Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24.05.2013, Az. VII B 163/12

7. Senat | REWIS RS 2013, 5546

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verwertung von Vernehmungsprotokollen der Zollfahndung und Anhörungsvermerken eines Arbeitgebers - Übergehen eines Beweisantrags - Verhältnis von Besteuerungsverfahren und Strafverfahren - Müllverbrennungsanlage kein Zolllager - Anforderungen an die Beschwerdebegründung bei behaupteter Verfassungswidrigkeit einer Norm


Leitsatz

1. NV: Das Gericht kann sich Feststellungen aus Vernehmungsprotokollen der Zollfahndung zu eigen machen, sofern der Verfahrensbeteiligte gegen die Feststellungen keine substantiierten Einwendungen erhebt und entsprechende Beweisanträge stellt .

2. NV: Den Inhalt eines vom Arbeitgeber des Verfahrensbeteiligten gefertigten Anhörungsvermerks sowie die Inhalte weiterer Anhörungsvermerke, in denen derselbe Arbeitgeber die Aussagen von Tatbeteiligten festgehalten hat, kann das FG in seine Beweiswürdigung mit einbeziehen, sofern die Verfahrensbeteiligten keine substantiierten Einwendungen erheben und entsprechende Beweisanträge stellen und soweit das Gericht in der Urteilsbegründung zum Ausdruck bringt, den gegenüber Vernehmungsprotokollen und Zeugenaussagen geminderten Beweiswert der Vermerke erkannt zu haben .

3. NV: Das Übergehen eines Beweisantrags kann im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen Verhandlung fachkundig vertretene Beteiligte den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat .

4. NV: Aufgrund der Eigenständigkeit des Besteuerungsverfahrens gegenüber dem Strafverfahren ist das FG nicht an die Einschätzung des Strafrichters hinsichtlich der Erweislichkeit eines bestimmten Tatgeschehens gebunden .

5. NV: Eine umzäunte Müllverbrennungsanlage kann selbst dann nicht als Zolllager angesehen werden, wenn in ihr gemäß Art. 867a ZK-DVO beschlagnahmte und unter zollamtlicher Überwachung stehende Zigaretten verbrannt werden .

6. NV: Die bloße Behauptung, die rechtswegbeschränkenden Regelungen in § 115 Abs. 2 FGO seien verfassungswidrig, weshalb ein Vorlagebeschluss nach Art. 100 GG beantragt werde, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Erforderlich ist vielmehr eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG orientierte rechtliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und [X.]eschwerdeführer (Kläger) war [X.]eschäftigter in einer Müllverbrennungsanlage. [X.]m 16. [X.]pril 2008 wurden durch die Zollbehörde ca. 2,3 Mio. Zigaretten zur Vernichtung durch Verbrennung angeliefert. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten mit dem Kläger die [X.]eschäftigten [X.], [X.] und [X.] in der "Schicht Z". Die angelieferten Zigaretten wurden in Gegenwart der Zollbeamten über einen Kipptrichter in den [X.] abgekippt. Nach dem [X.]bkippen unterzeichneten die Zollbeamten ein Vernichtungsprotokoll für die angelieferten Zigaretten und verließen die [X.]nlage. [X.]ufgrund eines anonymen Hinweises wurde die Müllverbrennungsanlage an diesem Tag von [X.]eamten des [X.] observiert. [X.]llerdings konnte das Geschehen im Gebäude des [X.]s nicht beobachtet werden. Im Rahmen einer Durchsuchung des Fahrzeugs, mit dem der Kläger nach der Spätschicht das Werksgelände verlassen hatte, fanden die Zollbeamten einen Karton unversteuerter Zigaretten. [X.]usweislich eines anlässlich der Durchsuchung gefertigten Vermerks, räumte der Kläger ein, die Zigaretten bei seiner Tätigkeit in der [X.]nlage entwendet zu haben. [X.]ei einer am selben Tag durchgeführten [X.]egehung des gesamten [X.]unkergebäudes fanden die Zollfahndungsbeamten vier Stangen Zigaretten in einem Schrank hinter der Krankanzel. Nach den Protokollen der Zollfahndung über die Vernehmungen des [X.] sowie [X.], [X.] und [X.] am 17. [X.]pril 2008 haben diese [X.]eschäftigten eingeräumt, während ihrer Spätschicht Zigaretten von der [X.]unkerbühne genommen zu haben. [X.]m selben Tag führte die Personalabteilung der [X.] mit den vier Mitarbeitern [X.]nhörungen durch, über die Vermerke gefertigt wurden. [X.]m Morgen des 18. [X.]pril 2008 setzte der Leiter der Müllverbrennungsanlage die Zollfahndung davon in Kenntnis, dass 29 Kartons mit je 50 Stangen und ca. 10 Plastikbeutel mit insgesamt 290 Stangen und 17 Schachteln, insgesamt 348 340 Stück Zigaretten hinter einer Tür in unmittelbarer Nähe zum [X.]bstellraum der "Schicht Z" aufgefunden worden seien. Die Zigaretten wurden sodann von der Zollfahndung sichergestellt.

