Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.09.2018, Az. II B 13/18

2. Senat | REWIS RS 2018, 3452

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Gegenstand

Erbschaftsteuer - Bewertung erbbaurechtsbelasteter Grundstücke


Leitsatz

1. NV: § 23 ErbStG ist auf den Erwerb erbbaurechtsbelasteter Grundstücke nicht anwendbar (Fortsetzung der Senatsrechtsprechung).

2. NV: Mit Einwänden gegen die Rechtmäßigkeit eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts kann der Erbschaftsteuerbescheid als Folgebescheid nicht erfolgreich angegriffen werden.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 11. Dezember 2017 14 K 14208/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Alleinerbin nach ihrem am 24. Dezember 2014 verstorbenen [X.]hemann ([X.]). Dieser war Alleinerbe nach seinem am 23. Mai 2009 verstorbenen Bruder (B). Zu dessen Nachlass gehörten zwei mit einem [X.]rbbaurecht zugunsten Dritter belastete Grundstücke, die jeweils bebaut waren. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) setzte nach zweimaligen Änderungen unter Berufung auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung ([X.]) wegen gesonderter Feststellungen der [X.] die [X.]rbschaftsteuer gegenüber [X.] auf 81.420 € fest. Der [X.]inspruch sowie der nach dem Tode des [X.] von der Klägerin gestellte Antrag nach § 163 [X.] und der [X.]inspruch hiergegen blieben erfolglos, ebenso die Klage. Die Klägerin hatte geltend gemacht, [X.] habe mit dem erbbaurechtsbelasteten Grundstück den [X.]rbbauzinsanspruch erworben. Angesichts seines Alters sei aber zu erwarten gewesen, dass er das [X.]nde der [X.]rbbaurechtsverträge nicht mehr erleben würde. Dies gebiete eine entsprechende Anwendung des § 23 des [X.]rbschaftsteuergesetzes ([X.]rbStG), hilfsweise eine abweichende Festsetzung nach § 163 [X.] insoweit, als die Feststellung der [X.] eine über den 24. Dezember 2014 hinausgehende Laufzeit der [X.]rbbaurechtsverträge zugrunde lege.

2

Das Finanzgericht ([X.]) hat die Klage in Anlehnung an den Beschluss des [X.] ([X.]) vom 29. August 2003 II B 70/03 ([X.][X.] 203, 174, [X.] 2003, 944) abgewiesen.

3

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beanstandet die Klägerin zunächst die Wertfeststellungen, die am gemeinen Wert und damit am Verkehrswert orientiert seien und dabei außer [X.] ließen, dass die [X.]rbschaftsteuer eine [X.]rbanfallsteuer sei, die nicht den Nachlass als solchen, sondern die beim jeweiligen [X.]mpfänger eintretende Bereicherung besteuere. Wenn Umstände in dessen Person (hier das hohe Alter und die daraus folgende [X.]rwartung, die [X.]rbbauzinsen nicht mehr über ihre volle Laufzeit einnehmen zu können) dem Verkehrswert als Leitbild offenkundig widersprächen, sei die Belastung mit [X.]rbschaftsteuer systemwidrig. Gesetzliche Korrektive gebe es nicht, da die Anwendung von § 27 [X.]rbStG auf [X.]rwerber der Steuerklasse I beschränkt sei.

4

Nachdem der Gesetzgeber mittlerweile verschiedentlich an die objektiv erwartbare [X.]rtragslaufzeit angeknüpft habe, so in § 193 Abs. 3 Satz 2 des Bewertungsgesetzes ([X.]) sowie in § 185 Abs. 3 Satz 2 [X.], stelle sich die Frage, ob die unter Heranziehung des [X.]rtragswertverfahrens am gemeinen Wert erfolgende Bewertung des [X.]rbbaugrundstücks durch analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.]rbStG oder durch [X.]rlass gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 [X.] korrigiert werden könne, wenn die Lebenserwartung des [X.]rben am Bewertungsstichtag hinter der Vertragslaufzeit des verbleibenden [X.]rbbauzinsanspruchs [X.] und damit der [X.]rbanfall aus seiner subjektiven Sicht niedriger zu bewerten sei, als das Bewertungsrecht gemäß § 193 Abs. 3 Satz 2 [X.] vorgebe.

5

Das [X.] hält die Beschwerde für unzulässig.

Entscheidungsgründe

II.

6

Die [X.]eschwerde ist, soweit sie überhaupt den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt, unbegründet.

