Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.03.2011, Az. 10 AZR 831/09

10. Senat | REWIS RS 2011, 8388

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Gegenstand

Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den BAT und Tarifsukzession - ergänzende Vertragsauslegung - zeitlicher Umfang der Arbeitspflicht - tariflicher Zusatzurlaub


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 1. Oktober 2009 - 17 [X.] 868/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit und einen Anspruch auf Zusatzurlaub.

2

Die am 16. Oktober 1966 geborene Klägerin ist beim Beklagten seit dem 1. Juni 2002 als Krankenschwester im Wohnheim „[X.]“ tätig. Die Parteien sind nicht tarifgebunden. Der Arbeitsvertrag vom 1. Juni 2002 enthält [X.]. folgenden Regelungen:

        

„1.     

…       

                 

Es handelt sich um eine Vollzeitstelle mit zur [X.] 38,5 Wochenstunden gem. [X.].

                 

…       

        

4.    

Die [X.]öhe der Vergütung richtet sich nach der Vergütungsgruppe VI b des Vergütungstarifvertrages zum Bundes-Angestelltentarifvertrag der Gemeinden in der jeweils gültigen Fassung.

                 

…       

        

6.    

Frau A erhält einen Jahresurlaub von 29 Arbeitstagen. Die Weiterentwicklung des Urlaubsanspruchs im öffentlichen Dienst wird sich jeweils in gleicher Weise auch auf dieses Arbeitsverhältnis auswirken. Den vollen Urlaubsanspruch erwirbt die Mitarbeiterin erstmals nach 6 Monaten.

                 

…       

        

10.     

Regelungen des [X.] gelten nur, sofern dies ausdrücklich im Vertrag vereinbart ist. Ansonsten gelten die gesetzlichen Bestimmungen.

        

…“    

        

3

Der [X.] regelte [X.]. in

        

„§ 15 

Regelmäßige Arbeitszeit.

        

(1)     

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38 ½ Stunden wöchentlich. …

        

§ 48a 

Zusatzurlaub für [X.], Schichtarbeit und Nachtarbeit.

        

(1)     

        
        

…       

        
                 

B. Für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände:

                 

Der Angestellte, der ständig [X.] (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6) zu leisten hat, sowie der Angestellte, der ständig Schichtarbeit (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 7) zu leisten hat, der nur deshalb nicht ständiger Wechselschichtangestellter ist, weil der Schichtplan eine Unterbrechung der Arbeit am Wochenende von höchstens 48 Stunden vorsieht, erhalten Zusatzurlaub.

        

…       

        
                 

§ 48 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

        

…       

        
        

(9)     

[X.] bemißt sich nach der bei demselben Arbeitgeber im vorangegangenen Kalenderjahr erbrachten Arbeitsleistung. Der Anspruch auf Zusatzurlaub entsteht mit Beginn des auf die Arbeitsleistung folgenden Urlaubsjahres.

        

…“    

        

4

Am 1. Oktober 2005 trat der [X.]. durch die [X.] ([X.]) und der [X.] ([X.]) geschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 ([X.]) in [X.]. Der Beklagte ordnete die Klägerin der [X.] 6 Stufe 6 der Anlage B ([X.]) zu § 15 [X.] zu. Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 31. März 2008 zum [X.] wurde [X.]. die tarifliche Vergütung rückwirkend zum 1. Jan[X.]r 2008 um einen Sockelbetrag von 50,00 Euro und um weitere 3,1 % erhöht. Zudem vereinbarten die Tarifvertragsparteien eine Anhebung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit für die Beschäftigten im Bereich der Kommunen mit Wirkung zum 1. Juli 2008 auf durchschnittlich 39 Wochenstunden.

5

Der [X.] enthält [X.]. folgende Bestimmungen:

        

„§ 6   

Regelmäßige Arbeitszeit.

        
        

(1)     

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen für

        
                 

…       

                          
                 

b)    

die Beschäftigten der Mitglieder eines Mitgliedverbandes der [X.] im [X.] durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich, im Tarifgebiet Ost durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich.

