Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.09.2011, Az. II R 58/09

2. Senat | REWIS RS 2011, 3553

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Gegenstand

Anrechnung niederländischer Schenkungsteuer bei mehreren Erwerben - Vereinbarkeit der Besteuerung grenzüberschreitender Schenkungen mit dem Gemeinschaftsrecht - Keine Pflicht eines Mitgliedsstaats zur Anpassung an andere Steuersysteme


Leitsatz

Bei der Festsetzung der inländischen Schenkungsteuer für einen Erwerb, der auch in den Niederlanden der Schenkungsteuer unterliegt, führt die Berücksichtigung von ebenfalls in den Niederlanden besteuerten Vorerwerben nach § 14 ErbStG nicht zu einer Anrechnung der für die gesamten Vorerwerbe gezahlten niederländischen Steuer. Die in den Niederlanden gezahlte Schenkungsteuer ist nur insoweit nach § 21 ErbStG anzurechnen, als sie auf die besteuerte Zuwendung (Letzterwerb) entfällt .

Tatbestand

1

I. Die im Inland wohnende Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erhielt von ihrer in den [X.] wohnenden Mutter mehrere in den [X.] der Schenkungsteuer unterworfene Zuwendungen von Bargeld wie folgt:

2

Tag der Schenkung 

Höhe der Zuwendung  (nach Abzug der Kosten)

Niederländische Schenkungsteuer

1. Januar 1989   

66.347 DM

4.096 DM

1. Januar 1990    

106.285 DM

 8.878 DM

14. Januar 1991  

106.249 DM

8.819 DM

1. Januar 1992 

106.285 DM

8.739 DM

18. Oktober 1993  

 64.339 DM

  3.679 DM

24. Februar 1995

 119.557 DM

  9.827 DM

17. Januar 1996   

 145.552 DM

  12.846 DM

14. Februar 1997  

 110.687 DM

         8.594 DM

22. Dezember 1998 

78.706 DM

4.665 DM

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--), der aufgrund der Mitteilung der Klägerin vom 7. April 2005 von diesen Zuwendungen Kenntnis erlangt hatte, setzte mit Bescheiden vom 7. Oktober 2005 Schenkungsteuer gegen die Klägerin fest. Für die in den Jahren 1989, 1990 und 1996 erfolgten Zuwendungen belief sich die Schenkungsteuer auf 0 DM. Den [X.] für die Vorschenkungen ermittelte das [X.] in der Weise, dass es von der fiktiven Schenkungsteuer für die Vorerwerbe die [X.] Schenkungsteuer für den jeweils letzten Vorerwerb abzog. Die [X.] Schenkungsteuer wurde insoweit angerechnet, als sie auf den jeweiligen Erwerb am Stichtag entfiel.

4

Mit den Einsprüchen gegen die Schenkungsteuerbescheide betreffend die Zuwendungen in den Jahren 1991 bis 1993, 1995, 1997 und 1998 begehrte die Klägerin die Anrechnung der gesamten [X.]n Schenkungsteuer. Im Verlauf des [X.] erließ das [X.] am 29. Mai 2006 geänderte Steuerbescheide, in denen es die Schenkungsteuer für die Zuwendung in 1991 auf 0 DM und im Übrigen wie folgt festsetzte:

5

       

1992 

1993

1995

 1997  

1998

(DM)

(DM)

(DM)

(DM) 

(DM)

Zuwendung 

106.285

64.339

 119.557

 110.687

78.706

zuzüglich Vorerwerbe

278.881

385.166

449.505

 714.614

  825.301

Gesamtbetrag 

385.166

449.505

   569.062

 825.301

    904.007

abzüglich Freibetrag  

90.000

90.000

90.000

 400.000

400.000

steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet) 

295.100

359.500

 479.000

  425.300

504.000

Steuersatz  

6,5 %

7 % 

  7,5 %

11 % 

 11,31 %

Schenkungsteuer  

19.181

25.165

 35.925

 46.783

   57.000

abzüglich [X.] für die Vorschenkungen 

10.384

19.182

    25.165

  34.606

   46.783

abzüglich anrechenbare niederländische Steuer 

8.739

3.679

  9.827

 8.594

   4.665

festgesetzte Schenkungsteuer  

58

2.304

  933

3.583

  5.552

6

Der nach § 14 Abs. 1 des [X.] ([X.]) ermittelte [X.] wurde nunmehr jeweils ohne eine Kürzung um [X.] Schenkungsteuer berücksichtigt.

