Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.06.2013, Az. II R 30/11

2. Senat | REWIS RS 2013, 5186

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Gegenstand

Behandlung des Erbbauzinsanspruchs bei gleichzeitigem Erwerb von Erbbaurecht und erbbaurechtsbelastetem Grundstück


Leitsatz

NV: Die für den Erwerb eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks vereinbarte Gegenleistung ist nicht um einen kapitalisierten Erbbauzinsanspruch zu kürzen, wenn der Erwerber gleichzeitig das Erbbaurecht erwirbt und bereits im Erwerbszeitpunkt die Aufhebung des Erbbaurechts beabsichtigt. In diesem Fall ist der Wert des Erbbauzinsanspruchs mit Null anzusetzen.

Tatbestand

1

I. Die [X.] war Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einem Erbbaurecht zugunsten der Grundstücksverwaltung [X.]-GmbH ([X.]-GmbH) belastet war. Der jährliche Erbbauzins betrug zuletzt 399.580 €.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erwarb mit einem am 10. Dezember 2009 mit [X.] sowie der [X.]-GmbH geschlossenen notariell beurkundeten Grundstücks- und Erbbaurechtskaufvertrag von [X.] das Erbbaugrundstück und von der [X.]-GmbH das Erbbaurecht. Der Gesamtkaufpreis betrug 20.500.000 €, wobei für den Kauf des Erbbaugrundstücks ein Kaufpreis von 6.820.000 € und für den Kauf des Erbbaurechts ein Kaufpreis von 13.680.000 € vereinbart war. In der [X.] war ausgeführt, dass die Klägerin nach Durchführung des Grundstücks- und Erbbaurechtskaufvertrags die Aufhebung des Erbbaurechts beabsichtige. Dazu erklärte die Klägerin unter der aufschiebenden Bedingung ihrer Eintragung als Grundstückseigentümerin und als Berechtigte in das Grundbuch die Aufgabe des Erbbaurechts und die Zustimmung zur Aufhebung des Erbbaurechts; zugleich beantragte und bewilligte die Klägerin die Löschung des Erbbaurechts aus dem [X.] (§ 11 des Grundstücks- und Erbbaurechtskaufvertrags).

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das [X.]inanzamt --[X.]A--) setzte gegen die Klägerin für den Erwerb des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks zuletzt durch Bescheid vom 19. April 2010 Grunderwerbsteuer in Höhe von 238.700 € fest. Bemessungsgrundlage war der insoweit vereinbarte Kaufpreis von 6.820.000 €. Der hiergegen erhobene Einspruch, mit dem die Klägerin die Kürzung der Bemessungsgrundlage um den kapitalisierten [X.] in Höhe von 4.906.442,82 € und damit die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer auf 66.974 € begehrte, hatte keinen Erfolg.

4

Das [X.]inanzgericht ([X.]G) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der [X.]inanzgerichte 2011, 1643 veröffentlichten Urteil ab. Die Bemessungsgrundlage für den Erwerb des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks sei nicht um den Kapitalwert des Erbbaurechts zu kürzen. Die Klägerin habe nach dem Sinn und Zweck des Grundstücks- und Erbbaurechtskaufvertrags die Vollherrschaft an dem unbelasteten Grundstück erlangen sollen. Dem [X.] sei daher kein eigenständiger Wert zuzumessen.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Das von [X.] erworbene Grundstück sei aufgrund des bestehenden Erbbaurechts wertgemindert gewesen; demgemäß habe [X.] im Wesentlichen den ihr gegen die [X.]-GmbH zustehenden [X.] an die Klägerin veräußert. Auch bei einer Zusammenfassung von Grundstücks- und Erbbaurechtskaufvertrag in einer Urkunde bleibe es dabei, dass der [X.] als reine Geldforderung nicht der Grunderwerbsteuer unterliege.

6

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Grunderwerbsteueränderungsbescheid vom 19. April 2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. September 2010 dahingehend zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 66.974 € herabgesetzt wird.

7

Das [X.]A beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der [X.]inanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um einen kapitalisierten [X.] zu kürzen ist.

9

1. Ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks begründet, unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] der Grunderwerbsteuer. Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung zu berechnen (§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 [X.]).

a) Beim Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ist der mit dem Erbbaugrundstück verbundene [X.] gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] grunderwerbsteuerrechtlich nicht Teil dieses Grundstücks.