                 
        

…       

                 
        

§ 27   

Zusatzurlaub.

        

(1)     

Beschäftigte, die ständig [X.] nach § 7 Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten

                 

a)    

bei [X.] für je zwei zusammenhängende Monate und

                 

b)    

bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate

                 

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.

        

…       

        
        

Protokollerklärung zu den Absätzen 1 und 2:

                          
        

Der Anspruch auf Zusatzurlaub bemisst sich nach der abgeleisteten Schicht- oder [X.] und entsteht im laufenden Jahr, sobald die Voraussetzungen nach Absatz 1 oder 2 erfüllt sind. Für die Feststellung, ob ständige [X.] oder ständige Schichtarbeit vorliegt, ist eine Unterbrechung durch Arbeitsbefreiung, Freizeitausgleich, bezahlten Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit in den Grenzen des § 22 unschädlich.“

                          

6

Der Beklagte gab die Tariferhöhung an die Klägerin weiter und zahlte eine Grundvergütung in [X.]öhe von 2.407,39 Euro brutto. Er forderte die Klägerin auf, ab dem 1. Juli 2008 39 Wochenstunden zu arbeiten. Die Klägerin arbeitet vereinbarungsgemäß für die Dauer des Rechtsstreits 39 Stunden/Woche bei vollem Gehalt.

7

Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Auffassung vertreten, Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags enthalte eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf § 15 [X.], der auch nach Einführung des [X.] für das Arbeitsverhältnis weitergelte. Deshalb sei sie weiterhin nur zur Leistung von 38,5 Wochenstunden verpflichtet. Gemäß Ziff. 6 Satz 2 des Arbeitsvertrags stehe ihr wegen der ständig geleisteten Wechselschicht- und Schichtarbeit Zusatzurlaub nach § 27 Abs. 1 [X.] zu. Diese Tarifregelung sei eine „Weiterentwicklung“ des Urlaubsanspruchs im öffentlichen Dienst.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass ihr ab 1. August 2008 eine Grundvergütung in [X.]öhe von 2.407,39 Euro monatlich bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden zustehe;

        

2.    

festzustellen, dass ihr unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 TVöD ein Anspruch auf einen Zusatzurlaubstag bei [X.] bzw. bei Schichtarbeit zustehe.

9

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags die Ansicht vertreten, § 15 [X.] sei auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mehr anwendbar. Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erfasse die durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum [X.] vereinbarte Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit. Einen Anspruch der Klägerin auf den tariflichen Zusatzurlaub nach § 27 [X.] gewähre der Arbeitsvertrag nicht. Dessen Ziff. 6 regele nur den Erholungsurlaub. Ein Zusatzurlaub für Wechselschicht- oder Schichtarbeit sei auch bisher nicht gewährt worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin beträgt aufgrund des seit dem 1. Juli 2008 geltenden § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. [X.] in der Fassung des [X.] Nr. 2 zum [X.] 39 Stunden. Mit ihrer Regelung in Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags haben die Parteien nicht abschließend eine Arbeitszeitdauer von 38,5 Wochenstunden vereinbart. Dies ergibt eine ergänzende Auslegung ihres Arbeitsvertrags.

1. Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, nach der „es sich um eine Vollzeitstelle mit zur [X.] 38,5 Wochenstunden gem. [X.] (handelt)“, enthält eine dynamische Bezugnahme auf die Arbeitszeitregelungen des [X.], die jedoch den [X.] und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge zunächst nicht erfasst.

a) Die vom Beklagten vorformulierten und bei Abschluss des Vertrags von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB) in Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der [X.]. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten ([X.] 9. Juni 2010 - 5 [X.] - Rn. 14, [X.] 2011, 109; 19. Mai 2010 - 4 [X.] - Rn. 15, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 12, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden ([X.] 21. Januar 2010 - 10 [X.] - Rn. 12, [X.] § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 12 mwN, aaO).

b) Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags enthält eine zeitdynamische Bezugnahme auf die Arbeitszeitregelungen des [X.].