7

Im Übrigen blieb der Einspruch ohne Erfolg.

8

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Eine weiter gehende Anrechnung der von der Klägerin gezahlten [X.]n Schenkungsteuer sei weder nach § 14 [X.] noch nach § 21 [X.] noch unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Grundsätze gerechtfertigt. Die teilweise Nichtanrechnung ausländischer Steuerbeträge sei nicht das Ergebnis einer unzulässigen Doppelbesteuerung oder einer mangelnden Abstimmung der Regelungen in § 14 [X.] und § 21 [X.]. Es handele sich vielmehr um die Folge der Regelungsstruktur des § 14 [X.], die keine über den einzelnen Erwerbsvorgang hinausgehende Anrechnung gezahlter Steuerbeträge --gleich ob inländischer oder ausländischer Art-- im Rahmen der Zusammenrechnung vorsehe. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 438 veröffentlicht.

9

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 14 und § 21 [X.]. Der vom [X.] gewählte Berechnungsweg führe zu einer Doppelbesteuerung und zu einer teilweisen Nichtanrechnung der für die Zuwendungen gezahlten ausländischen Schenkungsteuer. Dadurch werde der Erwerb von Auslandsvermögen höher mit Erbschaftsteuer belastet als ein vergleichbarer Erwerb von Inlandsvermögen. Deshalb sei vor Abzug der fiktiven Schenkungsteuer nach § 14 [X.] zunächst die Entlastung nach § 21 [X.] zu berücksichtigen, wobei jeweils die gesamte auf die einbezogenen Vorerwerbe entfallende ausländische Schenkungsteuer anzurechnen sei.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 2006 aufzuheben und die Schenkungsteuerbescheide vom 29. Mai 2006 dahin zu ändern, dass die Schenkungsteuer für die Zuwendungen in den Jahren 1992, 1993, 1995, 1997 und 1998 auf jeweils 0 DM festgesetzt wird.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass bei der Festsetzung der inländischen Schenkungsteuer für einen Erwerb, der auch in den [X.] der Schenkungsteuer unterliegt, die Berücksichtigung von ebenfalls in den [X.] besteuerten Vorerwerben nach § 14 [X.] nicht zu einer Anrechnung der für die gesamten Vorerwerbe gezahlten [X.] Schenkungsteuer führt. Die in den [X.] gezahlte Schenkungsteuer ist nach § 21 [X.] nur insoweit anzurechnen, als sie auf die besteuerte Zuwendung (Letzterwerb) entfällt. Die für einbezogene Vorerwerbe gezahlte ausländische Schenkungsteuer ist selbst dann nicht anzurechnen, wenn die Berücksichtigung der früheren Erwerbe bei der Besteuerung des [X.] zu einem höheren Steuersatz geführt hat und sich die ausländische Schenkungsteuer bei der Besteuerung des jeweiligen [X.] mangels einer entsprechend festgesetzten inländischen Schenkungsteuer nicht ausgewirkt hat.