2

[X.]ufgrund der Feststellungen des [X.] erließ der [X.]eklagte und [X.]eschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZ[X.]--) gegen alle vier [X.]eschäftigten gemäß [X.]rt. 202 [X.]bs. 1 [X.]uchst. a und [X.]rt. 202 [X.]bs. 3  3. [X.]nstrich des Zollkodex (ZK) Steuerbescheide, mit denen diese gemäß § 21 des [X.] ([X.]) u.a. gesamtschuldnerisch auf Zahlung der Tabaksteuer für die in der Nähe des [X.]bstellraums aufgefundenen Zigaretten in [X.]nspruch genommen wurden. Der gegen den Kläger erlassene [X.]escheid umfasste auch die 10 400 Stück Zigaretten, die in seinem [X.]uto sichergestellt worden waren. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3

Das Finanzgericht ([X.]) urteilte, der Kläger sei zu Recht für die in seinem Fahrzeug transportierten und die in dem Nebenraum des sog. Schichtraums aufgefundenen Zigaretten als [X.]bgabenschuldner in [X.]nspruch genommen worden. Nach dem Inhalt der Vernehmungsprotokolle und [X.]nhörungsvermerke habe der Kläger seine [X.]eteiligung eingeräumt. Die Tabaksteuer sei nach [X.]rt. 203 [X.]bs. 1 ZK i.V.m. § 21 Satz 1 [X.] entstanden, weil die beschlagnahmten Zigaretten mit der Entfernung aus dem [X.]unkerbereich aus dem Zolllagerverfahren ([X.]rt. 867a der Zollkodex-Durchführungsverordnung [X.]), das im Streitfall auch den Transport zur Müllverbrennungsanlage und die Vernichtung umfasste, entnommen worden seien. Das Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 29. [X.]pril 2010 [X.]-230/08 --Dansk Transport og Logistik-- ([X.]. 2010, [X.]) stehe dieser [X.]nnahme nicht entgegen. Unerheblich sei die Observation durch die Zollfahndung. Ein Erlöschen der [X.]bgabenschuld komme nicht in [X.]etracht. Es bestehe kein Zweifel, dass es sich auch bei den im Nebenraum aufgefundenen Zigaretten um solche gehandelt habe, die am 16. [X.]pril 2008 angeliefert worden seien. Den geäußerten [X.]edenken könne das Gericht vor dem Hintergrund der protokollierten [X.]ussagen und Äußerungen der vier Mitarbeiter der Schicht nicht folgen. Es sei fernliegend, dass die Zigaretten bei einer anderen Gelegenheit beiseite geschafft worden seien. Grundlage dieser Würdigung seien der [X.]kteninhalt, die [X.]ussage des [X.], des ehemaligen Leiters der Müllverbrennungsanlage, und insbesondere die Vernehmungsprotokolle sowie die [X.]nhörungsvermerke. [X.]us diesen Unterlagen ergebe sich ein aktives Zusammenwirken der vier [X.]eschäftigten, das auch in einem Sammeln von Zigaretten in blaue Müllbeutel bestanden habe. Der [X.]eschäftigte [X.] habe ausgesagt, den Kläger beim Sammeln von Zigaretten in blaue Müllbeutel beobachtet zu haben. Die von ihm und den Kollegen [X.], [X.] und dem Kläger im Schichtraum gesammelten Zigaretten seien für die Verteilung an weitere Kollegen bestimmt gewesen. Für unglaubwürdig halte das Gericht die Einlassung, der Kläger habe heimlich gehandelt und nicht darauf geachtet, ob weitere Personen Zigaretten an sich genommen hätten. Der Umstand, dass die anderen Mitarbeiter die Richtigkeit des Inhalts der Vernehmungsprotokolle und [X.]nhörungsvermerke vor Gericht bestritten hätten, könne die vom [X.] gewonnene Überzeugung nicht erschüttern. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich die anderen [X.]eteiligten auf ein bloßes [X.]estreiten beschränkt und keine schlüssige Darstellung und Deutung eines anderen Geschehens gegeben hätten.