aa) In Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags haben die Parteien für die Arbeitszeitdauer an die für den öffentlichen Dienst im [X.] vereinbarten tariflichen Regelungen angeknüpft und sie zeitdynamisch ausgestaltet. Dies folgt aus dem Wortlaut und der Systematik der Vereinbarung. Bei dem Arbeitsverhältnis der Klägerin handelt es sich um eine Vollzeitstelle „mit zur [X.] 38,5 Wochenstunden gem. [X.]“. Die Dauer der Arbeitszeit soll sich mithin nach dem zum [X.]punkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags im öffentlichen Dienst bestehenden tariflichen Regelwerk [X.] in der jeweils gültigen Fassung richten. Die zeitliche Dynamik verdeutlicht die Formulierung „zur [X.]“. Der Beklagte wollte damit die auf der Basis des [X.] im öffentlichen Dienst geltende Dauer der Arbeitszeit auf das Arbeitsverhältnis anwenden und mögliche Entwicklungen des Arbeitszeitumfangs nachvollziehen. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des [X.], nach der Bezugnahmen des Arbeitsvertrags auf andere normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (13. November 2002 - 4 [X.] - zu [X.] 1 b bb der Gründe, [X.]E 103, 338; siehe auch 19. Mai 2010 - 4 [X.] - Rn. 17, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 11 ff., [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 9. Juni 2010 - 5 [X.] - Rn. 16, [X.] 2011, 109). Auch die Revision geht davon aus, dass die Bezugnahme - jedenfalls innerhalb des [X.] [X.] - dynamisch ist.

bb) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel ermöglicht nicht ohne Weiteres eine Inbezugnahme des [X.]. Der [X.] ist keine „gültige Fassung“ des [X.]. Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ist zeit-, nicht jedoch inhaltsdynamisch ausgestaltet (vgl. dazu [X.] 10. Juni 2009 - 4 [X.] - Rn. 38, [X.] § 157 Nr. 38; 19. Mai 2010 - 4 [X.] - Rn. 18, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 9. Juni 2010 - 5 [X.] - Rn. 17, [X.] 2011, 109). Es fehlt in dem Arbeitsvertrag der Parteien insoweit an dem im öffentlichen Dienst durchaus üblichen Zusatz, dass auch die den „[X.] ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen (vgl. dazu [X.] 10. Juni 2009 - 4 [X.] - Rn. 38; 9. Juni 2010 - 5 [X.] - Rn. 17, aaO).

2. Aufgrund einer erforderlichen ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrags richtet sich die Dauer der Arbeitszeit der Klägerin gleichwohl nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. [X.].

a) Durch die Ablösung des [X.] durch den [X.] ist eine nachträgliche Regelungslücke entstanden. Im kommunalen Bereich wurde der [X.] zum 1. Oktober 2005 durch den [X.] ersetzt (§ 2 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 [[X.]]). Durch diese Tarifsukzession ist die im Arbeitsvertrag zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den [X.] zu einer statischen geworden. Das Objekt der Bezugnahme wird von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt ([X.] 10. November 2010 - 5 [X.] - Rn. 17, [X.] 2011, 150; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Den [X.] weiterhin als Grundlage zur Bestimmung der Arbeitszeit zu betrachten, entspricht weder dem Wortlaut von Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags noch dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme. Es träte eine statische Fortgeltung der überholten tariflichen Rechtslage ein. Dieses von den Vertragsparteien offensichtlich nicht berücksichtigte Ergebnis aufgrund der nicht vorhergesehenen Entwicklung der Tarifpolitik entspricht erkennbar nicht ihrem Regelungswillen.

