Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2010, Az. VII ZR 82/09

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 1838

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 82/09
vom 28. Oktober 2010 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 28. Oktober 2010 durch [X.] Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.] Eick und [X.] beschlossen: Der Beschwerde des [X.] wird stattgegeben. Das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 9. April 2009 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufge-hoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 33.740,89 • Gründe: [X.] Der Kläger ist der Geschäftsführer der Dr. B. [X.] GmbH (in Zukunft: [X.] GmbH). Er nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht der [X.] GmbH wegen mangelhafter Bauleistungen auf Schadensersatz in Höhe der Kosten der [X.] und hilfsweise auf Kostenvorschuss in gleicher Höhe in [X.]. Die [X.] GmbH schloss mit der Beklagten 1996 einen Vertrag über Roh-bauarbeiten am Neubau eines Doppelhauses in [X.] Nach Abnahme der [X.] - 3 - leistung der Beklagten im Juni 1996 veräußerte die [X.] GmbH eine der beiden Doppelhaushälften an die Eheleute [X.] 2 Die Erwerber der anderen Haushälfte rügten 1998 [X.] im [X.]geschoss. In dem vom Kläger gegen die Beklagte deswegen eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren stellte der Sachverständige das Vorliegen von Mängeln an der Bauwerksabdichtung im [X.] und der Drainage fest. Da beide Doppelhaushälften baugleich waren, forderte der Kläger die Beklagte nach Abtretung der Gewährleistungsansprüche an ihn unter Fristset-zung erfolglos auf, Arbeiten zur Beseitigung der Mängel an der Bauwerksab-dichtung und der Drainage vorzunehmen. Mit Antrag vom 28. August 2000 [X.] der Kläger die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens wegen der Mängel an der Bauwerksabdichtung und der Drainage der Doppel-haushälfte der Eheleute [X.] Auch in diesem Verfahren kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, die [X.]wände seien mangelhaft abgedichtet und die [X.] nicht fachgerecht eingebracht worden. 3 Der Kläger vereinbarte mit den Eheleuten [X.] am 3. Dezember 2002, dass er auf die Einrede der Verjährung ihrer Gewährleistungsansprüche gegen ihn bis zum 2. Dezember 2003 verzichte, vorausgesetzt, die Verjährung sei bis zum 3. Dezember 2002 noch nicht eingetreten. Zudem übergab er zur Sicher-heit eine von der Beklagten gestellte Bankbürgschaft. Im Gegenzug erklärte sich das Ehepaar [X.] bereit, seine Mängelbeseitigungsansprüche zunächst nicht klageweise geltend zu machen. 4 Das [X.] hat der am 26. Oktober 2004 erhobenen Zahlungsklage auf den Hilfsantrag zur Zahlung von Kostenvorschuss in Höhe von 34.634,79 • stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert 5 - 4 - und die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 893,90 • [X.] und im Übrigen die Klage abgewiesen und die weitergehenden Rechtsmittel zurückgewiesen. Der Kläger will mit der Revision, deren Zulassung er begehrt, seinen Klageantrag weiterverfolgen. I[X.] Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Rechts des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs. 6 1. Das Berufungsgericht bejaht die geltend gemachten Mängel der Werk-leistung, meint jedoch, über den zugesprochenen Betrag von 893,90 • hinaus stünde dem Kläger kein Schadensersatzanspruch zu. Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung nach § 242 BGB sei zu berücksichtigen, dass die [X.] [X.] bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts keine Mängelbeseiti-gungsansprüche gegen den Kläger geltend gemacht hätten und solche auch zwischenzeitlich verjährt seien (Bezugnahme auf [X.], Urteil vom 28. Juni 2007 - [X.] ZR 81/06, [X.]Z 173, 83). Der Kläger habe nur bis zum 2. Dezember 2003 auf die [X.] verzichtet. Aus der nachfolgenden Korrespondenz sei lediglich ersichtlich, dass die Mängel im [X.]geschoss thematisiert worden seien, alle möglichen Ansprüche der Käufer wegen dieser Mängel seien jedoch mangels Geltendmachung endgültig verjährt. Unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB sei der Kläger auch gehalten, die Einrede der Verjährung gegenüber möglichen Ansprüchen der Käufer zu erheben. 7 - 5 - 2. Das Berufungsgericht hat gegen den Anspruch des [X.] auf recht-liches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, verstoßen. Es hat entscheidungserheblichen Vortrag des [X.] zur Hemmung der Verjährung übergangen. 8 9 a) Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör liegt bei einem Umstand vor, aus dem sich klar ergibt, dass das Gericht nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, entscheidungserhebliche Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine rechtlichen Erwägungen einzubeziehen. Ein solcher Umstand ist gegeben, wenn das Gericht zu einer Frage, die für das Ver-fahren von zentraler Bedeutung ist, trotz entsprechenden Parteivortrages in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt (vgl. [X.], NJW-RR 1995, 1033). b) So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat die Verjährung der Gewährleistungsansprüche der Doppelhauserwerber [X.] bejaht, ohne zu dem umfangreichen Vortrag des [X.] Stellung zu nehmen, der die Hemmung der Verjährung der Ansprüche der Eheleute [X.] gegen den Kläger begründen kann. Der Kläger hat insbesondere vorgebracht, dass er das im August 2000 eingelei-tete selbständige Beweisverfahren wegen der Baumängel an der [X.] der Erwerber [X.] in ausdrücklicher Absprache mit diesen durchgeführt [X.]. In der Folgezeit hätten zwischen dem Kläger und den Eheleuten [X.] stets Verhandlungen geschwebt, die einerseits die Eheleute [X.] von der Erhebung einer kostenträchtigen Klage abhalten und andererseits die Gewährleistungs-verpflichtung des [X.] beinhalten sollten. So hätten die Eheleute [X.] mehr-fach beim Kläger nachgefragt, wann mit der Beseitigung der Mängel an der [X.] und der Drainage zu rechnen sei. Der Kläger habe den Eheleuten [X.] die Bankbürgschaft der Beklagten zur Sicherheit übergeben und sie mehr-fach über den Stand des Rechtsstreits mit der Beklagten unterrichtet. Des wei-teren hat der Kläger vorgetragen, dass zwischen 1999 und 2009 verschiedene 10 - 6 - Telefonate und persönliche Gespräche jeweils mit dem Ziel geführt worden [X.], die Eheleute [X.] von der Erhebung einer weiteren Klage abzuhalten, um [X.] unnötigen Kosten entstehen zu lassen, wobei bei all diesen Gesprächen klar gewesen sei, dass am Ende des vorliegenden Verfahrens sich der Kläger mit den Eheleuten [X.] über die vorhandenen Mängel auseinandersetzen müsse. Diesen Sachvortrag hat der Kläger teilweise durch Vorlage von Schriftverkehr belegt und darüber hinaus Beweis durch Einvernahme des Zeugen [X.] angebo-ten. Das Berufungsgericht hat sich lediglich mit den Schreiben vom 15. [X.] 2005 und 15. Februar 2009 befasst und den übrigen Vortrag nicht gewürdigt. Dieser Vortrag war von zentraler Bedeutung für das Verfahren, denn er sollte die Hemmung der Verjährung der Ansprüche der Eheleute [X.] gegen die [X.] GmbH belegen. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Kläger die vorgenannten Einzelheiten vorgetragen, wobei keine Rolle spielt, dass er die Hemmung der Verjährung aus § 202 BGB a.[X.] herleiten wollte. Das Berufungsgericht war gehalten, den Vortrag auch unter dem sich aufdrängenden Gesichtspunkt der Hemmung der Verjährung nach § 639 Abs. 2 BGB a.[X.] und § 203 BGB n.[X.] zu würdigen. 