Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2020, Az. IX ZB 55/18

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11903

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:130220UIXZB55.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB
55/18

vom

13. Februar 2020

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 297a Abs. 1
Den Antrag, die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn sich nach dem Schlusstermin herausstellt, dass ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 [X.] vorgelegen hat, können nur Insolvenzgläubiger stellen, die sich durch [X.]el-dung ihrer Forderung am Insolvenzverfahren beteiligt haben.
[X.], Beschluss vom 13. Februar 2020 -
IX ZB 55/18 -
LG [X.]

[X.]

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2
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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser,
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Röhl

am
13. Februar 2020
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 84 des [X.] vom 2. Mai 2018 wird auf Kosten der [X.] Beteiligten zurückgewiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf (bis zu) 4.000

Gründe:

I.

Über das Vermögen des A.

(fortan: Schuldner) wurde auf [X.] vom 9. Juni 2015 am 16. Juli 2015 das ([X.]. Der Schuldner beantragte die Erteilung der Restschuldbefreiung. In dem eingereichten [X.] führte er die S.

(im Folgen-den: Beteiligte) nicht als Gläubigerin auf. Diese meldete auch keine Forderung zur Insolvenztabelle an. Nach Durchführung des [X.] am 8. Juni 2016 wurde das Insolvenzverfahren am 12. Juli 2016 aufgehoben. Mit [X.] vom 29. November 2017 beantragte die Beteiligte, dem Schuldner die 1
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Restschuldbefreiung nach §§ 297a, 290 Abs. 1 Nr. 6 [X.] zu versagen. Zur Begründung führte sie aus, sie habe gegen den Schuldner
offene Steuerforde-rungen aus dem Jahr 2010

der bisher angefallenen Säumniszuschläge. Von diesen Forderungen habe der Schuldner bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewusst. Er habe auf Antrag der [X.] am 20.
Mai 2015 die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO abgegeben. Im Insolvenzverfahren habe er die Beteiligte als Gläubigerin vorsätzlich, [X.] aber grob fahrlässig verschwiegen. Sie -
die Beteiligte -
habe vom [X.] erst im Juni 2017 erfahren.

Das Insolvenzgericht hat den Antrag der Beteiligten zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte ihren Versagungs-antrag weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig
(§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Beteiligte sei nicht berech-tigt, einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung nach § 297a [X.] zu stellen. Antragsberechtigt seien nur Insolvenzgläubiger, die eine Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hätten.
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2. Diese Ansicht trifft zu. Den Antrag, die Restschuldbefreiung nach §
297a [X.] zu versagen, wenn sich nach dem Schlusstermin herausstellt, dass ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 [X.] vorgelegen hat, können nur Insolvenzgläubiger stellen, die sich durch [X.]eldung ihrer Forderung am Insol-venzverfahren beteiligt haben.

a) Die Vorschrift des § 297a [X.] ist durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.
Juli 2013 ([X.]) mit Wirkung vom 1. Juli 2014 in die Insolvenzor-dnung eingefügt worden. Sie ist hier anwendbar, weil das Insolvenzverfahren nach dem 1. Juli 2014 beantragt worden ist (Art. 103h Satz 1 EG[X.]).
Nach dem Wortlaut der Norm kann der Antrag auf Versagung der Restschuldbefrei-ung nur von einem Insolvenzgläubiger gestellt werden. Insolvenzgläubiger sind alle persönlichen Gläubiger, die einen zur [X.] der Eröffnung des [X.] begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§
38 [X.]). Eine [X.]eldung des Anspruchs zur Insolvenztabelle setzt der Begriff des Insolvenzgläubigers grundsätzlich nicht
voraus.

b) Bevor das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfah-rens und zur Stärkung der Gläubigerrechte in [X.] trat, konnte die Restschuld-befreiung unter den Voraussetzungen des § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 [X.] versagt werden, wenn dies im Schlusstermin von einem Insolvenzgläubiger beantragt wurde
(§ 290 Abs. 1 [X.]). Nach gefestigter
Rechtsprechung
des [X.] ([X.], Beschluss vom 20. November 2014 -
IX ZB 56/13, [X.], 132 Rn.
7 mwN)
stand
dieses Antragsrecht
nur [X.] zu, die ihre Forderung im Verfahren angemeldet hatten und sich dadurch am Insolvenzver-fahren beteiligten.
Entsprechendes galt für Anträge auf Versagung der Rest-5
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schuldbefreiung wegen eines Verstoßes gegen Obliegenheiten in der [X.] nach
§§ 296, 297 [X.] und für Anträge auf Widerruf der Rest-schuldbefreiung nach §
303 [X.]; das im Gesetz vorgesehene Antragsrecht der Insolvenzgläubiger wurde auch hier auf Gläubiger beschränkt, die ihre Forde-rung im Insolvenzverfahren angemeldet hatten ([X.],
Beschluss vom 9. Okto-ber 2008 -
IX ZB 16/08, Z[X.] 2009, 52 Rn. 2
mwN; vom 20. November 2014, aaO Rn. 9).