b) Die aus der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke war im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

aa) Dabei muss die Vertragsergänzung für den betroffenen Vertragstyp eine allgemeine Lösung zur Verfügung stellen, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach [X.] und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre ([X.] 10. November 2010 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.] 2011, 150; 9. Juni 2010 - 5 [X.] - Rn. 22, [X.] 2011, 109; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 22 mwN, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf die tarifliche Regelung der Arbeitszeitdauer lässt sich auf den Willen der Parteien schließen, die Dauer der Arbeitszeit nicht in einer bestimmten Höhe festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Dauer der Arbeitszeit der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien [X.] für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart. Ein unabhängig von der weiteren tariflichen Entwicklung fortbestehendes Festhalten an der Dauer der Arbeitszeit zum [X.]punkt der Tarifsukzession hätte nicht ihren Interessen entsprochen (vgl. zur Frage der Vergütungshöhe [X.] 10. November 2010 - 5 [X.] - Rn. 20, [X.] 2011, 150; 19. Mai 2010 - 4 [X.] - Rn. 25, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 23, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

cc) Die Parteien haben sich auch mit der dynamischen Bezugnahme auf die Dauer der Arbeitszeit für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der [X.] wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein, als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf [X.] werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den [X.] reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten (vgl. [X.] 10. November 2010 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.] 2011, 150; 16. Dezember 2009 - 5 [X.] - Rn. 24, [X.] § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

c) Danach finden die Regelungen zur Dauer der Arbeitszeit nach dem [X.]/[X.] in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Als redliche Vertragsparteien hätten die Parteien, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass der arbeitsvertraglich in Bezug genommene [X.] durch andere [X.] ersetzt werden könnte, sich für das Tarifwerk entschieden, das dem [X.] entspricht oder ihm am nächsten kommt. Dies ist der [X.] in der Fassung des [X.]. Insbesondere aus Ziff. 4 des Arbeitsvertrags, nach der sich die Höhe der Vergütung nach der [X.]. V[X.] des Vergütungstarifvertrags zum Bundes-Angestelltentarifvertrag der Gemeinden in der jeweils gültigen Fassung richtet, kann dies geschlossen werden. Dementsprechend ist die durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum [X.] eingetretene Erhöhung der tariflichen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden auf 39 Wochenstunden für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgeblich.

3. Die Bezugnahmeklausel in Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

a) Ziff. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags enthält weder der äußeren Form nach noch wegen der inhaltlichen Gestaltung eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument verbreitet, ihre Aufnahme in [X.] ist nicht überraschend ([X.] 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 20 mwN, [X.]E 128, 73). Dies gilt nicht nur, wenn arbeitsvertraglich auf ein Tarifwerk insgesamt Bezug genommen wird, sondern auch, wenn die Parteien nur für einen Regelungsgegenstand, wie der Dauer der Arbeitszeit, auf ein Tarifwerk verweisen. Im privaten Pflegebereich ist die Anwendung von Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes durchaus verbreitet.

b) Auf die fehlende Möglichkeit des Arbeitnehmers, bei Vertragsschluss von den für ihn (künftig) geltenden Tarifverträgen inhaltlich Kenntnis zu nehmen, kommt es für die Einbeziehung der Tarifverträge durch eine arbeitsvertragliche [X.] nicht an. § 305 Abs. 2 BGB findet bei der Kontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen im Arbeitsrecht keine Anwendung (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Eine analoge Anwendung der Regelung scheidet aufgrund der klaren gesetzgeberischen Entscheidung aus ([X.] 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 19, [X.]E 128, 73; 14. März 2007 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.]E 122, 12).

c) Die Bezugnahmeklausel ist nicht mehrdeutig iSd. § 305c Abs. 2 BGB. Bei Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsmethoden bestehen im [X.] keine erheblichen Zweifel (vgl. Senat 25. August 2010 - 10 [X.]/09 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 10. Dezember 2008 - 10 [X.] - Rn. 15, [X.] § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

d) Die Bezugnahme auf eine andere tarifliche Regelung der Arbeitszeit hält auch der Inhaltskontrolle stand.