11 c) Der Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör ist entschei-dungserheblich. Auf der Grundlage des Vortrags des [X.] kommt eine Hemmung der Verjährung nach § 639 Abs. 2 BGB a.[X.] und § 203 BGB n.[X.] we-gen zwischen dem Kläger und dem Ehepaar [X.] schwebender Verhandlungen über deren Gewährleistungsansprüche in Betracht. Der Begriff der Verhandlung ist weit auszulegen ([X.], Urteil vom 26. Oktober 2006 - [X.] ZR 194/05, [X.], 380, 381 = NZBau 2007, 184 = [X.] 2007, 142, 143). Danach [X.] für ein Verhandeln jeder Meinungsaustausch, der zwischen dem Berech-tigten und dem Verpflichteten über den Schadensfall stattfindet, sofern der 12 - 7 - Schuldner nicht von vornherein jeden Ersatz sofort und eindeutig ablehnt. [X.] als die Beschwerdeerwiderung meint, beschränkt sich der Vortrag des [X.] nicht auf Verhandlungen bis zum Ende des Beweisverfahrens oder bis zum 2. Dezember 2003. Aus dem entgegen der Auffassung der Beschwerdeer-widerung ausreichend substantiierten Vortrag des [X.] ergibt sich vielmehr, dass er den Eheleuten [X.] fortwährend bis zum [X.] ("während all dieser Jahrefi) zu erkennen gegeben hat, dass er die Verhandlungen über seine von ihm nicht in Abrede gestellte Pflicht zur Mängelbeseitigung jedenfalls bis zum Abschluss des Verfahrens mit der Beklagten fortführen wollte. Diese waren [X.] einverstanden. Damit lagen während des gesamten [X.]raums bis zur Ent-scheidung des Berufungsgerichts Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB vor. Denn es reicht aus, dass der Kläger und die Eheleute [X.] in fortlaufendem [X.] über die Mängelbeseitigungspflicht des [X.] waren. Dass es zwischenzeitlich längere [X.]räume gegeben hat, in denen der Kläger und die Eheleute [X.] keinen Kontakt hatten, ist möglicherweise auf den Umstand zurückzuführen, dass der Prozess gegen die Beklagte noch fortdauerte und hindert nicht die Annahme, dass die Verhandlungen auch während dieser [X.] weder eingeschlafen noch gescheitert waren. Der Beschwerdeerwiderung kann auch nicht darin gefolgt werden, dass es auf die Frage der Verjährung schon deshalb nicht ankomme, weil der Kläger der Beklagten zwischenzeitlich im Jahre 2001 ein Nachbesserungsrecht einge-räumt habe und diese bereit sei, die Nachbesserung vorzunehmen. Das [X.] ist jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte mit ihrem Nachbesserungsrecht ausgeschlossen ist. Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 634 Abs. 1 BGB a.[X.] ist entbehrlich. Dass die Beklagte nicht ernsthaft bereit ist, die Mängel zu beseitigen, ergibt sich schon daraus, dass sie diese in den vergangenen neun Jahren nicht vorgenommen hat. Dass der Kläger die Mängelbeseitigung nicht zugelassen hätte, hat die [X.] - 8 - schwerdeerwiderung in ihrer Gegenrüge nicht ausgeführt. Zudem hat die [X.] die Einrede der Verjährung der gegen sie gerichteten Ansprüche erho-ben, womit sie ebenfalls deutlich gemacht hat, dass sie zu einer Gewährleistung nicht mehr bereit ist (vgl. [X.], Urteil vom 5. Dezember 2002 - [X.] ZR 360/01, [X.], 386 = NZBau 2003, 149 = [X.] 2003, 253) . 14 Es kann danach nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsge-richt unter Berücksichtigung des Parteivortrags des [X.] unter dem Ge-sichtspunkt der Hemmung der Verjährung der Gewährleistungsansprüche der Eheleute [X.] zu einer anderen Beurteilung der Vorteilsausgleichung gekommen wäre. Das Berufungsurteil war daher gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. [X.] [X.] [X.] Eick [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.]O[X.], Entscheidung vom [X.] - 10 U 264/07 -

Meta

VII ZR 82/09

28.10.2010

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2010, Az. VII ZR 82/09 (REWIS RS 2010, 1838)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1838

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