1. Die für die Vorschenkungen anzurechnende Steuer ist nicht mit jeweils höheren Beträgen als vom [X.] in den Steuerbescheiden berücksichtigt abzuziehen.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre (§ 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der bis einschließlich 1995 geltenden Fassung bzw. § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.] in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 --[X.] 1997-- vom 20. Dezember 1996, [X.] 1996, 2049, [X.], 1523). Die Neufassung findet auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 1995 entstanden ist (§ 37 Abs. 1 [X.] in der Fassung des [X.] 1997).

b) § 14 [X.] will verhindern, dass durch die Aufteilung einer beabsichtigten Zuwendung in mehrere zeitlich folgende Teilübertragungen durch [X.] der persönlichen Freibeträge und durch Vermeidung der Steuerprogression Steuervorteile erlangt werden. Die von der Vorschrift angeordnete Zusammenrechnung gewährleistet, dass die Freibeträge innerhalb des zehnjährigen Zusammenrechnungszeitraums nur einmal zur Anwendung gelangen und sich für mehrere Erwerbe gegenüber einer einheitlichen Zuwendung in gleicher Höhe kein Progressionsvorteil ergibt (vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 9. Juli 2009 II R 55/08, [X.], 498, [X.], 969, m.w.N.).

§ 14 [X.] ändert nichts daran, dass die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen. Weder werden die früheren Steuerfestsetzungen mit der Steuerfestsetzung für den letzten Erwerb zusammengefasst noch werden die einzelnen Erwerbe innerhalb eines [X.] zu einem einheitlichen Erwerb verbunden. Die Vorschrift enthält lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den letzten Erwerb innerhalb des [X.] festzusetzen ist (BFH-Urteil in [X.], 498, [X.], 969, m.w.N.).

c) Die Regelung ist gleichermaßen auf den Erwerb von In- und Auslandsvermögen anzuwenden. Eine unterschiedliche Ermittlung der für die früheren Erwerbe [X.] (fiktiven) Steuer ist insoweit in § 14 Abs. 1 [X.] nicht vorgesehen. [X.] ist die Steuer, die für die früheren Erwerbe zur Zeit des letzten zu erheben gewesen wäre. Nicht gesondert geregelt ist jedoch, wie die abzuziehende Steuer nach § 14 Abs. 1 [X.] zu ermitteln ist, wenn bei einem Vorerwerb ausländische Schenkungsteuer gezahlt und auf inländische Schenkungsteuer nach § 21 [X.] angerechnet wurde.

aa) Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen zu einer der [X.] Erbschaftsteuer entsprechenden Steuer --ausländische Steuer-- herangezogen werden, in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 [X.], sofern nicht die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden sind, auf Antrag die festgesetzte, auf den Erwerber entfallende, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuer insoweit auf die [X.] Erbschaftsteuer anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der [X.] Erbschaftsteuer unterliegt. § 21 [X.] gilt gemäß § 1 Abs. 2 [X.] auch für Schenkungen unter Lebenden.

Durch die Anrechnung der ausländischen Steuer soll eine doppelte steuerliche Belastung von Erwerbern möglichst vermieden werden (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 2010 [X.]/09, [X.], 219, [X.], 241, m.w.N.). Diese Anrechnung erfolgt im Rahmen des Festsetzungsverfahrens.

bb) Die Frage, ob bei der Ermittlung der für die früheren Erwerbe [X.] Steuer nach § 14 Abs. 1 [X.] die Anrechnung der für einen Vorerwerb gezahlten ausländischen Schenkungsteuer zu berücksichtigen ist, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass in einem solchen Fall die angerechnete ausländische Schenkungsteuer den Anrechnungshöchstbetrag nach § 14 Abs. 1 [X.] mindert, und zwar unabhängig davon, ob der ausländische Staat Erwerbe vergleichbar wie die [X.] ([X.]) besteuert (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, [X.], 3. Aufl., § 14 [X.] Rz 74). Nach anderer Auffassung ist auf die Besteuerung des [X.] durch den ausländischen Staat abzustellen und je nach Art dieser Besteuerung zu differenzieren (vgl. [X.] in Troll/[X.]/ [X.], [X.], § 14 Rz 56 ff.; [X.]/[X.] in [X.]/ [X.], [X.], § 14 Rz 97 f.).