aa) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, sind gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot unwirksam. Dieser eingeschränkten Kontrolle unterliegen Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistungen festlegen. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt ([X.] 14. März 2007 - 5 [X.] - Rn. 24, [X.]E 122, 12; 31. August 2005 - 5 [X.] - Rn. 44, [X.]E 115, 373; vgl. auch 22. Juli 2010 - 6 [X.] - Rn. 17, [X.] § 611 Kirchendienst Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 15). Der inhaltlichen Überprüfung entzogen ist der Bereich der [X.], ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen [X.] ein wirksamer Vertrag nicht angenommen werden kann ([X.] 14. März 2007 - 5 [X.] - Rn. 24, aaO). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, über die §§ 305 ff. BGB den „gerechten Preis“ zu ermitteln ([X.] 31. August 2005 - 5 [X.] - Rn. 44, aaO). Demgegenüber sind Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, inhaltlich zu kontrollieren ([X.] 27. Juli 2005 - 7 [X.] - Rn. 44, [X.]E 115, 274; 7. Dezember 2005 - 5 [X.] - Rn. 34, [X.]E 116, 267). Sie weichen von dem allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) ab. Jeder Vertrag und die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen sind für jede Seite bindend ([X.] 7. Dezember 2005 - 5 [X.] - Rn. 34, aaO; 12. Januar 2005 - 5 [X.] [X.] 4 a der Gründe, [X.]E 113, 140).

bb) Mit der Verweisung auf die für Angestellte der kommunalen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes geltende Arbeitszeit haben die Parteien die von der Klägerin zu erbringende Hauptleistungspflicht ausgestaltet. Diese betrifft nicht nur die im [X.]punkt des Vertragsschlusses geltende Arbeitszeit, sondern auch die infolge der [X.] modifizierte Dauer der Arbeitszeit. Das durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme bestimmte Hauptleistungsversprechen wird nicht dadurch näher kontrollfähig, dass die Parteien die „jeweils“ gültigen Arbeitszeitbestimmungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes in Bezug genommen haben. Der Regelungsgehalt einer Bezugnahmeklausel beschränkt sich auf die dynamische Verweisung als solche. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses wird demgegenüber durch die Regelungen des Bezugnahmeobjekts bestimmt. Eine Abweichung von Rechtsvorschriften kann sich daher nur aus den in Bezug genommenen Regelungen, nicht jedoch aus der [X.] selbst ergeben ([X.] 21. Oktober 2009 - 4 [X.] - Rn. 37; 10. Dezember 2008 - 4 [X.] - Rn. 43 ff., [X.]E 129, 1). Die in der Vereinbarung enthaltene Dynamik entspricht aber dem beiderseitigen Willen der Parteien zum Inhalt der Hauptleistungspflicht. Mit einer entsprechenden Verweisung steht der Umfang der vertraglichen Arbeitspflicht zwischen den Parteien fest. Der Umfang der Arbeitszeit steht nicht zur freien Disposition des Arbeitgebers, sondern ist an die Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien gebunden (vgl. [X.] 14. März 2007 - 5 [X.] - Rn. 25, [X.]E 122, 12).

e) Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB steht der Wirksamkeit der Vereinbarung der Parteien nicht entgegen. Die von ihnen vereinbarte Geltung der jeweils gültigen tariflichen Arbeitszeit von Angestellten kommunaler Arbeitgeber im öffentlichen Dienst ist weder unklar noch unverständlich.

aa) Eine Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerks ist grundsätzlich zulässig. Sie führt nicht zur Intransparenz, solange sich für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume eröffnen ([X.] 21. Oktober 2009 - 4 [X.] - Rn. 33; 14. März 2007 - 5 [X.] - Rn. 27, [X.]E 122, 12).

bb) Die Regelung ist wegen ihrer dynamischen Ausgestaltung nicht unverständlich. Dynamische Bezugnahmeklauseln sind üblich. Wegen der [X.] der Arbeitsverhältnisse dienen sie den Interessen beider Parteien. Es ist ausreichend, wenn die im [X.]punkt der jeweiligen Anwendung in Bezug genommenen tariflichen Regelungen bestimmbar sind ([X.] 21. Oktober 2009 - 4 [X.] - Rn. 34; 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 31, [X.]E 128, 73; 14. März 2007 - 5 [X.] - Rn. 29, [X.]E 122, 12), was für die in Bezug genommene tarifliche Regelung zur Dauer der Arbeitszeit ohne Weiteres anzunehmen ist.

