Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2011, Az. VII ZB 24/09

7. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3472

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Gegenstand

Kostenverteilung bei einem ohne Beteiligung des Nebenintervenienten geschlossenen Vergleich


Leitsatz

Die durch eine unselbstständige Nebenintervention entstandenen Kosten sind nach dem Maßstab zu verteilen, den die Parteien in einem ohne Beteiligung des Nebenintervenienten geschlossenen Vergleich für die Verteilung der übrigen Kosten des Rechtsstreits festgelegt haben. Für den sich daraus ergebenden Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten kommt es nicht darauf an, inwieweit die von ihm unterstützte Hauptpartei dem Prozessgegner außergerichtliche Kosten erstatten muss .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 10. Februar 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin nahm den [X.]n auf Zahlung von Werklohn in Anspruch. Die Streithelferin trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin bei. Am 27. November 2008 schlossen die [X.]en ohne Beteiligung der Streithelferin einen Vergleich, wonach die Kosten des Rechtsstreits zu 40 % von der Klägerin und zu 60 % von dem [X.]n zu tragen waren.

2

Die Streithelferin hat auf eine Kostengrundentscheidung über ihre außergerichtlichen Kosten angetragen. Das [X.] hat daraufhin die durch die [X.] entstandenen Kosten zu 60 % dem [X.]n und zu 40 % der Streithelferin auferlegt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des [X.]n, mit der er begehrt hat, von den Kosten der [X.] lediglich 20 % tragen zu müssen, hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen.

II.

3

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, aus der Regelung des § 101 Abs. 1 ZPO ergebe sich, dass die in einem Vergleich zwischen den [X.]en vereinbarte Kostenquote unmittelbar den Anteil der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers bestimme, die der Gegner der [X.] erstatten müsse. Aus der Rechtsprechung des [X.], wonach der Nebenintervenient keinen Anspruch auf Kostenerstattung habe, wenn nach dem Vergleich die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben seien ([X.], Beschluss vom 3. April 2003 - [X.], [X.]Z 154, 351), folge nichts anderes. Der Grundsatz der Kostenparallelität gebiete es entgegen anderer Auffassung ([X.], Beschluss vom 25. November 2005 - 3 U 42/05, juris) nicht, dem Streithelfer bei von einer Kostenaufhebung abweichenden Kostenregelung die Erstattung seiner Kosten nur mit einer Quote zuzubilligen, welche die Verpflichtung der von ihm unterstützten [X.] berücksichtige, dem Prozessgegner seine außergerichtlichen Kosten erstatten zu müssen.

4

2. Dagegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des [X.]n ohne Erfolg.

5

a) Die durch eine unselbständige (nicht streitgenössische) [X.] verursachten Kosten sind dem Gegner der [X.] aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem [X.] aufzuerlegen, § 101 Abs. 1 ZPO. Der sich hieraus ergebende Grundsatz der Kostenparallelität führt dazu, dass der Kostenerstattungsanspruch des [X.] inhaltlich dem Kostenerstattungsanspruch entspricht, den die von ihm unterstützte [X.] gegen den Gegner hat ([X.], Beschluss vom 18. Juni 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1577 Rn. 6; Beschluss vom 3. April 2003 - [X.], [X.]Z 154, 351, 354). Das gilt nicht nur für richterliche Kostenentscheidungen nach Maßgabe der §§ 91 bis 97 ZPO, sondern, wie sich aus der Bezugnahme des § 101 Abs. 1 ZPO auf § 98 ZPO ergibt, auch bei Vereinbarungen der [X.]en (nur) über die Verteilung der sie betreffenden Prozesskosten in einem Vergleich, den sie ohne Beteiligung des [X.] geschlossen haben. Eine solche Vereinbarung ist demnach gemäß § 101 Abs. 1, § 98 ZPO maßgeblich auch für die Verteilung der durch die [X.] verursachten Kosten ([X.], Beschluss vom 10. März 2005 - [X.], [X.], 1057, 1058 = [X.] 2005, 465; Beschluss vom 3. April 2003 - [X.], [X.]Z 154, 351, 353 f.).

6

Die Regelung des § 101 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 98 ZPO ist zwingend. Sie lässt nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] eine anderweitige Verteilung der Interventionskosten nach billigem Ermessen gemäß § 91a ZPO [X.], [X.] 1993, 1052, 1054 m.w.N.) nicht zu ([X.], Beschluss vom 10. März 2005 - [X.], [X.], 1057, 1058 = [X.] 2005, 465; Beschluss vom 3. April 2003 - [X.], [X.]Z 154, 351, 353). Die Interventionskosten sind vielmehr nach dem Maßstab zu verteilen, den die [X.]en im Vergleich für die Verteilung der (übrigen) Kosten des Rechtsstreits festgelegt haben. Hat der Gegner der vom [X.] unterstützen [X.] im Vergleich die gesamten Kosten des Rechtsstreits übernommen, muss er auch die durch die [X.] entstandenen Kosten tragen ([X.], Beschluss vom 23. Januar 1967 - [X.], NJW 1967, 983). Hier haben die [X.]en vereinbart, dass die Klägerin 40 % und der [X.] 60 % der Kosten des Rechtsstreits übernehmen. Dass führt dazu, dass der [X.] auch 60 % der Interventionskosten tragen muss.