7

1. Soweit sich die Klägerin unmittelbar gegen die der [X.]rbschaftsteuerfestsetzung nach § 12 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] zugrunde liegenden Feststellungen der Grundbesitzwerte i.S. des § 157 [X.] wendet, hat die [X.]eschwerde schon deshalb keinen [X.]rfolg, weil damit kein Zulassungsgrund bezogen auf die [X.]rbschaftsteuerfestsetzung geltend gemacht werden kann. Die Wertfeststellungen als solche sind nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

8

Nach § 351 Abs. 2 [X.] können [X.]ntscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses [X.]escheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids angegriffen werden. Die Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ist, wie sich aus der dortigen ausdrücklichen [X.]ezugnahme ergibt, eine Feststellung i.S. des § 179 [X.], die wiederum nach § 182 Abs. 1 Satz 1 [X.] für die jeweiligen Folgebescheide bindend ist. [X.]inwendungen, die sich auf die gesonderte Wertfeststellung beziehen (hier auf die Frage, ob der Wert mit Rücksicht auf die Lebenserwartung des [X.]rben zu korrigieren ist) können daher im Verfahren betreffend die [X.]rbschaftsteuer nicht entschieden werden.

9

2. Die seitens der Klägerin aufgeworfene Frage nach einer analogen Anwendung des § 23 [X.] im [X.] hat keine grundsätzliche [X.]edeutung. [X.]s bedarf keiner Klärung, dass § 23 [X.] auf den [X.]rwerb erbbaurechtsbelasteter Grundstücke nicht anwendbar ist.

a) Grundsätzliche [X.]edeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des [X.] zu, wenn die für die [X.]eurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen [X.]ntwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Ist die Rechtslage eindeutig, bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren (vgl. [X.]-[X.]eschluss vom 30. August 2017 II [X.] 16/17, [X.]/NV 2017, 1611). Das gilt auch dann, wenn sie bereits durch den [X.] geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und [X.]ntscheidung dieser Frage durch den [X.] geboten erscheinen lassen (vgl. [X.]-[X.]eschluss vom 22. September 1999 II [X.] 130/97, [X.]/NV 2000, 320).

b) Nach diesen Maßstäben ist die von der Klägerin aufgeworfene Frage nicht klärungsbedürftig. Mit [X.]eschluss vom 29. August 2003 II [X.] 70/03 ([X.][X.] 203, 174, [X.] 2003, 944, unter II.2.) hat der [X.] es für nicht ernstlich zweifelhaft gehalten, dass § 23 [X.] auf die freigebige Zuwendung erbbaurechtsbelasteter Grundstücke nicht anwendbar ist.

Die Grundsätze dieses [X.]eschlusses sind auch für die Rechtslage zum streitigen Stichtag 23. Mai 2009 unverändert anwendbar, da die gesetzlichen Vorschriften, soweit sie für die [X.]eurteilung der Frage maßgebend sind, den vom [X.] bereits beurteilten Vorschriften im [X.] entsprechen.

aa) Als steuerpflichtiger [X.]rwerb war in dem vom [X.] in [X.][X.] 203, 174, [X.] 2003, 944, entschiedenen Fall nur das erbbaurechtsbelastete Grundstück anzusetzen, während der [X.] außer Ansatz blieb. § 148 Abs. 1 Satz 3 [X.] i.d.[X.] ([X.]) 1997 sah ausdrücklich vor, dass das Recht auf den [X.]rbbauzins weder als [X.]estandteil des Grundstücks noch als gesondertes Recht anzusetzen und dementsprechend die Verpflichtung zur Zahlung des [X.] weder bei der [X.]ewertung des [X.]rbbaurechts noch als gesonderte Verpflichtung abzuziehen war.

Der Wert des mit einem [X.]rbbaurecht belasteten Grundstücks betrug das 18,6fache des nach den vertraglichen [X.]estimmungen im [X.]esteuerungszeitpunkt zu zahlenden jährlichen [X.]. Dieser Umstand eröffnete jedoch nicht das [X.]esteuerungswahlrecht des § 23 [X.], da sich dieses allein auf den [X.]rwerbsgegenstand und nicht auf die [X.]ewertungsmethode bezog ([X.]-[X.]eschluss in [X.][X.] 203, 174, [X.] 2003, 944).

bb) Nach § 194 [X.] in der für [X.] nach dem 31. Dezember 2008 geltenden Fassung (vgl. § 205 Abs. 1 [X.]) ist der Wert des [X.]rbbaugrundstücks unter [X.]inbeziehung des kapitalisierten [X.] zu berechnen (vgl. § 194 Abs. 3 und 2 [X.]), wenn auch mit einer gegenüber § 148 Abs. 1 [X.] i.d.F. des [X.] 1997 deutlich veränderten Methode.

cc) Durch den [X.]rbanfall hatte [X.] zwar das Recht auf den [X.]rbbauzins erworben. Dieser Anspruch wurde aber vom [X.] nicht als steuerpflichtiger [X.]rwerb der [X.]rbschaftsteuer unterworfen. [X.] wurde nur der Wert der von Todes wegen erworbenen erbbaurechtsbelasteten Grundstücke. Diese Grundstücke sind nicht Renten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] gleichzusetzen, selbst wenn mit dem [X.]rwerb der Grundstücke der Anspruch auf den [X.]rbbauzins verbunden ist. [X.]rwerbsgegenstand bleiben die Grundstücke. Damit kommt eine [X.]esteuerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht in [X.]etracht.