II. Der Klägerin steht für ihre ständige Wechselschicht- oder Schichtarbeit kein Anspruch auf Zusatzurlaub gemäß § 27 Abs. 1 [X.] zu. Die Tarifnorm findet weder aufgrund von Ziff. 6 Satz 2 des Arbeitsvertrags noch wegen einer betrieblichen Übung Anwendung.

1. Ziff. 6 des Arbeitsvertrags erfasst den Zusatzurlaub für Wechselschicht- oder Schichtarbeit nicht.

a) Nach Ziff. 6 Satz 2 des Arbeitsvertrags soll sich die Weiterentwicklung des Urlaubsanspruchs im öffentlichen Dienst jeweils in gleicher Weise auch auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin auswirken. Diese Dynamisierung des Urlaubsanspruchs bezieht sich ausschließlich auf den Anspruch auf Erholungsurlaub. Dies belegt mit einer die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB ausschließenden Deutlichkeit die systematische Stellung der [X.] im Rahmen der Ziff. 6 des Arbeitsvertrags.

b) Satz 1 dieser Vertragsklausel legt die Höhe des [X.] fest. Die Klägerin hat einen Jahresurlaub von 29 Arbeitstagen erhalten. Dies entsprach der Dauer des jährlichen tariflichen Erholungsurlaubs eines Angestellten in den [X.]. [X.] bis X bis zum vollendeten 40. Lebensjahr nach § 48 Abs. 1 [X.]. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin bei Vertragsbeginn. Die vereinbarte Höhe der Vergütung der Klägerin, die bei ihrer Einstellung 35 Jahre alt war, richtete sich nach der [X.]. V[X.] des Vergütungstarifvertrags zum [X.]/[X.].

c) Satz 3 der Vertragsklausel regelt die Wartezeit des Erholungsurlaubs. Diese ergab sich bei Vertragsschluss aus § 48 Abs. 3 [X.] iVm. § 4 BUrlG. Die im [X.]punkt des Vertragsschlusses geltende Tarifregelung für den Zusatzurlaub bei [X.] (§ 48a [X.]) sah hingegen keine Wartezeit vor. Gemäß § 48a Abs. 9 [X.] bemaß sich der Zusatzurlaub nach der bei demselben Arbeitgeber im vorangegangenen Kalenderjahr erbrachten Arbeitsleistung. Der Anspruch auf Zusatzurlaub entstand erst mit Beginn des auf die Arbeitsleistung folgenden Urlaubsjahres.

d) Beziehen sich somit die Sätze 1 und 3 der Vertragsklausel ausschließlich auf den Erholungsurlaub und lassen sich auch keine weiteren Anhaltspunkte im Vertragswerk dafür finden, Ziff. 6 Satz 2 des Arbeitsvertrags habe eine überschießende, sämtliche Formen des tariflichen Urlaubs erfassende Bedeutung, so rechtfertigt dies den Schluss, dass der den Zusatzurlaub betreffende § 27 Abs. 1 [X.] nicht von der Vertragsklausel erfasst wird.

2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Gewährung von Zusatzurlaub für ständige Wechselschicht- oder ständige Schichtarbeit aufgrund einer betrieblichen Übung zu. Eine anspruchsbegründende, regelmäßig wiederholende Verhaltensweise des Beklagten hat das [X.] nicht festgestellt.

[X.]. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    [X.]    

        

    Eylert    

        

        

        

    Beck    

        

    Alex    

                 

Meta

10 AZR 831/09

23.03.2011

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamm, 24. März 2009, Az: 1 Ca 2268/08, Urteil

§ 6 Abs 1 S 1 Buchst b TVöD, § 27 Abs 1 TVöD, § 305 Abs 1 BGB, § 305c Abs 1 BGB, § 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 3 BGB, § 310 Abs 4 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.03.2011, Az. 10 AZR 831/09 (REWIS RS 2011, 8388)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8388


Verfahrensgang

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Az. 10 AZR 831/09

Bundesarbeitsgericht, 10 AZR 831/09, 23.03.2011.


Az. 1 Ca 2268/08

Arbeitsgericht Hamm, 1 Ca 2268/08, 24.03.2009.


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