4

Mit seiner [X.]eschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 3 [X.]O). Ein Verstoß gegen § 76 [X.]bs. 1 [X.]O liege vor, weil das [X.] sein Urteil in [X.]ezug auf die in einem Nebenraum aufgefundenen Zigaretten lediglich auf Mutmaßungen und Unterstellungen gestützt habe. Der Kläger habe zu diesem Schichtraum keinen Zutritt gehabt. Das [X.] habe keinen einzigen [X.]nhaltspunkt dafür angeführt, der auf eine [X.]nlieferung dieser Zigaretten am 16. [X.]pril 2008 hindeute. Im Hinblick auf die in dem Nebenraum vorgefundenen Zigaretten habe das [X.]mtsgericht im Urteil ausgeführt, es könne nicht sicher geklärt werden, ob die [X.]ngeklagten für diesen Vorgang verantwortlich zeichnen. Nur den ehemaligen Leiter der Müllverbrennungsanlage habe das [X.] als Zeugen vernommen. Dieser habe jedoch in [X.]ezug auf die später aufgefundenen Zigaretten nichts beitragen können. Nicht vernommen worden seien die Verfasser der vom [X.] in [X.]ezug genommenen Protokolle und Vermerke. Eine [X.]eweiswürdigung habe das [X.] überhaupt nicht vorgenommen. Entgegen der [X.]ehauptung des [X.] habe sich der Kläger nicht auf ein bloßes [X.]estreiten beschränkt. [X.] habe ihn das [X.] nicht darauf hingewiesen, dass es von einem unsubstantiierten [X.]estreiten ausgehe. Unerheblich sei, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine weiteren [X.]eweisanträge gestellt habe. Entgegen der Rechtsansicht des [X.] hätten sich die beschlagnahmten Zigaretten nicht in einem Zollverfahren befunden, denn sie hätten vernichtet werden sollen. [X.]uch sei unklar, woher die Zigaretten stammten; sie könnten auch aus einem anderen Mitgliedstaat in das Steuergebiet verbracht worden sein. Da die Müllverbrennungsanlage von einem Zaun umgeben sei, handele es sich um ein öffentliches Zolllager i.S. des [X.]rt. 525 [X.]bs. 1 [X.]uchst. a ZKDVO, so dass die Steueraufsicht zu keinem Zeitpunkt unterbrochen gewesen sei. Folglich stehe das Urteil des [X.] in [X.]. 2010, [X.] der [X.]nnahme einer Entstehung der Tabaksteuer entgegen.

5

Zudem beantragt der Kläger, nach [X.]rt. 100 des Grundgesetzes (GG) das [X.]undesverfassungsgericht ([X.]VerfG) mit der Frage zu befassen, ob in [X.]nbetracht der Rechtsmittelerweiterung im Zivilrecht die Rechtsmittelbeschränkung des § 115 [X.]bs. 2 [X.]O verfassungsgemäß sei.

6

Das HZ[X.] ist der [X.]eschwerde entgegengetreten. Es sei nachvollziehbar, dass das [X.] vier Jahre nach dem Geschehen keine weiteren Zeugen vernommen habe. Der Zeuge O habe angegeben, am 16. [X.]pril 2008 sei nur eine einzige [X.]nlieferung durch den Zoll erfolgt. Da der Werkstattleiter jeden Morgen einen Kontrollgang durch das Gebäude mache, wären vor dem 16. [X.]pril 2008 im Gebäude deponierte Zigaretten zu einem früheren Zeitpunkt entdeckt worden. Schließlich könne die Müllverbrennungsanlage nicht als Zolllager angesehen werden.