cc) Im Streitfall hat das [X.] bei der Berechnung der Steuer jeweils den [X.] nach § 14 Abs. 1 [X.] angesetzt, der sich ohne Berücksichtigung der für die Vorerwerbe gezahlten ausländischen Schenkungsteuer ergeben hat. Dies wirkt sich zugunsten der Klägerin aus, weil für die früheren Erwerbe die fiktive Schenkungsteuer ungemindert abgezogen wurde. Damit hat das [X.] die höchstmögliche inländische Schenkungsteuer für die Vorerwerbe abgezogen. Für den ungeminderten Abzug der fiktiven Schenkungsteuer spricht, dass § 14 Abs. 1 [X.] ausschließlich der Berechnung der Schenkungsteuer für den Letzterwerb dient, also weder die Selbständigkeit noch die Besteuerung der Vorerwerbe als solche berührt, und damit der [X.] für alle einbezogenen Vorerwerbe --wie beim Erwerb von [X.] unabhängig von einer für die einzelnen Vorerwerbe gezahlten ausländischen Schenkungsteuer zu ermitteln ist, auch wenn der Wortlaut des § 14 Abs. 1 [X.] auf die für die früheren Erwerbe zur Zeit des letzten Erwerbs zu erhebende Steuer abstellt. Wegen der fehlenden Entscheidungserheblichkeit kann aber letztlich offen bleiben, ob und ggf. inwieweit die für einen Vorerwerb nach § 21 [X.] angerechnete ausländische Schenkungsteuer bei der Besteuerung des [X.] nach § 14 Abs. 1 [X.] zu berücksichtigen ist. Eine Änderung der angefochtenen Steuerbescheide zum Nachteil der Klägerin wäre nicht möglich (sog. Verböserungsverbot; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Mai 2010 [X.], [X.], 272, [X.], 1079, unter [X.], m.w.N.).

2. Die [X.] Schenkungsteuer ist nach § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] in zutreffendem Umfang auf die [X.] Schenkungsteuer angerechnet worden.

a) Das [X.] ist im Einvernehmen mit den Beteiligten davon ausgegangen, dass die [X.] Schenkungsteuer dem Grunde nach anzurechnen ist. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind erfüllt. Mit den [X.] besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Schenkungsteuer. Die Klägerin ist mit Auslandsvermögen i.S. von § 21 Abs. 2 Nr. 2 [X.], dem von der in den [X.] wohnenden [X.]in übergebenen Bargeld, zu einer mit der [X.] Schenkungsteuer vergleichbaren [X.] Steuer herangezogen worden. Die [X.] Schenkungsteuer ist auch innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der [X.] Schenkungsteuer entstanden (§ 21 Abs. 1 Satz 4 [X.]).

b) Auf die [X.] Schenkungsteuer ist die auf den Erwerber entfallende, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Schenkungsteuer insoweit anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der [X.] Schenkungsteuer unterliegt (§ 21 Abs. 1 Satz 1 [X.]). [X.] ist die ausländische Schenkungsteuer, die auf den besteuerten Erwerb entfällt.