Diese Regelung entspricht der Rechtsprechung des [X.] --[X.]-- (Entscheidungen vom 30. Januar 1991 II R 89/87, [X.], 251, [X.] 1991, 271; vom 12. April 2000 II B 133/99, [X.], 423, [X.] 2000, 433), wonach es sich bei dem [X.], obgleich er bürgerlich-rechtlich (vgl. § 96 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) Bestandteil des Grundstücks ist, um eine bloße Geldforderung handelt. Der Erwerb des [X.]s stellt daher keinen Grundstücksumsatz dar und unterliegt auch nach dem Sinn und Zweck des Grunderwerbsteuergesetzes nicht der Grunderwerbsteuer.

b) Entfällt daher beim Erwerb des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ein Teil der Gegenleistung auf den [X.], ist dieser grundsätzlich nach der sog. Boruttau'schen [X.]ormel zu berechnende Teil der [X.] nicht als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen ([X.] in [X.], 423, [X.] 2000, 433).

2. Eine entsprechende Kürzung der grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage kommt jedoch nur in Betracht, wenn dem [X.] ein Wert zugemessen werden kann. Daran fehlt es, wenn der [X.] gleichzeitig das erbbaurechtsbelastete Grundstück und das Erbbaurecht erwirbt und bereits im Erwerbszeitpunkt die Aufhebung des Erbbaurechts beabsichtigt. In diesem [X.]all ist der Wert des [X.]s mit Null anzusetzen.

a) Ein solcher [X.]all ist vorliegend gegeben. Wie sich aus der [X.] sowie § 11 des [X.] ergibt, beabsichtigte die Klägerin bereits bei Abschluss dieses Vertrags, das Erbbaurecht nach Durchführung des [X.] aufzuheben. Der Grundstücks- und Erbbaurechtskaufvertrag enthielt auch bereits die dafür erforderliche Erklärung der Klägerin zur Löschung des Erbbaurechts aus dem [X.]. [X.]ür die Klägerin stand demgemäß bei Abschluss dieses Vertrags objektiv fest, dass sie mangels eines fortbestehenden [X.]s nicht mit entsprechenden Zahlungen rechnen konnte. Der Wert des [X.]s war daher mit Null anzusetzen.

b) Mit dieser Bewertung des [X.]s korrespondiert auch die Ermittlung der grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage für den Erwerb des Erbbaurechts von der [X.] Insoweit hat das [X.] --zutreffend-- lediglich den im Grundstücks- und Erbbaurechtskaufvertrag vereinbarten Kaufpreis als Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Dies entspricht der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 14. November 2007 II R 64/06, [X.]E 220, 534, [X.] 2008, 486), wonach beim Erwerb des Erbbaurechts durch den Eigentümer des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks die [X.]reallast nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung zählt. Die in diesem [X.]all bestehen bleibende Verpflichtung zur Zahlung des [X.]es stellt keine Belastung für den das Erbbaurecht erwerbenden Grundstückseigentümer dar, weil keine Leistungspflicht einer anderen Person gegenüber besteht.

Würde man daher dem [X.] beim Erwerb des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks einen Wert beimessen und demgemäß die Bemessungsgrundlage um den entsprechenden Kapitalwert kürzen, so müsste dieser Wert des [X.]s der Bemessungsgrundlage für den Erwerb des Erbbaurechts hinzugerechnet werden.

c) Vorliegend ist eine vom vereinbarten Kaufpreis abweichende niedrigere Bemessungsgrundlage auch nicht etwa deshalb anzusetzen, weil das Grundstück aufgrund seiner Belastung mit einem Erbbaurecht nach Einschätzung der Klägerin [X.] war. [X.]ür die Bemessung der Grunderwerbsteuer nach der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1, § 9 [X.]) sind das Wertverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sowie die für die Bemessung der Gegenleistung maßgebenden Motive und Erwartungen der Parteien ohne Bedeutung ([X.] vom 2. März 2011 II R 23/10, [X.]E 232, 358, [X.] 2011, 932, Rz 18, m.w.N.). Unerheblich ist auch, welche Wertvorstellungen und Motive der Bemessung des hier vereinbarten Kaufpreises für das erbbaurechtsbelastete Grundstück zugrunde lagen und welche wirtschaftliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukam, dass für [X.] mit dem Verkauf des Erbbaugrundstücks die Aufgabe ihres [X.]s gegenüber der [X.]-GmbH verbunden war.

Meta

II R 30/11

11.06.2013

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 13. April 2011, Az: 7 K 3640/10 GE, Urteil

§ 2 Abs 1 S 2 Nr 3 GrEStG, § 8 Abs 1 GrEStG, § 9 GrEStG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.06.2013, Az. II R 30/11 (REWIS RS 2013, 5186)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5186

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