Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.02.2016, Az. 1 StR 578/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 16696

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafbare Zuwiderhandlung gegen ein Kontaktverbot in einer Gewaltschutzsache: Anforderungen an die Tatsachenfeststellungen im Strafurteil


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 27. Juli 2015 wird

a) die Strafverfolgung zu [X.] Tat 4 der Urteilsgründe auf den Vorwurf des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung beschränkt;

b) der Schuldspruch für den vorgenannten Fall dahingehend geändert, dass der Angeklagte des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz sowie wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit (vorsätzlicher) Körperverletzung sowie wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt.

2

Seine dagegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision führt lediglich zu der aus der [X.] zu 1.a) ersichtlichen Beschränkung der Strafverfolgung und der damit einhergehenden Änderung des Schuldspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

3

1. Wie der [X.] in seiner Antragsschrift vom 18. [X.] zutreffend aufgezeigt hat, tragen die vom [X.] getroffenen, auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen zu [X.] Tat 4 der Urteilsgründe nicht den Schuldspruch wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz (§ 4 Satz 1 GewSchG). Das Tatbestandsmerkmal einer "vollstreckbaren Anordnung" setzt voraus, dass der Beschluss des [X.] vom 24. Juli 2014 mit dem – verkürzt formuliert – Kontaktverbot dem Angeklagten entweder wirksam zugestellt ([X.], Urteil vom 15. März 2007 – 5 [X.], [X.]St 51, 257, 259 Rn. 10; [X.], Beschluss vom 10. Mai 2012 – 4 [X.], [X.], 108, 109; siehe auch [X.], Beschluss vom 7. Oktober 2010 – 1 [X.] Rn. 2; zu den Voraussetzungen wirksamer Zustellung [X.], 1854 ff.) oder die Vollstreckbarkeit der ergangenen einstweiligen Anordnung angeordnet worden ist ([X.], Beschluss vom 10. Mai 2012 – 4 [X.], [X.], 108, 109); bloße Kenntnis des Antragsgegners vom Inhalt der Anordnung genügt nicht (vgl. [X.], Urteil vom 15. März 2007 – 5 [X.], [X.]St 51, 257, 261 Rn. 15; [X.], Beschluss vom 10. Mai 2012 – 4 [X.], [X.], 108, 109).

4

[X.] Feststellungen zum Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen enthält das Urteil nicht. Auch aus dessen Gesamtzusammenhang lassen sie sich nicht entnehmen. Aus dem Umstand, dass die Nebenklägerin am [X.] der einstweiligen Anordnung an einem Gerichtstermin – offenbar bei dem [X.] – teilgenommen hat und der Angeklagte ihr von dort in die vormals gemeinsame Wohnung gefolgt ist ([X.]), kann die "vollstreckbare Anordnung" im Sinne von § 4 Satz 1 GewSchG nicht abgeleitet werden.

5

Da für die die Tat [X.] Fall 4 der Urteilsgründe betreffende Strafe das tateinheitlich verwirklichte Delikt des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz angesichts des die Strafe bestimmenden (§ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB) – gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten – Strafrahmens von § 211 StGB nicht beträchtlich ins Gewicht fällt, beschränkt der Senat mit Zustimmung des [X.]s die Strafverfolgung gemäß § 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang. Das zieht die Änderung des Schuldspruchs nach sich.

6

2. Im Übrigen hat die Prüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hin keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Raum                        Graf                            Jäger

                Radtke                      Fischer

Meta

1 StR 578/15

03.02.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Stuttgart, 27. Juli 2015, Az: 9 Ks 115 Js 727/15

§ 4 S 1 GewSchG, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.02.2016, Az. 1 StR 578/15 (REWIS RS 2016, 16696)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16696

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 578/15 (Bundesgerichtshof)


4 StR 228/22 (Bundesgerichtshof)


1 StR 404/10 (Bundesgerichtshof)


4 StR 117/15 (Bundesgerichtshof)


6 StR 19/23 (Bundesgerichtshof)

Tatrichterliche Feststellungen im Rahmen der Zuwiderhandlung gegen Gewaltschutzanordnung; Entscheidung über Unterbringung in Entziehungsanstalt


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 578/15

Zitiert

4 StR 122/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.