Entscheidungsgründe

7

II. Die [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor. Eine Frage von grundsätzlicher [X.]edeutung hat der Kläger nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O erforderlichen Weise dargelegt.

8

1. Soweit die [X.]eschwerde rügt, das [X.] habe unter Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 [X.]O) keine [X.]eweiswürdigung vorgenommen und seine Entscheidung lediglich auf Vermutungen gestützt, liegt ein solcher Verfahrensmangel nicht vor. Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) kann sich das [X.] Feststellungen aus einem Strafurteil zu eigen machen, sofern der Verfahrensbeteiligte gegen die strafrechtlichen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen erhebt und entsprechende [X.]eweisanträge stellt ([X.]-[X.]eschlüsse vom 19. Dezember 2011 VII [X.] 27/11, [X.]/NV 2012, 751; vom 14. November 2003 VIII [X.] 70/02, [X.]/NV 2004, 513, und vom 20. August 1999 VII [X.] 6/99, [X.]/NV 2000, 215). Diese Rechtsprechung ist auf Vernehmungsprotokolle und andere Dokumente übertragbar (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 76 Rz 22, m.w.[X.]).

9

a) Im Streitfall hat das [X.] in nicht zu beanstandender Weise die Vernehmungsprotokolle und Anhörungsvermerke ausgewertet und daraus entsprechende Schlussfolgerungen gezogen. Ausweislich des Akteninhalts wurden dem Kläger vor der mündlichen Verhandlung Kopien der Anhörungsprotokolle übersandt. Zudem wurde er darauf hingewiesen, dass eine Vernehmung des Vermerkverfassers aus Sicht des [X.] nicht erforderlich sei. In der Urteilsbegründung hat das [X.] zur [X.]egründung des [X.] von weiterer [X.]eweiserhebung angeführt, der Kläger habe sich auf die [X.]ehauptung der Unrichtigkeit des Inhalts der Protokolle und Vermerke beschränkt und keine schlüssige Darstellung eines vom festgestellten Sachverhalt abweichenden Geschehensablaufs gegeben. Demgegenüber lässt sich der [X.]eschwerde nicht entnehmen, dass der Kläger dem Inhalt der vom [X.] als [X.]eweismittel herangezogenen Urkunden substantiiert entgegengetreten ist. Hierzu reicht der bloße Hinweis in der [X.]eschwerde, der Kläger habe in seinen Schriftsätzen seine Sicht der Dinge dargelegt, nicht aus. Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus dem gesamten Akteninhalt dasjenige herauszusuchen, was die bloße [X.]ehauptung des [X.] belegen könnte.

Eines ausdrücklichen Hinweises des [X.], wie es die Ausführungen des [X.] werten würde, bedurfte es nicht. Denn das Gericht ist nicht dazu verpflichtet, vor seiner Entscheidungsfindung seine Rechtsansicht mündlich oder schriftlich mitzuteilen bzw. die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte und Rechtsfragen im Voraus anzudeuten oder sogar umfassend zu erörtern ([X.]-[X.]eschlüsse vom 5. April 2006 I [X.] 84/05, [X.]/NV 2006, 1497, und vom 10. August 2005 VIII [X.] 344/04, [X.]/NV 2006, 78, m.w.[X.], sowie [X.] vom 8. Juli 1997  1 [X.]vR 1934/93, [X.] 96, 189). Einen fachkundig vertretenen Prozessbeteiligten braucht es auf naheliegende rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte nicht hinzuweisen ([X.]-[X.]eschluss vom 27. Oktober 2008 XI [X.] 202/07, [X.]/NV 2009, 118). Aus der Rechtsprechung des [X.] ist ohne weiteres ersichtlich, dass nur ein substantiiertes [X.]estreiten die Verwertung amtlicher Vernehmungsprotokolle verhindern könnte.