Sind für die Besteuerung des [X.] mehrere Erwerbe von Auslandsvermögen nach § 14 Abs. 1 [X.] zusammenzurechnen, ist die ausländische Schenkungsteuer anzurechnen, die für den Letzterwerb gezahlt wurde. Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 1 [X.], der die Steuerberechnung für den Letzterwerb regelt (vgl. BFH-Urteil in [X.], 498, [X.], 969, m.w.N.). Diese Vorschrift kann zwar wegen der Einbeziehung der früheren Erwerbe zur Anwendung eines höheren Steuersatzes bei der Besteuerung des [X.] führen. Die durch § 14 Abs. 1 [X.] ausgelöste höhere Besteuerung des [X.] rechtfertigt aber nicht die Anrechnung der für die Vorerwerbe gezahlten ausländischen Steuer. Denn besteuert wird trotz der Zusammenrechnung nur der Letzterwerb und nicht ein Gesamterwerb in Form der zusammengerechneten Erwerbe. Deshalb ist nur die auf den Letzterwerb entfallende ausländische Schenkungsteuer anrechenbar. Dies gilt auch dann, wenn die ausländische Schenkungsteuer für die Vorerwerbe bei der Festsetzung der inländischen Schenkungsteuer für die Vorerwerbe nicht oder nur zum Teil angerechnet werden konnte, weil für den jeweiligen Vorerwerb entweder keine [X.] Schenkungsteuer festzusetzen oder die [X.] Schenkungsteuer niedriger als die ausländische Schenkungsteuer war. Eine Anrechnung nicht ausgenutzter ausländischer Schenkungsteuer kann insoweit nicht bei der Besteuerung von [X.] nachgeholt werden (a.[X.][X.], [X.], 304).

c) Das [X.] hat zutreffend in den angefochtenen Steuerbescheiden die [X.] Schenkungsteuer angerechnet, soweit sie jeweils für den Letzterwerb entrichtet wurde. Für die von der Klägerin begehrte Anrechnung weiterer Steuerbeträge für die Vorerwerbe fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Anhaltspunkte für eine den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzende Besteuerung sind nicht erkennbar.

3. Die in § 14 und § 21 [X.] geregelte Besteuerung eines Erwerbs von Auslandsvermögen, für den auch ausländische Schenkungsteuer gezahlt wurde, verstößt nicht gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 und Art. 58 des [X.] [X.] --[X.]--; jetzt Art. 63 und Art. 65 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] --AEUV--).

a) Art. 56 Abs. 1 [X.] verbietet nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) ganz allgemein Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten (vgl. [X.]-Urteil vom 22. April 2010 [X.]/08, [X.], [X.], 1212 Rdnr. 18, m.w.N.). Die steuerliche Behandlung von Schenkungen fällt unabhängig davon, ob es sich um Geldbeträge, um bewegliche oder um unbewegliche Güter handelt, unter die Vertragsbestimmungen über den Kapitalverkehr; ausgenommen sind die Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweisen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 1212 Rdnr. 20, m.w.N.). Die Prüfung der Besteuerung grenzüberschreitender Schenkungen anhand von Art. 39 (Arbeitnehmerfreizügigkeit, jetzt Art. 45 AEUV) und Art. 43 [X.] (Niederlassungsfreiheit, jetzt Art. 49 AEUV) hat der [X.] als nicht erforderlich angesehen ([X.]-Urteil in [X.], 1212 Rdnr. 23).

Zu den Maßnahmen, die als Beschränkungen des Kapitalverkehrs nach Art. 56 Abs. 1 [X.] verboten sind, gehören solche, die eine Wertminderung der Schenkung desjenigen bewirken, der in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig ist, in dem sich die betreffenden Vermögensgegenstände befinden und der die Schenkung besteuert (vgl. [X.]-Urteile vom 17. Januar 2008 [X.]/06, [X.], [X.]. 2008, [X.]. 31; vom 12. Februar 2009 [X.]/08, Block, [X.]. 2009, [X.]. 24; in [X.], 1212 Rdnr. 26).

b) Die Schenkung von Bargeld an natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz haben, wird nach den Bestimmungen im [X.] unabhängig davon besteuert, ob der [X.] zur [X.] seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland oder im Ausland hat. Steuerpflichtiger ist jeweils der im Inland wohnende Beschenkte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a [X.]). Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Schenkung und die Berechnung der Schenkungsteuer richten sich jeweils nach §§ 10 ff. bzw. §§ 14 ff. [X.]. Eine unterschiedliche Besteuerung der Schenkung im Hinblick auf den Wohnsitz des [X.]s findet insoweit nicht statt.