c) Durch das Gesetz vom 15. Juli 2013 wurden die Gläubigerrechte in-soweit gestärkt, als Versagungsanträge nun auch schon vor dem Schlusstermin gestellt werden können (§ 290 Abs. 1 und 2 [X.] nF) und -
wenn sich erst nach dem Schlusstermin herausstellt, dass ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 [X.] vorgelegen hat,
-
auch noch nach diesem [X.]punkt (§ 297a [X.]). [X.] sind nach der Neuregelung in § 290 Abs. 1 [X.] Insolvenzgläu-biger, die ihre Forderung angemeldet haben. Damit soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs die Rechtsprechung nachgezeichnet werden, die nur die-sen [X.] ein Antragsrecht zubilligt (BT-Drucks. 17/11268, S.
26). Von
einer
entsprechenden
Ergänzung wurde bei den weiteren bereits bestehenden Versagungs-
und Widerrufsnormen (§§ 296, 297, 303 [X.]) ebenso abgesehen wie bei der Neuregelung in § 297a [X.]. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird jedoch ausgeführt, die Einschränkung des [X.] auf Insolvenzgläubiger, die Forderungen im Verfahren angemeldet ha-ben, gelte ohne ausdrückliche Regelung über die Grundnorm des § 290 [X.] hinaus auch für die anderen Anträge auf Versagung oder Widerruf der Rest-schuldbefreiung (BT-Drucks. 17/11268, aaO).

d) Im Blick auf diese Entstehungsgeschichte wird im Schrifttum nahezu
einhellig vertreten, dass ein [X.] nach § 297a [X.] nur von Insol-8
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venzgläubigern gestellt werden kann, die eine Forderung angemeldet haben ([X.], [X.], 3. Aufl., Rn. 975 f; [X.]., [X.], 721, 722; [X.]. in FK-[X.], 9. Aufl., § 297a Rn. 16; MünchKomm-[X.]/
[X.], 4. Aufl., § 297a Rn. 14; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., §
297a Rn.
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f; HK-[X.]/Waltenberger, 9. Aufl., § 297a Rn. 5; [X.]/[X.], [X.], 19.
Aufl., § 297a Rn. 2; HmbKomm-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 297a Rn. 2; Graf-Schlicker/[X.], [X.], 5. Aufl., § 297a Rn. 4; [X.]/Weinland, [X.], 3. Aufl., §
297a Rn. 2; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2019, § 297a Rn. 2;
BK-[X.]/Ley, 2014, § 297a Rn. 2; BeckOK-[X.]/[X.], 2019, § 297a Rn. 2; Frind, [X.], 2. Aufl., Rn. 876; [X.]/Montag, Pri-vatinsolvenzrecht, § 297a [X.] Rn. 4; [X.]/[X.], [X.], 547,
550; [X.]/[X.], [X.], 541, 544 f; [X.]/[X.], [X.] 2014, 16, 17 f; nicht eindeutig a.A., aber von der Rechtsbeschwerde als Gegenmeinung bezeichnet: [X.]/[X.], [X.], 2015, § 297a Rn. 4; [X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl., § 297a Rn. 1 und 4).