[X.]ei diesem [X.]efund konnte sich das [X.] den Inhalt der Protokolle und Vermerke im Rahmen seiner Urteilsfindung zu eigen machen. Entgegen der Auffassung der [X.]eschwerde musste es die Verfasser der Protokolle und Vermerke auch nicht als Zeugen vernehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Januar 2012 VII [X.] 88/11, [X.]/NV 2012, 761). Entsprechende Anträge hat der Kläger weder im Erörterungstermin noch in der mündlichen Verhandlung gestellt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Streitfall von der [X.]esonderheit der Anwesenheit des [X.] und der von der Zollfahndung vernommenen bzw. vom Arbeitgeber angehörten [X.], [X.] und [X.] im Erörterungs- und [X.]eweisaufnahmetermin geprägt ist. Da alle [X.]eteiligten Gelegenheit hatten, zu ihren protokollierten Aussagen Stellung zu nehmen, erübrigte sich eine wiederholte Zeugenvernehmung, zumal alle [X.]eteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter nochmals den Geschehensablauf aus ihrer Sicht hätten darstellen können. Dadurch unterscheidet sich der Streitfall von dem der [X.]-Entscheidung vom 26. Juli 2010 VIII [X.] 198/09 ([X.]/NV 2010, 2096) zugrunde liegenden Sachverhalt. Im Übrigen hat das [X.] hinsichtlich der Anhörungsvermerke ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diesen nicht derselbe [X.]eweiswert wie den Vernehmungsprotokollen zukommen könne. Auch hat das [X.] die Verwertung der Protokolle und Vermerke nicht als Zeugenbeweis bezeichnet.

b) Im Übrigen gehört zur ordnungsgemäßen Darlegung des Verfahrensfehlers mangelhafter Sachaufklärung nach ständiger Rechtsprechung auch der Vortrag, dass die nicht zureichende Aufklärung des Sachverhaltes und die Nichterhebung weiterer (angebotener) [X.]eweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. [X.]-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, [X.]E 157, 106, [X.]St[X.]l II 1989, 727, und Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2003 VII [X.] 10/03, [X.]/NV 2004, 529). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein [X.]eteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen [X.] --z.[X.]. auch hinsichtlich der [X.]egründung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- zur Folge. Das Übergehen eines [X.]eweisantrages oder einer unvollständigen Zeugeneinvernahme kann deshalb im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen Verhandlung selbst anwesende oder fachkundig vertretene [X.]eteiligte, dem die Nichtbefolgung eines [X.]eweisantrages oder die mangelhafte Sachaufklärung während der Zeugenbefragung erkennbar war, den [X.] nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII [X.] 183/99, [X.]/NV 2000, 597).

Im Streitfall hatte der Kläger nicht nur Gelegenheit schriftsätzlich zu den Protokollen und Vermerken Stellung zu nehmen, sondern auch [X.]eweisanträge in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Ausweislich des [X.] hat er in der mündlichen Verhandlung solche Anträge nicht gestellt, obwohl das [X.] ihn ausdrücklich darauf hingewiesen hat, im Rahmen der Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung sei hinsichtlich des weitaus größeren Teils der streitgegenständlichen Zigaretten die Frage zu klären, ob eine [X.]eteiligung des [X.] an der Entnahme festgestellt werden könne.

2. Auch der Hinweis auf den Inhalt des strafgerichtlichen Urteils kann der [X.]eschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Allein der Umstand, dass der Strafrichter eine Entnahme der im Nebenraum aufgefundenen Zigaretten durch den Kläger aufgrund bestehender Unsicherheiten in der [X.]eweisführung nicht als erwiesen angesehen hat, führt nicht dazu, dass das [X.] von Amts wegen eine weitergehende Sachaufklärung hätte betreiben oder dieses Ergebnis hätte übernehmen müssen. Aufgrund der Eigenständigkeit des [X.]esteuerungsverfahrens gegenüber dem Strafverfahren gemäß § 393 Abs. 1 der Abgabenordnung hätte selbst ein Freispruch im Strafverfahren das [X.] nicht daran hindern können, das Tatgeschehen und die [X.]eteiligung des [X.] eigenständig zu werten ([X.]-[X.]eschlüsse vom 17. März 2010 X [X.] 120/09, [X.]/NV 2010, 1240, und vom 4. Mai 2005 XI [X.] 230/03, [X.]/NV 2005, 1485).