Eine freigebige Zuwendung, die von einem [X.] mit Wohnsitz in den [X.] an einen Bedachten mit Wohnsitz in der [X.] ausgeführt wird, wird nur deshalb höher mit Schenkungsteuer belastet, weil sowohl die [X.] als auch die [X.] die Schenkung besteuern und die Doppelbelastung nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen wird. § 21 [X.] sieht zwar die Anrechnung der ausländischen Schenkungsteuer vor. Da aber die Besteuerungssysteme in beiden Mitgliedstaaten unterschiedlich gestaltet sind (vgl. [X.]/Spengel, Erbschaftsteuerbelastung im internationalen Vergleich, [X.], Band 75, [X.] ff. zur Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer in den [X.]), kann es für Erwerbe zu einer Festsetzung von inländischer und ausländischer Schenkungsteuer kommen. Eine Doppelbelastung ist grundsätzlich dann möglich, wenn die inländische Steuer für den Erwerb höher als die für den Erwerb gezahlte ausländische Steuer ist, so dass die Anrechnung der ausländischen Steuer nicht zu einer vollständigen Entlastung von der inländischen Steuer ausreicht. Ein solcher Fall kann insbesondere eintreten, wenn wegen der Berücksichtigung früherer Erwerbe innerhalb des [X.] der Letzterwerb nach § 14 [X.] einer höheren inländischen Schenkungsteuer unterliegt und die ausländischen Besteuerungsvorschriften --wie z.B. in den [X.]-- für derartige Sachverhalte keine oder nur eine eingeschränkte Zusammenrechnung vorsehen.

Das Gemeinschaftsrecht schreibt bei seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand und in einer Situation, in der es um die Entrichtung von Schenkungsteuer geht, in Bezug auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der [X.] keine allgemeinen Kriterien für die Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor (vgl. [X.]-Urteil in [X.]. 2009, [X.]). Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts vorbehaltlich dessen Beachtung über eine gewisse Autonomie in diesem Bereich verfügen und deshalb nicht verpflichtet sind, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen (vgl. [X.]-Urteil in [X.]. 2009, [X.]). In diesem Urteil hat der [X.] entschieden, dass es der Kapitalverkehrsfreiheit nicht entgegensteht, wenn bei der Berechnung von Erbschaftsteuer, die von einem Erben mit Wohnsitz in der [X.] auf [X.] gegen ein in [X.] ansässiges Finanzinstitut geschuldet wird, die in [X.] entrichtete Erbschaftsteuer auf die in der [X.] geschuldete Erbschaftsteuer nicht angerechnet wird, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens seinen Wohnsitz in der [X.] hatte. Der [X.] hat also für diesen Sachverhalt die fehlende Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer nicht beanstandet. Dies bedeutet zugleich, dass die Bestimmungen über die Kapitalverkehrsfreiheit auch dann nicht verletzt sind, wenn die Anrechnung der ausländischen Steuer zwar nach inländischem Recht zugelassen ist, aber --wie im [X.] nicht zu einer vollständigen Entlastung von der [X.] Schenkungsteuer führt. Aus diesem Grund besteht kein Anlass, § 21 [X.] dahin auszulegen, dass im Falle einer Zusammenrechnung früherer Erwerbe (§ 14 [X.]) bei der Besteuerung des [X.] die ausländische Schenkungsteuer anzurechnen wäre, die für sämtliche Erwerbe gezahlt wurde.

Meta

II R 58/09

07.09.2011

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 23. April 2009, Az: 9 K 47/07, Urteil

§ 14 ErbStG 1997, § 21 ErbStG 1997, Art 56 EG, Art 58 EG, Art 63 AEUV, Art 65 AEUV, § 14 ErbStG 1991, § 21 ErbStG 1991, Art 39 EG, Art 43 EG, Art 45 AEUV, Art 49 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.09.2011, Az. II R 58/09 (REWIS RS 2011, 3553)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3553


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 2777/11

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2777/11, 16.08.2012.


Az. II R 58/09

Bundesfinanzhof, II R 58/09, 07.09.2011.


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