7

b) Ohne Erfolg bringt der [X.] unter Heranziehung einer Entscheidung des [X.] (Beschluss vom 25. November 2005 - 3 U 42/05, juris) hiergegen vor, dass der Nebenintervenient nach den Maßstäben des § 92 ZPO seine Kosten nur mit der Quote erstattet erhalten dürfe, um die er nach der Kostenregelung im Vergleich unter Berücksichtigung der sich danach für die [X.] ergebenden Pflicht zur (anteiligen) Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Gegners besser stehe, weil er sich an diesen Kosten nicht beteiligen müsse. Diese Sichtweise ist mit dem Grundsatz der Kostenparallelität nicht in Einklang zu bringen und geht schon im rechtlichen Ausgangspunkt fehl. Sie lässt unberücksichtigt, dass § 101 Abs. 1 ZPO ausschließlich die durch die [X.] entstandenen Kosten betrifft und eine Teilhabe des [X.] an den übrigen Kosten des Rechtsstreits unabhängig davon nicht vorsieht, ob die Verteilung dieser Kosten kraft richterlicher Entscheidung oder nach Maßgabe einer Vereinbarung der [X.]en in einem Vergleich zu erfolgen hat.

8

Soweit es um die durch die [X.] entstandenen Kosten geht, muss sich der Nebenintervenient im Übrigen an den Kosten des Gegners der von ihm unterstützten [X.] beteiligen. § 101 Abs. 1 ZPO besagt, dass der Nebenintervenient die Kosten der [X.] in dem Umfang zu tragen hat, in dem die Kosten des Rechtsstreits der unterstützten [X.] zur Last fallen. Hiervon werden, wie [X.] zutreffend aufzeigt ([X.] 1993, 1052, 1053), nicht nur seine eigenen außergerichtlichen Kosten erfasst, sondern auch die des Gegners, soweit sie, wie in besonders gelagerten Einzelfällen denkbar [X.] aaO), durch die [X.] entstanden sind. In diesem, auf die Interventionskosten beschränkten Umfang ist der Streithelfer demnach kostenrechtlich in gleicher Weise am Misserfolg der Klage beteiligt wie die von ihm unterstützte [X.]. Der Umstand, dass der Gegenpartei durch die [X.] in der Regel keine zusätzlichen Kosten entstehen, rechtfertigt es nicht, den Kostenerstattungsanspruch des [X.] unter Aufgabe des Grundsatzes der Kostenparallelität quotal um den Anteil zu kürzen, der sich aus der Belastung der unterstützten [X.] mit außergerichtlichen Kosten des Gegners ergibt, an deren Entstehung der Streithelfer, der nicht [X.] des Rechtsstreits ist, nicht beteiligt ist und mit denen er folglich nicht belastet werden darf.

9

Die Entscheidung des [X.] vom 3. April 2003 ([X.], [X.]Z 154, 351) rechtfertigt entgegen der Auffassung des [X.]n und des [X.] (aaO) keine andere Beurteilung. Dass der Nebenintervenient nach dieser Rechtsprechung (ebenso: [X.], Beschluss vom 14. Juli 2003 - [X.], NJW 2003, 3354; Beschluss vom 10. März 2005  [X.], [X.], 1057 = [X.] 2005, 465) ebenso wie die von ihm unterstützte [X.] keine Kosten erstattet erhält, wenn die [X.]en im Vergleich vereinbart haben, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben, folgt aus dem Grundsatz der Kostenparallelität. Diesen zu durchbrechen, hat der [X.] keinen Anlass gesehen, weil der Nebenintervenient in Ansehung seiner Kosten nicht besser stehen dürfe als die von ihm unterstützte [X.] hinsichtlich ihrer außergerichtlichen Kosten. Dass er bei vereinbarter Kostenaufhebung seine außergerichtlichen Kosten nicht erstattet bekomme, sei nicht ungerecht, weil er ebenso wie die [X.] davon profitiere, dem Gegner keine Kosten erstatten zu müssen.

Aus diesen Erwägungen folgt nicht, dass der Kostenerstattungsanspruch des [X.] davon abhängen soll, inwieweit dem Kostenerstattungsanspruch der [X.] ihre Verpflichtung gegenübersteht, dem Gegner außergerichtliche Kosten erstatten zu müssen. Sie heben vielmehr hervor, dass der Nebenintervenient nach dem Grundsatz der Kostenparallelität unabhängig vom Kostenerstattungsanspruch des Gegners seine Kosten nur in dem Umfang ersetzt verlangen kann, in dem der unterstützten [X.] ein Anspruch auf Kostenerstattung zusteht. Nur insoweit darf er nicht besser stehen als diese.

[X.]                                           Kuffer                                        Bauner

                   [X.]

Meta

VII ZB 24/09

08.09.2011

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Karlsruhe, 10. Februar 2009, Az: 4 W 9/09, Beschluss

§ 98 ZPO, § 101 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2011, Az. VII ZB 24/09 (REWIS RS 2011, 3472)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3472

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