e) Die Rechtsbeschwerde tritt dem unter Berufung auf eine Entscheidung des [X.] (Beschluss vom 26. Oktober 2017 -
68g [X.], juris) entgegen.
Sie meint, die Rechtsprechung, die der Gesetzgeber nach [X.] erklärten Willen habe umsetzen wollen, verlange nicht die Auslegung, dass nur solche Insolvenzgläubiger einen [X.] nach § 297a [X.] stel-len könnten, die eine Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet haben. Grundlage dieser Rechtsprechung sei
gewesen, dass nach alter Rechtslage der Schlusstermin für Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 [X.] eine Zäsur gebildet habe
und dass bis zu diesem [X.]punkt auch Forde-rungsanmeldungen möglich gewesen seien. Wenn die Berechtigung, einen [X.] auf Versagung der
Restschuldbefreiung zu stellen, an eine Forderungsan-meldung geknüpft worden sei, sei dies letztlich nur ein Reflex auf die Zäsur des 10
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[X.] gewesen. Durch die Neuregelung in §
297a [X.] sei diese strik-te Zäsurwirkung aufgehoben worden. Der [X.] könne nun noch zu einer [X.] gestellt werden, da eine Forderungsanmeldung nicht mehr möglich sei. Es sei unter [X.] nicht gerechtfertigt, in diesem [X.]-raum einem Tabellengläubiger mehr Rechte einzuräumen als einem Gläubiger, der eine unterlassene Forderungsanmeldung nun nicht mehr nachholen könne.

f) Diese Einwände greifen nicht durch. Ausschlaggebend
dafür, dass nach altem Recht nur Insolvenzgläubiger, die eine Forderung zur Tabelle [X.] hatten, als berechtigt angesehen wurden, die
Versagung der Rest-schuldbefreiung zu beantragen, war nicht die Zäsurwirkung des [X.]. Entscheidend war vielmehr die Überlegung, dass ein [X.] als Verfahrensrecht denjenigen Gläubigern vorbehalten sein sollte, die sich
am [X.] durch [X.]eldung ihrer Forderung beteiligten
([X.], [X.] vom 20.
November 2014 -
IX ZB 56/13, [X.], 132 Rn. 9; vgl. FK-[X.]/[X.], 9.
Aufl., § 290 Rn. 218; [X.]., [X.], 721, 722; [X.]/[X.], [X.], § 38 Rn. 18). Aus diesem Grund wurden auch [X.] nach §§ 296, 297 [X.], die nach dem Schlusstermin gestellt werden konnten, dem Erfordernis einer Forderungsanmeldung unterstellt, obschon eine solche zu diesem [X.]punkt nicht mehr möglich war
([X.], Beschluss 17. März 2005 -
IX [X.], [X.], 399, 400; vom 9. Oktober 2008 -
IX ZB 16/08, Z[X.] 2009, 52 Rn. 2; vom 20. November 2014, aaO). Der Wille des Gesetz-gebers, auch nach neuem
Recht nur [X.] zu gestatten, korrespondiert daher sowohl mit den Aussagen als auch mit den Be-weggründen der Rechtsprechung
zum früheren Recht
(vgl. Graf-Schlicker/[X.], [X.], 5. Aufl., § 297a Rn. 4).

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g) Insolvenzgläubiger, die wie die Beteiligte in dem vom Schuldner einge-reichten [X.] nicht aufgeführt wurden, sind damit nicht [X.]. Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens können sie aufgrund der öffentlichen Bekanntmachung des [X.] erlangen, die als Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten gilt (§§ 28, 30 Abs. 1, §
9 Abs. 3 [X.]; vgl. [X.], Beschluss vom 6. November 2008 -
IX ZB 34/08, [X.], 66 Rn. 10). Erfahren sie hiervon erst zu einem [X.]punkt, zu dem eine Forderungs-anmeldung nicht mehr möglich ist, können sie versuchen, einen anderen Gläu-biger, der seine Forderung rechtzeitig angemeldet hat, dazu zu bewegen, die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen
(vgl.
[X.], Beschluss vom 20. November 2014 -
IX ZB 56/13, [X.], 132 Rn. 11). Gelingt dies nicht, bleibt die Möglichkeit, den Schuldner bei Vorliegen der Voraussetzungen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen
(vgl. dazu [X.], Beschluss vom 9.
Oktober 2008, aaO
Rn. 2; vom 6.
November 2008, aaO Rn. 11; vom 20. November 2014, aaO
Rn. 9, 11; [X.], [X.], 712 mit [X.]. [X.], [X.], 687; [X.], [X.], 721, 725 ff; [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 297a Rn. 6) .

Kayser
Gehrlein
[X.]

Schoppmeyer
Röhl

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.02.2018 -
36a IN 3102/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 02.05.2018 -
84 [X.]/18 -

Meta

IX ZB 55/18

13.02.2020

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2020, Az. IX ZB 55/18 (REWIS RS 2020, 11903)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11903

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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