Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.06.2015, Az. 4 StR 193/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 10323

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Gegenstand

Bandendiebstahl: Beschränkung der verabredeten Diebstahlstaten nach Ort und zu erbeutenden Gegenständen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 5. Februar 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen II. 21 bis 26 der Urteilsgründe,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

[X.]as [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 20 Fällen, schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision erzielt mit der allgemeinen Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Rechtsfehlerfrei hat das [X.] den Angeklagten in den Fällen [X.] bis 25 der Urteilsgründe wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen verurteilt.

3

a) Nach den den Einzelfällen vorangestellten Feststellungen kam der Angeklagte spätestens im November 2013 „u.a. mit     [X.], dessen Bruder      [X.],      [X.]     und       [X.]     überein, zukünftig fortlaufend in einer Vielzahl von Fällen durch ein defektes Fenster in das - nicht mehr in Betrieb befindliche, sondern zum Abriss bestimmte - Schalthaus der Firma [X.].   an der [X.].        einzudringen, um dort Kupfer zu stehlen und sich aus dessen Verkauf eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen".

4

b) Zwar richtete sich danach die Abrede der Beteiligten auf den [X.]iebstahl von Kupfer aus einem feststehenden und begrenzten Vorrat. Gleichwohl sind die [X.] im Sinne des § 244a Abs. 1 StGB erfüllt:

5

aa) Eine Bande im Sinne der §§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 244a Abs. 1 StGB ist der Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willenverbunden haben, künftig für eine gewisse [X.]auer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse [X.]iebes- oder Raubtaten zu begehen ([X.] - Großer Senat -, Beschluss vom 22. März 2001 - [X.], [X.]St 46, 321; [X.], StGB, 62. Aufl., § 244 Rn. 34 ff.). Erforderlich ist eine - ausdrücklich oder konkludent getroffene - [X.], bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Begehung von Straftaten in der Zukunft für eine gewisse [X.]auer zusammenzutun ([X.], Urteil vom 14. April 2011 - 4 [X.]). [X.]abei genügt es nach der Rechtsprechung des [X.], dass sich die Bandenmitglieder für einen überschaubaren [X.]raum von nur wenigen Tagen zur „fortgesetzten" Begehung von Raub oder [X.]iebstahl verbunden haben ([X.], Urteil vom 9. [X.]ezember 1992 - 3 StR 431/92, [X.]R StGB § 244 Abs. 1 Nr. 3 Bande 1). [X.]araus ergibt sich zugleich, dass es weder einer „gewissen Regelmäßigkeit" noch der Absprache einer „zeitlichen [X.]auer" der zu [X.] Straftaten bedarf ([X.], Urteil vom 11. September 1996 - 3 StR 252/96, [X.], 90, 91). [X.]ie Beschränkung auf eine bestimmte Begehungsart ([X.], Urteil vom 18. April 1978 - 1 StR 815/77, bei [X.], [X.] 1978, 624) gegen denselben [X.] (RG, Urteil vom 18. [X.]ezember 1923 - 4 [X.] 875/23, [X.] 1924, 816 f.; NK-StGB/Kindhäuser, 4. Aufl., § 244 Rn. 39) oder nach [X.], Ort und zu erbeutenden Gegenständen ([X.], Urteil vom 29. August 1973 - 2 StR 250/73, [X.] 1974, 308; [X.], aaO, § 244 Rn. 40) steht der bandenmäßigen Begehung nicht entgegen.

6

bb) [X.]anach unterfällt die hier von den Beteiligten getroffene Abrede dem Begriff der Bande. [X.]urch die wiederholte Wegnahme des in dem zum Abriss bestimmten Schalthauses befindlichen Kupfers in der [X.] vom 30. November 2013 bis zum 8. Januar 2014 begingen der Angeklagte und seine Tatgenossen jeweils selbständige [X.]iebstahlstaten, die untereinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehen; für die Annahme natürlicher Handlungseinheit bieten die Feststellungen keinen Anhaltspunkt. Eine Beschränkung auf wenige, von vornherein - d.h. im [X.]punkt der [X.] - individuell bestimmte Taten ist den Feststellungen nicht zu entnehmen; im Gegenteil richtete sich die Abrede auf eine „Vielzahl" entsprechender [X.]iebstahlstaten, die als „dauerhafte Einnahmequelle" geplant waren. [X.]amit ist auch der Grund für die Strafschärfung des Bandendiebstahls gegeben (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1955 - 3 StR 279/55, [X.]St 8, 205, 209; Beschluss vom 3. April 1970 - 2 StR 419/69, [X.]St 23, 239, 240; Kindhäuser, aaO, § 244 Rn. 34).

7

2. In den Fällen [X.] bis 26 der Urteilsgründe können die [X.] nicht bestehen bleiben, weil das [X.] die Möglichkeit einer Strafmilderung nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB nicht geprüft hat. Hierzu hätte indes nach den Urteilsgründen Anlass bestanden:

8

[X.]ie Strafkammer hat bei den abgeurteilten Straftaten nach dem [X.] (Fälle II. 1 bis 20, 27 und 28 der Urteilsgründe) dem Angeklagten jeweils die Strafmilderung des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG gutgebracht. [X.]as beruht auf folgender Feststellung: „[X.]er Angeklagte ließ sich schon in seiner ersten Beschuldigtenvernehmung geständig ein und machte zudem umfangreiche Angaben zu weiteren Beteiligten und Taten, zu denen bis dahin noch keine so weitreichenden Erkenntnisse vorgelegen hatten." [X.]ieser pauschalen Mitteilung muss der Senat entnehmen, dass der Angeklagte zu allen ihm vorgeworfenen Taten weitere Beteiligte benannt hat. [X.]ann aber drängte sich die Erörterung einer „Aufklärungshilfe" nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 StGB auf. [X.]er Angeklagte hat in den Fällen [X.] bis 26 der Urteilsgründe jeweils eine Straftat begangen, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist. [X.]ie [X.] betraf die im Katalog des § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. j und [X.] genannten Straftaten des schweren Bandendiebstahls und der (besonders schweren) räuberischen Erpressung; der nach der Neufassung des § 46b StGB erforderliche Zusammenhang mit den Taten des Aufklärungsgehilfen steht hier außer Frage.

9

Auf diesem Rechtsfehler beruht die Bemessung der jeweiligen Einzelstrafe in den genannten Fällen; denn es ist nicht auszuschließen, dass das [X.] den jeweils angenommenen Strafrahmen noch weiter gemildert oder geringere Strafen verhängt hätte.

3. [X.]er Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen [X.] bis 26 der Urteilsgründe - und damit auch der Einsatzstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe - entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.

Sost-Scheible     

Rin[X.] Roggenbuck ist
urlaubsabwesend und
deshalb an der Unterschrift
gehindert.

Cierniak

Sost-Scheible

Mutzbauer     

     Bender     

Meta

4 StR 193/15

03.06.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Essen, 5. Februar 2015, Az: 26 KLs 71 Js 651/14 - 67/14

§ 244 Abs 1 Nr 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.06.2015, Az. 4 StR 193/15 (REWIS RS 2015, 10323)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10323

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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