Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2003, Az. I ZR 184/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 742

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:13. November 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: jaMID[X.]/[X.][X.] § 14 Abs. 2 Nr. 2Der Verkehr hat keinen Anlaß, die u.a. für Waren und Dienstleistungen auf [X.] eingetragene Marke "[X.]" zergliedert wie"med" "[X.]" auszusprechen und in einem sich hieraus ergebenden Sinn zu [X.].[X.], [X.]. v. 13. November 2003 - [X.]/01 - [X.] LG [X.]- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 13. November 2003 durch [X.] Dr. Ullmannund [X.], [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des [X.] desOberlandesgerichts [X.] vom 31. Mai 2001 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Klägerin ist Inhaberin der mit [X.] vom 22. Juli 1981 für [X.] u.a. auf dem Gebiet der Datenverar-beitung eingetragenen Wortmarke "MID[X.]".Die Beklagte ist Inhaberin der am 19. Dezember 1994 angemeldetenMarke "[X.]", die ebenfalls für eine Vielzahl von Waren und [X.]. auf dem Gebiet der Datenverarbeitung Schutz genießt.Die Klägerin sieht in der Verwendung der Marke "[X.]" durch die [X.] eine Verletzung ihrer Rechte an der Marke "MID[X.]". Sie hat diese daherauf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzver-pflichtung sowie auf Einwilligung in die teilweise Löschung der Marke "[X.]"in Anspruch genommen.Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, [X.] bestehe. Außerdem hat sie eine ernsthafte Benut-zung der Klagemarke in den letzten fünf Jahren vor der Geltendmachung [X.] in Abrede gestellt.Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz erfolgreiche Klage abge-wiesen ([X.] OLG-Rep 2001, 451).Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgtdie Klägerin ihre [X.] 4 -Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen, [X.] an einer [X.] zwischen der Klagemarke und dem [X.] Beklagten fehle. Hierzu hat es ausgeführt:In klanglicher Hinsicht unterschieden sich die beiden [X.] zwar nochnicht maßgeblich im Hinblick auf ihre abweichenden Vokale, da diese nahezugleich ausgesprochen würden, wohl aber in Betonung, Aussprache und Klang-rhythmus. "MID[X.]" werde auf der ersten Silbe betont und in zwei Silben ingleichmäßig fließender Sprache gesprochen, "[X.]" dagegen abgehackt undzergliedernd wie zwei getrennte Wörter, wobei nach der ersten Silbe "med" einegewisse Pause gemacht und die zweite Silbe "[X.]" sodann mit gleich [X.] ausgesprochen werde. Diese abgehackte Sprechweise werde nichtnur durch die nach der klein geschriebenen ersten Silbe "med" folgende Groß-schreibung der Silbe "[X.]" herausgefordert, sondern ergebe sich vor allem [X.], daß die angesprochenen Verkehrskreise mit der ersten Silbe den Sinnge-halt "medizinisch" und mit der zweiten Silbe den Sinngehalt "Spitzenleistung"verbänden. Außerdem schließe dieser keinen vorausgehenden kompliziertenDenkvorgang erfordernde, sondern auch beim flüchtigen Hören und Sehen so-fort erfaßte Sinngehalt der Marke der Beklagten die [X.] mit [X.] aus. Die Marke "MID[X.]" werde nämlich entweder als Kunstwortohne eigenen Sinngehalt oder, soweit in ihr der Name eines Königs [X.], in einem deutlich anderen Sinn als "[X.]" verstanden.Eine [X.] sei auch angesichts der Produktnähe bzw.Produktidentität sowie der von beiden [X.] angesprochenen [X.] 5 -zu verneinen. Abnehmer der Waren und Dienstleistungen seien [X.], die es regelmäßig gewohnt seien, sorgfältiger zu [X.], und die daher zumeist auch verhältnismäßig kleine Unterschiede bei [X.] beachteten. Dies gelte insbesondere dann, wenn es sich,wie im Streitfall, um hochwertige Produkte und Leistungen handele, die in [X.] nach längerfristiger Überlegung und zumeist nach einer fachkundigenBeratung erworben würden.Eine starke Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei nicht ersichtlichund von der Klägerin auch nicht dargetan, weshalb von allenfalls normalerKennzeichnungskraft auszugehen sei. Damit bedürfe es zur Verneinung [X.] keiner deutlichen Abweichung.I[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung [X.]. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß eine Ver-wechslungsgefahr nicht gegeben ist.1. Die Beurteilung der markenrechtlichen [X.] i.S. des§ 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist, wie das Berufungsgericht im [X.] zugrunde gelegt hat, unter Berücksichtigung aller Umstände des [X.] vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in [X.] zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der [X.] und derÄhnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungs-kraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der [X.] einen höheren Grad der Ähnlichkeit der [X.] oder durch eine erhöhteKennzeichnungskraft der Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st.[X.]pr.; vgl. [X.]Z 153, 131, 141 - Abschlußstück, m.w.[X.] 6 -2. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist von teilweiserIdentität und ansonsten von großer Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren [X.] auszugehen. Folglich ist, wie das Berufungsgericht nicht ver-kannt hat, bei der Beurteilung der [X.] zwischen der Klage-marke und der von der Beklagten benutzten und zur Eintragung gebrachtenMarke ein strenger Maßstab anzulegen.3. Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz auch zutreffend davonausgegangen, daß es für die Beurteilung der [X.]ähnlichkeit darauf an-kommt, ob die sich gegenüberstehenden [X.] nach ihrem Gesamteindruckvon den beteiligten Verkehrskreisen als ähnlich angesehen werden, wobei eine[X.]ähnlichkeit in klanglicher, bildlicher oder begrifflicher Hinsicht vorliegenkann. [X.] ist jedoch seine Beurteilung, insoweit fehle im Streitfalleine hinreichende [X.]ähnlichkeit. Die [X.] der beiden [X.] in klanglicher Hinsicht kann nicht verneint werden.a) Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung der Frage, inwieweit inklanglicher Hinsicht [X.] besteht, erfahrungswidrig angenom-men, daß das Zeichen der Beklagten im Unterschied zur Klagemarke abge-hackt und zergliedert in "med" und "[X.]" ausgesprochen werde. Für ein solchesVerständnis fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Die Waren und Dienstleistun-gen, für welche die Marke der Beklagten Schutz genießt, liegen im [X.] auf dem Gebiet der Datenverarbeitung, ohne einen Bezug zum medizini-schen Bereich aufzuweisen. Der Verkehr hat deshalb keinen Anlaß, die bei-spielsweise auf einer Diskette angebrachte Marke "[X.]" mit Medizin in [X.] zu bringen. Zwar enthält die angegriffene Marke in ihrem Waren- [X.] die Angabe "alle vorgenannten Waren auch in [X.] mit ärztlichen und zahnärztlichen Instrumenten und Apparaten". [X.] -liegt jedoch keine Beschränkung auf den medizinischen Bereich. Bei diesemweit gefaßten Waren- und Dienstleistungsbereich liegt die Annahme fern, [X.] werde in maßgeblichem Umfang die angegriffene Bezeichnung in [X.] Berufungsgericht dargestellten Weise aussprechen. Dies gilt um so mehrdeshalb, weil die besondere Schreibweise, die das Berufungsgericht als [X.] diese Ausspracheart heranzieht, dem Verkehr nicht stets vor Augen steht.Außerdem nimmt der Verkehr [X.] erfahrungsgemäß so auf, wie sie ihminsgesamt entgegentreten, und neigt daher nicht zu einer Analyse möglicherBestandteile und Begriffsbedeutungen (vgl. [X.], [X.]. v. 14.10.1999- [X.]/97, [X.], 605, 606 = [X.], 525 - comtes/[X.]; [X.]. v.20.12.2001 - [X.], [X.], 342, 343 = [X.], 326- [X.]TRA/[X.]; vgl. auch [X.], [X.]. v. 11.11.1997 - [X.]. [X.]/95,GRUR 1998, 387, 390 [X.]. 23 = [X.], 39 - Sabèl/[X.]; [X.]. v. 22.6.1999- [X.]. [X.]/97, [X.]. 1999, 734, 736 [X.]. 