3. Soweit der Kläger die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache geltend macht, genügen seine Ausführungen nicht den Darlegungserfordernissen. Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 [X.]O zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen [X.]edeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O) muss der [X.]eschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formulieren und auf ihre [X.]edeutung für die Allgemeinheit eingehen. Erforderlich ist darüber hinaus der substantiierte Vortrag, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Ferner muss die aufgeworfene Frage klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII [X.] 196/03, [X.]/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII [X.] 203/02, [X.]/NV 2003, 527, m.w.[X.]).

Diesen Erfordernissen wird die [X.]eschwerde nicht gerecht. Eine grundsätzlich bedeutsame Frage ist ihr nicht zu entnehmen; vielmehr erschöpft sich das Vorbringen in der Rüge materieller Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils. Dieses Vorbringen kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Mai 2009 VII [X.] 266/08, [X.]/NV 2009, 1589, m.w.[X.]; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.[X.]). Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile umfassend zu gewährleisten. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Rechtsansicht des [X.] die Müllverbrennungsanlage --trotz ihrer Einzäunung-- nicht als öffentliches Zolllager i.S. des Art. 99 Satz 2 ZK angesehen werden kann. Insofern kann die in Art. 867a [X.] angeordnete Fiktion nicht statusbegründend wirken.

4. Auch die bloße [X.]ehauptung des [X.], die in § 115 Abs. 2 [X.]O getroffene Regelung erweise sich als verfassungswidrig, kann nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung führen ([X.]-[X.]eschluss vom 21. Februar 2002 XI [X.] 39/01, [X.]/NV 2002, 1035, m.w.[X.]). Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, muss der [X.]eschwerdeführer in der [X.]eschwerdeschrift den behaupteten Verfassungsverstoß im Einzelnen darlegen. Erforderlich ist hierzu eine substantiierte, an den Vorgaben des [X.] sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des [X.]VerfG orientierte rechtliche Auseinandersetzung ([X.]-[X.]eschlüsse vom 26. September 2002 VII [X.] 270/01, [X.]/NV 2003, 480, und vom 3. April 2001 VI [X.] 224/99, [X.]/NV 2001, 1138). Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerde nicht einmal ansatzweise gerecht, weshalb auch die beantragte Vorlage an das [X.]VerfG nicht veranlasst ist.

Meta

VII B 163/12

24.05.2013

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 17. Juli 2012, Az: 4 K 31/11, Urteil

Art 100 GG, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 76 Abs 1 FGO, § 21 TabStG, § 393 Abs 1 AO, Art 202 Abs 1 Buchst a ZK, Art 202 Abs 3 ZK, Art 203 Abs 1 ZK, Art 99 Abs 2 ZK, Art 867a ZKDV, Art 202 Abs 1 Buchst a EWGV 2913/92, Art 202 Abs 3 EWGV 2913/92, Art 203 Abs 1 EWGV 2913/92, Art 99 Abs 2 EWGV 2913/92, Art 867a EWGV 2454/93, § 155 FGO, § 295 ZPO, § 96 Abs 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24.05.2013, Az. VII B 163/12 (REWIS RS 2013, 5546)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5546

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII B 155/12 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 24.05.2013 VII B 163/12 - Verwertung von Vernehmungsprotokollen der …


VII B 167/12 (Bundesfinanzhof)

(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 24.05.2013 VII B 163/12 - Übergehen eines Beweisantrags - Keine …


VII B 21/10 (Bundesfinanzhof)

Wirksames Steueraussetzungsverfahren bei beabsichtigter Ausfuhr - Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage - Beweiswürdigung


VII B 148/15 (Bundesfinanzhof)

Zur Verwertung von Feststellungen im Strafurteil im finanzgerichtliche Verfahren


VII B 232/12 (Bundesfinanzhof)

Tabaksteuerentstehung beim Schmuggel von Zigaretten in Privatfahrzeugen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.