3. Die [X.]eschwerde kann auch im Hinblick auf die [X.] keinen [X.]rfolg haben, weil die Rechtslage eindeutig ist und keiner Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. [X.]ine [X.] nach den von der Klägerin begehrten Grundsätzen wäre unzulässig.

a) Zunächst würde § 157 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 20 Satz 2 [X.] umgangen, wenn im Rahmen des Folgebescheids eine [X.]illigkeitsentscheidung getroffen würde, die allein auf abweichenden Wertvorstellungen beruht. [X.]ine abweichende Wertfeststellung im [X.]illigkeitswege wäre im Grundlagenbescheid unzulässig. Durch [X.] im Folgebescheidsverfahren darf daher nicht ein der unzulässigen Wertfeststellung im [X.]illigkeitswege entsprechendes [X.]rgebnis erzielt werden.

b) Im Übrigen ist in der Sache der Wert des [X.]s offenkundig nicht auf die Lebenszeit des [X.]igentümers des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks beschränkt oder entsprechend wertgemindert. Der Anspruch ist unabhängig von der Lebenszeit veräußerbar, beleihbar und vererbbar und stellt folglich auch subjektiv für den [X.]rwerber einen höheren Wert dar als er einer etwa geringeren Lebenserwartung entspricht. Ob der [X.]rwerber von der Möglichkeit der sofortigen Verwertung Gebrauch macht oder den Anspruch seinerseits weitervererben will, hat hierauf keinen [X.]influss.

c) Auch § 23 [X.] kann nicht im [X.]illigkeitswege angewandt werden. Die Vorschrift hat zwar auf die [X.]ewertung selbst keinen [X.]influss, sondern mildert nur die Rechtsfolgen der Kapitalisierung von wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen. Sie ist aber aus den unter II.2. dargestellten Gründen von Gesetzes wegen nicht anwendbar.

d) Der Rechtsgedanke des § 27 [X.] kann schließlich auch nicht im [X.]illigkeitswege herangezogen werden. Zum einen dürfte durch eine [X.]illigkeitsregelung die ausdrückliche gesetzliche [X.]eschränkung auf die Personen der Steuerklasse I nicht umgangen werden. Vor allem aber begünstigt die Vorschrift nicht den Vorerwerb, sondern nur den zweiten [X.]rwerb. Da erst zum Zeitpunkt des zweiten [X.]rwerbs beurteilt werden kann, ob die maßgebenden Zeiten der Tabelle in § 27 Abs. 1 [X.] unterschritten sind, wäre eine Vergünstigung beim Vorerwerb in Anlehnung an diese Vorschrift eine Verkehrung des Systems. Streitgegenstand ist aber im Streitfall der Vorerwerb, nämlich der [X.]rwerb des [X.] als [X.]rbe nach [X.], nicht der [X.]rwerb der Klägerin als [X.]rbin nach [X.]. Die Klägerin ist lediglich kraft Rechtsnachfolge Verfahrensbeteiligte geworden.

4. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

5. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

Meta

II B 13/18

25.09.2018

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 11. Dezember 2017, Az: 14 K 14208/15, Urteil

§ 163 AO, § 175 Abs 1 S 1 Nr 1 AO, § 179 AO, § 182 Abs 1 S 1 AO, § 351 Abs 2 AO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 12 ErbStG 1997, § 23 ErbStG 1997, § 27 ErbStG 1997, § 37a ErbStG 1997, § 20 Abs 2 BewG 1991, § 92 Abs 5 BewG 1991, § 148 BewG 1991, § 151 Abs 1 S 1 Nr 1 BewG 1991, § 185 Abs 3 S 2 BewG 1991, § 192 S 2 BewG 1991, § 193 Abs 3 S 2 BewG 1991, § 194 BewG 1991, § 205 Abs 3 BewG 1991, § 9 Abs 2 ErbbauV, § 157 Abs 3 S 3 BewG 1991

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.09.2018, Az. II B 13/18 (REWIS RS 2018, 3452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3452

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