25 = [X.], 806 - [X.]).Die Beurteilung des Berufungsgerichts wird auch nicht von seinen Erwä-gungen getragen, für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen inter-essierten sich im wesentlichen Gewerbetreibende und Freiberufler, welche - sodie Revisionserwiderung - auch verhältnismäßig kleine Unterschiede in [X.] beachten und zudem Waren oder Dienstleistungen in der Regel erstnach längerfristiger Überlegung und fachmännischer Beratung erwerben wür-den. Die Prüfung der [X.] hat aus der Sicht des durchschnitt-lich aufmerksamen, informierten und verständigen Durchschnittsverbraucherszu erfolgen ([X.] GRUR 1998, 387, 390 [X.]. 23 - Sabèl/[X.]; [X.].1999, 734, 736 [X.]. 25 - [X.]; [X.]Z 153, 131, 139 - Abschlußstück, m.w.N.).Anhaltspunkte dafür, daß sich die von den hier in Rede stehenden Waren [X.] angesprochenen Verbraucher mit einer davon abweichenden- 8 -Grundhaltung im Geschäftsverkehr bewegen, hat das Berufungsgericht bei sei-nen eher theoretischen Erwägungen nicht angeführt.Das Berufungsgericht hätte daher jedenfalls in maßgeblichem Umfangauch von der flüssigen Aussprache der [X.] der angegriffenen [X.] ausgehen und dementsprechend eine [X.]ähnlichkeit hohen Gradeszugrunde legen müssen. Zutreffend hatte nämlich schon das [X.] an Übereinstimmungen im klanglichen Bereich zwischen den [X.] Bezeichnungen festgestellt. Danach kann eine Ver-wechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht nicht verneint werden.b) Entgegen der vom Berufungsgericht vorgenommenen Beurteilung istdie Verneinung der [X.]ähnlichkeit im Streitfall auch nicht deshalb gerecht-fertigt, weil diese etwa durch den Sinngehalt der angegriffenen [X.] werde. Eine nach dem Bild und/oder dem Klang zu bejahende[X.] scheidet nur dann ausnahmsweise aus, wenn dem einenoder auch beiden Zeichen ein ohne weiteres erkennbarer konkreter Begriffsin-halt zukommt (vgl. [X.], [X.]. v. 10.10.1991 - I ZR 136/89, [X.], 130,132 = [X.], 96 - [X.]/[X.]; [X.]. v. 10.12.1992 - I ZR 19/91, [X.] 1993,694, 697 - [X.]; [X.] [X.], 605, 607 - comtes/[X.]; [X.],[X.]. v. 28.8.2003 - I ZR 9/01, [X.] 2003, 1436, 1438 - [X.]). Die insoweit er-forderlichen tatsächlichen Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Dieangegriffene Bezeichnung weist entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts keinen für jedermann verständlichen Sinngehalt auf. Das folgt schon [X.], daß sich der vom Berufungsgericht ermittelte Sinngehalt erst nach analyti-scher Betrachtung ergibt, wobei nach der allgemeinen Lebenserfahrung insbe-sondere das Erkennen der Buchstabenfolge "[X.]" - im übertragenen Sinn - [X.] nicht einfach vorausgesetzt werden [X.] 9 -Ebensowenig trägt die vom Berufungsgericht ferner angestellte Erwä-gung, der Verkehr werde in der Klagemarke den Namen des minoischen [X.] erkennen, so daß dieser Sinngehalt den Grad der [X.]ähnlichkeitmindere oder sogar aufhebe. Die Annahme einer derartigen Bekanntheit [X.] "[X.]" widerspricht der allgemeinen [X.] Wenn, wie im Streitfall, Waren- und Dienstleistungsidentität bzw.hochgradige Ähnlichkeit und darüber hinaus ein hoher Grad an [X.]ähnlich-keit gegeben ist, reicht eine auch nur durchschnittliche Kennzeichnungskraft,die der Klagemarke als einer Fantasiebezeichnung jedenfalls zugesprochenwerden muß, zur Bejahung einer [X.] aus.II[X.] Danach konnte das angefochtene [X.]eil keinen Bestand haben [X.] deshalb aufzuheben. Die Sache war zur anderweiten Verhandlung [X.], auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen.- 10 -Dieses wird der von ihm bislang - von seinem Standpunkt aus folgerich-tig - noch nicht geprüften Frage nachzugehen haben, ob die Klägerin, wie [X.] auch in der Berufungsinstanz in Abrede gestellt hat, die Klagemarkeinnerhalb der letzten fünf Jahre rechtserhaltend benutzt hat.Ullmann[X.][X.]BüscherSchaffert

Meta

I ZR 184/01

13.11.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2003, Az. I ZR 184/01 (REWIS RS 2003, 742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 742

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