] sorgfältig zu planen. Sie habe die schließlich gewählte Ausbildung zur- 6 -Heilpraktikerin, die wegen der aufzubringenden Studiengebühren mit erhebli-chen finanziellen Opfern verbunden gewesen sei, trotz unzureichender und nurbis einschließlich September 1993 erfolgter Unterhaltsleistungen des Beklag-ten, ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen im [X.] 1993 und der [X.] ihres Lebensunterhalts aufgenommenen Tätigkeit als Verwal-tungsangestellte auch betrieben. Die auf 26 Monate angelegte Ausbildung, dieplanmäßig im August 1995 abgeschlossen gewesen wäre, habe sie jedoch [X.] 1994 abgebrochen. Daß dies im Hinblick auf ein beabsichtigtes Medi-zinstudium erfolgt sei, etwa weil die Ausbildung zur Heilpraktikerin die Klägerinunterfordert und weder ihren Neigungen noch ihren Fähigkeiten entsprochenhabe, könne nicht festgestellt werden. Nach Mai 1994 habe die Klägerin ihreberufliche Zukunft mithin weder als Heilpraktikerin noch als Ärztin gesehen,sondern sich offenbar damit abgefunden, bis auf weiteres als Verwaltungsan-gestellte zu arbeiten. Es könne dahinstehen, ob die Eltern grundsätzlich ver-pflichtet gewesen seien, das Medizinstudium als Weiterbildung nach einerAusbildung zur Heilpraktikerin zu finanzieren. In den sogenannten Weiterbil-dungsfällen müsse nämlich ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhangzwischen praktischer Ausbildung und Studium bestehen. Selbst wenn einsachlicher Zusammenhang vorliegend noch bejaht werde, fehle es mit [X.] auf die deutliche zeitliche Zäsur zwischen der Beendigung der [X.] und der Aufnahme des Studiums jedenfalls an dem für die An-nahme eines einheitlichen Ausbildungsweges notwendigen zeitlichen Zusam-menhang. Dieser erfordere, daß der Auszubildende nach dem Abschluß derpraktischen Ausbildung das Studium mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufneh-me. Übe er zunächst den erlernten Beruf oder eine andere Tätigkeit aus, ob-wohl er mit dem Studium beginnen könne, und werde der Entschluß zum [X.] auch sonst nicht erkennbar, so werde der zeitliche Zusammenhang [X.] 7 -gehoben. Die Klägerin habe nicht dargelegt, daß sie frühestens im [X.] den Entschluß, Medizin zu studieren, durch Meldung zu einer Eignungs-prüfung in die Tat habe umsetzen können. Die von ihr dargelegten gesundheit-lichen Probleme hätten sie nicht zwangsläufig daran hindern müssen, schon [X.] 1993 oder im [X.] 1994 an der Prüfung teilzunehmen, denn [X.] habe sie sich in der Lage gefühlt, die Tätigkeit als Verwaltungsange-stellte aufzunehmen.2. Diese Ausführungen halten, wie die Revision zu Recht rügt, nicht inallen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon aus-gegangen, daß der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindesauf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinemLeistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom [X.] ist. Der Verpflichtung des [X.], eine [X.] ermöglichen, steht auf seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheitgegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessenerund üblicher [X.] zu beenden. Zwar muß der Verpflichtete nach [X.] (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die [X.] vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind.Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung [X.] zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsan-spruch ein und muß sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhaltdurch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (st.Rspr. des [X.]s, vgl. [X.]s-urteile vom 23. Mai 1984 - [X.] - FamRZ 1984, 777; vom 11. [X.] - [X.] - FamRZ 1987, 470, 471; vom 12. Mai 1993 - [X.] 8 -18/92 - FamRZ 1993, 1057, 1059 und vom 4. März 1998 - [X.] [X.] 1998, 671, 672).Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt nicht nur die Obliegenheit [X.], die gewählte Ausbildung zügig durchzuführen. Die Rücksichtnahme aufdie Belange der mit der Unterhaltszahlung belasteten Eltern erfordert es viel-mehr auch, daß sich das Kind nach dem Abgang von der Schule innerhalb [X.] angemessenen Orientierungsphase für die Aufnahme einer seinen Fähig-keiten und Neigungen entsprechenden Ausbildung entscheidet ([X.] 4. März 1998 aaO S. 672).b) Die Anwendung dieser Grundsätze führt indessen, wie die [X.] Recht geltend macht, nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht da-zu, daß die Klägerin keinen Ausbildungsunterhalt beanspruchen kann.Daß sie das Abitur erst mit 21 Jahren gemacht hat, ist im wesentlichenauf ihre Auslandsaufenthalte zurückzuführen. Der einjährige Aufenthalt in [X.] fand bereits ab [X.] 1986 statt und damit zu einer [X.], als die Kläge-rin noch minderjährig war. Den grundsätzlich sinnvollen Entschluß, ihr diesesAuslandsjahr zu ermöglichen, haben deshalb in erster Linie die Eltern zu [X.]. Bezüglich der weiteren Auslandsaufenthalte kann jedenfalls nichtausgeschlossen werden, daß es sich hierbei auch um Reaktionen der Klägerinauf die schwierigen häuslichen Verhältnisse handelte. Nach den bisher getrof-fenen Feststellungen kann ihr deshalb nicht angelastet werden, die Schulaus-bildung erst mit 21 Jahren beendet zu haben.Wie die einem jungen Menschen zuzugestehende Orientierungsphasezu bemessen ist, muß von Fall zu Fall beurteilt werden. [X.] Kriteriensind dabei Alter, Entwicklungsstand und die gesamten Lebensumstände des- [X.] ([X.]surteil vom 4. März 1998 aaO). Der Umstand, daß [X.] sich nach dem Abitur nicht sogleich für eine Berufsausbildung [X.] konnte, sondern zunächst in verschiedenen Bereichen arbeitete, umdaraus Erkenntnisse für ihre Berufswahl zu gewinnen, steht einem Anspruchauf Ausbildungsunterhalt nicht entgegen. Die Orientierungsphase dient [X.], einem in der Frage der Berufswahl unsicheren jungen Menschen [X.] für einen Beruf zu erleichtern. Die hier etwa einjährige Dauerdieser Phase kann angesichts der gesamten Verhältnisse nicht als unange-messen lang angesehen werden, zumal nach dem Vorbringen der [X.] ausgeschlossen werden kann, daß dies auch mit der [X.] ihrem Elternhaus zusammenhing, durch die sie in ihrer eigenen Lebensge-staltung verunsichert und in ihrer Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt gewe-sen sein kann, selbst wenn sie damals bereits in einer eigenen Wohnung lebte.Im August 1992 hat die Klägerin sich dann zu einer Ausbildung als Heilprakti-kerin entschlossen und ab November 1992 die [X.] in [X.] besucht. Nach ihrem Umzug nach [X.] hat sie die Ausbildungan einer [X.] in [X.]trotz der bestehenden widrigen Um-stände, insbesondere der unzureichenden Unterhaltsleistungen und der damitzusammenhängenden Notwendigkeit, zur Bestreitung ihres weiteren Lebens-unterhalts und der aufzubringenden Studiengebühren zu arbeiten, sowie ihrer- mehrere Krankenhausaufenthalte erfordernden - gesundheitlichen Beein-trächtigungen, an den Wochenenden im wesentlichen durchgehend fortgesetzt,wie die von der Schule ausgestellten Testate belegen.c) Ende Mai 1994 hat die Klägerin die Ausbildung als Heilpraktikerin al-lerdings abgebrochen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann [X.] werden, daß dies im Hinblick auf ein beabsichtigtes Medizinstudium- 10 -erfolgte. Diese Annahme läßt indessen, wie die Revision zu Recht rügt, [X.] der Klägerin außer Betracht.Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] in Übereinstimmung mit ihrem Vorbringen im [X.] 19. September 1995 erklärt, sie habe sich entschlossen, Medizin zu stu-dieren, weil sie im Laufe der [X.] erkannt habe, daß siedie Tätigkeit als Heilpraktikerin mit nur eingeschränkten Arbeitsmöglichkeitenim medizinischen Bereich unterfordern werde; schon im Jahre 1993 habe sieden Beklagten gefragt, ob er nicht ein Medizinstudium unterstützen werde, sieempfände die [X.] als etwas oberflächlich. Der Beklagtehabe über eine derartige Berufsausbildung aber nicht einmal sprechen [X.] sei bei einem weiteren Gespräch im November 1993 bei seiner ablehnen-den Haltung geblieben. Wird dieses Vorbringen als richtig unterstellt, so [X.] nicht davon ausgegangen werden, die Klägerin habe die [X.] nicht zugunsten eines Medizinstudiums abgebrochen.Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habenach Mai 1994 ihre berufliche Zukunft weder als Heilpraktikerin noch als Ärztingesehen, sondern sich offenbar damit abgefunden, bis auf weiteres als Ver-waltungsangestellte zu arbeiten, ist mit deren Vorbringen nicht zu vereinbaren.Daß sie die [X.] wegen des beabsichtigten [X.] aufgegeben hat, ist in der Folgezeit erkennbar geworden. Nach dem [X.] der Klägerin in dem nach der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] eingereichten Schriftsatz vom 16. Februar 1999 hat sie bereits imMai sowie im Juni 1994 Bücher erworben, um sich auf den medizinischen [X.] vorzubereiten. Im Juli 1994 hat sie sich zu einem [X.] angemeldet, das in der [X.] vom 23. bis 25. September 1994 [X.] und Oktober 1994 hat sie weitere der Vorbereitung auf den Testdienende Fachliteratur angeschafft. Die Revision beanstandet zu Recht, daßdieses Vorbringen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt und die mündlicheVerhandlung - entgegen dem mit Schriftsatz vom 8. Februar 1999 gestelltenAntrag - nicht wiedereröffnet wurde.Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist das Gerichtzur Wiedereröffnung der bereits geschlossenen Verhandlung verpflichtet, wennsich aus dem neuen Vorbringen der [X.] ergibt, daß die bisherige Verhand-lung lückenhaft war und in der letzten mündlichen Verhandlung bei [X.] Vorgehen Veranlassung zur Ausübung des Fragerechts bestanden hätte.So lag es hier, wie sich aus dem nachgereichten Schriftsatz der Klägerin vom16. Februar 1999 ergibt. Denn sie hätte nach dem gerichtlichen Hinweis auf [X.] der Entscheidung des [X.]s vom 4. März 1998 (aaO) ergänzen-den Sachvortrag halten können. Nachdem der Hinweis allerdings nicht - wiegrundsätzlich geboten - bereits geraume [X.] vor dem Termin, sondern erst indem Termin selbst erfolgte, in dem die Klägerin zudem nicht selbst zugegenwar, konnte von ihrem Anwalt nicht erwartet werden, hierzu - ohne [X.] seiner [X.] - sogleich Stellung zu nehmen. Die darin liegende Verletzungdes rechtlichen Gehörs gebot die Wiedereröffnung der mündlichen Verhand-lung (vgl. etwa [X.], Urteil vom 8. Februar 1999 - [X.] - NJW 1999,2123, 2124 f. m.N.).Das vorgenannte Vorbringen der Klägerin spricht indessen dafür, daßsie ihre Zukunft gerade nicht als Verwaltungsangestellte gesehen hat, sonderndie Aufnahme des Medizinstudiums anstrebte. Die weitere Annahme des Be-rufungsgerichts, sie habe nicht dargelegt, daß sie nicht schon früher mit [X.] habe beginnen können, wird von der Revision ebenfalls zu Recht be-- 12 -anstandet. Dem Vorbringen der Klägerin zufolge ist die Entscheidung für [X.] erst im Frühjahr 1994 gefallen. Dafür spricht zum einen der ergebnis-los verlaufene Verständigungsversuch hierüber mit dem Beklagten, der [X.] zunächst veranlaßt hat, sich über andere Finanzierungsmöglichkeitenzu informieren, und zum anderen die Fortführung der [X.]bis Ende Mai 1994. Die nächste Möglichkeit, an dem medizinischen Eignungs-test teilzunehmen, der nur einmal im Jahr stattfand, war demzufolge im [X.] gegeben. Bei dieser Sachlage kann der Klägerin aber mangelndeZielstrebigkeit in ihrem (geänderten) [X.] nicht vorgeworfenwerden. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß sie ihre Tätigkeit als Ver-waltungsangestellte zunächst fortgesetzt hat. Denn auf das daraus erzielte Er-werbseinkommen war sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts angewiesen.3. Das angefochtene Urteil kann mit der gegebenen Begründung des-halb keinen Bestand haben. Dem [X.] ist es nicht möglich, in der [X.] abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO), weil es weiterertatrichterlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist daher unter Aufhebung [X.] an das [X.] zurückzuverweisen.Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf folgendes hin:Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts geht es vorliegendnicht um die Frage einer Weiter- oder Zweitausbildung, sondern um die Er-stausbildung der Klägerin, nachdem sie die [X.] abgebro-chen und ein Medizinstudium begonnen hat. Ein solcher Wechsel der Ausbil-dung ist unbedenklich, wenn er einerseits auf sachlichen Gründen beruht undandererseits unter Berücksichtigung der Gesamtumstände aus der Sicht [X.] wirtschaftlich zumutbar ist. Für die Annahme eines hinrei-chenden Grundes kann etwa der Umstand sprechen, daß zwischen der [X.] -brochenen und der angestrebten Ausbildung ein sachlicher Zusammenhangbesteht. Jedem jungen Menschen ist grundsätzlich zuzubilligen, daß er sichüber seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Be-ruf hat. Dabei wird ein Ausbildungswechsel um so eher zu akzeptieren sein, jefrüher er stattfindet. Dies folgt aus dem Gedanken, daß die schutzwürdigenBelange des Unterhaltspflichtigen es gebieten, sich möglichst frühzeitig dar[X.]richten zu können, wie lange die [X.] dauern wird. Diese Belangeerfordern es grundsätzlich auch, daß das Kind sich über seine geändertenAusbildungspläne mit dem Unterhaltspflichtigen zu verständigen versucht (vgl.[X.]surteile vom 10. Dezember 1980 - [X.] - FamRZ 1981, 344,346 und vom 25. Februar 1981 - [X.] - FamRZ 1981, 437, 439; [X.]/[X.] Unterhaltsrecht 7. Aufl. [X.]. 424; [X.]/Borth Handbuch [X.] 4. Aufl. [X.]. V [X.]. 85; [X.]/[X.] Aufl. § 2 [X.]. 71). Falls das Berufungsgericht im weiteren Verfahren zu demErgebnis gelangen sollte, daß die Klägerin ihre Ausbildungsobliegenheit nichtnachhaltig verletzt hat, wird es in tatrichterlicher Verantwortung unter Berück-sichtigung aller Umstände des Falles über die Frage zu befinden haben, ob [X.]swechsel von dem Beklagten hinzunehmen ist. Dabei wird im Rah-men der Beurteilung der zur Rechtfertigung des Ausbildungswechsels von derKlägerin geltend gemachten Gründe auch zu berücksichtigen sein, daß ge-störte häusliche Verhältnisse sich nach der Lebenserfahrung vielfach nachteiligauf die schulische und sonstige Entwicklung eines Kindes auswirken (vgl. Se-natsurteile vom 25. Februar 1981 aaO [X.] und vom 14. Juli 1999 - [X.]/97 - [X.], 420, 421) und im Einzelfall auch zu [X.] mangelndem Selbstvertrauen führen können. Solche Auswirkungen könn-ten auch zu der Entscheidung der Klägerin, Heilpraktikerin zu werden anstatt- 14 -sogleich das wesentlich anspruchsvollere Medizinstudium zu wählen, beigetra-gen haben.[X.] Krohn Ger-ber [X.] Weber-Monecke

Meta

XII ZR 81/99

14.03.2001

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2001, Az. XII ZR 81/99 (REWIS RS 2001, 3219)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3219

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